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Prolog

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Leben ist die Gewohnheit nicht zu sterben, dachte Schwester Irella und heute würde sie mit dieser Gewohnheit brechen. Während sie ihr Eisgreif Armanon auf seinen Schwingen über das Schlachtfeld trug, wehrte sich ihr Verstand gegen das Unabwendbare – die Niederlage. Unter ihr hatte sich ein Kreis von Kampfpriesterinnen um das Zentrum geschart und rang in der Dämmerung des Bluttages verbissen gegen seine Vernichtung. In ihrer Mitte flimmerte das Portal – ein Gewühl aus Rauchschwaden. Davor lagen zwei Leichen; an den amethystfarbenen Roben erkannte Schwester Irella sie als Mitglieder der Magiergilde, welche die Energien des Portals hätten kanalisieren sollen. Ohne diese würde ihr Plan nicht aufgehen.

In den Reihen des Barbarenheers erblickte Schwester Irella den Dunklen Paladin, der auf einem Riesenwolf durch die Truppen preschte und sich den Kampfpriesterinnen näherte. Er setzte über die Leichen der Verteidigerinnen und Barbaren hinweg, hieb mit seinem Schwert nach allen Seiten und folgte dem Weg ins Zentrum. Nichts konnte ihn aufhalten.

»Die Weltendämmerung naht«, flüsterte Armanon in ihrem Geist. So wie alle Unsterblichen besaß er die Gabe der Telepathie.

»Bring mich hinunter zu meinen Schwestern, Armanon«, hauchte sie. All die Planung, all die Mühsal, nichts hatte die heutigen Ereignisse verhindern können. Mit dem Tod der Magier galt es, das Schlimmste zu verhindern.

»Ihr werdet sterben, wenn ich Euch in den Kessel der Schlacht trage, Schwester Irella.«

Sie blickte in das Orange der Sonne, die ihrem Untergang am Horizont entgegenstrebte. Danach legte sie Armanon die Hand auf sein Federkleid.

Er verstand und kippte nach links in einen Sinkflug. Doch bevor Armanon aufsetzen konnte, wurde er aus der Luft gerissen.

Schwester Irella schlug auf dem Grasboden auf. Für einen Moment rang sie nach Luft und blinzelte gegen die schwarzen Flecken an, die ihr Sichtfeld trübten. Speere. Krallen. Schreie. Alles um sie herum verschmolz zu einer Suppe an Sinneseindrücken.

Bleiern haftete ihr die Benommenheit an, dann gelang es ihr, sich zu finden. Neben ihr lag Armanon.

»Haltet ihn mit allen Mitteln auf, Schwester Irella. Er darf das Portal nicht passieren«, insistierte Armanon. Er lag auf der Seite, drei Riesenbolzen ragten aus seiner Flanke. Blut floss aus den Wunden. Viel Blut. Armanon war ein Unsterblicher – und doch starb er. Der Glanz seiner azurfarbenen Augen verblasste, während Schwester Irella ihm die Hand auflegte und die Worte des Lichts sprach. »Möge Euch die Goldmöwe auf ihren Schwingen davontragen.« Macht strömte durch ihren Geist, durch ihren Arm, durch ihre Fingerspitzen, nahm Schmerz und schenkte Frieden.

Irella straffte die Schultern. »Nichts darf durch dieses Portal hindurch«, murmelte sie, stand auf und eröffnete den Schlussakt ihres Lebens. Sie drehte sich um und musterte den Dunklen Paladin.

Er war abgestiegen und näherte sich ihr. Etwa dreißig Schwestern verteidigten noch das Portal gegen die Barbaren, der Rest war gefallen.

Irella mühte sich weder um das Richten ihres Umhangs, noch um die Metallteile, die ihr vom Plattenharnisch abstanden. Sie spie einen Klumpen Blut zur Seite und hob ihren Speer. Schwindel trübte ihre Sinne, doch dies war nicht die Zeit, sich der Schwäche hinzugeben. So lange ihre Beine sie noch zu tragen vermochten, würde sie Widerstand leisten. »Euer Schweigen betrübt mich!«, rief sie ihm über den Kampfeslärm zu.

Die Abendsonne glänzte auf der Klinge des Dunklen Paladins. Er lächelte Irella gequält an und schloss den Panzerhandschuh um den Griff seines Schwertes.

»Dunkelheit naht o Herr. Verleihe mir das Licht, um gegen sie zu bestehen«, betete Irella. Ihre Speerspitze flammte im indigofarbenen Feuer des heiligen Durhelian auf und verbannte die Schatten der Dämmerung.

Ihr Schildarm war gebrochen. Für Schmerzen hatte sie keine Zeit. Es gab lediglich das Portal, das es zu schützen galt. Nichts durfte es durchschreiten.

Hinter dem Dunklen Paladin stahl sich ein Knurren durch den Wind. Es war Reißzahn, sein Riesenwolf. Seine Lefzen zuckten zurück und entblößten ein Maul gespickt mit Todeswerkzeugen.

»ICH BIN KAMPFPRIESTERIN!« Flammen knisterten, als Irella den Speer wirbeln ließ.

Der Dunkle Paladin durschaute ihre Absicht und rannte los.

Es war zu spät.

Schwester Irella drehte sich zum Gewühl aus Rauchschwaden. Bevor der Dunkle Paladin sie erreichen konnte, schmetterte sie ihren Speer dagegen. Mit einer Schockwelle ließ die Portalmagie ihr Bewusstsein in Myriaden von Sternen bersten.


Dunkler Paladin

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