Читать книгу Moody Food-Fotografie - Corinna Gissemann - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL 1
MOODY FOOD- FOTOGRAFIE
Herzlich willkommen! Es freut mich, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben. Auf den kommenden Seiten möchte ich Sie auf die dunkle Seite der Food-Fotografie entführen. Nein, keine Angst, es wird nicht gruselig, dafür aber spannend, ausdrucksstark und vor allem für Sie mit wenigen Mitteln gut umsetzbar. Das glauben Sie nicht? Dann bin ich gespannt, wie Sie darüber denken, wenn Sie dieses Buch bis zum Ende durchgearbeitet haben.
Ich habe lange überlegt, ob es sinnvoll ist, zu diesem Thema ein Buch zu schreiben. Der Moody-Bildlook ist schon seit Jahren populär und hat bis heute nichts an seiner Attraktivität verloren. Allerdings gibt es zu diesem Thema keine gedruckte Lektüre. Aber, warum eigentlich nicht? Wahrscheinlich denken Sie jetzt, weil es zu kompliziert und zu schwer in der Umsetzung ist oder Sie einfach zu viel Fachwissen benötigen. Nein! Zum erfolgreichen Durcharbeiten dieses Buches müssen Sie nur wissen, wo Sie bestimmte Einstellungen an Ihrer Kamera oder Ihrem Smartphone vornehmen. Und Sie sollten ein Bildbearbeitungsprogramm, ein Stativ, ein paar Requisiten, schwarze Pappe sowie Lust und Spaß am Basteln des ein oder anderen Hilfsmittels haben.
Ich werde Ihnen anhand unterschiedlicher Motive zeigen, dass stimmungsvolle Bilder mit wenig Licht kein Hexenwerk und leicht umzusetzen sind. Von geschmackvollen Arrangements bis hin zu einfachen Sets zeige ich Ihnen mit Tages- und Kunstlicht, was alles möglich ist.
Mir ist es wichtig, dass dieses Buch auch für Laien leicht verständlich ist. Deswegen werden Sie hier auch keine hochwissenschaftlichen Texte vorfinden, sondern leichte, lockere Textkost mit einem Hauch Animation, damit Sie das Bedürfnis bekommen, das Gelernte direkt umzusetzen.
WAS BEDEUTET »MOODY«
Wörtlich übersetzt bedeutet »moody« so viel wie »melancholisch, launisch oder mürrisch«. Mit der Zeit werden Sie auch über andere Begrifflichkeiten stolpern wie »dark and moody«, »mystic light« oder auch »Chiaroscuro«. Eine klare Abgrenzung zwischen diesen Stilen gibt es nicht und meist gehen sie ineinander über. Was diese Bildstile jedoch alle auszeichnet, sind Kontraste, Texturen und vor allem ein ausdrucksstarkes Licht-Schattenspiel. Das heißt, die Bilder erhalten ihre Stimmung, Atmosphäre und Tiefe durch das gezielte Einsetzen, Verarbeiten und Modellieren von wenig Licht. Zudem darf es rustikaler, dreckiger und unaufgeräumter zugehen als beim hellen, luftigen Bildstil. Alte Requisiten, Leinen, kaputte Holzbretter und auch angelaufenes Silberbesteck dürfen es sein. Das heißt natürlich nicht, dass Sie jetzt all Ihre liebevoll gesammelten Requisiten ohne Macken entsorgen müssen – ganz im Gegenteil, auch diese können Sie mit dem Moody-Look wunderbar in Szene setzen.
Diese Art von Food-Fotografie ist also eher düster, geheimnisvoll und experimentell. Genau das macht aber ihren besonderen Reiz aus.
Verwitterte Holzbretter eignen sich besonders als Unter- und Hintergründe für Moody-Bildlooks. ISO 100 ∙ ¼ Sek. ∙ f/2.8 ∙ 100 mm
FOOD-FOTOGRAFIE: ARRANGEMENTS MIT GESCHMACK
Gerade die Food-Fotografie lebt von Arrangements, die dem Betrachter das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Dabei ist immer oberste Priorität, dass ihr Hauptdarsteller im Bild die ungeteilte Aufmerksamkeit bekommt. Nichts sollte von ihm ablenken. Die Elemente, die Sie Ihrem Bild hinzufügen, sollten nur unterstützend wirken. Genau das lässt sich wunderbar auch mit Stillleben kombinieren. Gerade am Anfang können Sie sich an kleinen Food-Stills probieren und so lernen, wie sich die Bildwirkung verändert, wenn Sie dem Set nach und nach Requisiten hinzufügen. Später, nach einiger Übung, werden Sie dadurch atemberaubende Bilder mit Atmosphäre kreieren.
Neben dem Arrangieren von Requisiten am Set sind natürlich noch andere Dinge elementar für ein gutes Bild. Das Wichtigste überhaupt ist aber das Licht. Dann folgen Bildgestaltung und Komposition sowie das Foodstyling. All das fällt Ihnen natürlich nicht in den Schoß, sondern muss gelernt und geübt werden. Möchten Sie sich tiefgreifender mit der Food-Fotografie befassen, dann empfehle ich Ihnen mein erstes, ebenfalls im dpunkt.verlag erschienenes Buch »Food-Fotografie: Leckere Bildrezepte für Einsteiger«. Dort erkläre ich Ihnen alles, was es braucht, um ein leckeres, ansprechendes Food-Foto zu erstellen.
Links ∙ Ein ruhiges Bild mit wenigen Elementen. ISO 100 ∙ ¼ Sek. ∙ f/2.8 ∙ 90 mm
Rechts ∙ Durch das Hinzufügen von Blumenelementen erzählt das Bild eine Geschichte. ISO 100 ∙ 1/10 Sek. ∙ f/2.8 ∙ 90 mm
VON VINTAGE BIS MODERN: ALLES IST ERLAUBT
Das Gute an der Food-Fotografie ist, dass Sie sich nicht auf einen bestimmten Stil festlegen müssen. Sie können alte, abgenutzte Requisiten ebenso verwenden wie neuwertige. Ein leckerer Gugelhupf mit toller Vintage-Backform kombiniert ist genauso interessant wie edles, schwarzes Besteck als Requisite zu einem leckeren Salat.
In meinem Beispielbild links können Sie sehen, wie ich getrocknete Lavendelzweige mit einem Blatt aus einem alten Buch zusammen fotografiert habe. Als Untergrund diente mir hier eine alte Holzkiste. Die einzelnen Elemente ergeben eine tolle Komposition und lassen dem Betrachter Raum für eine eigene Interpretation. Sie haben solch alte Buchseiten nicht? Kein Problem! Wie Sie diese selbst herstellen können, zeige ich Ihnen in Kapitel 10 (siehe Seite 152).
Links ∙ Durch Kontrast, Farbe oder ein spannendes Lichtspiel können Sie minimalistische Bilder interessanter wirken lassen. ISO 100 ∙ 1/2 Sek. ∙ f/6.3 ∙ 100 mm
Rechts ∙ Anschnitte wecken in der Regel schnell das Interesse des Betrachters. ISO 100 ∙ 1/3 Sek. ∙ f/5.6 ∙ 100 mm
MINIMALISMUS
Ich selbst liebe Minimalismus in Bildern, ganz nach dem Motto: Weniger ist mehr. Denn gerade das stellt meiner Ansicht nach die Herausforderung dar: Das Abbilden eines einzelnen Elements ist oft schwieriger als das Abbilden größerer Arrangements. Beim Fotografieren eines Einzelelementes soll der Hauptdarsteller die volle Aufmerksamkeit bekommen und nichts soll davon ablenken. Daher ist hier die Perspektive als auch das Spiel mit der Schärfentiefe enorm wichtig, denn gerade minimalistische Bilder, egal ob Stilllife oder Food, können auf den Betrachter schnell langweilig wirken.
Doch worin besteht nun die Besonderheit bei minimalistischen Bildern? Beim Betrachter erwecken solche Fotos den Eindruck, unvollständig zu sein, und er vervollständigt sie unbewusst. Schauen Sie sich das Bild oben links an: Was passiert vor Ihrem geistigen Auge, wenn Sie den Granatapfel betrachten?
Möchten Sie beim Betrachter Spannung erzeugen, können Sie gut mit Anschnitten arbeiten, um die volle Aufmerksamkeit für Ihr Bild zu bekommen. Auch das Arbeiten mit Komplementärfarben, der Drittelregel oder mit einer spannenden Komposition helfen u. a. dabei, das Auge des Betrachters verweilen zu lassen.
Schauen Sie von links nach rechts und achten Sie darauf, wie Ihr Auge das jeweilige Bild wahrnimmt. ISO 100 ∙ 1,6 Sek. ∙ f/4.5 ∙ 100 mm
Der Schlüssel zu einem interessanten, minimalistischen Bild ist also: Setzen Sie einfach möglichst wenige Elemente ein, um dem Betrachter die Möglichkeit zu geben, tiefer in das Bild einzusteigen.
Möchten Sie einmal etwas Besonderes wagen? Dann wandeln Sie Ihr Bild in Schwarz-Weiß um. Damit fällt die Ablenkung durch Farben weg und das Auge des Betrachters wird nur noch von Kontrast und Licht-Schatten-Verläufen geleitet. Das kann Ihr Motiv nochmal hervorheben und Ihr Bild interessanter machen.
Gerade minimalistische Bilder können durch eine geschickte Schwarz-Weiß-Bearbeitung ihren ganz besonderen Reiz bekommen.
Doch überlegen Sie vorher genau, ob die Umwandlung in Schwarz-Weiß zu Ihrem Motiv passt oder eher nicht. Bilder von Gerichten sind generell nicht zur Umwandlung in Schwarz-Weiß geeignet, Bilder mit wenigen Elementen wie Obst, Gemüse oder Kräuter hingegen schon eher. Probieren Sie es einfach aus!