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Stadtmacher

1. PREIS

PARTIZIPATIVE PLANUNG

Bauherrschaft

Metropolenhaus Am Jüdischen Museum GmbH & Co.KG

Standort

Berlin-Friedrichstadt


Metropolenhaus Am Jüdischen Museum

Mit dem Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt in Berlin ist ein Lückenschluss im historischen Gewebe der barocken Friedrichstadt gelungen – und zugleich viel mehr. Denn das Areal gegenüber dem Jüdischen Museum steht für einen neuen, vielleicht zukunftsweisenden Umgang mit städtischem Bauland, das in diesem Fall nicht für den Höchstpreis, sondern für ein überzeugendes Nutzungskonzept an die Entwickler vergeben wurde. Die Idee des Metropolenhauses lässt sich auf eine eingängige Formel bringen: Eigentum verpflichtet. Denn die Käufer der insgesamt 40 Einheiten finanzieren nicht nur ihr Dach über dem Kopf, sondern auch eine hauseigene Non-Profit-Kulturplattform im Erdgeschoss. Der Mehrwert des Projekts, so könnte man sagen, besteht vor allem in der sozialen Rendite, von der die Nachbarschaft und damit auch die Stadt profitieren. Denn schon während der Bauzeit luden die Initiatoren die Nachbarn aus einer migrantisch geprägten Nachkriegswohnsiedlung immer wieder zu Veranstaltungen ein und kooperieren seither auch mit den Schulen vor Ort.

Nicht zuletzt beweist das Metropolenhaus, dass sich soziales Gewissen und ein hoher architektonischer Anspruch nicht ausschließen. Seine Gestalt entwickelt das zweiflügelige Gebäude aus der besonderen städtebaulichen Lage an der Einmündung der Markgrafenstraße in die Lindenstraße sowie als nördlicher Abschluss des neuen Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platzes, der den Mittelpunkt des neuen Quartiers bildet. Diese Mehrfrontenherausforderung parieren die beiden Gebäudeteile mit unterschiedlichen Fassaden: Zur Straße hin präsentiert es sich als metallisch kühle, nüchtern gerasterte Front und öffnet sich nach Süden zum Platz hin über großzügig verglaste Loggien. Die abgekehrte Hofseite mit ihren luftigen, begrünten Laubengängen bleibt hingegen das Privileg der Bewohner. Über die Binnenstruktur der einzelnen Ebenen ergibt sich eine feinkörnige funktionale Mischung: Während das Erdgeschoss neben den 400 Quadratmetern für offene gemeinschaftliche Nutzungen und kreative Projekte noch 600 Quadratmeter für Gastronomie und Einzelhandel bereithält, stehen im ersten Obergeschoss 7 Gewerbeeinheiten und Kreativstudios zur Verfügung. Zu den insgesamt 40 Wohnungen gehören auch 3 großzügige Atelier-Maisonettes, in denen gewohnt und gearbeitet wird. Das Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt hat die vormals unbelebte Gegend zwischen dem südlichen Ende der Friedrichstraße und dem Jüdischen Museum erfolgreich in einen Teil der Stadt verwandelt und lässt zu Recht die Frage aufkommen, ob Konzeptverfahren mit sozialem Anspruch ein weithin praktikabler Baustein für Stadtentwicklung unter verschärften Marktbedingungen sein könnten. Stell Dir vor, es wird gentrifziert und keiner hat Angst!


Ansicht des Metropolenhauses von Süden


Blick auf das Jüdische Museum


Projektraum im Erdgeschoss


Blick in eine Wohnung


Fassade an der Markgrafen-, Ecke Lindenstraße


Hofansicht


Durchgang zum Innenhof


Blick in den Innenhof

Welche städtebaulichen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren waren für die Konzeption Ihres Vorhabens ausschlaggebend?

Das ehemals nahe der Mauer gelegene Gebiet wurde nach der Wiedervereinigung zu einem zentralen Standort in Berlins Mitte, doch die stadtplanerischen Leerstellen sind noch immer sichtbar. Vor diesem Hintergrund war für uns das Konzept des „Aktiven Erdgeschosses“ mit nicht kommerziellen Projekträumen als integraler Baustein eines innerstädtischen Wohnungsneubaus maßgeblich, denn Erdgeschosse sind Stadtgeschosse: Begegnungsorte und bauliche Voraussetzung von erlebbarer Vielfalt. Dafür erhielten wir beim Konzeptverfahren – Höchstpreis vs. Konzept – den Zuschlag.

Wie konnten Sie die Käufer bzw. Eigentümer davon überzeugen, das „Aktive Erdgeschoss“ und insbesondere die nicht kommerziellen Projekträume mitzufinanzieren?

Die Käufer haben nicht nur in eine Eigentumswohnung investiert, sondern sind Teil eines übergreifenden Konzeptes. Mit ihrem Erwerb sichern sie über eine Querfinanzierung die ökonomische Basis des Kultur- und Gewerbekonzeptes, insbesondere die nicht kommerziellen Projekträume, und übernehmen langfristig Verantwortung für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Entscheidende Voraussetzung war eine transparente Kommunikation: So wuchs das Vertrauen in die Akteure und das Projekt, bei den Käufern und in der Nachbarschaft.

Worin besteht die Herausforderung, in angespannten städtischen Immobilienmärkten privates Wohneigentum für gesellschaftliche Zwecke zu mobilisieren und gleichzeitig gute Architektur zu schaffen?

Nötig ist Denken in Netzwerken, aber auch der Dialog zwischen Nutzern, Politik und Nachbarschaft. Für eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik sind – wie bei der Vergabe der Grundstücke am ehemaligen Blumengroßmarkt – qualifizierte Konzeptverfahren notwendig, um zu einer sozialen und funktionalen Mischung im Quartier beitragen zu können. Es geht nicht um privatisierte Maximalrenditen, sondern um eine nachhaltige Stadtrendite, bei der privates Kapital für innerstädtische Qualitäten mobilisiert wird. Dazu gehört auch eine Architektur, die Freiraum für Begegnung und Interaktion schafft.

„Berlin braucht kreative Konzepte in der Entwicklung von Architektur und Stadt. Bei der Vergabe von Baugrund sollte die Maxime ‚Eigentum verpflichtet‘ im Fokus stehen, um Verantwortung für die soziale Entwicklung und Vielfalt von Quartieren zu übernehmen.“

Benita Braun-Feldweg

Urteil der Jury

Lars Krückeberg

Mit dem Metropolenhaus in Berlin ist den Verfassern von bf studio etwas Besonderes gelungen. Das neue Wohnhaus in prominenter, städtebaulich herausfordernder Umgebung überzeugt in mehrfacher Hinsicht.

Dem Neubau gelingt es, sich in dem sehr heterogenen Umfeld von Jüdischem Museum und Akademie (im ehemaligen Blumenmarkt), von Sportplätzen, Wohnungsbau, Supermärkten und Gewerbe zu behaupten, indem es geschickt den Raum in öffentliche, halböffentliche und private Bereiche ordnet und diese in einem flexiblen Erdgeschoss verbindet.

Es ist auch diesem stadt-aktiven Erdgeschoss zu verdanken, dass der Entwurf das von der Stadt ausgeschriebene Konzeptverfahren gewann. Die neu entstandenen Wohnungen haben die öffentlichen Nutzungen querfinanziert, wobei diese stadt-solidarische Entwicklung von den Architekten orchestriert wurde. Somit ist das Funktions- und Entstehungskonzept der Verfasser mindestens ebenso wichtig für den Erfolg des Gebäudes wie die architektonische Qualität.

In dem Haus versammeln die Architekten mehrere Funktionen und Wohntypologien. Erschließung, Funktionen und Grundrisse fußen auf dem Prinzip großer Flexibilität, die diesem neuen Stadtbaustein Zukunftsresilienz einschreiben. Die Materialien Stahl und Beton mit ihrer je spezifischen Oberflächenästhetik schreiben das Prinzip folgerichtig weiter.

Das Metropolenhaus überzeugt in seiner städtebaulichen Konsequenz, neue Lösungen für die Anforderungen unseres Stadtlebens zu finden. Dabei definieren die Verfasser nicht nur die Ansätze von Architektur auf neue und interessante Weise, sondern zugleich die mögliche Rolle der Architekten im Entstehungsprozess des gebauten Stadtlebens.

Bauherrschaft

Metropolenhaus Am Jüdischen Museum GmbH & Co.KG

Markgrafenstraße 88

10969 Berlin

metropolenhaus.de

Architekturbüro


Benita Braun-Feldweg

Benita Braun-Feldweg und Matthias Muffert gründeten das Architekturbüro bfstudio-architekten GbR im Jahr 1999. Mit seiner Arbeit konzentriert sich das Team auf den innerstädtischen Raum. Seit einigen Jahren planen und realisieren bfstudio-architekten die sogenannten METROPOLENHÄUSER und agieren dabei als Architekten, Stadtteilentwickler, Kulturmanager und Bauherren.

bfstudio Partnerschaft von Architekten mbB Benita Braun-Feldweg & Matthias Muffert

Markgrafenstraße 88

10969 Berlin

kommunikation@bfstudio-architekten.de

bfstudio-architekten.de

Anzahl der Wohneinheiten

40

Anzahl der Bewohner

90

Wohnfläche in m2

5.950

Grundstücksgröße in m2 2.500

Brutto-Grundfläche (BGF) in m2 8.750

Zusätzliche Nutzfläche in m2 Keller: 940; Garten: 500

Fläche für Gewerbe/Mischnutzung in m2 Aktives Erdgeschoss: 1.000

Art der Gewerbe/Mischnutzung

Wohnungsschlüssel: 37 Wohnungen, 3 Maisonettes, Wohnen/Arbeiten im 1.–6. OG, 7 Gewerbeeinheiten und Kreativstudios im 1. OG, 11 Gewerbeeinheiten im EG (inkl. Kulturplattform „feldfünf“)

Fertigstellung

Februar 2018

Bauweise

Neubau

Energiestandard

EnEV 2016

Lageplan


Mitwirkende

Unternehmen

feldfünf – Projekträume im Metropolenhaus

feldfuenf.berlin

Architekturfotografie

Sebastian Wells, Berlin

mail@sebastianwells.de

Rainer Gollmer, Berlin

info@rainergollmer.com

Grundriss Wohnung Typ A


Grundriss Wohnung Typ B


Grundriss Wohnung Typ C


Maßstab M 1:300

Querschnitt


Längsschnitt


Grundriss 2. Obergeschoss


Grundriss 1. Obergeschoss


Grundriss Erdgeschoss


Maßstab M 1:1000

Ausgezeichneter Wohnungsbau 2020

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