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DER WEG IN DEN VORHOF ZUR HÖLLE

Das ehemalige Gleis 1a

An der heutigen Schwanenteichanlage befand sich bis 1955 der alte Heidelberger Hauptbahnhof. Von hier starteten vor über 80 Jahren Sonderzüge ins Internierungslager Gurs in Frankreich.

Kurfürsten-Anlage (an der Stadtbücherei) Ort 69115 Heidelberg GPS 49.4061913, 8.6886969 Anfahrt Auto: Parkhaus Poststraße. ÖPNV: mit Bus oder Straßenbahn bis Haltestelle Stadtbücherei


Der Klotz am Ende der Schiene symbolisiert die Endstation des Grauens.


DARK PLACE, DIESE IDYLLISCHE GRÜNANLAGE? Nicht auf den ersten Blick. Aber während der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte begann an diesem Ort für 299 Frauen, Männer und Kinder die Reise in den Vorhof zur Hölle. Am Dienstag, dem 22. Oktober 1940, zwang die Gestapo sie in einen Sonderzug auf Gleis 1a des damaligen Hauptbahnhofs, der die Stadt Richtung Frankreich verließ. Dort, wo sich das besagte Gleis befand, steht heute ein Gedenkstein, vor dem sich Schienen und Gleisschotter befinden. Die exakte Lage von Gleis 1a konnte mithilfe des städtischen Vermessungsamts festgestellt werden.

DEPORTATION Im Rahmen der »Wagner-Bürckel-Aktion« wurden am 22. und 23. Oktober 1940 über 6500 Menschen jüdischen Glaubens aus Baden und der Saarpfalz in das französische Internierungslager Gurs deportiert. Mit Stiefelgetrampel und lautem Klopfen erschienen in den frühen Morgenstunden Gestapobeamte an den Haustüren jüdischer Bürger und forderten sie auf, das Nötigste zu packen und sich innerhalb einer halben Stunde zum Abtransport bereit zu machen. 50 Kilogramm Gepäck und 100 Reichsmark durfte jeder mitnehmen. Die Menschen wurden zur Sammelstelle auf dem Marktplatz gebracht, wo sie Wohnungsschlüssel aushändigen sowie Kontovollmachten und Verzichtserklärungen unterschreiben mussten. Die Wohnungen wurden von der Gestapo nach Wertgegenständen durchsucht und versiegelt. Was diese sich nicht selbst aneignete, wurde später öffentlich versteigert. Sieben Sonderzüge nach Frankreich starteten an diesem und am nächsten Tag in Baden, einer davon in Heidelberg auf Gleis 1a. Drei Tage lang rollten die Züge nach Oloron-Sainte-Marie am Fuß der Pyrenäen. An der dortigen Bahnstation wurden die Menschen auf Lastwagen verladen und ins Lager »Camp de Gurs« gebracht, das von den Franzosen im April 1939 zunächst zur provisorischen Unterbringung von spanischen Bürgerkriegsflüchtlingen errichtet worden war. Zwischen April und Ende August 1939 waren mehr als 24 500 Spanier im Lager untergebracht, von denen die meisten nach Lateinamerika emigrierten. Ab Mai 1940 wurden französische Kommunisten, Sozialisten, Gewerkschafter und »unerwünschte« Ausländer, darunter auch Hannah Arendt, in Gurs interniert.


Das Denkmal steht dort, wo früher Züge ratterten.

GURS – DER VORHOF ZUR HÖLLE Das Lager auf einem Hochplateau rund 50 Kilometer vor der spanischen Grenze bestand aus 400 schlichten Holzbaracken von 24 Metern Länge und 6 Metern Breite, die pro Unterkunft Platz für 60 Menschen boten. Möbel gab es keine, als Betten dienten Strohsäcke. Als die Deportierten aus Baden und der Saarpfalz im Oktober 1940 im Lager ankamen, goss es in Strömen. Das Areal glich einem riesigen Schlammloch, die Baracken waren unbeheizt, eiskalter Wind pfiff durch die Ritzen. Für die Menschen begann ein Martyrium. Zu essen gab es nur wenig, viele starben an Unterernährung. Für die meisten Deportierten war Gurs nur eine Zwischenstation – im August 1942 begannen die Transporte nach Auschwitz. Über ein Drittel der aus Heidelberg deportierten Juden fanden in Gurs oder in den Vernichtungslagern des Ostens den Tod, 54 gelang die Flucht aus Gurs, 15 Überlebende kehrten nach dem Krieg nach Heidelberg zurück.

Die nach den Gauleitern Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz) benannte Aktion war die erste große organisierte Deportation deutscher Juden im Dritten Reich. Wagner und Bürckel brüsteten sich damit, ihre »Territorien« als erste im Deutschen Reich für »judenfrei« erklärt zu haben. Das Mahnmal zum Gedenken an die Deportation der Heidelberger Juden nach Gurs wurde am 30. Juli 2014 eingeweiht.

Das besondere Erlebnis


In der Stadtbücherei gibt es eine kleine Dauerausstellung zur Geschichte der Juden in Heidelberg bis zu ihrer Deportation sowie über das Lager Gurs. Das Regal mit der Ausstellung befindet sich an der Information vorbei links. Dort ist auch »Das Lied von Gurs« ausgestellt. »… In den Basses-Pyrénéen gibt es einen Ort, wo Baracken nur stehen, kein Baum steht dort. Dort kommt nur der hinein, der kein Recht hat, auf der Welt zu sein. Und wer den Ort betrat, den trennt von der Welt dein Stacheldraht …«. Komponist des Liedes war der Österreicher Leonhard Märker, der nach Kriegsbeginn 1939 in Frankreich als feindlicher Ausländer in Gurs interniert wurde und drei Jahre später in die USA emigrierte.

Lost & Dark Places Heidelberg und Mannheim

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