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BLOSS LIEBE

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»Theologie der Liebe« oder die scheinbar unsichtbare Wirklichkeit der Liebe

Für den deutschen Begriff der Liebe gibt es im Griechischen verschiedene Übersetzungen, die zwei Grundformen von Liebe bezeichnen. ’Αγάπη (lateinisch: caritas) lässt sich mit Nächstenliebe oder Barmherzigkeit, dagegen ἔρως (lateinisch: amor) mit sinnlicher Liebe übersetzen, wodurch sich das Zugeneigt-Sein in Freundschaft von jenem in einer Partnerschaft unterscheiden lässt. Auch wenn die Sinngehalte der Begriffe ἀγάπη und ἔρως jeder für sich ein breites Bedeutungsspektrum abdecken, so weisen sie doch die gleiche Grundcharakteristik der Liebe auf. Sie sind durch Unbedingtheit1, Maßlosigkeit2 und Annahme des Anderen gekennzeichnet.

Hinzu kommt, dass der Mensch ein Leib-Geist-Wesen ist, so dass auch seine Liebe einen leiblich-geistigen Charakter haben muss, um seinem Wesen zu entsprechen. Für diese zwei Dimensionen der menschlichen Liebe finden sich in der theologischen Literatur unterschiedliche Bezeichnungen: begehrende Liebe (amor concupiscentiae) und selbstlose Liebe (amor benevolentiae)3 oder physische bzw. ontische Liebe und ekstatische Liebe4. Der insbesondere im Mittelalter geführten Diskussion darüber, welche die wahre Form der (Gottes-) Liebe sei, liegt eine in der Liebe selbst verborgene Dialektik zugrunde: „Einerseits gehört zum Wesen der Liebe, daß Liebende in ihrem Vollzug die Reflexion auf das eigene Glück ›vergessen‹ (sonst würde das Gegenüber instrumentalisiert); anderseits ›wissen‹ Liebende, daß sie gerade in diesem ›selbstvergessenen‹ Akt ihr Glück finden (würde man dies verneinen, entzöge man der Liebe jede Motivation).“5 Daher sollte zum einen ein Verständnis von zwischenmenschlicher Liebe erreicht werden, nach dem sie „dann am ›geistigsten‹ [ist], wenn sie den ganzen Menschen in sich integriert, also auch die notwendige ›Trieb‹-Grundlage bewahrt und verbreitert.“6 Zum anderen sollte mit Bezug auf die Gottesliebe nachvollzogen sein, „daß es zwischen Gottes-Liebe und Selbst-Liebe eine letzte, wenn auch als Phänomen nicht zum Ausdruck kommende Identität gibt, so daß beide letztlich als zwei Aspekte ein und desselben wahrhaft natürlichen Verlangens zu verstehen sind.“7 Beide Dimensionen der Liebe sind also in solch einer Weise auf einander bezogen zu begreifen, „daß die ontologische (transzendentale) Wesensstruktur des Menschen auf Gott hin gerade dann sich selbst (in ›Selbst-Liebe‹) bejaht und vollzieht, wenn der Mensch ›ekstatisch‹ (›ek-sistierend‹) liebend sich in Gott verliert und so findet.“8

1 „Wenn der Mensch den Nächsten so liebt, wie er sich selbst liebt, liebt er ihn nicht wegen irgendwelcher Vorzüge, sondern um seiner selbst willen, spontan und grenzenlos“, Schockenhoff, Eberhard, Grundlegung der Ethik. Ein theologischer Entwurf, Freiburg 2007, 301.

2 „Der maßlosen Liebe wohnt wesensmäßig die Dynamik inne, immer mehr zu wachsen, die Grenzen immer weiter hinauszuschieben“, Herzgsell, Johannes, Karl Rahners Theologie der Liebe, in: Geist und Leben 77 (2004) 171-183, 173.

3 Vgl. Rahner, Karl, Art. Liebe. V. Heutige Problematik, in: ders./Höfer, Josef, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg 21961, 1038-1039, 1039.

4 Vgl. Ratzinger, Joseph, Art. Liebe. III. Geschichte der Theologie der Liebe, in: Höfer, Josef/Rahner, Karl, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg 21961, 1032-1036, 1034.

5 Nocke, Franz-Josef, Art. Gottesliebe. II. Systematisch-theologisch, in: Kasper, Walter u.a. (Hrsg.), Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 4, Freiburg 31995, 927-930, 929.

6 Rahner, Karl, Art. Liebe. V. Heutige Problematik, in: ders./Höfer, Josef, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg 21961, 1038-1039, 1039.

7 Drumm, Joachim, Art. Liebe. IV. Systematisch-theologisch, in: Kasper, Walter u.a. (Hrsg.), Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg 31997, 912-915, 914.

8 Rahner, Karl, Art. Liebe. V. Heutige Problematik, in: ders./Höfer, Josef, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg 21961, 1038-1039, 1038f.

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