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3. Bloß Liebe
ОглавлениеNach den grundlegenden Aussagen über den Begriff der Liebe werden nun mit einer Interpretation der Wortkombination »bloß Liebe« weitere Verständnisdimensionen erschlossen. Das Wort »Liebe« an sich umfasst – wie gesehen – bereits verschiedene inhaltliche Prägungen, so dass das Wortpaar ebenfalls auslegungsbedürftig ist. Die im Folgenden beschriebenen vier Bedeutungsebenen von »bloß Liebe« repräsentieren das breite Spektrum, wie unterschiedlich diese Aussage verstanden werden kann, und dokumentieren, wie diese Verschiedenheit Missverständnisse provoziert.
Eine erste Verständnisweise von »bloß Liebe« betont die Einzigartigkeit der Liebe (»Lauter Liebe«). Dabei kann der Liebe nichts anderes den Rang ablaufen; nichts anderem gelingt es, ihren Wert zu übertrumpfen. Die Liebe nimmt hierbei eine tragende, eine absolute Rolle ein. Sie ist das Fundament für alles andere. Sie ist die Quelle, aus der alles andere sich speist, aus der alles andere Sinn und Zweck empfängt, auf die alles andere bezogen ist.
Eine zweite Interpretation der Aussage »bloß Liebe« nimmt eine Verengung des Adjektivs vor, so dass dadurch der Liebe zwar eine Exklusivität zugesprochen wird, doch im Gegensatz zur ersten Verstehensalternative keine umfassende Sichtweise gemeint ist, sondern nun die Liebe primär in ihrer innerweltlichen Form in den Blick genommen wird (»Ausschließlich Liebe«).
Eine dritte Bedeutungsweise betrachtet das Adjektiv »bloß« als Relativierung der Liebe im Sinne von »lediglich«. Sie setzt die vollzogene Abgrenzung des Liebesbegriffs der zweiten Alternative voraus und übernimmt dadurch eine Definition von Liebe, die ihr ihren unbedingten Charakter abspricht. In diesem Verständnis ist die Liebe entweder ein Element unter anderen oder sogar eine Kategorie, die geringeren Wert hat als vergleichbare andere Dinge. Die Liebe kann damit verzweckt, benutzt, vielleicht abgenutzt oder sogar vernutzt werden.
Als vierte Variante öffnet das Adjektiv »bloß« auf ein Verständnis hin, nach welchem die Verletzlichkeit und Schutzlosigkeit der Liebe ins Blickfeld gerückt wird (»Nackte Liebe«). In dieser Bedeutung tritt die Liebe als ohnmächtig auf, da sie nichts verlangt, nichts verlangen kann, sondern vielmehr sich schenkt und verströmt, ohne Gegenleistung, ohne Dank, ohne Hoffnung auf Reaktion oder gar Erfolg.