Читать книгу Wegen Wersai - Dagmar Schifferli - Страница 5

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TANTELOTTE STRICKT ALLES in Blau und Weiß.

»Züricher Farben, blau-weiß, wie die Trikots von Schalke 04.«

»Es heißt Zürcher Farben, ohne i«, sage ich.

»Dann halt. Ewig her, dass die Knappen Deutscher Meister geworden sind. Die erfolgreichen Dreißigerund Vierzigerjahre sind leider, leider vorbei. Momentan kämpfen sie sogar um den Ligaerhalt. – Zwei links zusammenstricken – zwei Maschen rechts. Der Langner kann einem schon leidtun. Eine Masche abheben. – Fußball ist halt in der Schweiz nicht so wichtig wie bei uns. Mein Papi hat sogar mich als Mädchen manchmal in die Glückauf-Kampfbahn mitgenommen.«

Für Babys blau-weiße Mützchen, Strampler und winzige Söckchen, für größere Kinder Jacken und Pullis, auf die Tantelotte meistens noch ein schwarzes Hündchen stickt, das aussieht wie Struppi. Die Mützchen hat sie immer schnell fertig, Strampler sind viel komplizierter. Die über Monate anwachsenden Strickberge türmen sich auf der Kommode im Wohnzimmer. Am Weihnachtsbasar der Pfarrei verkauft sie alles. Schwupps geht alles weg. Das Geld spendet sie für die armen Negerli in Afrika. Mützchen und Strampler könne man dort sowieso nicht brauchen, sagt Monika, deren Mutter auch haufenweise strickt.

»Ein Jäckchen«, antwortet Tantelotte auf meine Frage. »Vorder- und Rückenteil habe ich schon.«

»Und woran bist du jetzt?«

»Am Ärmel. – Da, lies nur, wer weiß, ob ich noch hier bin, wenn du selbst einmal ein Baby hast. Oder sogar mehrere Kinder. Was ich dir wünschen würde.«

Sie hält mir die zerfledderte Strickanleitung hin: Für den Ärmel werden 40 Maschen angeschlagen. Auch er beginnt wieder mit dem Blendenmuster und geht dann mit dem Grundmuster weiter. Dabei wird zunächst siebenmal in jeder 3. Reihe jeweils eine Masche zugenommen. Danach kommt 15-mal in jeder 2. Reihe eine neue Masche dazu. Am Ende besteht der Ärmel somit aus 84 Maschen und wird mit einer Gesamthöhe von 16 cm abgekettet. Der zweite Ärmel wird genauso gearbeitet. –

»Ich kapier gar nichts.«

»Siehst du«, sagt Tantelotte genüsslich. »Eine Geheimsprache für dich, wie? Auch das wirst du noch lernen.«

Ob ich das später wirklich einmal können möchte? Ich setze mich mit den Brüdern Löwenherz aufs Sofa und suche die Stelle, wo ich gestern vor dem Einschlafen aufgehört habe zu lesen.

Da beginnt Tantelotte über ihrem Strickzeug zu summen. Plötzlich singt sie sogar leise, so leise, dass ich die Worte gerade noch verstehen kann.

Blau und Weiß, wie lieb ich dich.

Blau und Weiß, verlass mich nicht.

Blau und Weiß ist ja der Himmel nur –

Hab ich noch nie gehört. Etwa ein Lied über Zürich, wegen Blau und Weiß? Jetzt summt sie einige Takte, dann singt sie wieder leise:

Tausend Feuer in der Nacht

Haben uns das großes Glück gebracht

Tausend Freunde, die zusammenstehn,

zusammenstehn

Dann wird der FC Schalke niemals untergehn.

Schade, nicht über Zürich, sonst hätte ich es mal Frau Simonis vorgesungen.

Mit einem entschlossenen »So – das hätten wir vorerst« legt sie das Strickzeug auf den Salontisch und nimmt die freie Nadel, um sie zwischen Nacken und Blusenkragen zu schieben. »Ach, wie gut das tut!«

Wegen Wersai

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