Читать книгу Angie - Danian Stone - Страница 7

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Jennifer Wald

Jennifer Wald stand zusammen mit Tamara Edinger am Straßenrand und beobachtete die vorbeifahrenden Autos, die in einem scheinbar nie abreißenden Strom, die Straße entlang fuhren, während sie darauf wartete, das endlich der Bus eintraf, der sie abholen sollte.

Zu ihrem Glück war sie nicht alleine. Neben ihr wartete Tamara und hinter ihnen standen ihre Sachbearbeiterin vom Kinderheim und ein Polizist.

Beiden konnte man eine gewisse Verärgerung, über das verspätete Eintreffend es Busses, bereits anmerken und dennoch verfinsterten sich ihre Blicke zunehmend, mit jeder weiteren Minute, die verstrich.

Hin und wieder, warf Jennifer einen kurzen Blick auf das Mädchen, das neben ihr stand und im selben Kinderheim lebte wie sie, auch wenn sie sie nicht weiter kannte.

Vermied es aber, sie im Beisein der beiden anderen Personen anzusprechen.

Jennifer war klein und schlank und die meisten Jungs machten sich lustig darüber, das ihr Busen bisher noch nicht sonderlich weit entwickelt war, zumindest hoffte sie innig, das er noch wachsen würde. Denn mit siebzehn, hatte sie gerade mal Körbchengröße AA.

Sie trug eine dunkle Leinenhose, die man ihr im Kinderheim mitgegeben hatte und ein enges T-Shirt, das ihre kaum vorhandene Oberweite, über die Maßen betonte, indem es sich so eng an ihren Körper anschmiegte, das auch jedes noch so winzige Detail, hervorgehoben wurde. Was soviel bedeutete, das man ihre frauliche Brust, überhaupt nicht mehr sehen konnte.

Darum stand sie auch, mit verschränkten Armen vor der Brust, am Straßenrand und vermied es, sich sonderlich oft umzudrehen. Sondern erweckte den Anschein, dass ihr ganzes Augenmerk, dem vorbei fahrenden Verkehr galt, der sie aber in Wahrheit, überhaupt nicht interessierte.

Jennifer hatte langes, braunes Haar, das sie zu einem Zopf trug und ein schmales, langes Gesicht, das durch ihre unvorteilhafte Frisur noch länger erschien. Sie war ein hübsches Mädchen, wenn auch etwas schüchtern. Doch das schien nur äußerlich so zu sein. Sie hatte im Kinderheim gelernt, dass es besser war, sich im Hintergrund zu halten und möglichst wenig über sich zu erzählen.

Dennoch hatte sie sich nicht immer daran gehalten und einige ihrer Geschichten, hatten sie hierher an den Straßenrand gebracht und das nur, weil sie so unvorsichtig gewesen war und einiges ihrer Zimmergenossin erzählt hatte.

Zum Glück galt für sie noch das Jugendstrafrecht, sonst würde sie jetzt nicht hier stehen und auf diesen dämlichen Bus warten, sondern irgendwo im Jugendknast sitzen.

Wieder glitten ihre Blicke die Straße hinauf, vorbei an den fahrenden Autos.

Das Scheißding kam einfach nicht und Gedanken versunken drehte sie den Kopf in die andere Richtung und blickte so unweigerlich in Tamaras Gesicht, die aber jeden Blickkontakt mit ihr vermied.

Blöde Kuh, dachte Jennifer und drehte den Kopf wieder zurück. Warum war sie auch so nachlässig gewesen und hatte in ihre Richtung geschaut.

Naja, nochmal passierte ihr das nicht.

Stattdessen versuchte sie, sich abzulenken, indem sie an etwas dachte.

Sie musste an den Grund denken, warum sie jetzt hier stand.

Zusammen mit ihrer Freundin Franzi, hatte sie einen Typen in der Schule vermöbelt.

Brett mit Warzen hatte er sie genannt und das über den ganzen Schulhof gerufen. Da war es ihr scheißegal gewesen, ob der Typ zwei Jahre älter war oder nicht. Sie hatte Franzi geschnappt und zusammen waren sie auf den Kerl losgegangen. Auch wenn er dabei noch so sehr geschrien hatte, sie hatten ihn windelweich geprügelt und ihm dabei mindestens zehn Mal in die Eier getreten.

Von jetzt an würde er vorsichtiger sein.

Auch mit seinen Eiern!

Jennifer grinste. Sie grinste die Autofahrer an, die vorbei fuhren und die ihr plötzlich sonderbare Blicke zuwarfen. Dabei wurde ihr klar, dass die vorbeifahrenden Fahrer, ihren grinsenden Blick und ihr etwas anzügliches Äußeres, durchaus falsch verstehen konnten. Zumal sie nicht alleine hier am Straßenrand stand.

Doch die dämliche Kuh neben ihr, vervollständigte den Eindruck, den sie beide für den kurzen Moment hinterließen, indem sie genauso gelangweilt am Straßenrand stand.

Na wie viel soll es denn kosten?

Jennifer musste lachen. Doch sie versuchte es so leise und unauffällig wie möglich zu tun. Denn die ganze Situation erforderte ein ernstes Verhalten und kein albernes herum Gegrinse.

So war sie nun mal.

Vielleicht würde ja sogar einer der Fahrer anhalten!

Die Stelle hier war doch nicht schlecht. Zumindest aus der Sicht der Fahrer, die wegen der Litfaßsäule, die neben ihr stand, erst viel zu spät sehen konnten, das hinter ihr ein Polizist wartete.

Oh man! Das Gesicht der beiden hinter ihr hätte, sie nur zu gern gesehen, wenn wirklich ein Auto stoppen würde.

Langsam beruhigte sich Jennifer wieder und kehrte zurück, zu ihren Gedanken.

Franzi bekam für die ganze Sache eine Anzeige und ihre Eltern hatten sie erst einmal aus der Schule genommen. Kontaktverbot mit Jennifer, hatten sie gesagt, als sie im Heim angerufen hatten und sich über Jennifer beschwerten.

Und Jennifer hatte im Heim Ärger bekommen.

Auch sie hatte man angezeigt und auf Grund ihrer nicht gerade dünnen Akte, die das Jugendamt besaß, hatte man ihr vorgeschlagen, das sie entweder in den Jugendknast kommen würde, oder sechs Wochen in dieses blöde Lager.

Die Entscheidung war ihr leicht gefallen.

Jetzt stand sie hier!

Eigentlich war es überhaupt kein Lager, sondern ein Camp.

Wo immer da auch der Unterschied war.

Sie nannte es ein Lager, die anderen titulierten es als Camp.

Sollten sie doch.

Für sie war es, der Beschreibung nach ein Lager. Gebäude, Zäune, Regeln und jede Menge Arbeit, die auf sie zukommen würde. Dazwischen andere Jugendliche, so wie die Tussi neben ihr und vermutlich, gab es neuen Ärger, den sie sich dort einhandeln würde.

So war es immer, wenn Franzi nicht dabei war.

Franzi war nicht nur ihre beste Freundin, sondern auch ihr Schutzengel. Wenn sie irgendetwas Blödes vorhatte, dann hielt Franzi sie immer wieder zurück und dafür war sie ihr unendlich dankbar.

Vielleicht hätte ihre Freundin sie auch bei diesem blöden Typen zurückhalten sollen, dann wäre Jennifer jetzt nicht hier. Aber sie hatte so schnell zugetreten, dass ihre Freundin sie nicht mehr hatte aufhalten können.

Scheiße!

Dachte sie.

Die ganze Zeit über ohne Franzi aushalten zu müssen, war schlimmer, als die Vorstellung, in diesem Lager zu leben.

Genau genommen, war das ihre Strafe und nicht dieses Lager.

Getrennt zu sein von ihrer Freundin, war schmerzvoller und beängstigender, als die Erwartungen an dieses Lager, an das sie bis jetzt, kaum einen Gedanken verschwendet hatte.

Vielleicht war es dort ja doch ganz schön. Besser sogar als im Heim.

Naja. Jetzt stand sie hier und es gab kein Zurück mehr.

Wann kam endlich dieser blöde Bus?

Tamara Edinger

Tamara musste unweigerlich immer wieder auf Jennifer schauen, während sie auf die Straße blickte und auch wenn sie ihr den Rücken zugedreht hatte, wusste sie, das sie wieder mit verschränkten Armen dastand, um ihre Minititties zu verstecken.

So wie sie es häufig tat.

Diese blöde Schlampe hatte den kleinen Bruder ihres Freundes vermöbelt und kam dafür jetzt ins Lager.

Jugendgefängnis wäre das richtige gewesen.

Aber dafür war sie dem Jugendamt wohl nicht hart genug.

Stattdessen hatten sie das kleine, liebe Mädchen in dieses beschissene Lager gesteckt.

Scheiße gelaufen! dachte Tamara.

Diese kleine Schlampe hatte, ohne es zu wissen, beinahe ihr Leben zerstört.

Schließlich wollte Tamaras Freund diese Jennifer für das bluten lassen, was sie seinem Bruder angetan hatte. Aber Tamara hatte es im letzten Moment verhindern können. Wenn er das getan hätte, dann wäre der Verdacht sofort wieder auf die Gang gekommen und im Moment, war es besser, wenn sich die Gruppe erst einmal ruhig verhielt. Insbesondere ihr Freund, der ganz oben auf der Liste der Verdächtigen stand.

Die Polizei hatte ihn bereits zweimal wegen dem Penner im Park verhört. Sie wusste, dass er mit dabei gewesen war, als man den Mann ausgeraubt und zusammengeschlagen hatte, doch sie konnten ihm nichts beweisen.

Und Tamara hoffte, dass es auch so bleiben würde.

Doch noch mehr hoffte sie, endlich auch in die Gang zu kommen.

Sie hatte ihrem Freund geschworen, sich um diese Sache zu kümmern.

Nur deshalb, hatte sie im Heim geklaut und sich dabei erwischen lassen, was ihr diesen Urlaub im Lager eingebracht hatte.

Genau das, was sie beabsichtigt hatte.

Bei dem Gedanken daran, wurde ihr ganz warm ums Herz. Sie hätte nie gedacht, dass ihr Plan so perfekt aufgehen würde.

Jetzt hatte sie Jennifer sechs Wochen lang um sich, konnte sie beobachten, sie quälen und niemand würde sie verdächtigen. Schließlich hatten sie im Heim nie etwas miteinander zu tun gehabt. Jennifer kannte sie nicht einmal richtig und das sie nur wegen ihr hier war, ahnte sie auch nicht.

Jennifer konnte ihr nicht das Wasser reichen und sie wusste das, und auch wenn sie jetzt hier neben ihr stand und hoffte, dass sie sich näher kommen würden. Tamara für sie so etwas wie eine große Schwester sein könnte. Jemand, der sie im Lager beschützen würde. Dann war das nichts anderes, als ein Teil ihres Planes.

Es war ihre Eintrittskarte in Rolfs Gang.

Wenn Jennifer diese sechs Wochen nicht überlebte, dann war sie drin!

Ein vollwertiges Mitglied und besaß mit ihren zwanzig Jahren, endlich eine Familie.

Die Jungs kümmerten sich umeinander.

Das war ein Bestandteil des Ehrenkodex, den sie sich schwören mussten und sie würde diesen Schwur auch ablegen. Aber zuerst musste Jennifer dafür bezahlen.

Schließlich drängte die Zeit.

In drei Monaten musste Tamara aus dem Heim raus.

Sie war zu alt und zu selbstständig. So die Begründung des Heims.

Eigentlich wäre sie gerne noch dort geblieben, aber die ewigen Gespräche mit dem Jugendamt und die andauernden Vorhaltungen, gingen ihr langsam sowieso auf den Nerv.

Daher war es ihr ganz recht, dass man ihr diesen Termin gesetzt hatte.

Wenn sie es aber nicht schaffte, sich bis dahin in die Gang einzufinden, dann wusste sie nicht mehr weiter.

Tamara war korpulent, doch nicht dick.

Ihr schwarzes Haar trug sie zu einer Bubikopf Frisur. Ihre Augen waren blau und ihre Fingernägel hatte sie schwarz lackiert. Ihr rundes, raues Gesicht, mit fast schon männlichen Gesichtszügen, ließ sie in ihrer Bundeswehrhose, und dem ärmellosen T-Shirt, fast schon wie ein Junge erscheinen. Wenn da nicht ihre Brust gewesen wäre, die sich darunter abzeichnete und sie als Mädchen erkennen ließ.

Endlich fuhr dieser verdammte Bus um die Ecke.

Zumindest glaubte sie das, als ein weißer Kleinbus die Straße hinauf kam. Der Motor laut aufheulte, während das Fahrzeug sich die leichte Steigung hinauf kämpfte.

Tamara griff nach den Schlaufen an ihrer Tasche, die die ganze Zeit neben ihr gestanden hatte und verfolgte, wie der Wagen blinkte und an den Rand der Straße fuhr. Wo er direkt vor ihnen anhielt.

Im Inneren saß ein junger Mann.

Er stellte den Motor ab und stieg aus.

Fast automatisch öffnete er die Schiebetür an der Bordsteinseite und bat die Mädchen hinein.

Dann sagte er: »Hallo, mein Name ist Thomas Hass!«

Er war groß, mindestens eins achtzig und etwa fünfunddreißig. Sein Haar war blond und kurz und an seinem Hinterkopf besaß er bereits eine kahle Stelle, die aber kaum auffiel.

Seine Jeans war abgewetzt und alt. An manchen Stellen, war die dunkelblaue Farbe, ganz abgewetzt und der weiße Stoff schaute heraus. Sein T-Shirt hatte unter den Achseln große Schwitzränder und obwohl es einmal grün gewesen war, hatte sich die Farbe, durch das viele Waschen, an manchen Stellen merklich verändert. Aber vielleicht sollte dies auch so sein.

Dazu trug er bequeme Turnschuhe.

Seine blauen Augen musterten die Mädchen, die in den Bus einstiegen.

Die Sachbearbeiterin nickte ihm zu und antwortete: »Das sind die beiden!«

»Okay!«, bemerkte Thomas kurz, während er abwartete, bis die beiden Mädchen in den Bus eingestiegen waren.

Jennifer stellte ihre Tasche unter die Sitzbank und Tamara setzte sich neben sie. Dabei sagte sie kurz: »Scheint loszugehen!«

Jennifer schaute sie kurz an und brummte nur.

»Ich bin Tamara!«, setzte Tamara nochmal an, um irgendetwas zu sagen. Ihre Nerven lagen im Moment blank. Die innere Aufregung, als der Bus plötzlich vorgefahren war, in den sie jetzt einstiegen, schien sie aufzufressen und irgendwie, musste sie sich ablenken und da außer Jennifer niemand hier war, den sie hätte ansprechen können, musste sie wohl oder übel über ihren Schatten springen. Jetzt wartete sie ihre Reaktion ab.

»Jennifer.« sagte diese kurz und dann liefen ihre Blicke wieder zurück, auf die andere Seite der Straße, wo sie wortlos die Passanten verfolgte.

Tamara schaute sie von der Seite an. Hoffte noch auf eine weitere Reaktion, doch sie blieb aus.

Blöde Kuh, dachte sie.

Aber das wird sich noch ändern.

»Also gut!«, hörten die beiden Mädchen Thomas sagen, als er wieder näher an den Wagen kam und die Schiebetür schloss.

Draußen wurde immer noch geredet, doch der Verkehr auf der Straße zerriss das Gespräch in Bruchstücke, die in den Wagen drangen. Dann lief Thomas, vorne um den Bus herum, stieg ein und startete den Motor.

Ruckelnd und mit heulendem Motor fuhr er an, wobei Thomas noch einen prüfenden Blick auf die Papiere warf, die er von der Sachbearbeiterin erhalten hatte, dann warf er sie achtlos auf den Beifahrersitz und gab Gas.

Angie

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