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Falsche Plätze

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Die Bezeichnung »Falsche Plätze« wirkt etwas arrogant. Als ob man bezüglich der Architektur eines Familienhauses so klar sagen könnte, was richtig und was falsch ist! Doch manchmal ist es eindeutig, dass jemand gewollt oder ungewollt den falschen Platz einnimmt:

Linns Mutter ist alleinerziehend. Immer wenn die Mutter psychisch erkrankt, sorgt Linn für ihren kleinen Bruder und für die Mutter. Unglaublich, was die kleine Linn in diesen Zeiten schon alles geleistet hat, bevor sie morgens in die Schule geht. Manchmal kommt sie zu spät oder schläft im Unterricht ein. Sie hat einen falschen Platz und muss die Elternrolle übernehmen (eine sogenannte »Parentifizierung«).

Die Plätze im Familienhaus werden immer dann nicht optimal eingenommen, wenn dies dem Kind schadet oder wenn es dem ganzen Familienwohl abträglich ist.

Entfaltet und stärkt dieser Platz mein Kind längerfristig? Tut uns das als Familie gut? Tut es uns als Liebespaar gut? Diese Fragen sind nicht immer einfach zu beantworten.

Nach zwei erfolgreichen Berufskarrieren von Mama und Papa wird das lang ersehnte Kind als krönender Abschluss gefeiert. Von Anfang an sitzt es am Ehrenplatz im Familienhaus. Es wird rundum verwöhnt, gefördert, aber auch von elterlichen Erwartungen und Wünschen überhäuft.

Manchmal gestehen wir dem Kind zu viel Raum ein und übertragen ihm Verantwortungen, die es noch nicht tragen kann.

Conny fragte ihren dreijährigen Mischa oft nach seiner Meinung: »Was kochen wir heute, was hättest du gerne?« Oder: »Was meinst du, wollen wir nun vom Spielplatz nach Hause gehen?« Einmal wollte Mischa mal das eine und dann das andere. Er wusste selbst nicht, was er wollte und reagierte weinerlich und unzufrieden. Conny wurde klar, dass sie oft selbst nicht sicher war, was sie wollte, und ihre Verantwortung auf das Kind verschob und es dadurch überforderte. Dieses Bewusstsein half ihr, jeden Tag neu ihren Platz und die Verantwortung als Mutter einzunehmen und sich zu fragen: »Was will denn eigentlich ich? Was ist nun dran?«

In anderen Familien nimmt ein Elternteil zu viel Raum ein:

»Hört auf zu streiten, Papa muss sich erholen, er hat es schwer im Geschäft.« Alles dreht sich um den Vater, als wäre er der Mittelpunkt des Familienuniversums – und die Kinder dürfen nicht mehr Kinder sein. Papa bzw. sein Geschäft drücken alles andere an die Wand des Familienhauses.

Natürlich gibt es Zeiten, Krankheiten, Beziehungs- und Ausbildungsabbrüche etwa, wo Einzelne im Familienhaus besonders viel Raum, Aufmerksamkeit und Zuwendung bekommen. Aber das sollte nie zu einem Dauerzustand werden. Wenn ein Kind aufgrund einer chronischen Krankheit oder Behinderung sehr viel Pflege benötigt, schauen Sie, wer Sie dabei unterstützen kann, damit Sie als Eltern und die anderen Kinder nicht zu kurz kommen.

Und wenn ein Kind keine Eltern mehr hat oder diese ihre Verantwortung nicht wahrnehmen können? Während des Zweiten Weltkrieges und danach fehlten viele Väter und Mütter. Kinder können jedoch auch mit einer anderen Bezugsperson resilient und gesund heranwachsen und das Leben meistern, wenn diese verlässlich ist.

Cecile lebt bei der Großmutter, welche seit ihrer Geburt ihre Bezugsperson ist. Ihre Mutter besucht die Tochter immer wieder, doch sie ist nicht in der Lage, für ihr Kind zu sorgen.

Man erzieht nur mit dem Herzen gut

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