Читать книгу Der Narzissmus und seine Folgen für das Jenseits - Daniela Christine Geissler - Страница 5
2 Das Kind – der Prinz oder die Prinzessin
ОглавлениеDie andere Seite des Narzissmus:
Wenn das Kind im Elternhaus der König ist, haben die Eltern nichts mehr zu sagen. Der Nachwuchs kann aus verschiedenen Gründen von den Eltern überbewertet werden. Der Grund liegt meist an Ängsten oder auch überhöhten Vorstellungen, die man an den Nachwuchs heranträgt.
Wenn das ersehnte Wunschkind endlich kommt, werden Eltern natürlich sehr glücklich sein. Doch kann es durch die Freude über das Kind im Laufe der Jahre auch zu einer Verwöhnung kommen. Dass der Nachwuchs für sich dadurch eine Überbewertung seiner eigenen Person ableitet, ist verständlich. Dadurch kann sich ein Narzissmus entwickeln, weil das Kind für die Eltern und auch für sich selbst eine Sonderstellung einnimmt. Ein Kind bezieht man in die Familie mit ein, aber man soll sich davor hüten, es dabei zu überhöhen. Die Eltern haben ihr Kind nicht zu vergöttern, sondern es hat auch die Eltern zu respektieren. Man sieht also, dass auch eine liebende Erziehung mitunter Fehler beinhalten kann. Es beginnt damit, dass Jugendliche im Haushalt mithelfen sollten, denn die Eltern sind nicht die Diener ihrer Kinder. Eine Tochter sollte nicht zur Prinzessin erzogen werden, da es dadurch zu einer verfälschten Realität über ihre Person kommen kann. Wenn sie im Elternhaus eine Sonderstellung eingenommen hat, so kann sich daraus die Forderung ergeben auch im weiteren Leben stets „die Erste“ sein zu wollen. Diese Forderung kann für die Heranwachsende zu einer Überforderung und somit zu Komplexen führen. Wenn die Eltern das Kind überhöhen, tritt an das Kind die automatische Anforderung heran, die Beste und Schönste in der Schule sein zu wollen. Kein Teenager kann diese Ansprüche auf die Dauer erfüllen und so stellt sich bald Wut, Trotz und Überheblichkeit, aufgrund einer neurotischen Abwehrmaßnahme ein. Dadurch wird sie von ihren Altersgenossen abgelehnt. Diese Ablehnung verkraftet die Heranwachsende womöglich nicht und es kann sogar zu krankhaftem Schlankheitswahn, Drogenkonsum oder anderen Süchten kommen.
Was den Sohn betrifft, so sollte er nicht zum Herrscher des Hauses herangezogen werden.
Manche Mütter sind besonders anfällig dafür, ihren Sohn geradezu zu vergöttern. Auch hier kann in weiteren Jahren der Sohn ein narzisstisches Charakterbild aufweisen. Der Sohn kann, aufgrund jener Ansprüche, welche die Mutter an ihn stellt, sogar magersüchtig werden. So möchte er wieder „Kind“ sein und wehrt sich gegen das Erwachsenwerden. Dieses Wehren bezieht sich auf die Überforderung, seitens der Mutter, die ihren Sohn schon als Kind „als Held“ betrachtet hat. Der Sohn möchte den andauernden Forderungen der Mutter nicht mehr nachkommen und verdrängt so seine männlichen Persönlichkeitsanteile. Magersucht und andere Süchte sind natürlich mannigfaltig bedingt und beziehen sich nicht nur auf diese beschriebene Persönlichkeitsstruktur.
Man muss davon ausgehen, dass jene Kinder, die dem Druck einer Überhöhung ihrer Person ausgesetzt waren, den realistischen Anforderungen der Zukunft nicht immer gewachsen sind. Das überforderte Kind kann als Heranwachsender versagen, da es sich stets auf die Wünsche der Eltern hat einstellen müssen. Dabei sind seine eigenen Vorstellungen nicht berücksichtigt worden, denn solche Eltern glauben stets „zu wissen, was das Beste“ für ihr Kind wäre. Häufig werden sie von den Eltern unbewusst als Projektionsfigur betrachtet. Was die Mutter nicht geschafft hat, mutet sie der Tochter zu. Auch der Vater kann den Sohn überfordern, indem er von ihm verlangt „besser zu werden, als er selbst“.
Man tut dem Wunschkind nichts Gutes, wenn man es zum König macht. Jeder Mensch braucht ein gesundes Selbstbild, um sich seiner Umgebung gegenüber angemessen verhalten zu können. Gerät das Selbstbild ins Wanken, so tendiert man dazu, weder sich in Frage zu stellen, noch andere Personen objektiv sehen zu können. Ein gedeihliches Miteinander im Beruf- und Privatleben funktioniert nur über eine gesunde Selbstreflexion.