Читать книгу Drogenparty - Dankmar H. Isleib - Страница 12

VII

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FRAGEN über Fragen. Polizei und Feuerwehr vor der Villa in der Dall‘Armistraße. Im Haus wuselte es noch immer nur so von unterschiedlichen Uniformen. ‚Dackelblick‘ war total überfordert und wenn die beiden cleveren Zahnarzthelferinnen Anja und Eylül nicht alles perfekt gemanagt hätten, er wäre erledigt gewesen.

Als Ufuk ihn zur Münchner Freiheit bestellte, waren die Bullen schon im vollen Gange gewesen. Er seilte sich mit der Ausrede ab, dass er einen dringenden Arzttermin habe. Da Dr. Bormann stadtbekannt war, hegte der leitende Beamte keinen Verdacht, dass dessen Sohn, ein nervöser, dürrer Typ, der aussah wie Vierzehn, abhauen könnte.

Die clevere Eylül hatte längst ihren Boss angerufen. Dazu war Feigling ‚Dackelblick‘ nicht in der Lage gewesen. Was hätte er seinem Vater sagen sollen?

Dr. Volker Bormann war geschockt.

»Danke, Eylül. Wir fahren sofort in Baden-Baden los. Ich werde meinen Anwalt verständigen, dass der zu euch kommt.«

‚Volli‘ war mehr als nervös.

Was werden die finden? War Rainer clever genug gewesen, alles Verdächtige verschwinden zu lassen. Merde! Kann man den Jungen nicht einmal ein paar Stunden allein lassen?

»Katharina. Bei uns ist eingebrochen worden. Pack deine Klamotten. Wir müssen zurück nach München!«, raunzte ‚Volli‘ seine Frau an, mit der er ein merkwürdiges Verhältnis hatte.

Sie war die Mutter ihres gemeinsamen Sohnes, aber seit sie Rainer bekommen hatte, lief zwischen ihnen im Bett nichts mehr. Gar nichts mehr. Nach außen hin, für die Münchener Gesellschaft, waren sie das Traumpaar. Seit zweiundzwanzig Jahren verheiratet, ohne Skandale und Affären.

Alles Lug und Trug.

Er ging fremd, dass sich die Bohrer nur so bogen und sie hatte ihre Geliebte zur Putzfrau im Hause Bormann gemacht.

Rollenspiel in doppelter Hinsicht.

Erniedrigung und praktisch zugleich.

Unauffällig.

Also packte Katharina Bormann ihre Sachen und schon saß sie im 500er Mercedes und wartete darauf, dass ihr Mann sie nach Hause chauffierte. Was im Detail passiert war, hatte ihr ‚Volli‘ nicht gesagt. Sie hasste den Kosenamen.

„Volli wie Vollidiot“, sagte sie immer, wenn irgendeine dahergelaufene Patienten-Tussi ihn mit ‚Volli‘ vollsülzte, auf die sie auch scharf war.

»Ella, ich muss mit dir reden. Hast du Zeit für mich?«

Kaum saß ich in meinem Boliden, den ich mal wieder in einer Parkraumbewirtschaftungszone auf der Maximilianstraße geparkt hatte ohne Wegelagererzoll zu bezahlen, rief ich die einzige Verbindung an, die ich zu der toten Fee indirekt hatte.

Ella Wolkenheim.

Fanny hatte ich im Wagen gelassen. Verdeck runter, die Sonne schien ihm auf den Pelz. Er genoss es sichtlich. Der Grund, weshalb ich ihm ein Sonnenbad gönnte? Fanny kannte die grässlichen Uniformen der Politessen und Politeure – so heißen die männlichen Abzocker im Staatsauftrag wirklich – bestens. Näherten die sich meinem Jaguar, fletschte er einfach die Zähne und räusperte sich vernehmlich. Das reichte, um sie dauerhaft zu verscheuchen. Keiner wollte von dem riesigen Viech gebissen werden.

Gab es einen besseren Schutz als meinen geliebten Köter?

»Das ist aber schön, dass du mich anrufst. Papi hat mich sooo schön genäht. Das müsstest du sehen. Klar können wir uns treffen. Willst du mich abholen oder wollen wir uns gleich irgendwo treffen …«

Ein Redeschwall, den ich kaum unterbrechen konnte. Den Tod ihrer besten Freundin schien sie schon abgehakt zu haben. Oder sie war völlig verunsichert und plapperte deshalb drauflos. Oder aber … das wollte ich nicht zu Ende denken …

»Wenn es dir nichts ausmacht, komm bitte zum ›Brenner‹, okay?«

»Mache ich gerne, Daniel. Aber ich brauch‘ noch ein bisschen.«

Von Altbogenhausen bis zur Maximilianstraße sind es selbst zu Fuß nur fünfundzwanzig Minuten. Ella brauchte mit einem Taxi eineinhalb Stunden. Sie war aufgedonnert, als wollte sie gleich wieder in einem Club abhängen, in dem sich gerade Johnny der Depp die Birne zuknallt und sie die neue Vanessa Paradis werden wollte.

»Siehst chic aus, Ella!«

Was sollte ich sonst sagen. Schließlich brauchte ich Informationen von ihr.

Ella hatte den Angriff auf sie erstaunlich gefasst hingenommen. Auch sie fing mit dem Thema nicht an. Warum ein junges Mädchen wie sie sich in der Lage zurückhält, war mir noch nicht ganz klar. Vielleicht wusste sie mehr, als sie preisgeben wollte.

»Wie geht es dir nach der dubiosen Geschichte von gestern?«, erkundigte ich mich dennoch und meinte es ehrlich.

»Gut, Daniel, gut. Mein Vater ist halt ein Künstler. Nicht umsonst ist er der angesagteste Beauty-Doc in Deutschland. Man sieht schon jetzt so gut wie gar nichts mehr und er spritzt mir Morphium, glaube ich, damit ich keine Schmerzen habe.«

Erstaunlich. Sag‘ ich doch.

Im ›Brenner‹ war Zickenalarm angesagt. Tödliche Blicke erreichten unseren Tisch. Nur Fanny ließ das alles unberührt. Er beachtete die Frau Tochter Schnippeldischnapp-Wolkenheim nicht und kehrte ihr seinen schönen Rücken zu. Ich sülzte sie zu, machte ihr Komplimente. Dass Anna eine solche Freundin hatte, damit war nicht zu rechnen gewesen. Aber mit dem Auftrag des Immo-Moguls Herzog und dreißig Riesen Vorschuss in der Tasche musste ich für mein Geld was tun.

Ich erfuhr im Laufe des Nachmittags eine Menge über die Drogenszene in München. Über ihren Vater und seine Freundschaft zu ‚Adi‘ Herzog, über einen gewissen ‚Dackelblick‘, der ebenfalls aus bestem Hause stammen sollte – Ellas Ansicht – und dessen Eltern auch mit ihren Eltern befreundet seien und wie die Geschäfte in den Clubs ablaufen.

Ella war eine wahre Fundgrube.

München ist in der Society ein Dorf. Jeder kennt jeden, jeder tratscht über jeden, jeder ist neidisch auf jeden und dennoch lieben sie sich alle.

Sie schien auch wahnsinnig verliebt in mich zu sein, zumindest betätschelte sie mich laufend. Sie wollte einen Aperol Spritz trinken, entschied sich aber dann doch für einen Latte und dann noch einen und noch einen.

»Papi sagt, ich soll heute keinen Alkohol trinken.«

Wenigstens das.

Sie schaute mir dabei tief in die Augen, machte mich die ganze Zeit an, dass es wirklich auch dem letzten Gast auffallen musste. Vermutlich hätte sie mich am liebsten auf der Stelle flachgelegt. So, wie man es im Allgemeinen nur Männern zuschreibt, dass sie es mit den Frauen machen wollen.

Nicht mit mir.

Ich hatte in den letzten Monaten dazugelernt. Mir war klar geworden, dass ich einen Schatz wie meine Anna nicht noch einmal auf der Erde finden würde. Die ganze Fremdgehkacke machen wir doch nur deshalb, weil wir uns alle beweisen wollen, was wir für tolle Hechte oder Hechtinnen sind.

Ich nicht mehr.

Ich war geheilt.

So hoffte ich zumindest. Obwohl ich sagen muss, dass die Ella schon ein echter Schuss war. Aufgetakelt oder nicht – sie hatte einfach eine mördermäßige Figur.

Und sie hatte eine positive, herzliche Ausstrahlung.

Darunter hatte der Intellekt leicht gelitten, aber wer braucht den schon, wenn man einen guten Fick haben kann. Dazu muss man ja nicht unbedingt das große Latinum gemacht haben.

Nachdem wir uns gut zwei Stunden verbal ausgetauscht hatten, Fanny mich des Öfteren ziemlich angefressen angeschaut hatte – das dämliche Viech, das ich so liebe, bemerkte aber auch alles!! –, wenn ich versucht war, den Verführungskünsten von Ella nicht zu einhundertzehn Prozent zu widerstehen, hatte ich einen Überblick über das, was ich brauchen würde, um den Mörder von Fee Herzog zu finden.

Ich orderte die Rechnung.

Der Kellner brauchte ewig.

Wir waren so gut wie in Aufbruchsstimmung, als ich intuitiv spürte, dass mich jemand beobachtete. Oder Ella. Oder uns beide.

Ich warf Fanny einen Blick zu.

Der bestätigte es mir.

Nur nicht wieder eine Schießerei.

Ich griff unauffällig in meine Jackentasche. Meine Derringer Double Tap hatte ich seit der Sache von gestern dabei.

Der Kellner kam mit der Rechnung. Ich bezahlte und dann sah ich die Augen.

Nein, den hatte ich noch nie gesehen, aber ich würde mir sein Gesicht einprägen.

Den ganzen Typen.

Er glotzte Ella an, als sei sie eine Prinzessin auf Brautschau. Na ja – sie war ja auch durchaus ansehnlich, um es mal altmodisch auszudrücken. Da glotzt ein Typ wie der schon mal, oder?

Die Augen des kleinen Mannes sagten mir alles:

Ich suche jemand Bestimmtes. Ich bin schlau, verschlagen, gefährlich, vorsichtig, eitel und brutal. Versuch erst gar nicht, dich mit mir anzulegen!

Ein zu kurz geratener Kleiderschrank mit einer Wampe. Bei der Schulterverteilung hatte er zweimal ‚hier‘ geschrien. Der Gang verriet mir, dass der Typ standfest ist. Einer, der Kampfsport macht. Oder machte. Zumindest das.

Eine Kampfmaschine auf zwei Beinen.

Vorsicht war angesagt.

Aber auch mit mir sollte er sich besser nicht anlegen. Ich war heiß darauf, den Sumpf auszutrocknen. Das Gespräch mit Ella war zumindest in dieser Hinsicht spitzenmäßig gelaufen.

Bevor der mächtige Kleine noch handgreiflich werden konnte, nahm ich Ella beim Arm und zerrte sie weg. Was ich gesehen hatte, reichte, um Vorsicht walten zu lassen. Fanny würdigte den Kleiderschrank mit keinem Blick mehr. Auch er wusste, wen er vor sich hatte.

Galt es nur noch herauszufinden, ob sein Besuch im ›Brenner‹ Zufall war, oder ob er es auf Ella oder mich oder uns beide abgesehen hatte. Oder war der rein zufällig im ›Brenner‹ gewesen und ich sehe schon Elefanten im rosa Nachthemd an mir vorbeilaufen …?

Da ich mich in der Welt der Halbwelt auskenne, war mir klar, dass ich nicht weiter darüber nachzudenken brauchte.

Drogenparty

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