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Süßholz raspeln
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Singles leben einsam.
Jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein Lügner. Die alten, grauhaarigen Humpentrinker im Pullover, die sich gegenseitig mit Anekdoten von ihren jugendlich-männlichen Streichen unterhalten, während sie die Theke blockieren, sind so ziemlich die Einzigen, die mit verklärtem Blick das Junggesellendasein glorifizieren. Und das auch nur, weil es sich für Humpentrinker eben so gehört. In Wirklichkeit beten die meisten von ihnen doch im Stillen darum, dass sie bloß eher als ihre alte Lady sterben, damit sie nicht alleine kochen, putzen und für sich sorgen müssen.
Natürlich gibt es auch junge Typen, die einem erzählen wollen, dass Frauen den ganzen Stress einfach nicht wert sind. »Du bist besser ohne sie dran« ist, glaube ich, die gängige Redensart. Allerdings sagen sie das in der Regel nur aus Wut und Scham, nachdem sie erbärmlich bettelnd auf dem Bauch vor einem Paar High Heels herumgekrochen sind, das auf der Suche nach besserem Sex aus der Tür spazierte.
Seht ihr, Männer sind einfach dafür gemacht, mit Frauen zusammen zu sein; genau wie Frauen dafür gemacht sind, mit Männern zusammen zu sein. Das gehört alles zum Plan von Mutter Natur. Und es ist verdammt ärgerlich, dabei außen vor zu stehen. Wenn man nicht aufpasst, kann man ganz schön verbittert werden, und das bringt wirklich niemandem etwas. Am wenigsten einem selbst. Frauen können Verzweiflung riechen, und es ist kein attraktives Parfüm. Wie oft habe ich nachts wach gelegen und mich gefragt, ob das Mädchen meiner Träume irgendwo dort draußen ist und bloß darauf wartet, dass ich sie finde. Ich habe viel an sie gedacht. Was sie wohl gerade tat, ob sie im Bett lag und an mich dachte, oder ob sie mit ihrem Ehemann stritt und von dem Tag träumte, an dem sie jemand Besseren treffen würde. Manchmal habe ich sie mir beim Sex vorgestellt, wie sie es genießt, alle Hemmungen fallenlässt, trunken vor Lust. Dann sehe ich sie plötzlich im Arm ihres Liebhabers. Sie schläft mit ihm, während ich hier ganz alleine bin, dabei bin ich es doch, der sie wirklich lieben könnte, und sie ahnt es nicht einmal. Warum weiß sie es nicht? Warum bleibt sie mit diesem Arschloch zusammen, wenn ich hier draußen bin …?
An der Stelle muss ich mich beherrschen. Es ist schwer, nicht eifersüchtig zu werden und mich in einen Wutanfall hineinzusteigern. Vielleicht ist sie nur ein Produkt meiner Einbildung, aber trotzdem liebe ich sie. Auch wenn es verrückt klingt: Ich habe schon dutzende Male mein ganzes Leben mit ihr gelebt. Ich habe sie getroffen, geheiratet, mit ihr einen Hausstand gegründet, Kinder bekommen, bin mit ihr alt geworden und gestorben – alles in einer einzigen schlaflosen Nacht. In ein Phantom verliebt zu sein ist eine traurige Angelegenheit. In der Vorstellung macht man alle möglichen seltsamen Dinge mit ihr, nur um zu beweisen, wie sehr man sie liebt. Meiner habe ich Leukämie und Hirntumore und was nicht alles verpasst und sie dann damit beeindruckt, wie ich mir aus Solidarität den Kopf rasierte, während sie die Chemotherapie durchmachen musste. Wie hat sie mich dafür geliebt. Und nicht nur Krankheiten habe ich ihr auferlegt. Ich habe sie durch Kriege geschleift, um ihr zu zeigen, wie viel sie mir bedeutet. Ich ließ sie erstechen, anschießen, zusammenschlagen, verkrüppeln, furchtbar verbrennen und sogar Opfer einer Massenvergewaltigung werden – alles im Namen der Liebe. Alles, damit es ihr so richtig dreckig ging und ich ihr meine Treue beweisen konnte, indem ich mich um sie kümmerte und sie rächte. Ich erinnere mich noch an die Nacht, als ich ihr von einem Bus beide Beine abfahren ließ.
Das war eine meiner Lieblingsfantasien.
Eine Sache ist allerdings komisch: Trotz allem, was wir zusammen durchgemacht haben, weiß ich nicht, wie ihr Gesicht aussieht. Sie hat keins. Nein, das stimmt so nicht. Sie hat eins, ich habe es bloß noch nie gesehen. Und bis das passiert, werden meine Fantasien genau das bleiben: Fantasien. An dem Punkt setzt die Verzweiflung ein. Man fängt an, überall nach ihr zu suchen: die Kassiererin im Supermarkt, die Frau gegenüber im Zug, jedes Mädchen, das in Sprechweite auf der Straße vorbeigeht. Überall.
Ich starrte quer über den Tisch und versuchte sie in Janet zu finden, wann immer sie das Schaufeln von Essen in ihren Mund unterbrach, um mich dankbar anzulächeln. War Janet mein Leukämie-Girl? Ich war schon ein bisschen angepisst gewesen, als sie mit ihrer Gabel über den Tisch gelangt und etwas von meiner Vorspeise probiert hatte, ohne zu fragen. Wie sollten da ihre Chancen stehen, wenn erst die Chemotherapie anfing?
»Es war wirklich nett, dass du mich eingeladen hast«, säuselte sie.
»Schon in Ordnung«, antwortete ich.
»Das ist etwas ganz Besonderes für mich«, fuhr sie fort, worauf ich meine Augen über ihre neunzig Kilo schweifen ließ und mich fragte, ob sie sich auf das Benutzen von Besteck bezog.
»Was denn?«
»Steak. Normalerweise rühre ich so etwas nicht an. In der Regel halte ich mich an Salate.«
»Natürlich«, murmelte ich mit einem Blick auf ihre an den Tellerrand geschobenen Beilagen und Erbsen.
Janet als unattraktiv zu bezeichnen wäre zutiefst ungnädig. Ja, sie war korpulent, aber auch von einer gewissen Schönheit. Manche Leute glauben, wenn ein Mädchen dick ist, ist sie automatisch hässlich. Diese Auffassung habe ich nie geteilt. Janet hatte leuchtende Augen, einen makellosen Teint und strahlte eine kindliche Naivität und Wärme aus, die einen ganzen Raum erfüllen konnte. Ich würde sogar behaupten, dass sie mit ungefähr vierzig Kilo weniger richtig heiß ausgesehen hätte – wobei das vielleicht doch ein bisschen übertrieben ist. Ich wollte nur sagen, sie war ein nettes Mädchen. Ich war mir nur nicht so sicher, ob sie eine Schnitte nach meinem Geschmack war. Andererseits hatte ich schon so lange keine Schnitte mehr gehabt, dass ich sowieso nicht mehr wusste, welchen Aufstrich ich mochte.
»Das war himmlisch.« Sie tunkte den letzten Fleischsaft mit einem Brötchen auf. »Sollen wir uns mal den Dessertwagen ansehen?«
Ich ließ Messer und Gabel auf die Reste meiner halbgegessenen Mahlzeit fallen. »Sicher, das können wir machen.«
Als ich dem Kellner gerade ein Zeichen geben wollte, hielt Janet mich zurück.
»Ähm, Ian«, begann sie verlegen, »isst du das nicht auf?«
Ich schaute hinunter auf mein Essen und dann in die hungrigen, leuchtenden Augen mir gegenüber. »Nein, bitte, greif ruhig zu.«
»Hat ja keinen Zweck, es zu verschwenden.« Fröhlich machte sie sich über mein Lendenfilet her.
»Ja. Du sollst schließlich nicht verhungern«, antwortete ich augenrollend. Mir wurde plötzlich klar, dass ich all meine List und Tücke brauchen würde, um in der Nähe von Janet mein Essen zu behalten. Na gut, das machte nicht wirklich viel aus. Ich meine, man muss an so einem Abend der Frau erst einmal ihren Willen lassen, wenn es später nach dem eigenen gehen soll. Allerdings wirkte diese Aussicht immer weniger verführerisch, je weiter das Date voranschritt.
Sie verputzte den letzten Rest meiner Soße mit meinem halben Brötchen und nickte mir lächelnd zu, um anzudeuten, dass es höchste Zeit wurde, den Dessertwagen in die Gänge zu bringen. Sobald der Kellner ihn an unseren Tisch gerollt hatte, verfiel sie wieder in ihren Supermodel-in-Schokoladenkrise-Modus. »Oooh, heute ist mir danach, mal so richtig über die Stränge zu schlagen … ach, nein, das darf ich nicht … aber es sieht so lecker aus. Meinst du, ich sollte …? Ian, du erzählst doch niemandem etwas, oder?«
Über heute Abend? Du willst mich wohl verarschen, antwortete ich in Gedanken.
»Na gut. Dann nehme ich ein kleines Stück Torte mit … ist das Vanilleeis? Ein klitzekleines Löffelchen davon, bitte. Hm, vielleicht doch ein bisschen mehr. Es sieht so winzig aus, wenn es erst auf dem Teller liegt, nicht wahr?«
Als der Kellner endlich zu mir kam, bestellte ich bloß einen Kaffee.
»Nimmst du denn gar nichts?«, fragte Janet betrübt.
»Nein, schon gut, du kannst auch noch meinen Nachtisch haben, wenn du magst. Ich habe einfach nicht so einen süßen Zahn, das ist alles.«
»Keinen süßen Zahn? Und was ist mit den ganzen Mars-Riegeln? Die magst du doch.«
Mir war ein Fehler unterlaufen. Ich hatte Janet durch das Kaufen von Marsriegeln kennengelernt und vergessen, die Lüge aufrechtzuerhalten. Das war gedankenlos. Wo hatte ich bloß meinen Kopf? Wisst ihr, Janet arbeitete in einem Zeitungskiosk einige Meilen von meiner Wohnung entfernt und vor ein paar Monaten war sie mir dort aufgefallen. Sie hatte freundlich und hübsch auf mich gewirkt, vielleicht ein bisschen einsam, genau wie ich – wenn auch in meiner Erinnerung definitiv dünner. Da war zweifellos mein romantisches Unterbewusstsein am Werk. Jedenfalls war ich ihr bei unserem ersten Treffen wohl auch aufgefallen und sie hatte mir ein nettes Lächeln geschenkt, worauf ich den Rest des Tages nur noch an sie dachte. Mit dieser einen liebenswürdigen Wechselgeldrückgabe hatte sie sich bei mir so eingeschmeichelt, dass ich mehr über sie erfahren wollte. Also schaute ich immer wieder mal rein, um einen Mars-Riegel oder eine Zeitung oder ein Geodreieck oder irgendwas zu kaufen, bloß damit sie mir mein Wechselgeld und ein kleines Lächeln gab und ich mich für den Rest des Tages wohlfühlen konnte. Ich ging so oft dorthin, dass wir uns mit Namen kannten und sogar ab und an ein paar Worte und einen harmlosen Scherz bei unseren Transaktionen tauschten. Es war nicht gerade die Romanze des Jahrhunderts, aber es war angenehm, tröstlich und herzerwärmend. Und in der vorigen Woche hatte ich es endlich geschafft, mich mit ihr zu verabreden. Ich war ihr nach Hause gefolgt, um herauszufinden, wo sie wohnte, dann traf ich sie »ganz zufällig« am nächsten Tag im Bus. Wir unterhielten uns nett, ich half ihr mit den Einkaufstaschen und sie willigte ein, mit mir essen zu gehen.
Und wisst ihr was? Jetzt, wo sie hier war, in ihrer ganzen Pracht, wusste ich nicht mehr, warum ich mir überhaupt die Mühe gemacht hatte. Manchmal bekommt man das, was man will, und stellt fest, dass es nicht dasselbe ist wie das, was man sich die ganze Zeit gewünscht hat.
»Süßer Zahn? Ich? Oh ja, ich mag Mars und Kitkat und so weiter. Was ich sagen wollte, ist, ich bin kein Fan von Nachtisch. Irgendwie nicht mein Ding. Etwas zu mächtig für meinen Geschmack.«
Ich konnte die Verwirrung in ihrem Gesicht sehen, während sie überlegte, was die Worte »Ich mag keinen Nachtisch« wohl bedeuteten. Dann lachte sie und wechselte das Thema.
»Was machst du eigentlich beruflich, Ian?«
»Ich arbeite mit Computern.«
»Ohhh«, gurrte sie. »Das klingt aber sehr interessant.« (Natürlich tat es das nicht.) »Was machst du denn genau?«
»Ich erstelle Websites.«
»Oh«, war alles, was sie dieses Mal an Interesse aufbringen konnte.
Für ein, zwei Augenblicke saßen wir bloß da, während ich auf die nächste Frage wartete. Es kam keine. Nach weiteren ein oder zwei stummen Augenblicken sagte sie noch einmal: »Oh.«
»Wie lange arbeitest du denn schon in dem Zeitungskiosk?«, fragte ich schließlich.
»Seit ich ein junges Mädchen war. Fünfzehn. Ich habe zuerst einen Nebenjob dort gemacht und als ich dann im Jahr darauf die Schule fertig hatte, bot Mr. Wilson mir eine Vollzeitstelle an.«
»Und gefällt es dir?«
»Oh ja, es ist der beste Job der Welt. Ich meine, jedes Mädchen träumt doch davon, in einem Süßigkeitenladen zu arbeiten, oder?«, prahlte sie.
»Ach, wirklich?«, staunte ich. Warum hatte ich das bisher noch nie gehört? »Ich dachte immer, alle Mädchen wollten Schauspielerinnen oder Supermodels oder so was werden.«
Janet sah etwas betroffen aus.
»Nein, tun sie nicht. Wenn sie ehrlich sind, wollen sie alle im Süßigkeitengeschäft arbeiten.« Das sah ich ein. Kate Moss, die ein paar Millionen Pfund im Jahr verdiente und sich rund um die Welt fliegen ließ, damit der Jetset ihr den Arsch küsste, träumte insgeheim bestimmt von einer Stellung, in der sie immer mal ein paar Bountys einstecken konnte, wenn das Tape der Überwachungskamera gewechselt wurde.
Janet starrte auf ihren Nachtisch, nahm ein winziges bisschen Eiscreme auf ihren Löffel und führte ihn zum Mund, als ob er zehn Tonnen wöge.
Ich hatte ihre Gefühle verletzt.
Das war nicht meine Absicht gewesen. Plötzlich fühlte ich mich mies. Warum sollte nicht jedes Mädchen davon träumen, in einem Süßigkeitenladen zu arbeiten? Wenn Janet sich unbedingt an diesen Blödsinn klammern wollte, was machte das schon? Woher nahm ich das Recht, ihre Illusionen zu zerstören? Ich meine, macht sich nicht jeder mehr oder weniger selbst etwas vor? Auf mich traf das jedenfalls zu. In einer Welt, wo Glamour und Schönheit immer mehr zu den entscheidenden Faktoren mutieren, brauchen wir doch alle ein wenig Bestätigung. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: In dieser Zeit, in der sogar Soapstars – traditionell die hässlichsten Gestalten in der Glotze – gut genug aussehen, um zu modeln und Platten herauszubringen, welche Chance hat da der Rest von uns? Wie rettet man sich also ein bisschen Selbstwertgefühl? Nun, man sagt sich einfach, dass Brad Pitt oder George Clooney oder wer auch immer vielleicht der feuchte Traum jeder Frau sein mögen, aber wie gut sind sie schon im …? An dieser Stelle nennt man dann eine ziemlich stumpfsinnige Tätigkeit, die man selber relativ gut beherrscht: einen Reisebus fahren, am Automaten spielen, Sehhilfen verschreiben und so weiter. Und schon fühlt man sich etwas besser dabei, nicht Brad Pitt oder George Clooney zu sein.
Das war alles, was Janet getan hatte. Sie hatte ihrem Selbstwertgefühl eine Krücke gebaut, indem sie sich vormachte, dass alle anderen Frauen sie beneideten. Nett von mir, ihr die Krücke wegzutreten, nicht wahr? Ich bemühte mich um schnelle Wiedergutmachung.
»Wie viele von diesen Supermodels könnten wohl bei deinen Arbeitszeiten so nett und fröhlich bleiben wie du, hm? Das möchte ich mal wissen«, sagte ich, während sie ein paar Tortenkrümel mit ihrem Löffel zusammenschob. Dieses erstaunlich sinnentleerte Kompliment über ihre gute Laune in einem trübseligen Job ohne Zukunft schien tatsächlich zu wirken, denn Janet lebte sofort wieder auf und machte ein paar Bemerkungen der Art, dass Katie Price noch nicht einmal wüsste, wie man morgens die Zeitungen einsortierte.
Wir verbrachten die nächsten paar Minuten damit, die Vorzüge und Nachteile beim Einsatz von Supermodels im Einzelhandel zu erörtern. Dann offenbarte Janet ihr echtes Leid.
»Und guck sie dir bloß mal an, wie spindeldürr sie sind. Welcher Mann will schon so eine Frau? Das ist doch nicht sexy. Nein, ihr wollt was zum Anfassen, oder? Eine richtige Frau, die schön weich und kuschelig im Bett ist.«
Ich wollte ihre Illusionen nicht zweimal in Folge zertrümmern, also spielte ich mit und machte ein paar beifällige Geräusche, auch wenn ich nicht so weit ging, meine unsterbliche Liebe zu allem Üppigen zu gestehen.
»Was ist denn mit dir, Janet? Auf welche Art Mann fährst du ab?«, fragte ich.
»Ohhh, ohhh«, fing sie an, sodass ich schon dachte, sie wollte noch mehr Torte bestellen. »Am liebsten würde ich mich von einem kernigen, verschwitzten Holzfällertypen vernaschen lassen.« Sie kicherte. Das war ein wenig unsensibel mir gegenüber, denn ganz offensichtlich war ich nicht so der Typ verschwitzter Holzfäller – und das, nachdem ich mir solche Mühe gegeben hatte, meiner Wertschätzung für fette Quallen Ausdruck zu verleihen.
»Oder Pierce Brosnan. Er hat einfach alles, nicht wahr? Groß, dunkel, gut aussehend … gefährlich. Die Sorte Mann, bei dem Frauen weiche Knie bekommen.«
Ja, klar, das ist echt fair. Du bekommst James Bond oder Nanuk den Eskimo und ich kriege Schweinchen Dicks verfressene Schwester! Ich verkniff mir die Bemerkung, dass weiche Knie wohl das letzte waren, was Janet brauchte. Warum ärgerte mich diese Sache überhaupt so? Ich war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht meine verlorene Liebe war, und deshalb gar nicht besonders scharf darauf, dass sie auf mich stand. Es war einfach eine Frage von guten Manieren. Ich hatte sie ausgeführt, bezahlte das Essen und war nett zu ihr, da konnte sie doch wenigstens so tun, als ob sie mich männlich und attraktiv fände. Ich weiß, solche trivialen Kleinigkeiten sollten mir nichts ausmachen, aber so war es schon mein ganzes Leben lang gegangen. Ach, ist doch egal, das ist bloß Bridges, der zählt nicht. Arschlöcher.
Sie faselte immer noch von Sixpacks und Brustbehaarung, während ich über meiner eigenen Unzulänglichkeit brütete, als der Kellner kam, um unsere Teller abzuräumen.
»Ohh, wissen Sie, bevor Sie meinen mitnehmen, hätte ich vielleicht gern noch ein kleines Stückchen Torte.« Janet hatte schon wieder ihr Besteck in der Hand.
»Sicher, greif zu. Schließlich bin ich es bloß, der dafür bezahlt«, höhnte ich und fühlte mich augenblicklich wie der größte Bastard der Welt. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und entschuldigte mich ein paar Dutzend Male, bevor ich wieder aufzusehen wagte.
Warum fühlte sie sich nicht so, wenn sie meine Gefühle verletzte?
Denk nicht darüber nach, denk nicht darüber nach, du regst dich bloß wieder auf, ermahnte ich mich selbst. Behalte einen klaren Kopf, niemand ist wichtig außer dir.
»Es tut mir so leid«, wiederholte ich. »Bitte, such dir aus, was du möchtest.«
Und wisst ihr was? Zu meinem grenzenlosen Erstaunen tat sie genau das.
Manche Leute lassen sich wirklich durch nichts vom Essen abhalten.