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Geleitwort von

Prof. Dr. Utz Claassen

Für Menschen wie Danyel Reiche ist der Fußballplatz eine Bühne, auf deren Brettern sich der Mikrokosmos menschlicher Beziehungen entfalten darf. Die modernen Gladiatoren betreten die Arena und zeigen uns auf 90 Minuten komprimiert das manchmal tragikomische Leben mit seinen dicht beieinander liegenden Möglichkeiten sowohl zum Erfolg als auch zum Misserfolg.

Wir können Zuschauer sein, wie neu eingekaufte Spieler auf der Bank sitzen oder an der Seitenlinie warten, um ungeduldig zu beweisen, dass sich die Investition in sie gelohnt hat. Wir beobachten den gegnerischen Trainer, der nach einer Niederlagenserie schon das Damoklesschwert über sich schweben sieht. Daneben unseren bis zur Unkenntlichkeit bemalten und mit Fanartikeln ausstaffierten Sitznachbarn, der uns bei jeder verpassten Chance seinen Plastikbecher mit Bier (oder Cola light …) über die Hose schüttet. Und so manchen anderen Menschen, der für 90 Minuten unser bester Freund oder unsere Identifikationsfigur auf dem Platz wird. Das Spiel demokratisiert. Und wie im richtigen Leben gewinnt bei scheinbar zufälligen Siegen und Niederlagen am Ende das beste Team – zumindest dann, wenn der Sieger »96« heißt. Berauscht vom Sieg unserer Mannschaft kehren wir zurück in das Leben außerhalb des Stadions – sofern es dieses für eingefleischte Fans (etwa nach einem Sieg gegen »Eintracht B«…) dann noch geben kann.

Danyel Reiche liebt Hannover, und er liebt Hannover 96. Beides ist sehr verständlich, geradezu natürlich, eigentlich sogar eine Selbstverständlichkeit. Ich kann ihn jedenfalls in beiden Punkten voll und ganz verstehen. Wenn er sagt, Hannover sei die »schönste Stadt der Welt«, dann hat er ganz einfach Recht. Und wenn er erkennt, dass man auch dann, wenn man in den USA lebt, ohne Hannover 96 nicht wirklich glücklich sein kann, ist ihm ebenfalls beizupflichten.

Ich selbst kann es jedenfalls gut nachvollziehen: Während ich mich als Michael Wills Scholar zwei Jahre lang am Magdalen College der Universität Oxford aufhielt, kam ich extra für das Zweitligaspiel Hannover 96 gegen Karlsruher SC eingeflogen, um dann das legendäre 8:0 miterleben zu dürfen. Beide Mannschaften stiegen übrigens am Ende der Saison in die erste Bundesliga auf. Wie hätte man jemals wieder glücklich werden können, wenn man ein solches Spiel verpasst hätte? Wie hätte man je wieder ruhig schlafen können, wenn man bei Gregor Grillemeyers Sonntagsschuss zum 2:1-Endstand gegen den FC Bayern im Jahre 1988 nicht im Stadion gewesen wäre? Wie könnte man ein Leben mit Stolz und Selbstbewusstsein führen, wenn man nicht beim Pokalsieg 1992 in Berlin mit dabei gewesen wäre? Siege von 96 geben eben Kraft und Stärke. Während meiner sechs Jahre bei der Sartorius AG in Göttingen konnte ich mich stets auf das 10:0 von 96 gegen Göttingen 05 im Spätsommer 1997 berufen. Und auch während der knapp viereinhalb Jahre bei der Karlsruher EnBW hätte ich im Ernstfall doch jederzeit das grandiose 8:0 ins Feld führen können, auch wenn es inzwischen etwa 20 Jahre zurückliegt. 96-Siege geben schließlich dauerhaft Kraft. Dem intellektuellen 96-Fan Danyel Reiche haben sie ganz offensichtlich Kraft gegeben, ein sympathisches, spannendes und ehrliches Buch zu schreiben. Bleibt nur zu hoffen, dass er beim langen und zeitaufwendigen Schreiben kein wichtiges Tor versäumt hat.

Prof. Dr. Utz Claassen,

1997 Präsident bei Hannover 96

Verrückt nach den Roten

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