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Geleitwort von

Herbert Schmalstieg

96 – diese Zahl ist Fußball-Begriff geworden. Und wenn 96 erwähnt wird, fällt auch der Name Hannover. 96 ist Markenzeichen. Die Stadt und der Verein sind untrennbar miteinander verbunden. 96 ist für viele Menschen in der Region ein Stück Heimat.

Gern schreibe ich für diese erste inoffizielle Autobiografie eines 96-Fans einige Worte zur Begleitung. Was wäre ein Verein, was wäre 96 ohne Menschen wie Danyel Reiche, der »besessen« von den 96ern ist, der leidet, wenn er kein Spiel im heimischen Stadion sehen kann.

Mit Danyel Reiche verbindet mich mehr als die Liebe zu den 96ern. D.R. wurde 1972 geboren, in dem Jahr, in dem ich zum ersten Mal zum Oberbürgermeister unserer Stadt gewählt wurde. Damit war ich fast die gesamten Jahre seines bisherigen Lebens »sein« Oberbürgermeister.

1972 gab es natürlich für den kleinen Danyel und den Vater ein Geschenk besonderer Art. 96 stieg nicht ab!

Eigentlich war alles besiegelt, doch dann das 4:0-Wunder in Wuppertal bei gleichzeitiger Heimniederlage von Eintracht Braunschweig gegen Fortuna Düsseldorf. Die Braunschweiger mussten dran glauben. Ich höre noch heute die spannende Konferenzschaltung des WDR.

Mein erstes Spiel der 96er habe ich noch auf der legendären Radrennbahn an der heutigen Hans-Böckler-Allee gesehen, später Spiele im Eilenriedestadion. Und natürlich habe ich mit meiner Knabenfußball-Mannschaft – wie das damals hieß – des HSC Hannover auch gegen die Jung-96er gekickt.

Fasziniert war der damals elfjährige Herbert Schmalstieg, wie die Lauterer mit 5:1 vom Platz gefegt wurden, und natürlich war ich dabei, als Werner Müller, der Kapitän, zusammen mit der Meistermannschaft am Bahnhofsvorplatz ankam. 200.000 Menschen waren auf den Beinen. Das Spiel hatte ich am Radio verfolgt. Übrigens: Fußballreportagen finde ich spannender als manchen Fernsehbericht. Dass ich später viele Meisterspieler persönlich kennen lernen würde, konnte ich damals nicht ahnen.

Danyel Reiches Buch weckt Erinnerungen bei jedem, der es liest, und es lohnt sich, es zu lesen.

Man erlebt Höhen und Tiefen, sicher geglaubte Siege, die sich in Niederlagen wandeln, Auf- und Abstieg, rauf und runter wie im Fahrstuhl, traurige und schöne Stunden, Trainerwechsel am laufenden Band, finanzielle Miseren.

1971 – ich war schon Kandidat, aber noch nicht OB. 96 stand erneut vor dem finanziellen Ruin, das Land strich Steuerschulden, die Stadt sollte 900.000 DM Zuschuss geben. Ich intervenierte, und aus dem ursprünglichen Zuschuss wurde ein zinsloses Darlehen, das 96 über viele Jahre zurückzahlen musste.

Ich habe 96 begleitet, in vielen Spielzeiten in der 1., der 2. Liga, in der Regionalliga, gleich ob sie »oben« oder »unten« standen. Da konnte man sehen, wer »nur« kam, wenn die Mannschaft Erfolge hatte, die wahren Freunde erkennen. Und was war das für eine Zeit als mit 96, Arminia und dem OSV drei hannoversche Mannschaften in der 2. Liga spielten. Mein Versuch, die Vereine in eine Kooperation zu bringen, gemeinsam Nachwuchs zu fördern und die Führungsrolle von Hannover 96 anzuerkennen, scheiterte in Gesprächen mit den damaligen Präsidenten.

Und natürlich habe ich 1979 das 0:1 der 96er gegen den OSV erlebt, wobei mein Herz als Oststädter bei diesem Derby für die Bothfelder schlug.

Danyel beschreibt in unnachahmlicher Weise die Spieler, immer wieder gab und gibt es Spielerpersönlickeiten, die die Herzen der Fans erobern. Carsten Linke, der mit 37 sein Debüt in der ersten Liga gab. »Carsten Linke Fußballgott«; Walter Rodekamp, der im Schatten von Uwe Seeler stand; der »Lange«, mein Freund Dieter Schatzschneider, der ein echter Oststädter war (Fortuna, HSC, OSV) und bei 96 immer richtig stand, wenn Tore fallen mussten. Wer steht heute so wie er? Siggi Reich, Hans Siemensmeyer, Karsten Surmann oder Gerald Asamoah, der in meinem Büro die deutsche Staatsbürgerschaft bekam, damit er für die Junioren-Nationalmannschaft spielen konnte. Und den es immer wieder nach Hannover zieht, weil er sich hier zu Hause fühlt. Seine Initiativen zusammen mit Altin Lala, Steven Cherundolo, Robert Enke, Per Mertesacker gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit sind beispielhaft.

Gern habe ich mit Fiffi Kronsbein, Max Lorenz und Hänschen Rosenthal in der NDR-Fußballmannschaft gespielt (ich wurde im Braunschweiger Eintracht-Stadion für Pelé eingewechselt), habe miterlebt wie wir im 96er Bus ins Niedersachsenstadion fuhren, um beim Spiel der 96er gegen die Eintracht das Vorspiel gegen den Rat der Stadt Braunschweig zu machen, von Eintracht-Fans bespuckt wurden. So sind sie – diese Fans. Es sind nicht die, über die Danyel schreibt.

Im Juni 1985 beendete ich eine Reise nach Taschkent vorzeitig, um das 2:0 gegen Hertha mitzuerleben und damit den erneuten Aufstieg. Und wenn ich über 96 schreibe, gehört der 23. Mai 1992 dazu. Olympiastadion Berlin. Zwei- oder dreimal durfte ich live im NDR das Spiel kommentieren. Und dann der Jubel, als Michael Schjönberg zum 4:3 traf. Der zweite Krimi nach dem 7:6 im Elfmeterschießen gegen Werder Bremen im Niedersachsenstadion. Die anschließende Feier im Hotel der Mannschaft und am 24. Mai am Rathaus. Eintragung in das Goldene Buch, noch heute unvergessen für Spieler, Trainer, Betreuer und Präsidium.

Was wäre Fußball ohne Fans, die Mannschaft ohne Trainer, Arzt, Therapeuten, der Verein ohne Vorstand und Präsidium? Viele Präsidenten habe ich kennen und schätzen gelernt. Mit vielen war ich eng verbunden. Richard Lehners, Fritze Willig, die in schwierigen Zeiten den Verein wieder flott machten. Nur die beiden will ich nennen und Martin Kind, der ein Glücksfall für den Verein und die Stadt war und ist. Es ist sein »Kind«, dass wir heute in der ersten Liga spielen, nicht nur 96, sondern auch das Stadion. Ohne den Ausbau des Stadions zur FIFA-WM 2006 wäre Hannover bei den Stadien zweite Liga. Doch das soll es in Hannover nie wieder geben. Für Fans wie Danyel Reiche und für uns alle. Viel Spaß beim Lesen

Herbert Schmalstieg,

Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover

von 1972 bis 2006

Verrückt nach den Roten

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