Читать книгу Fettnäpfchenführer Vietnam - David Frogier de Ponlevoy - Страница 17
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DINGS, ETWA SO GROSS
SPRACHLOS BEIM EINKAUFEN
»Findest du in vielen Läden«, hatte Phương gesagt, als Nina sie fragte, wo sie einen Schraubenzieher herkriege. Sie braucht so ein vierkantiges Modell. Und so lässt sich Nina durch die Brandungswellen aus Mopeds und Autos auf die andere Straßenseite spülen, zum erstbesten Allerleiladen.
Da sie keine Schraubenzieher sieht, stellt sie sich vor den Verkäufer hin und fragt: »Tô vít?« Auch das hatte ihr Phương beigebracht: wie man »Schraubenzieher« auf Vietnamesisch sagt. Die beiden hatten das geübt. »Tô vít?« Die Augen des Mannes weiten sich vor Furcht.
Er holt seine Frau.
Bei ihr versucht es Nina erst auf Vietnamesisch und dann auf Englisch. »Tô vít. Screwdriver.« Die Frau versucht Ninas Blick zu folgen, der durch die Regale irrt, und zieht als Vorschlag eine Chipstüte hervor.
»Nein, S-C-R-E-W-D-R-I-V-E-R. Etwa so groß«, sagt Nina und nimmt beide Zeigefinger zuhilfe. Die Frau versucht es mit einem Herrenrasierer.
Nina versucht’s mit Vorturnen, hält sich mit ausladender Gestik eine imaginäre Schraube vors Gesicht, setzt voller Konzentration mit dem imaginären Schraubenzieher an, schraubt und wirbelt. Die Frau lässt Nina stehen und verschwindet nach hinten. Sie kommt wieder mit getigerten Ohrwärmern.
»Nein ...« Nina zeichnet mit dem Finger einen Schraubenzieher in den Staub auf einer Kartonpackung. Die Frau nickt und zeigt abwechselnd auf Bananen und Räucherstäbchen. Nina schüttelt den Kopf.
Die Frau ruft ihren Sohn.
Der Sohn seufzt laut. Er ist 15 und mit einem Computerspiel beschäftigt, und überhaupt. Vielleicht, denkt Nina, sollte sie einfach erst mal die Bananen nehmen, das wäre für alle Beteiligten das Einfachste, und morgen sehen wir weiter.
Der Sohn ruft nach seiner zehnjährigen Schwester, die über ihren Hausaufgaben sitzt. »How can I help you?«, sagt diese, und sie klingt sehr professionell. Nina fühlt sich ihrem Ziel greifbar nahe. Mutig versucht sie es nun nochmals auf Vietnamesisch. »Tô vít?« Die Tochter nickt. Sie nimmt Nina am Arm, führt sie nach hinten durch die enge Wohnung der Familie, zeigt auf eine Tür und sagt freundlich: »Toilet.«
Wie Sie bekommen, was Sie wollen
Wir möchten Sie auf keinen Fall entmutigen: Werden Sie nicht müde, Vietnamesisch zu sprechen oder es wenigstens zu versuchen. Irgendwann wird man Sie verstehen. Rechnen Sie jedoch damit, dass am Anfang Ihre Bemühungen in dieser Sprache nicht einmal als solche erkannt werden und dass Sie beim Versuch, Vietnamesisch zu sprechen, ein »Sorry, no English« zur Antwort bekommen. Rechnen Sie auch damit, dass es einige Wörter gibt, bei denen es Ihnen erst nach dem 100. Mal gelingen wird, sie richtig auszusprechen.
Bis dahin könnten Ihnen vielleicht folgende Tricks hilfreich sein:
Die altmodische Variante: Lassen Sie sich das Wort von jemandem aufschreiben. Führen Sie ein kleines Notizbuch bei sich mit Wörtern, die Sie im Alltag immer wieder brauchen. Sie können es bei Bedarf hervorholen und auf das Wort zeigen. Hat den Vorteil, dass Sie dadurch die Begriffe in Wort und Schrift lernen.
Die moderne Variante: Bevor Sie sich auf die Jagd nach Schraubenziehern, Bettbezügen oder Stangensellerie begeben, laden Sie aus dem Internet ein Bild des Gegenstands auf Ihr Smartphone. Funktioniert ohne fremde Hilfe.
Die Künstlervariante: Falls weder vietnamesische Hilfe noch Internetverbindung greifbar sind, versuchen Sie es mit Zeichnen.
Die Schleudersitzvariante: Sollte all dies fehlschlagen und auch im sechsten oder siebten Laden partout niemand verstehen, was Sie wollen, gönnen Sie sich etwas anderes Schönes. Zum Beispiel getigerte Ohrwärmer. Zumindest hatten Sie einen interessanten Nachmittag.
Mehr über Aussprache, Tonhöhen und weshalb es so schwierig ist, auf Vietnamesisch verstanden zu werden, erfahren Sie in Kapitel »Thuy oder Thuy?«.