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Kapitel 5

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Hayden hatte etwas wertvolle Zeit gewonnen. Sie hatte beobachtet, wie Ed Boudreau sich am Telefon intensiv mit seinem Boss unterhalten hatte und nun offenbar mehrere Probleme lösen musste. Hayden war erneut überrascht über den unterwürfigen Ton, den dieser Verrückte anschlug, während er mit seinem Vorgesetzten redete. Boudreau war schon schlimm genug, was bedeutete, dass sein Boss – der Blutkönig – irgendwo zwischen Hannibal Lecter und dem Teufel persönlich rangieren musste.

Vor ihrer Zelle lag der blutige und totgeschlagene Godwin.

Hayden wandte den Blick ab, bevor die Emotionen ihr Hirn vollständig lähmen konnten. Kinimaka sah sie an.

»Dieser Blutkönig«, knurrte der kräftige Hawaiianer, »kommt mir nicht wie ein Mythos vor.«

»Wenn er das am Telefon ist«, Hayden nickte in die Richtung, »dann will ich ihn, glaube ich, wirklich nicht treffen.«

»Ein so harter Kerl, dieser Boudreau.« Kinimaka grinste. »Aber so hart dann auch wieder nicht. Seine Angst wird eines Tages sein Untergang sein.«

Hayden sah ihren Kollegen verblüfft an, da dieser normalerweise nicht für derart poetische Aussagen bekannt war. »Ist das ein hawaiianisches Sprichwort?«

Kinimaka lachte und es hörte sich an wie ein Wal, der Luft ausbläst. »Nur weil ich ein Ureinwohner bin und nach der Tradition lebe, heißt das noch lange nicht, dass ich irgendwelche Schriften zitiere, Hayden. Was ich damit meine, ist, dass es ihn sorglos machen und seine Aufmerksamkeit ablenken wird. Und das wird uns eine Möglichkeit verschaffen.«

»Das hoffe ich. Weißt du, all das hätte vermieden werden können, wenn dieses Gerät, das von Blackbeards Schiff geborgen wurde, nicht vor aller Augen im nationalen Fernsehen gezeigt worden wäre. Was für ein Fiasko.«

Kinimaka zuckte mit den Achseln. »Boudreau weiß aber nicht, wo es ist. Geschweige denn, was es genau tut.«

Hayden sah ihn an. »Da bin ich mir nicht so sicher, Mano. Schau dir doch an, was dieser Irre bisher getan hat. Er hat ein komplettes CIA-Team gefoltert und getötet … eine massive Attacke auf amerikanischem Boden gestartet … mindestens ein Hightech-Hauptquartier eingerichtet. Das spricht für mich für enorme Ressourcen und eine gehörige Portion Wahnsinn und Besessenheit. Von der schlimmsten Art und Weise. Ich bin mir sicher, dass er genau weiß, was dieser Apparat macht, selbst wenn er nicht weiß, wo er sich gerade befindet.«

»Also ist das nur die Spitze des Eisberges?« Kinimaka sah aufrichtig überrascht aus.

»Ganz genau.«

Hayden hörte, wie Boudreaus Stimme lauter wurde und dann ganz verstummte. Eine Minute später drückte er das harte, gemeißelte Gesicht gegen die Gitterstäbe. »Entschuldigen Sie bitte.«

»Haben Sie Ihre Befehle bekommen, Ed?« Hayden probierte jetzt mal eine andere Taktik aus. »Dabei haben Sie sich ja anscheinend vor Angst in die Hose gemacht.« Vielleicht würde es ihre Situation verbessern, wenn sie den Mann auf die Palme brachte, nachdem alles andere bisher gescheitert war.

Boudreau verzog verärgert das Gesicht.

»Holt diese Schlampe aus dem Käfig!«, blaffte er seine Männer an, die daraufhin aufsprangen, als wären sie von einem tollwütigen Affen gebissen worden. Als sie auf sie zukamen, machte Hayden sich bereit und wehrte sich, aber ihr Kopfstoß war leider erwartet worden und auch ihren Tritten wichen sie mühelos aus. Innerhalb von einer Minute hatten sie Hayden aus dem Käfig gezerrt und sie stand nun Boudreau gegenüber, so nahe, dass sie das Böse riechen konnte, das an ihm haftete, wie ein giftiges Leichentuch. Sie konnte den Schweiß riechen, die Erregung, aber auch die kaum verborgene Panik.

Er war nur noch einen Millimeter entfernt, die blutverschmierte Klinge befand sich zwischen ihnen. Sie berührte ihre Gesichter. Doch Hayden hatte jetzt eine optimistische Idee, die sie davor bewahrte durchzudrehen.

Die Wachen hatten sich so schnell bewegt, und einfach blind reagiert, dass sie dabei vergessen hatten, den Käfig hinter ihr abzuschließen. Sie hoffte, dass es Kinimaka auch aufgefallen war und dass er gerade einen Angriff vorbereitete.

»Ich habe Ihnen eine Übermacht auf den Hals gehetzt, Jaye. Einundzwanzig Männer gegen ein sechs Mann starkes CIA-Eliteteam. Sie hatten keine Chance.«

»Nicht zu vergessen, dass Sie die Codes für das Safehouse kannten.«

Boudreau zuckte mit den Achseln. »Natürlich. Ich sollte eine Botschaft überbringen. Ich glaube, damit war ich erfolgreich.«

»Es ging darum, eine Botschaft deutlich zu machen?« Hayden schüttelte den Kopf. »An die CIA? Dass der Blutkönig einfach die Muskeln spielen lassen und unsere Agenten auf amerikanischem Boden ermorden kann? Das ist keine Botschaft, Boudreau, das ist absoluter Wahnsinn.«

»Dann hat der Blutkönig wohl zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, könnte man sagen. Es ging ihm nämlich nicht nur um eine Machtdemonstration, er brauchte außerdem Informationen über Blackbeards Schiff und über die Apparatur, die sie geborgen haben«, erklärte Boudreau. »Erzählen Sie mir davon oder wir sehen mal, wie Ihre Nase auf dem Boden aussieht.«

Hayden schluckte lautlos und deutete dann auf die massive Ansammlung von Computern und anderen Hightech-Gadgets im Raum. »Sieht doch ganz so aus, als hätten Sie all die Mittel, die Sie brauchen.«

»Das haben wir«, entgegnete Boudreau seufzend. »Aber wir möchten gründlich sein. Sie kennen das ja.«

Das tat sie. Sie fixierte die Klinge, die sich jetzt vor ihr hin- und herbewegte. Bald würde sie ihre Chance bekommen, aber das erforderte einen Sekundenbruchteil an Irrsinn und simples Glück. Doch jetzt sagte Boudreau etwas, das sie beinahe zurückschrecken ließ.

»Sie müssen mir außerdem erzählen, was Sie über das zweite Gerät wissen. Den Controller.«

Ein zweites Gerät? Das war Hayden vollkommen neu.

»Offenbar nichts.« Boudreau hatte ihre Reaktion beobachtet. »Das ist alles, was wir wissen müssen.«

Er stieß mit dem Messer nach ihr. Als er es tat, kam Kinimaka brüllend durch die Käfigtür gestürmt und rammte die Wachen auf der anderen Seite. Körper wurden weggeschleudert und krachten gegen alles Mögliche. Knochen brachen und Computer und Metalltische schepperten auf den Boden und gegen Wände. Schwere Modems und halb leere Kaffeetassen wurden über den rauen Betonboden geschleudert.

Boudreaus Messer schnellte haarscharf an Haydens Rippen vorbei, als eine Wache mit ihm zusammenprallte und den Anführer aus Versehen zu Boden warf. Hayden schnellte nach vorn, knallte ihre Stirn gegen die Nase des Wachmanns und bewegte ihre gefesselten Hände hastig an seinem Messer entlang, als er bewusstlos wurde.

Das Plastik wurde zerschnitten und ihre Hände waren endlich frei. Sie wirbelte hoch konzentriert herum, denn sie wusste, dass in dem Getümmel bestimmt mehr als eine Waffe auf den Boden gefallen war. Kinimaka walzte wie ein Bulldozer über alles, was ihm im Weg stand. Schreibtische, Mülleimer, Computerexperten und Söldner. Sie alle flohen vor ihm, wie Müll, der durch eine Flutwelle weggespült wird.

Ein leichtes Maschinengewehr, das von einer der Wachen fallen gelassen worden war, fiel ihr ins Auge. Sie wich geschickt aus, als Boudreau plötzlich auf sie zusprang und rutschte auf den Knien zu der Waffe und griff danach während sie noch über den Boden schlitterte.

Sie drehte sich um und gab Kinimaka augenblicklich Feuerschutz.

Eine Gruppe von Wachen stob daraufhin in alle Richtungen auseinander und Blut spritzte wie flüssiges Konfetti durch die Luft. Kinimaka duckte sich, walzte aber weiter voran und Hayden wurde bewusst, dass er ihnen gerade einen Weg zur Tür zu bahnen versuchte.

Sie sah ein Stück vor dem Hawaiianer einen Korridor, der ins Tageslicht und in den Regen hinaus führte. Die Freiheit lockte für mehrere hoffnungsvolle Momente, aber dann erhob sich Boudreau vor ihr … ein massiger, mörderischer Berg … das reine Böse, das sie schmierig angrinste und verharrte.

Dann riss Boudreau das Messer hoch. Hayden duckte sich darunter weg. Die Klinge erwischte sie aber dennoch an der Stirn und hinterließ dort eine rote Furche. Sie war in weniger als einer Sekunde wieder auf den Beinen und feuerte, um Kinimaka zu decken, und schoss auch auf die anderen Soldaten, die ihren Fluchtweg blockierten. Sie wusste, dass sie sich nicht die Zeit nehmen konnte, sich umzudrehen und auf Boudreau zu schießen, aber sie wünschte sich, eine der Kugeln für ihn reservieren zu können. Er war einer der sadistischsten und gefährlichsten Männer, die sie je getroffen hatte.

Vor dem gut getarnten Gebäude wurde sie augenblicklich von der intensiven Hitze der Everglades getroffen. Der Kontrast zwischen dem Beton und dem üppigen Grün ließ sie einen Moment lang innehalten, dann brüllte Kinimaka erneut, und sie sah, wie seine massige Gestalt sich neben einem der Propellerboote bückte.

Sie spürte, dass ihre Verfolger ihnen bereits dicht auf den Fersen waren und hielt deshalb den Kopf unten, während sie über den Boden rutschte. Kugeln zischten durch die Luft und trafen die Rinde der Bäume neben ihr. Mit einer verzweifelten Anstrengung schlitterte sie neben Kinimaka, als versuche sie, bei einem Homerun schnellstens die letzte Base zu erreichen.

Das Propellerboot startete. Kinimaka sprang an Bord und zerrte sie hinter sich her, als wäre sie nur ein Kartoffelsack. Sie schlug sich den Kopf an, als sie den Überrollkäfig streifte. Kinimaka bewegte den Hebel, der die Vertikalruder kontrollierte und das Propellerboot schoss davon. Die niedrige Bordwand war bereits von Kugeln durchlöchert.

»Bist du okay?«, fragte der Riese dröhnend.

»Scheiße!« Hayden sah zu den drei Propellerbooten, die sie zurückgelassen hatten. »Ich hatte keine Zeit, um sie funktionsunfähig zu machen. Die werden uns jagen, Mano. Hast du überhaupt schon mal eines von diesen Dingern gesteuert?«

Er sah sie mit einem fast mitleidigen Gesichtsausdruck an. »Ich komme aus Hawaii«, sagte er nur.

»Bleib einfach in der Mitte des Kanals.«

Der Fluss war breit und die Ufer mit kurzem Gras bedeckt, dahinter standen Bäume. Kinimaka steuerte das Propellerboot, so schnell es ging, durch eine Kurve nach der anderen und Hayden hielt währenddessen nach Verfolgern Ausschau. Zuerst sah sie nichts, aber nach ein paar Minuten hörte sie das verräterische Heulen der Propellerboote, die sie verfolgten.

»Tritt drauf, Mano.«

»Ich glaube, die Dinger sind alle gleich schnell, Boss. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.«

Mano war eben Mano. Hayden hielt sich fest und behielt dabei das Heck im Blick. Sie beobachtete auch das Ufer und suchte dort nach einem Lebenszeichen oder einer alternativen Fluchtroute. Bisher war ihr aber leider noch nichts aufgefallen.

»Sie holen auf«, sagte sie knapp, als das erste Propellerboot hinter ihnen immer näherkam. »Wir brauchen dringend einen Plan B.«

DER BLUTKÖNIG (Matt Drake Abenteuer 2)

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