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Kapitel 7

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Hayden wurde nach hinten geworfen, als Kinimaka den Steuerknüppel des Propellerbootes herumriss und an einer gefährlichen Sandbank vorbeiraste. Sie kämpfte sich mühsam auf die Knie. Ihre Haare würden nie wieder aussehen wie vorher. Kugeln aus den drei Propellerbooten, die sie verfolgten, durchlöcherten die Flanken ihres Bootes und pfiffen die ganze Zeit um sie herum.

Sie sah, dass sich der Kanal vor ihnen dramatisch verengte. Kinimaka schoss durch die Engstelle und Wasser spritzte neben und hinter den Boot hervor. Hayden erblickte große Alligatoren, die sich offenbar gestört fühlten und wütend davonstieben, als sie vorbeirasten.

Wo zur Hölle steuerten sie hin?

»Welche Richtung?«, schrie sie über das Dröhnen des Motors, das Heulen des Windes und die Schüsse hinweg.

»Weg von diesen Bastarden!« Kinimaka deutete mit dem Daumen hinter sich, während weiterer Beschuss aus einem leichten Maschinengewehr um sie herum sauste.

Der Hawaiianer umfuhr noch eine weitere Schikane. Das Propellerboot streifte das Ende einer kleinen Insel und machte einen Satz aus dem Wasser, bevor es mit einem Schlag wieder landete und weiter schoss. Hayden und Kinimaka sahen sich mit großen Augen an.

»Scheiße!«

Hayden warf einen flüchtigen Blick nach hinten. Sie hatte beschlossen, dass sie keine Munition auf bewegliche Ziele verschwenden würde, außer ihre Verfolger würden noch näher herankommen.

Drei Propellerboote waren ihnen dicht auf den Fersen, vollgepackt mit Boudreaus Männern. Das Problem war, dass diese sich in diesen Gewässern auskannten. Kinimaka tat das nicht. Es war also nur eine Frage der Zeit, bevor irgendeiner von ihnen eine Abkürzung einschlagen würde.

Während der Abstand immer geringer wurde, hörte sie plötzlich die Stimme von Boudreau. Er war komplett außer sich und klang wie eine Todesfee, die sie durch die dunklen und blutigen Gewässer der Hölle verfolgte.

Das Propellerboot traf jetzt auf eine im Wasser versteckte Insel und hob ab, während der Motor röhrte. Wasser wirbelte wie weiße Laken von den Seiten und den Rudern. Hayden hatte eine halbe Sekunde, in der sie das Jubeln hinter ihnen hören konnte, dann traf das Boot wie ein schwangeres Nilpferd auf das flache Wasser. Sie wurde nach vorne aus dem Boot geschleudert, zog sofort den Kopf ein und machte sich so klein wie möglich. Als sie auf dem Wasser auftraf, erschütterte der Aufprall trotzdem jeden Knochen in ihrem Körper.

Einen Moment lang war sie wie betäubt, dann landete Kinimaka wie ein Killerwal neben ihr und sie wurde von einem gewaltigen Schwall getroffen.

Sie kämpfte sich auf die Knie und war nun halb im Wasser. Das Maschinengewehr war nirgendwo zu entdecken. Sie erwischte Kinimakas Kopf an den Ohren und umklammerte ihn mit beiden Händen, aber ihr war klar, dass sie ihn niemals an das Ufer ziehen konnte. Einen Augenblick später kam sein strubbeliger Kopf allein aus dem Wasser und er schnappte nach Luft.

»Gott sei Dank.«

Erstaunlicherweise waren sie beide unverletzt. Das Propellerboot hingegen war weniger gut davongekommen. Es lag auf der Seite, der Motor heulte wie verrückt, aber die Maschine war vollkommen unbrauchbar geworden. Hayden untersuchte das Schilf und das Ufer. Ihre einzige Hoffnung war es, dort hochzuklettern.

In diesem Augenblick kamen die drei Propellerboote in Sicht, die sie verfolgt hatten. Eines prallte auf dieselbe Insel, die Kinimaka übersehen hatte. Das Gefährt hob ab, und Männer und Waffen wurden in die Luft geschleudert. Hayden krabbelte hastig aus dem Weg, und schrie Kinimaka zu, ihr zu folgen. Männer stürzten jetzt um sie herum zu Boden und schrien, als sie auf dem Gras aufschlugen. Ein Soldat landete direkt neben ihr, umklammerte dabei aber noch immer seine Maschinenpistole. Sie trat ihm gegen den Kopf, um sicherzugehen, dass er wirklich bewusstlos war und schnappte sich dann seine Waffe. Kinimaka erledigte währenddessen einen anderen. Männer wurden jetzt überall um sie herum zu Boden geschleudert. Das Aufklatschen von Körpern, Stöhnen und das Geräusch brechender Knochen erfüllten die Luft. Als einer mehr Lebenszeichen von sich gab als nur ein schwaches Zucken, erschoss ihn Kinimaka kurzerhand.

Hayden drehte sich um und versuchte verzweifelt, sich einen Weg durch das flache Wasser zu bahnen. Sie platschte zwischen dem Schilf hindurch, um zum trockenen Ufer zu gelangen. In diesem Moment spritzte das Wasser heftig in die Höhe und einer von Boudreaus Männern erhob sich dicht vor ihr. Den kleinen Revolver hatte er direkt auf ihre Stirn gerichtet und ein schiefes Grinsen zeigte, dass er bei dem Crash extremes Glück gehabt und beschlossen hatte, sich auf die Lauer zu legen.

Die Zeit blieb förmlich stehen.

Kaleidoskopische Bilder von verlorenen Momenten und all den Dingen, die sie bedauerte, rasten durch ihr Hirn … eine Bilderfolge nie endender Erfahrungen. Der Finger des Mannes krümmte sich um den Abzug … Kinimaka schien meilenweit entfernt zu sein und schrie frustriert auf, weil er genau wusste, dass er sie nicht mehr rechtzeitig erreichen konnte … als plötzlich ein drei Meter langer Alligator auftauchte, und sein Maul um die Mitte seines Gegners schloss.

Weniger als einen Wimpernschlag später war der Mann verschwunden und hinterließ nur das geisterhafte Echo eines Schreies und ein paar Blutspritzer.

Doch das war nichts verglichen mit der Hölle, die er ertragen musste, während er auf den Grund des Flusses gezerrt wurde.

Gewalt schwängerte die Luft.

Hayden musste jede Unze Willenskraft aufbringen, um sich zusammenzureißen. Sie brauchte sämtliche Erinnerungen an all das Gute, das ihr Vater ihr beigebracht hatte. Jede schwere Lektion und jeden stolzen Moment. Sie konzentrierte sich voll und ganz auf den Augenblick, in dem sie erfahren hatte, dass er gestorben war … eiskalt ermordet … und sie erinnerte sich an die Schwüre, die sie geleistet hatte und die ihr Leben fortan verändert hatten.

Es war alles, was sie noch hatte, um sich anzutreiben und um das Blutvergießen zu vergessen und weiterzumachen. Immer einen Schritt nach dem anderen. Sie erreichte das Ufer, grub die Finger in die Erde und zog. Dann kletterte sie nach oben. Ihr Magen verkrampfte sich vor Panik, als sie ein weiteres gewaltiges Platschen hinter sich hörte und aus dem Augenwinkel die albtraumhafte Gestalt eines Alligators sah, der sich aus dem Wasser erhob und drehte, als er in ihre Richtung sprang.

Sie war noch nicht weit genug geklettert.

Doch in diesem höllischen Moment sah sie eine massige Gestalt blitzartig an sich vorbeischießen. Sie hörte ein Brüllen und wurde aus dem Weg gestoßen. Dann sah sie, wie sich Kinimaka auf den Alligator stürzte und dessen Hals umklammerte. Der Aufprall war so laut, dass man ihn vermutlich bis nach Disneyland hören konnte. Der Alligator, der garantiert komplett geschockt war, dass ihn überhaupt etwas angriff, ganz zu schweigen von diesem Berg von Mann, wurde nach hinten geworfen und klatschte rücklings ins flache Wasser. Kinimaka landete sofort auf ihm, schlang wieder die Arme um ihn und packte ihn so fest, als würde sein Leben und das seiner Vorgesetzten davon abhängen.

Während Hayden das Gleichgewicht wiederfand und sich aufrichtete, eröffneten die Männer aus den anderen beiden Propellerbooten das Feuer. Kugeln pfiffen durch das Dickicht um sie herum und kleine Wasserfontänen spritzten hoch. Kinimaka kämpfte immer noch mit dem Alligator, der weiterhin am Leben war. Hayden ließ sich mit dem Rücken auf das schlammige Ufer fallen.

Dann hob sie die Maschinenpistole und eröffnete das Feuer.

Hayden, die halb im Schlamm und Matsch vergraben und klatschnass war, feuerte aus der Hüfte und mähte mit jeder einzelnen Kugel einen Gegner nieder. Kinimaka hielt währenddessen den Alligator in Schach, der sich zu ihren Füßen wand und brüllte dabei vor Anstrengung; die Augen weit aufgerissen, während er nach einer Möglichkeit suchte, das Tier auf relativ sichere Weise loszulassen.

Boudreaus Männer hingegen rückten eher zaghaft vor. Boudreau, der die Nachhut bildete, brüllte sie an, um sie zur Eile anzuhalten. Als keiner von ihnen ihm Beachtung schenkte, schoss er einem seiner Soldaten in den Hinterkopf, um für die nötige Motivation zu sorgen.

In diesem Moment hörte sie ein Geräusch hinter sich. Bevor sie sich umdrehen konnte, packte jemand sie mit eisernem Griff am Hals und sie wurde hochgerissen.

Der Griff des Mannes bedeutete den Tod. Kinimaka war ebenfalls in Bedrängnis. Er sah, was passierte, konnte den Alligator aber nicht loslassen. Hayden entspannte den Körper und ließ den Arm mit der Waffe sinken. Dann zog sie den Abzug und verwandelte den Fuß des Mannes in einen blutigen Klumpen. Er ließ augenblicklich los und fiel nach hinten. Sie drehte sich um und feuerte ihm eine Salve in die Brust.

Unter Feuer stehend und am Ende ihrer Kräfte zerrte sie den Toten hinab ins flache Wasser.

»Tu es!«, schrie sie Kinimaka an. Der gewaltige Hawaiianer ließ daraufhin los und der Alligator raste davon. Sein Schwanz schlug wild um sich und blutiges Wasser spritzte in die Luft. Die suchenden Kiefer packten den Toten und dann schmeckte er Blut. Mit einem weiteren Schlag des gewaltigen Schwanzes verschwand er mit seiner Beute.

Kinimaka saß jetzt sichtlich erschöpft im Wasser. Hayden legte ihm einen Arm um die Schultern. Gemeinsam ignorierten sie den Feind einige Sekunden.

Dann hob Hayden erneut die Maschinenpistole. Die Gangster waren gerade dabei, aus dem Boot zu klettern, und hatten deshalb keine Deckung. Sie zielte und riss am Abzug, aber die Waffe verfügte über keine Munition mehr.

Sie senkte den Kopf. Eine Sekunde lang empfand sie pure Verzweiflung und Wut darüber, dass sie nicht in der Lage war, den Träumen ihres Vaters gerecht zu werden … dass sie seinem tadellosen Vermächtnis nicht genug Ehre machte.

Doch niemand konnte behaupten, sie hätten nicht alles gegeben.

Boudreau gestikulierte wild. Das Messer, das er benutzt hatte, um ihr Team zu töten, erschien wieder in seinen Händen und er fuchtelte damit durch die testosterongeschwängerte Luft.

Auf einmal vernahm sie ein Geräusch der Hoffnung und der potenziellen Rettung. Das Wupp, Wupp, Wupp schwerer Maschinen. Helikopter, die sich ihnen rasch näherten.

Diese waren zweifellos vom Militär und kamen jetzt wie Motorradfahrer, die in einem Rennen rasant eine Kurve nahmen, um die Biegung im Kanal.

Boudreau brüllte und plötzlich ging seine Stimme in ein angsterfülltes Kreischen über: »Schneller! Schneller! Jetzt sofort, ihr Arschlöcher! Wir müssen uns verstecken!«

Tja, dachte Hayden. Du hast versagt, du Bastard. Versuch mal, deinem verdammten Blutkönig unsere Flucht zu erklären.

DER BLUTKÖNIG (Matt Drake Abenteuer 2)

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