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Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.

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Adam und Hauwa

Die muslimische Glaubensauffassung

Wenn Ich ihn nun vollkommen geformt und ihm Meinen Geist eingehaucht habe, dann werft euch vor ihm nieder“ (Koran 15:29). In einem weiteren Koranvers sagt Allah: „Dein Herr [sprach] zu den Engeln …: ‚Wahrlich, Ich werde auf der Erde einen Nachfolger (Chalifa) einsetzen‘“ (Koran 2:30). Muslimische Gelehrte sind sich nicht völlig einig darüber, was es bedeutet, den Menschen als Chalifa (Vizeregent) Gottes zu bezeichnen oder Gottes Geist zu empfangen. Einige moderne muslimische Gelehrte glauben, der koranische Befund weise darauf hin, dass der Mensch in gewisser Hinsicht Gott ähnlich ist. Der orthodoxe Glaube lehnt die Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen dagegen ab. Dass Gott dem Menschen Seinen (Gottes) Geist einhaucht, wird von einigen Gelehrten mit der menschlichen Fähigkeit erklärt, Wissen und Willen zu besitzen, die – richtig eingesetzt – dem Menschen Überlegenheit über die gesamte Schöpfung schenken. Das bedeutet allerdings nicht, Gott zum Menschen zu machen, denn Gott ist absolut transzendent.

Trotzdem ist der Mensch ein würdevolles Wesen, dem Gottes Geist eingeflößt wurde, und ihm wurde aufgetragen, Sein Chalifa auf Erden zu sein. Dem Menschen wurde das Amt des Chalifa anvertraut, weil er allein von Gottes Geschöpfen mit verstandesmäßigen Fähigkeiten, geistlichem Streben und der Macht bewusster Handlungen begabt ist. Allah hat dem Menschen eine begrenzte Autonomie zugestanden, ihn zu seinem Chalifa auf der Erde ernannt und ihn nachdrücklich angewiesen, Seiner Führung und Leitung entsprechend zu leben.

Weil Gott dem Menschen Seinen Geist eingehaucht hat, hat der Mensch etwas Besonderes an sich, etwas, das er zumindest zu einem gewissen Grad beibehalten musste. Dieses Besondere ist Folgendes:

a)Die Fähigkeit (das Wissen), zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse, Realität und Illusion zu unterscheiden.
b)Der freie Wille, der zwischen Gut und Böse, Wahr und Falsch, Recht und Unrecht wählen kann.
c)Die Autorität, sich die Dinge um sich herum zu eigen zu machen und sie zu gebrauchen.
d)Die Fähigkeit, zu sprechen, die Anbetung des Schöpfers in Worten auszudrücken.

Alle oben genannten Punkte sind geistliche Eigenschaften, die Gott dem Menschen anvertraut hat, und wenn sie in richtiger Weise gebraucht werden, versetzen sie den Menschen in die Lage, sich dem Willen Allahs zu unterwerfen. Weiterhin halten wir fest, dass Gott den Menschen bei Seiner Schöpfung angewiesen hat, nur Ihn und niemanden sonst anzubeten. Er stellte den Menschen für eine bestimmte Zeit auf die Erde, um ihn daraufhin zu prüfen, wie er die besonderen geistlichen Eigenschaften einsetzte, die Gott ihm mitgegeben hatte. Gott schuf den Menschen, damit er Ihn anbetete, nicht damit er Ihm in irgendeiner Weise gleich oder ein Rivale sei. Die geistlichen Eigenschaften des Menschen entsprechen also seiner begrenzten Natur.

So gut der Mensch auch sein mag, kann er sich doch nicht mit der Güte und Vollkommenheit Allahs, seines Schöpfers, messen. Die Geschichte hat gezeigt, dass der Mensch nachlässig, achtlos und vergesslich ist. Er ist gut, aber unvollkommen. Und weil er unvollkommen ist, muss er ständig daran erinnert werden. Darum sandte Gott Seine Propheten und Boten, um dem Menschen zu helfen, Vollkommenheit zu erreichen. Durch die Propheten hat Gott den Menschen immer wieder an das Gesetz Gottes erinnert.

Die ersten Muslime

Der Islam bezeugt, dass Adam, Allahs erster Chalifa auf Erden und der erste Mensch der Schöpfung, auch der erste Prophet war, der gesandt wurde, um der Menschheit Führung und Orientierung zu geben. Die Prophetie beginnt mit dem ersten Menschen. Dem ersten Menschen auf der Erde wurde eine klare Leitlinie und ein Gesetz gegeben, dem er folgen und das er seinen Nachkommen weitergeben sollte. Dieses Gesetz war und ist der „Islam“, die Unterwerfung unter Allah.

Es ist die ernsthafte Überzeugung eines Muslimen, dass diese erste Phase des Lebens auf der Erde nicht in Sünde und Rebellion gegen den Schöpfer begann. Obwohl Adam und Hauwa (Eva) nach der Versuchung durch Satan aus dem himmlischen Garten vertrieben und zur Erde herab gesandt wurden1, erkannten sie ihre Sünde und bereuten. Sie baten Gott um Vergebung. Ihnen wurde die notwendige Führung und Orientierung gewährt. Adam war ein wahrer Prophet Allahs. Sie waren die ersten wahren Muslime.

Dies wird im Koran deutlich offenbart. Wir lesen: „Sie sagten: ‚Unser Herr, wir haben gegen uns selbst gesündigt; und wenn Du uns nicht verzeihst und Dich unser erbarmst, dann werden wir gewiss unter den Verlierern sein‘“ (Koran 7:23). Der barmherzige Allah sandte sie mit den Worten zur Erde: „Da sprachen Wir: ‚Geht (vom Paradies) hinunter! Der eine von euch sei des anderen Feind. Und ihr sollt auf der Erde Wohnstätten und Versorgung auf beschränkte Dauer haben‘“ (Koran 2:36).

Trotzdem ist die Anwesenheit des Menschen auf der Erde keine Bestrafung, sondern eine Prüfung, ob er sich Allahs Willen beugt. Obwohl Er sie nach der Versuchung durch den Satan auf die Erde schickte, vergab Er ihnen ganz gewiss. Der Koran sagt: „Da empfing Adam von seinem Herrn Worte, worauf Er ihm verzieh; wahrlich, Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige“ (Koran 2:37).

Weil Gott der All-Liebende, der All-Barmherzige ist, trotz der Fehler des Menschen, sicherte Gott ihm seine Führung zu. Er sagte: „Geht hinunter von hier allesamt! Und wenn dann zu euch Meine Rechtleitung kommt, brauchen diejenigen, die Meiner Rechtleitung folgen, weder Angst zu haben, noch werden sie traurig sein“ (Koran 2:38).

So wurde dem ersten Menschen Inspiration und Führung für die gesamte Menschheit geschenkt. Gott sichert dem Menschen zu, dass jeder, der dieser Führung folgt, frei von Angst um die Gegenwart und die Zukunft ist und nicht um die Vergangenheit zu trauern braucht.

Viele Muslime glauben, dass Adam und Hauwa zunächst im Himmlischen Garten waren, um ihre Haltung auf die Probe zu stellen, bevor sie auf die Erde gesandt wurden, wo sie zu Chalifa ernannt wurden.2 Der Garten war der geeignetste Ort für diese Prüfung, weil er tatsächlich das Paradies war (Dschanna). Dem Menschen wurde gezeigt, dass das Paradies der angemessene Ort für ihn sei, dass er jedoch nicht im Paradies bleiben könne, wenn er den Versuchungen Satans nachgebe. Die einzige Möglichkeit, den „Garten“ wieder zu gewinnen, bestand darin, dem Satan entschieden und mit Erfolg entgegen zu treten, indem der Mensch Gottes Gesetz gehorchte. Der Prophet Adam empfing wahre Führung und Leitung, so dass er selbst, seine Familie und Nachkommen sich dem Willen Allahs unterwerfen und so das Paradies wieder erlangen könnte.

Es ist bedeutsam, dass Hauwa (Eva) genau so wie Adam die Verantwortung dafür übernehmen musste, Satan nachgegeben zu haben. Beide wurden versucht, beide bereuten, beide wurden vom barmherzigen Allah gesegnet, beiden wurde vergeben. Beide waren wahre Muslime. Mann und Frau sind in den Augen Gottes gleich. Beide sind Gottes Chalifa auf Erden. Kein Muslim sollte der Frau die Schuld am ersten Fehler der Menschheit zuweisen. Im Islam ist die Frau dem Mann nicht untergeordnet und der Mann nicht der Frau.

Die Schwachheit der Menschheit

Alle Menschen werden als wahre Muslime geboren, unschuldig, rein und frei (Koran 30:30). Noch keine Handlung hat den menschlichen Willen entstellt und verdreht. Jede Vorstellung von Erbsünde steht den wahren Lehren des Islam entgegen. Es bedeutet keine Sünde für den Menschen, fehlbar zu sein. Als begrenztes Geschöpf ist er notwendigerweise unvollkommen. Es wird allerdings zur Sünde, wenn der Mensch die Mittel in der Hand hält, um Vollkommenheit zu erreichen, und sich entscheidet, von ihnen keinen Gebrauch zu machen. Der Mensch ist nicht dafür verantwortlich, wenn er in seiner Kindheit eine Sünde begeht. Er steht erst für seine Taten ein, wenn er erwachsen geworden ist, ihm Gott Verstand geschenkt hat und er zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann. Erst dann kann er vor seinem Schöpfer die Verantwortung für seine Taten übernehmen. Weil der Mensch gut ist, ist es trotzdem zum großen Teil das Ergebnis äußerer Einflüsse und seines Umfelds, was aus ihm nach seiner Geburt wird.

Obwohl der Mensch ein gutes und verantwortliches Wesen ist, liegt es in der Verantwortung des einzelnen Gesetzesübertreters, wenn er sündige Handlungen begeht. Nach muslimischer Überzeugung ist Sünde nicht erblich, denn kein Mensch wird als Sünder geboren. In ähnlicher Weise ist Sünde ihrem Wesen nach auch weder etwas Gemeinschaftliches noch lässt sie sich übertragen. Gott hat dem Menschen einen freien Willen geschenkt, und jeder Mensch ist daher für seine Taten persönlich verantwortlich, mögen sie gut oder schlecht sein, richtig oder falsch. Ein Mensch kann seine Freiheit missbrauchen und sich dem Laster hingeben, doch gleichzeitig ist er in der Lage, sich zu bessern und Vergebung zu erfahren, wenn er den aufrichtigen Entschluss fasst, sich Gottes Führung zu unterwerfen. Sünde wird erworben, sie wohnt dem Menschen nicht von Natur aus inne, und deshalb kann ein Mensch der Sünde leicht aus dem Weg gehen, wenn er sich entschließt, seine besonderen Eigenschaften einzusetzen, mit denen er ausgestattet wurde. Sünde ist nicht unvermeidlich, weil der Mensch nicht sündig ist.

Zusammenfassung

Das muslimische Menschenbild lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Der Mensch ist ein würdevolles ehrenwertes Geschöpf, dem Gott Seinen Geist eingehaucht hat. Diesen Geist kann man als gottähnliches Wissen und gottähnlichen Willen bezeichnen; es bedeutet aber nicht, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen worden wäre, dass er Gott gleich oder sein Rivale wäre. Die geistlichen Eigenschaften, die der Mensch empfangen hat, entsprechen lediglich seinem begrenzten Wesen. Der Mensch wurde darüber hinaus zu Gottes Chalifa auf Erden gemacht.

Der Islam glaubt nicht, dass die Menschheit sündig ist, sondern lehrt vielmehr, dass der Mensch nicht vollkommen ist. Nur Gott ist vollkommen! Doch der unvollkommene Mensch vergisst und ist nachlässig. Aus diesem Grund muss er ständig durch die Propheten und die Offenbarung an den richtigen Weg erinnert werden.

Eine christliche Entgegnung

Was ist der Mensch? Das ist die Frage. Was bedeutet es für den Menschen, Gottes Geist zu empfangen? Gewiss bedeutet es, dass Menschen die Krone der Schöpfung sind, wie der Islam bezeugt. Die Bibel sagt, dass der Mensch ein wenig tiefer gestellt ist als die Engel, doch mit Ruhm und Ehre gekrönt ist (Hebräer 2,7).

Das christliche Zeugnis erweitert den islamischen Glauben, dass die Menschheit bei der Schöpfung den Geist Gottes empfing. Die Bibel sagt: „Da nahm Gott, der HERR, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen“ (1. Mose 2,7). Sie sagt außerdem: „So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und als Frau“ (1. Mose 1,27). Wenn man sagt, das Menschen nach dem Bild Gottes geschaffen wurden, bedeutet das nicht, dass Gott aussieht wie sie oder dass sie aussehen wie Gott. Es bedeutet, dass Menschen zutiefst gottähnliche Eigenschaften haben. Die Gottesebenbildlichkeit bedeutet insbesondere, dass Menschen die Fähigkeit besitzen, in Gemeinschaft mit Gott zu leben. Menschen können Gott kennen lernen. Sie sind in der Lage, sich an der Bundesbeziehung mit ihrem Schöpfer zu freuen; sie haben eine Persönlichkeit, sie sind Gott ähnlich.

Der Islam betont die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen. Der christliche Glaube legt besonderen Wert auf den Menschen als Bundes- oder Gemeinschaftswesen. Im Islam wird die Menschheit erschaffen, um Gottes Willen zu gehorchen. Christen glauben, dass Menschen ihre umfassendste Menschlichkeit dort entdecken, wo sie mit Gott und anderen Menschen in froher Gemeinschaft leben.

Die Bibel schildert auch, was geschieht, wenn Menschen sich von Gott abwenden. Wenn Menschen gegen Gott rebellieren, werden sie böse und sündhaft. Christen glauben, dass das Ebenbild Gottes, nach dem sie geschaffen sind, verzerrt wird, wenn sie nicht in der rechten und frohen Gemeinschaft mit Gott leben. Die Bibel sagt: „Alle sind schuldig geworden und haben den Anteil an Gottes Herrlichkeit verloren“ (Römer 3,23).

Eine Klarstellung von muslimischer Seite

Es ist zu bezweifeln, ob der Geist Gottes, den Adam nach islamischer Überzeugung empfing, derselbe ist, der den Menschen nach christlichem Verständnis eingehaucht wurde. Wie oben erwähnt, glauben Muslime, dass sich dieser Geist auf das Leben bezieht, das von Gott geschenkt wird und das den Menschen mit Eigenschaften ausstattet, die ihn gegenüber anderen Wesen überlegen machen, vor allem mit überlegener Intelligenz, Wille, Autorität und Sprache.

Anmerkungen

1Auch Satan wurde aus dem Garten vertrieben.
2A. Maududi, The Meaning of the Qu’ran, Vol. I (Lahore: Islamic Publications Ltd., 1971), S. 58–59.
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