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ОглавлениеIm Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
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Satan und das Böse
Der Ursprung des Bösen
Als Muslime glauben wir zutiefst, dass Satan (Iblis) die Quelle und der Mittelpunkt des Bösen ist und bereits vor der Erschaffung von Adam, des ersten Menschen der Geschichte, war. Satan war das erste Geschöpf, das Gott nicht gehorchte und einen Aufstand gegen Ihn anführte, lange vor der Erschaffung des Menschen. Der Heilige Koran berichtet:
Und damals sprach dein Herr zu den Engeln: „Ich bin im Begriff, den Menschen aus trockenem, tönendem Lehm zu erschaffen, aus schwarzem, zu Gestalt gebildetem Schlamm. Wenn Ich ihn nun vollkommen geformt und ihm Meinen Geist eingehaucht habe, dann werft euch vor ihm nieder.“ Da warfen sich die Engel allesamt nieder, außer Iblis; er weigerte sich, unter den Sich-Niederwerfenden zu sein. (Koran 15:28–30)1
Iblis’ Ungehorsam war die Quelle und der Ursprung des Bösen unter der Menschheit. Als Gott Iblis fragte, warum er sich geweigert habe, sich niederzuwerfen, antwortete er: „Nimmermehr werde ich mich vor einem Menschen niederwerfen, den Du aus trockenem, tönendem Lehm geschaffen hast, aus schwarzem, zu Gestalt gebildetem Schlamm“ (Koran 15:33). Er fügte hinzu, dass er weitaus besser sei als der Mensch, weil er selbst aus Feuer (oder Licht) geschaffen worden sei. Der Mensch dagegen war nur aus Lehm geschaffen worden.
Als Gott den ersten Menschen erschuf, hauchte Er ihm Seinen Geist ein, ernannte ihn zu Seinem Chalifa, sagte ihm die Bezeichnungen aller Dinge, stellte die Engel auf die Probe, ob sie in der Lage seien, dasselbe zu tun, und als sie scheiterten, befahl Er den Engeln, sich vor Adam niederzuwerfen. Iblis weigerte sich hochmütig. Er wurde ein Ungläubiger. Daher ist er die Quelle alles Bösen.
Iblis war stolz, dass er aus Licht geschaffen worden und daher weitaus besser als der aus Lehm geschaffene Mensch war. Was Iblis allerdings übersehen hatte, war die Tatsache, dass der Mensch, obwohl aus Lehm, in der bestmöglichen Gestalt geschaffen worden war, dass Gott ihm einen Teil Seines Geistes eingehaucht und ihn zu Seinem Chalifa ernannt hatte. Keine dieser Ehrenbezeugungen hatte Er jemals einem anderen Wesen verliehen, weder im Himmel noch auf der Erde. Wir sehen, dass Arroganz, Egoismus, Eifersucht und Rebellion, die die eigentlichen Quellen des Bösen sind, das exklusive Eigentum Satans waren (und sind).
Weil Iblis sich hochmütig weigerte, sich vor dem Menschen zu verbeugen und sogar die Engel beschimpfte, die sich wie der Mensch niederwarfen, vor dem sie sich verbeugten, wies ihn Gott zurück und verfluchte ihn. Gott sagte: „Hinaus denn von hier; denn wahrlich, du bist verflucht. Der Fluch soll auf dir lasten bis zum Tage des Gerichts“ (Koran 15:34–35). Trotz dieser Zurückweisung äußerte Iblis noch eine Bitte, die ihm daraufhin gewährt wurde. Er sagte: „Mein Herr, so gewähre mir einen Aufschub bis zu dem Tage, an dem sie auferweckt werden“ (Koran 15:36). Dieser Aufschub wurde ihm bis zu diesem Tag zugestanden. Und wieder schlug derselbe böse Iblis Gott vor:
Er sprach: „Mein Herr, da Du mich hast abirren lassen, so will ich ihnen wahrlich (das Böse) auf Erden ausschmücken, und wahrlich, ich will sie allesamt irreführen, außer Deinen erwählten Dienern unter ihnen.“ (Koran 15:39–40)
Allah entgegnet dem Iblis, der sogar fälschlicherweise Gott die Schuld für seine Boshaftigkeit zuschiebt:
Dies ist ein gerader Weg, den Ich (dir) gewähre. Wahrlich, du sollst keine Macht über Meine Diener haben, bis auf jene der Verführten, die dir folgen. Und wahrlich, Dschahannam2 ist ihnen allen der verheißene Ort. Sieben Tore hat sie, und jedem Tor ist ein Teil von ihnen zugewiesen. Wahrlich, die Gottesfürchtigen werden sich in Gärten und an Quellen befinden. Tretet hinein in Frieden und Sicherheit! Und Wir wollen hinwegnehmen, was an Groll in ihren Herzen sein mag; brüderlich (sollen sie) auf Ruhesitzen einander gegenüber sitzen. (Koran 15:41–46)
Aus diesem Gespräch lernen wir, dass Iblis seit der Erschaffung der Welt bis in die Gegenwart der Erzfeind der Menschheit ist (Koran 7:14–18). Satan begann bereits den ersten Menschen, den Gott geschaffen hatte, mit seiner Bosheit zu traktieren. Seitdem hört er nicht auf, Menschen in Versuchung zu führen.
Nachdem Gott Iblis verflucht hatte, sagte er zu Adam: „O Adam, weile du mit deiner Gattin in dem Garten und esset, wovon immer ihr wollt, nur nähert euch nicht diesem Baum, sonst werdet ihr Ungerechte sein“ (Koran 7:19).
Zu dieser Zeit waren unser Urvater Adam und unsere Urmutter Hauwa in geistlicher wie materieller Hinsicht völlig unschuldig. Sie waren in einen geistlichen Garten der Unschuld und Wonne hineingestellt worden, der sich nicht auf der Erde, sondern in den Himmeln befand. Sie kannten das Böse nicht. Als Gottes Chalifa waren sie allerdings durch den Geist Gottes mit der Fähigkeit zu wissen, etwas zu wollen und Entscheidungen zu treffen ausgerüstet. Obwohl sie in der Lage waren, etwas Falsches zu tun, mussten sie eine bewusste Entscheidung treffen, um das Böse abzulehnen. Gott, der Allwissende und Allweise, beschloss seine Chalifa auf die Probe zu stellen, indem er in einer kleineren Angelegenheit ein Verbot aussprach und sie vor eine Entscheidung stellte. In diesem wunderschönen Garten war es den Menschen lediglich verboten, sich einem bestimmten Baum zu nähern – dem verbotenen Baum. Doch sie gaben der Versuchung des Meisters des Bösen nach.
Zu diesem Vorfall sagt der Koran:
Doch Satan flüsterte ihnen Böses ein, um ihnen das kundzutun, was ihnen von ihrer Scham verborgen war. Er sagte: „Euer Herr hat euch diesen Baum nur deshalb verboten, damit ihr nicht Engel oder Ewiglebende werdet.“ Und er schwor ihnen: „Gewiss, ich bin euch ein aufrichtiger Ratgeber.“ (Koran 7:20–21)
So verführte Iblis durch ein Täuschungsmanöver Adam und Hauwa dazu, von dem Baum zu essen, und führte so ihren Fall vom Garten zur Erde herbei. Noch dramatischer ist es, dass ihnen beim Essen zum ersten Mal ihr Schamgefühl bewusst wurde. Schnell bedeckten sie sich mit Blättern aus dem Garten. Bald rief sie ihr Herr zu sich und sagte: „Habe Ich euch nicht diesen Baum verwehrt und euch gesagt: ‚Wahrlich, Satan ist euer offenkundiger Feind‘?“ (Koran 7:22). Auf diese Weise schaffte es der Fürst des Bösen, die Vorfahren der Menschheit vom geraden Weg abzubringen, vom Willen ihres Herrn.
Wir müssen darüber hinaus in Betracht ziehen, dass Adam und Hauwa die Frucht des verbotenen Baumes aßen, weil Satan sie getäuscht und in Versuchung geführt hatte. Natürlich waren sie ungehorsam gegen Gott und begingen damit eine Sünde, aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass es sich nicht um willkürlichen und absichtlichen Ungehorsam handelte. Noch einmal halten wir fest, dass sie ihre Sünde sehr schnell begriffen, als Gott sie zu Sich rief. Sie baten Ihn, ihnen zu vergeben. Sie wandten sich nicht von Gott ab. Sie sagten: „Unser Herr, wir haben gegen uns selbst gesündigt; und wenn Du uns nicht verzeihst und Dich unser erbarmst, dann werden wir gewiss unter den Verlierern sein“ (Koran 7:23).
Adam und Hauwa empfanden Scham, Schuldgefühle und Reue, weil sie Allah nicht gehorcht hatten. Sie verloren ihre glückselige Existenz im Garten. Darum baten sie Gott um Barmherzigkeit. Als Muslime können wir aus diesem Ereignis schließen, dass der Mensch unvollkommen ist, selbst wenn er im Paradies lebt. Gleichzeitig lernen wir, dass es das menschliche Herz nicht von einer geistlichen Erneuerung abhalten muss, wenn man eine so ernste Sünde wie Adam und Hauwa begangen hat.
Die Menschen wurden als Gottes Chalifa mit genügend Wissen ausgestattet, um sie zu befähigen, ihre Sünden und Fallstricke zu erkennen. Besser noch, dieses Wissen hilft ihnen zu erkennen, wohin und an wen sie sich wenden können, wenn sie Führung suchen. Der Islam bezeugt, dass Allah in Seiner Barmherzigkeit und Gnade immer bereit ist, die Sünden aller Menschen zu vergeben, wenn sie bewusst Seine Führung suchen und sich entschließen, sich zum Besseren zu verändern. Die schlimmste Sünde im Islam wird mit shirk bezeichnet und bedeutet, Allah mit anderen Götzen zu identifizieren. Doch selbst Atheisten, Polytheisten oder Pantheisten kann von Allah vergeben werden, wenn sie ihre Sünden vor Allah bekennen und sich aufrichtig Seinen Geboten und Seinem Willen unterwerfen.
Als Adam und Hauwa Allah um Barmherzigkeit und Vergebung baten, fehlten ihnen die Worte, um es richtig auszudrücken, doch Allah, der allbarmherzig und über alle Maßen vergebungsbereit ist, verzieh ihnen, wie der Koran bezeugt: „Da empfing Adam von seinem Herrn Worte, worauf Er ihm verzieh; wahrlich, Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige“ (Koran 2:37). Adam und Hauwa wurden so von der Sünde des Ungehorsams freigesprochen, und ihre zukünftigen Nachfahren wurden gegen ihre Auswirkungen immunisiert. Allah nahm nicht nur Adams Buße an, sondern ging noch weiter und ernannte ihn zu seinem Botschafter, seinem Gesandten, um der Menschheit Führung zu geben.
Trotzdem sandte Allah, nachdem Er Adam und Hauwa verziehen hatte, sie aus dem Himmlischen Garten hinunter auf die Erde. Die Vertreibung aus dem Paradies schloss Iblis, den bitteren Feind des Menschen, ein. Dies zeigt sich im Ausdruck „die einen von euch seien der anderen Feinde“ (Koran 7:24), der bedeutet, dass Gott verfügte, dass Iblis und Mensch einander als Gegner betrachten sollten. Iblis tut sein Möglichstes, um den Menschen vom Pfad Gottes abzubringen und auf den Pfad des Bösen zu führen. Doch dem Menschen ist durch die göttliche Führung aufgetragen, Iblis als seinen Feind Nummer eins zu bekämpfen. Es gehört weiterhin zur Erkenntnis des Islam, dass das Böse nur diejenigen anrührt, die ihm nachgeben, und dass es keine Macht über Allahs aufrichtige Diener besitzt, denen aufgrund Seiner Barmherzigkeit vergeben wurde.
Im Islam lässt sich Sünde also vermeiden, wenn jemand Allah aufrichtig anbetet. Sie lässt sich vergeben, wenn der Sünder vor Allah seine Verfehlungen bekennt. Sie ist nicht erblich.
Zusammenfassung
Der Islam bezeugt, dass Iblis, der Allah bereits vor der Erschaffung der Welt ungehorsam war, die Quelle des Bösen ist. Obwohl der erste Mensch, Adam, und seine Frau, Hauwa, sündigten, stand nicht die bewusste Absicht dahinter, ihrem Schöpfer ungehorsam zu sein. Sie wurden vom Meister des Bösen verführt – Iblis. Sie bekannten Allah aufrichtig ihre Verfehlung, der ihnen Verzeihung gewährte. Die Menschheit leidet nicht aufgrund Adams Ungehorsam unter der Sünde und dem Bösen. Sie ist nicht erblich. Nachdem Adam Reue gezeigt hatte, wurde er zu Allahs erstem Botschafter auf der Erde gemacht. Er sollte seinen Kindern Führung geben. Wie könnte Gott einem Übeltäter ein solch hohes Amt übertragen?
Eine christliche Entgegnung
Das Christentum bezeugt, dass der Ursprung des Bösen im Missbrauch persönlicher Freiheit liegt. Satan missbrauchte seine Freiheit. Er rebellierte gegen Gott und wurde daraufhin über alle Maßen böse. Unzählige Engel und Geister sind seinem Beispiel gefolgt. Die Bibel bezeugt, dass Satan Menschen zur Sünde verführte und dass sie sich entschlossen, Satans Verführung nachzugeben. Adam und Eva entschlossen sich, Gott nicht zu gehorchen. Sie nahmen die Frucht, die Gott verboten hatte. Sie rannten vor Gott weg und versteckten sich zwischen den Bäumen. Sie trafen die Entscheidung, sich von Gott abzuwenden (1. Mose 3,1–24).
Die Entscheidung der Menschheit, sich von Gott abzuwenden, ist die Wurzel des Bösen. In unserem Ungehorsam werden wir böse. Das Bild Gottes, in dem wir geschaffen sind, wird auf tragische Weise verzerrt, weil wir uns kollektiv und als Einzelne von Gott abgewandt haben. Gott kann man dafür nicht die Schuld zuschieben. Wir selbst haben uns von Gott abgewendet. Aus diesem Grund erfahren wir Schuld und Tod. Die Bibel sagt: „Der Lohn, den die Sünde zahlt, ist der Tod“ (Römer 6,23).
Anmerkungen
1 | Siehe auch Koran 7:11; 2:34. |
2 | Hölle (Anmerkung des Übersetzers). |