Читать книгу Das hatte ich so nicht bestellt - Debora Kuder - Страница 23

Juli 2019

Оглавление

Wir haben einen Mietvertrag für drei Jahre bekommen, was bei Unterzeichnung sinnvoll war, weil man nach drei Jahren sehen kann, ob der Laden läuft oder nicht. Oft gehen solche Verträge über zehn Jahre, und man kann sie nicht einfach kündigen. Nach drei Jahren sagen wir dem Vermieter also, dass wir gerne verlängern würden. Wir haben schon mit einer Mieterhöhung gerechnet, aber 20 Prozent! Das können wir nicht zahlen. Daraufhin beendet der Vermieter das Mietverhältnis sofort.

Der Vermieter besitzt 200 Objekte in Berlin, ihn interessiert kein Einzelschicksal. Wir müssen innerhalb von zwei Wochen ausziehen, weil wir mit zwei Mieten im Rückstand sind. Ich rufe einen Anwalt an, aber auch er kann nichts ändern. Wir stehen im Laden, alle Rollläden unten, völlig geschockt. »Okay«, sagen Christian und ich, »dann machen wir morgen zu.« Ab da funktioniere ich. Arbeite alles ab, was abzuarbeiten ist. Rufe die Mitarbeiter an: »Ihr braucht morgen nicht kommen.« Fristlos gekündigt. Das ist furchtbar. Leuten, die seit zwei Jahren bei uns arbeiten, von einem Tag auf den anderen sagen zu müssen: »So, das war’s.«

Es tut gut, dass die Gäste und unsere Freunde sich empören. Viele kennen das Problem, finden keinen bezahlbaren Wohnraum für ihre Familie oder kennen kleine Läden, die auch zumachen mussten. Wir können keine Lösung finden, weil es ein strukturelles Problem ist und kein von uns Gastronomen gemachtes. Unser Laden hat funktioniert. Wir hatten schon Reservierungen für November, Dezember. Diese Frustration, dieser Ärger und so viel Hilflosigkeit. Wir haben nicht schlecht gewirtschaftet. Wir hatten keine schlechten Produkte. Wir haben alles richtig gemacht, und jetzt entscheidet ein reicher Mann für uns. Einfach nur, weil er es kann.

Wir räumen innerhalb einer Woche alles aus. Einen Großteil der Möbel verkaufen wir noch direkt im Laden. Es ist schön zu sehen, wie Stammkunden einen Sessel nach Hause tragen oder sich eine Vase mitnehmen. Es fühlt sich an, als ob das Düsselmaier zu Hause bei den Leuten weiterlebt, ein bisschen zumindest. Der Vermieter sagt, dass wir alles rausreißen müssen, die Theke, die ganzen Elektro- und Wasseranschlüsse, alles – unabhängig davon, ob der Nachmieter es brauchen könnte.

Mein Papa hat diese Theke gebaut und mit spanischen Fliesen gefliest, und nun stehe ich da und sehe, wie er diese Fliesen wieder abschlägt. Das bricht mir fast das Herz. Aber wir sind nicht allein. Alle unsere Freunde, die vor drei Jahren beim Einzug mitgemacht hatten, sind jetzt wieder dabei beim Auseinanderbauen. Sie mieten ein Lager für uns an, organisieren einen großen Transporter, fahren tausendmal hin und her, unsere Mitarbeiter packen in ihrer Freizeit Geschirr in Zeitungspapier. Ich kann das in diesem Moment gar nicht honorieren.


Das hatte ich so nicht bestellt

Подняться наверх