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Pfarrer Jacques, ehemaliger Leiter des Frauensingchors und nun zuständig für die Seniorengruppe, hatte sich aus seiner hingefläzten Position erhoben und starrte vorgebeugt auf seinen guten Freund, Prior Hans-Peter aus Sankt Gallen.

„Ja, ja, du hast schon richtig gehört“, grinste der Mönch und faltete seine Hände vor dem mehr als runden Bauch.

„Und wo hast du es?“, gierte Jacques, der, zusammen mit Hans-Peter, nebenamtlich sozusagen, als Dieb und Hehler von Reliquien aller Art tätig war.

„Na hier“, zog der Prior ein altes Schriftstück aus seinem Aktenkoffer, ganz neu und superchic. Auf so etwas legte der nicht so Enthaltsame grossen Wert.

„Zeig mal“, krallte sich der Pfarrer das Papier, auf dem ein Plan abgebildet war. Von einem Haus, um genau zu sein.

„Im Bad? Hinter einer grossen Kachel? Die genau über dem WC an der Rückwand angebracht ist.“

„Ja, fragt sich nur, in welchem Bad. Pro Wohnung gibt es nämlich zwei.“

Jacques studierte den Plan genauer. „Ein zweites Bad, tatsächlich. Und dort hat es ebenfalls eine auf diesem Plan markierte Kachel. Auch über dem WC an der Rückwand. Doppelt. Tatsächlich!“

„Es haben halt nicht alle eine Zwergwohnung. Es gibt Leute, die verfügen über zwei Bäder.“

„Du hast auch nur ein kleines Bad in deiner Klosterzelle.“

„Ja, ja, darum. Ich könnte mir durchaus etwas mehr Komfort bei uns daheim vorstellen.“

„Noch mehr Komfort? Du bist der ungenügsamste Mönch, den ich kenne.“

„So viele Mönche kennst du gar nicht.“

„Stimmt auch wieder. Und in welcher Wohnung warten nun die beiden Bäder?“

„Keine Ahnung.“

„Wie viele Wohnungen hat denn das Haus?“

„Im Parterre ist ein Geschäft. Also noch erster bis vierter Stock. Je eine Wohnung pro Stockwerk.“

„Dann müssen wir maximal in vier Wohnungen einbrechen und acht Kacheln von der Wand klauben. Ich hoffe, die sind nicht fest in Mörtel gedrückt worden.“

„Das weiss ich nun wirklich nicht. Ich war noch nie in diesem Haus drin. Ich hab’s mir nur von aussen angeguckt. Bevor ich zu dir gekommen bin. Aber wir müssen ja nicht alle acht Kacheln wegnehmen. Wir können klopfen. Dann hören wir, ob sich dahinter ein Hohlraum verbirgt.“

„Und was ist, wenn das Versteck leer ist?“

„I wo! Das Dingelchen befindet sich ganz bestimmt noch dort“, winkte Hans-Peter ab.

„Wo befindet sich das Haus?“

„Steht hinten drauf.“

Der Pfarrer drehte das Dokument um und rief: „Im Kreis Eins.“

„Ja, direkt an der Limmat.“

„In der Nähe der Gemüsebrücke.“

„Ja. Ich hab ein Foto gemacht“, zog der Prior das Bild unter seiner aus Seide und Wolle bestehenden Soutane hervor.

„Das Haus kenn ich.“

„Das hab ich angenommen. Schliesslich wohnst du hier in Zürich. Und bist sicher schon öfters über eure Rathausbrücke spaziert.“

„Natürlich.“

Der flüchtige Stern

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