Читать книгу Das Lachen der Sonne - Dennis Klofta - Страница 9
(Kapitel 6 – Herzhöhlen )
ОглавлениеEs ist eine alte Weisheit, dass wir immer das, was wir am meisten fürchten, am meisten begehren – oder war es das, was wir am meisten begehren, am meisten fürchten?
»Na. Ich hab gehört, du hattest gestern besonders viel Spaß?« Leise hatte sie sich von hinten angeschlichen und fiel beiden lachend ins Gespräch.
»Was?! Das ist sogar schon bei dir angekommen?«
»'s ist ne kleine Welt, so'n Schiff.«
Ganz nah war sie an ihm vorbeigegangen, so nah, dass er ihren warmen Körper in seinem Nacken spüren konnte. Sie stellte ihr Tablett neben ihn auf den Tisch und küsste ihn sanft auf die Wange. Von der unerwarteten Nähe überrascht, wich er kurz zurück und hielt die Luft an. Sofort versuchte er seine Reaktion zu vertuschen – zu spät, von gegenüber sprang ihm bereits ein böses Lächeln entgegen.
Im Klaren darüber, dass die beiden erst einmal ihr stilles Gespräch zu enden führen mussten, schaute sie auf ihr Tablett und begann sorgfältig sich alles zurecht zu stellen.
Eigentlich hatte sie ihn mehr mit ihren Lippen gestreichelt, als ihn wirklich geküsst, so sanft und vorsichtig war sie vorgegangen. Gedanken versunken schaute er zu ihr herüber. Sie hatte geduscht und ihre Haare wieder zum Zopf gebunden. Wie vorhin schien sie völlig in ihrer Aufgabe, das Tablett zu ordnen, aufzugehen.
» … aber am besten war, als …«
»Und du hast jetzt auch Feierabend?« er fiel ihm einfach ins Wort. Immer noch verwirrt vom Kuss, der keiner war, versuchte er sich irgendwie zu artikulieren.
»Jap – das heißt, solange der Kapitän sich's nicht doch noch anders überlegt.« Sie lächelte. »Und ihr?«, fing sie, beide anschauend, mit vollen Mund an,
– Warum müssen Gefühle auch immer so Konfus und unkonkret sein? Nervös stocherte er in seinem Essen herum –
machte dann eine Pause, kaute, schluckte und vollendete ihren Satz: »Was steht bei euch beiden jetzt an?«
»Also ich geh jetzt erstmal penn'n«, kam es von der anderen Tischseite.
»Er hat letzte Nacht durchgemacht.«
»Naja durchgemacht ist gut,«, er lachte und stand dabei auf, »das waren auch nur ein paar Stunden mehr als du. Nachdem du ins Koma gefallen warst ...« und griente ihn auffordernd an.
›Es ist nur nicht so einfach. Die Welt ist halt nicht schwarz weiß, besonders nicht, wenn man dauerhaft zu viele Farben sieht‹, antwortete er schweigend auf die unausgesprochene Aufforderung.
»Na das klingt ja so, als hättet ihr gestern Nacht ne Menge Spaß gehabt.« Ihr ironischer Ton war unüberhörbar.
Unsicher schaute er sie an. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Plötzlich spürte er ihr Bein an seinem. Ganz sanft streichelte es sein Bein entlang, schlung sich wie eine Schlange um es herum. Sie lächelte ihn an. Aber dieses Mal war es ein anderes Lächeln. Es war nicht so weich, nicht so fröhlich und strahlend wie sonst, es lag etwas verspieltes, etwas verstecktes, nur für ihn bestimmtes darin – und dabei war es genau das gleiche Lächeln, das sich auch sonst über ihre Wange legte. Er erwiderte ihr Lächeln – immerhin war es ein Lächeln, das er kannte, das er verstand – und dann ließ er sich einfach fallen. All die Unsicherheit, all das Sollen oder Wollen, es war egal.
»So ihr beiden Turteltauben, ich hau mich nu ma hin. Viel Spaß euch beiden noch, was auch immer ihr macht.«
Sie hatten ihren Blick gelöst und sie hatte sein Bein wieder freigegeben.
»So und was machen wir jetzt?«
Sie war noch am Essen, während er schon fertig war und ihr beim Essen zu sah.
»Der Sonne beim Tanzen auf dem Meer zusehen?«
Sie lachten.
–
Sie war immer noch am Tanzen. Sanft fuhr sie mit ihren Fingern die Rillen der Container entlang und drehte sich, ab und zu lachend, zu ihm um. Er lief ein kleines Stück hinter ihr und hatte seine Hände tief in seinen Jackentaschen vergraben. Über ihren Köpfen hörten sie den kühlen Wind durch die Containerkanten pfeifen, doch unten bei ihnen spürten sie nichts mehr von seiner Kälte. Sie lief zu ihm zurück, schlung ihren Arm um seinen und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Beide hatten so gut wie nichts gesagt, seitdem sie vom Tisch aufgestanden waren.
»Ich liebe den leicht salzigen Geruch des Meers. Es ist als wenn man in einer anderen Welt ist.« Ausgerechnet er brach dieses mal die Stille.
Die dunklen Schatten der Containertürme überragten den kleinen Gang. Nur die hochstehende Sonne schaffte es gerade noch beiden genug Licht zu geben. In ein paar Stunden würde sie bereits zu tief stehen und den kleinen Gang vollkommen den Schatten der Türme überlassen.
Er war verwirrt – – warum war er so angespannt? – hatte er jetzt nicht genau das, was er wollte? Er wusste, dass jetzt alles möglich war, dass sie nur aus Rücksicht auf ihn so ruhig war. Woher kam diese Angst, sich einfach dem Moment auszuliefern, sich einfach seinem Verlangen hinzugeben? Er hörte sie ganz genau, die kleine Stimme, die ihm zu flüsterte: Los drück sie gegen den Container. Es war die gleiche, die ihn heute morgen noch überreden konnte loszulaufen – – doch jetzt tat er nichts. Nicht, weil er Angst hatte oder Scham, – wie schön wäre ein wenig Scham – sondern weil er es einfach nicht wollte. Er wollte nicht, was er wollte. Er wollte nicht einmal das Wollen wollen. Er sah sie an – er wollte einfach nur mit ihr zusammen zu sein – und schlung seinen Arm um ihre Hüfte. – und vor einer dunklen Wand stehen, die nie still steht, aber irgendwie doch unbewegt in der Sonne badet. Sie sah überrascht zu ihm auf und zögerte, fing dann aber an zu lächeln.
Sie liefen zum Rand des Decks, wo sie aus dem Schatten der Container in die helle Sonne traten. Die Sonne stand viel zu hoch, als dass sie auf dem Wasser hätte tanzen können. Alles was zu sehen war, war ein dunkelblauer Abgrund, der kein Ende nahm. Wild aufgepeitscht vom Wind schlugen die Wellen mit ihren schäumenden Mündern aneinander. Trotzdem kam ihm das Meer in seiner unglaublich Größe eher ruhig als stürmisch vor. Die Wellen verschlungen nicht den endlosen Horizont, wie sie es in der Nacht zuvor getan hatten, heute tanzten sie in ihm. Geblendet von der Sonne, die die aus dem Schatten kommenden überraschte, und erschlagen vom gewaltigen Bild des Meeres vor ihnen, hatten sich beide wieder losgelassen. Sie hatten eine neue Welt betreten, eine offene, sichtbare Welt, rau und kalt. Schweigend standen beide einfach nur Nebeneinander und starrten aufs Meer hinaus. Der Wind fegte ungebremst übers Deck. Er hatte seine Hände wieder in die Jackentaschen gesteckt und stand aufrecht, dem Wind trotzend, an der Reling. Fast hatte er vergessen, dass er gar nicht alleine war, dass sie neben ihm stand. Vorsichtig, in der Hoffnung unbemerkt zubleiben, sah er zu ihr herüber. Ihr Blick war ruhig und zufrieden. Nur der Wind hatte eine kleine Träne in ihr Auge gesetzt, von der sie sich aber nicht beirren ließ. Er war froh, dass sie da war, dass sie neben ihm stand – sein Blick fiel wieder aufs Meer – dass sie neben ihm und nicht bei ihm stand.
Breit hatte sich eine graue Wolkendecke übers Meer gelegt, trotzdem schien sie die Sonne nicht zu verdecken. ›Erstaunlich,‹, dachte er, ›wie stark doch die Farben des Himmels das Meer beeinflussen.‹ – Er sah zur Sonne hoch. – ›Ohne ihr süßes Lächeln verliert es an Wärme. Jetzt ist es nur ein dunkler Abgrund – – – aber schön, ein unglaublich schöner Abgrund.‹
»Was siehst du?« Ohne sich selbst vom Meer abzuwenden, brach sie das Schweigen. Er schaute sie an.
»Stillstand – in ständiger Bewegung.«, antwortete er und wartete auf eine Reaktion. Doch sie schaute weiter still aufs Meer. »Weißt du, du siehst das Meer und die Wolken nie stillstehen und trotzdem wirkt es so, als würde es sich nie verändern.« Er hatte seinen Blick nicht von ihr abgewandt, versuchte etwas in ihren Augen zu erkennen, aber er fand nichts. Also fuhr er fort: »Völlig egal, ob das Meer ganz ruhig oder stürmisch ist, irgendetwas daran scheint immer gleich zu bleiben – still zu sein, einfach und gleichgültig.«
Kurz bevor er seinen Satz beenden konnte, hatte sie sich zu ihm umgedreht und war ihm lachend ins Wort gefallen.
»Du bist wohl der merkwürdigste Matrose, den ich je kennengelernt habe.«
»Das könnte daran liegen, dass ich gar kein Matrose bin.« Er lachte.
Er wusste genau, dass sie versucht hatte ihn daran zu hindern die Gleichgültigkeit auszusprechen. Sie hatte es nicht geschafft. ›Unmöglich, dass sie nicht auch die Unruhe und Bedrohlichkeit spürt‹, flog es ihm durch den Kopf. Er drehte sich zu ihr, wandte sich völlig vom Meer ab.
»H-eä-« Er wollte etwas sagen, doch es kamen keine Worte. Er zögerte, blickte nervös zu Boden, versuchte dort die Worte zu finden. »H-e-« – doch er fand keine. Enttäuscht atmete er aus und schaute aufs Meer, ohne sie aus seinem Augenwinkel zu verlieren. Sie hatte ihn schweigend beobachtet und gewartet. Dann fing sie an breit und strahlend zu lächeln, schloss ihre Augen und ließ sich, im Wissen, dass er sie fangen würde, nach vorne fallen. Sanft legte sie ihre Stirn an seine. Sie sagte kein Wort. Leicht erschrocken hielt er ihre Hüfte, spürte ihren warmen Atem an seinem Mund. Dann öffnete sie wieder ihre Augen – –
Eine dunkle Sonne brennt am Himmel. Graue Türme ragen zu ihr empor, versperren mir die Sicht. Ein sanfter salziger Duft erfüllt die Luft, kriecht mir in die Nase. Kein Licht dringt durch die grauen Türme. Keine Fenster starren aus ihnen heraus. Nur die dunkle Sonne brennt über mir. Ich hebe meinen Kopf und schaue zur Sonne empor – sie blendet mich nicht. Der Himmel ist ein dunkles Tuch, das mich in Dunkelheit hüllt. Alles ist grau, doch nicht bedrohlich. Es wirkt mehr wie eine vergessene Erinnerung, die aus einem Nebel hervortritt. Doch es gibt keinen Nebel. Ich stehe auf einen blau-asphaltierten Boden. Er ist ganz weich, als würde ich auf Knete stehen. Wie kann er bloß dieses Gewicht tragen?
Um mich herum stehen nur die grauen Türme. Ich kann ihr Ende nicht sehen. Sie scheinen ins Endlose zu fallen, so hoch sind sie. Nur ihre Spitzen, die noch ihr Boden sein könnten, fallen, sich leicht krümmend, auf mich zu, als würden sie von einer unsichtbaren Kraft wieder zum Boden gezogen werden. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach vorn. Bleibe wieder stehen. Ich suche meinen Fußabdruck – dort ist keiner, nur ein blau-glänzender Asphaltboden. Langsam gehe ich weiter. Den Blick nach vorn gerichtet. Es ist eine schmale Gasse, die ich entlanglaufe, neben mir nur graue Türme. A m Ende der Gasse steht ein Schatten. Er wartet auf mich. Ich gehe auf ihn zu, doch ich kann ihn nicht erreichen. Er verschwindet auch nicht, löst sich nicht auf, wie eine Phantasie aus Nebel. Er flieht vor mir – ganz ruhig, nicht panisch, als wenn er wüsste, egal wie schnell ich laufe, egal wie sehr ich versuche ihn einzuholen, er wird immer vor mir liegen .
Plötzlich fällt mir auf, wie still es ist. Kein Wind, keine Vögel, keine Menschen. Ohne stehen zu bleiben, schaue ich wieder zum Himmel. Doch dort liegt nur das Tuch mit der dunkel-rot brennenden Sonne. Keine Wolken, die vom Wind getragen werden könnten, keine Sterne, die eine unwirkliche Nacht beleuchten, nur dieses farblose Tuch mit ihrer rot pulsierenden Kugel. Mein Atem wird hektischer. Jetzt wirkt er bedrohlich, – wer? – nicht real, – wer? – wie eine Bühne. Trotzdem gehe ich, den Schatten folgend, weiter, zwischen unendlichen grauen Türmen, unter einer brennenden Sonne. Immer wieder fährt mein Blick die grauen Türme entlang, ohne dass meine Beine stehen bleiben. Wie können es so viele Türme sein, wenn es doch immer nur eine Gasse ist, wenn es keine Seitenwege, keine Brüche in den Gebäuden gibt? Als ich wieder zur Gasse schaue, verschwindet der Schatten, direkt vor meinen Augen. Langsam teilt er sich, spaltet sich in zwei Teile und läuft zu beiden Seiten davon. Zwischen ihm bildet sich eine kleine Öffnung. Eine weiße Tür.
Ich bleibe stehen, aus Vorsicht vor der plötzlichen Veränderung. Starr schaue ich nach vorne, beide Augen fest auf die Tür gerichtet, verschwunden sind die grauen Türme, die mich eingezäunt haben und mit einem Mal fällt mir die Dunkelheit der Gasse auf, in der ich stehe. Ruhig und stetig gehe ich weiter auf die Tür zu. Umso näher ich ihr komme, umso mehr verschwindet sie, einem großen weißen Licht weichend. Sie wächst, die grauen Wände verschlingend. Dann stehe ich
auf weichen sandigen Gestein. Ein weiter offener Felsgrund liegt vor meinen Füßen. Über mir scheint ein blauer Mond. Er wirkt dunkel, unglaublich nah und gewaltig. Ich drehe mich um. Hinter mir liegen die unendlichen Türme und die rot-brennende Sonne über ihnen. Ich drehe mich wieder zurück und gehe langsam auf den felsigen Abgrund zu. An seinem Boden liegt ein dunkel-leuchtendes Meer. Ohne jeden Ton prallt es heftig gegen die Felswand. Kein Rauschen. Plötzlich reiße ich meine Arme hoch und starre meine Hände an , mit panisch aufgerissen Augen – bin ich überhaupt da? Leicht leuchten sie im kalten Licht des blauen Monds mir entgegen, zwischen ihnen sehe ich meinen Schatten. Keine Sterne? Ich sehe ein leichtes Funkeln zwischen meinen Armen. Es kommt mir entgegen. Sanft tanzt es in der Luft, gleitet von einer Seite zur Nächsten, ganz langsam zu mir herunterfallend. Eine goldene Feder. Ich nehme meine Arme wieder herunter und forme mit meinen Händen eine kleine Schale. Sanft senkt sie sich, als wäre sie nur deswegen gefallen, glänzend in die Schale hinein. Ich senke meinen Kopf und starre sie von oben herab an. Doch dann, nachdem sie sich gerade gesetzt hat, verschwindet plötzlich ihre goldene Farbe. Wie eine Hülle wirft sie sie von sich, lässt nur eine matte Feder aus schwarzen Stahl zurück. Heftig hebt sich meine Brust. Panik ergreift mich. Ich sinke. Der sandige Fels ist verschwunden. Unter mir ist der blaue Knetboden der Türme. Er verschlingt mich. Er frisst mich. Ich schreie – aber es kommt kein Ton. Eine knetige Masse dringt in meinen Mund, füllt mir die Lungen, stopft meine Nase. Ich kann nicht atmen. Warte aufs Ersticken – –
aber es kommt nicht. Alles versinkt in Dunkelheit. Schwarz. Ich weiß nicht, ob ich noch weiter falle oder still stehe – ob es überhaupt noch ein Fallen gibt oder nur noch Leere. Dann plötzlich » ping « – ein Ton. Ein leises Tropfen. » ping « Da wieder. Ein helles vom warmen Hall erfülltes Tropfen. » ping « Ich schaue mich um: Nichts. Immer noch absolut nichts – ich kann nichts sehen. Absolute Finsternis . Ich versuche mich zu bewegen – » ping « – taste mich ganz langsam auf allen Vieren, immer eine Hand zum Schutz vorausgestreckt, vorwärts. » ping « Dann, endlich, ein ganz schwaches Licht, ich sehe etwas – eine nasse Höhle, kleine Wassertropfen fallen von ihrer Decke. » ping « Vorsichtig stehe ich leicht gekrümmt auf und gehe auf das kleine Licht zu. Umso näher ich dem Licht komme, umso heller wird die Höhle. Es frisst sie nicht, nährt sich nur von ihrer Dunkelheit. Das Tropfen wird leiser, weicht mit jeden Schritt, den ich auf das Licht zu gehe einem anderen, einem verwandten Geräusch. Dann
stehe ich am Ende der Höhle. Vor mir liegt das offene Meer, das sanft rauschend meine nackten Füße streichelt. Über mir steht wieder der dunkelblau leuchtende Mond, der auch das Meer in seine Farbe taucht. Ich schließe meine Augen und atme tief in meine sich hebende Brust. Meine Lungen füllen sich mit salziger Luft, mein Kopf fällt in den Nacken und für einen kurzen Moment genieße ich das stille Rauschen des vor mir liegenden blau-leuchtenden Meeres. Dann, während die Luft ganz langsam meine Kehle hinausströmt, lasse ich meinen Kopf wieder nach vorn fallen und öffne meine Augen. Das Meer zieht sich zurück. Ich sehe zum Mond – ist er gewachsen? Plötzlich ändert sich seine Farbe. Mit einen Mal strömt ein dunkles Rot über ihn, verdrängt das Blau, bedeckt ihn. Er wird zur brennenden Sonne, die sich wild schreiend auf mich stürzt. Sie fällt vom Himmel. Plötzlich kommt das Meer zurück, stürzt dunkel-rot brennend als eine gewaltige Welle vereint, auf mich ein. Das ganze Meer ist eine Welle. Die ganze Welt stürzt auf mich ein. Ich sch- –
»Heach« – heftig hob sich seine Brust auf und ab. Schweiß lief seine Wangen und seinen Rücken herab. Mit weit aufgerissenen Augen saß er, sich auf seine gestreckten Arme stützend, im Bett. Langsam beruhigte sich sein Atem wieder. Er schloss seine Augen und zog seine Augenbrauen nach unten, – wie es Menschen tun, die das Bedürfnis, aber nicht die Kraft haben, zu weinen – fuhr sich massierend mit beiden Händen übers Gesicht, atmete tief ein, wobei sich sein Gesicht zusammen zog, hielt die Luft ein, zwei Sekunden und ließ die ganze Spannung wieder fallen. Langsam kam er wieder zurück.
»Mh« – nach Orientierung suchend schaut er um sich. Das war nicht sein Zimmer. Verwirrt schaute er zur anderen Seite – – da lag sie, die Beine leicht angewinkelt, ihm den Rücken zugewandt auf der Seite. Beim Hochschrecken hatte er die Decke von ihr geworfen und ihren nackten Körper entblößt. Für einen kurzen Moment hing sein Blick an ihrem kleinen runden Hintern – ›weißer Mond.‹ Vorsichtig, ohne sie zu wecken, setzte er sich an die Bettkante. Seine Füßen tappten auf den kalten Holzboden. Müde sank sein Kopf hinab, sein Blick fiel zu Boden – – sich mit Zehnspitzen abdrückend stand er aus den Knien auf, stellte sich aufrecht hin, schloss seine Augen, warf seinen Kopf in den Nacken, ließ ihn wieder fallen und ging ins Badezimmer.