Читать книгу Geschäftsprozessmanagement bei der Feuerwehr - Dennis Richmann - Страница 6
[9]1 Einleitung 1.1 Warum Geschäftsprozessmanagement?
Оглавление»Für den Brandschutz und die Hilfeleistung unterhalten die Gemeinden den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfähige Feuerwehren […]«
Diese in § 3 Abs. 1 des Feuerwehrgesetzes für Nordrhein-Westfahlen getroffene Festlegung beschreibt nur eine von 16 unterschiedlichen – aber dennoch vergleichbaren – Formulierungen, die besagt, dass die Aufgabenträgerschaft eine kommunale Feuerwehr als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe unterhalten muss. Wie eine »leistungsfähige Feuerwehr« zu definieren ist, kann weder den Feuerwehrgesetzen noch anderen gesetzlichen Vorgaben entnommen werden. Vor diesem Hintergrund werden Feuerwehrbedarfsplanungen durchgeführt, die neben feuerwehrtechnischen Aspekten auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigen. Anhand objektiver Kriterien gilt es also das richtige Maß der vorzuhaltenden Feuerwehr zu finden, bei dem notwendige Größen wie beispielsweise Personal, Fahrzeugtechnik und Standorte berücksichtigt werden. Die wohl bekannteste und zugleich genau beschriebene Kombination unterschiedlicher Kenngrößen als Planungs- und Qualitätsmerkmal für Einsätze von Feuerwehren, ist die Hilfsfrist bzw. das Schutzziel, also die Aussage über das Sicherheitsniveau, welches als Minimum erreicht werden soll. Konkret handelt es sich darum, in welcher Zeit (Hilfsfrist), mit wie viel Mannschaft und Gerät (Funktionsstärke), in wie viel Prozent der Fälle (Zielerreichungsgrad) die Feuerwehr am Schadensort eintreffen soll. Die Hilfsfrist selbst lässt sich in die drei wesentlichen Zeitabschnitte der »Gesprächs- und Dispositionszeit in der Leitstelle«, der »Ausrückezeit der Einsatzkräfte« sowie die »Anfahrt bis zum Einsatzort« beschreiben. Mit Blick auf die effektive Ausgestaltung der Gesprächsannahme durch die Disponierenden in der Leitstelle (zielgerichtete Befragung des Notrufenden) und der effizienten Entsendung von Einsatzmitteln an die Einsatzstelle (die Richtigen Einsatzmittel für die Abarbeitung des Einsatzes) befindet sich die Feuerwehr bereits mitten im Prozess- bzw. Geschäftsprozessmanagement eines existenziell wichtigen Prozesses, einem so genannten »Kernprozess«. Doch zunächst gilt es zu klären, was ist Geschäftsprozessmanagement?
Eine häufig gewählte Definition ist die Bezeichnung von Geschäftsprozessmanagement als »[…] (ganzheitliches,) integriertes System aus Führung, Organisation und Controlling zur zielgerichteten Steuerung und Optimierung von Geschäftsprozessen« (Schmelzer & Sesselmann, 2016, S. 6). Unter dieser recht allgemein [10]gehaltenen Darstellung fällt es schwer, den direkten Feuerwehrbezug herzustellen. Mit der Frage, ob vergleichbare Strukturen bei der Feuerwehr bereits existieren oder bekannt sind, hilft der Blick in die »Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 – Führung und Leitung im Einsatz« (FwDV 100). Geschäftsprozessmanagement entspricht in großen Teilen dem klassischen Führungssystem der FwDV 100, also dem Wissen um Führungsorganisation (Aufbau), Führungsvorgang (Ablauf) und den Führungsmitteln (Ausstattung), ergänzt um weiterführende Informationen zur klaren Abgrenzung von Zuständigkeiten, Verantwortungen und der Ermittlung von Werten, die zur Beurteilung des Ergebnisses herangezogen werden können (Kennzahlen). Während bei der FwDV 100 der angestrebte Einsatzerfolg mit der dafür benötigten Funktionsstärke zugrunde gelegt ist, kann dem Geschäftsprozessmanagement die effiziente und effektive Nutzung vorhandener Ressourcen in den rückwärtigen Aufgabenfeldern zugesprochen werden, wobei bereits zwei wesentliche und gleichermaßen problematische Bestandteile Erwähnung finden. Geschäftsprozessmanagement leistet einen Beitrag zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung der Feuerwehr, das heißt die »die richtigen Dinge tun« und die »Dinge richtig tun«. Eine Feuerwehr ist erst dann effizient, wenn sie mit möglichst geringem Mitteleinsatz ihren gesetzlichen oder verwaltungstechnischen Aufgaben gerecht werden kann. Nicht oder nur mangelhaft beherrschte Prozesse führen unweigerlich zu Beanstandungen, Fehlern oder zu hohen Kosten und damit zu Geld, welches für andere Aufgaben zielgerichteter verwendet werden kann.
Der ganzheitliche Ansatz des Geschäftsprozessmanagements ermöglicht nicht nur die Betrachtung der für die Feuerwehr offensichtlichen, zum Teil gesetzlich vorgeschriebenen und verwaltungstechnisch notwendigen »Kernprozesse«, sondern ebenso die der relevanten »Führungsprozesse« und »Unterstützungsprozesse«, mit einem zentralen Ansatz, diese zu steuern und zu überwachen. Unterstützungsprozesse tragen grundsätzlich nicht zur Bewältigung der Kernprozesse bei, sind aber dennoch für die Abwicklung zwingend notwendig. Die Annahmen eines Notrufes und die anschließende Disposition stellen einen Kernprozess dar, wohingegen die Erstellung von Zugangsdaten (Benutzername und Passwort) zum Einsatzleitsystem für die Disponierenden notwendig ist, aber grundsätzlich nur einen Unterstützungsprozess darstellt. Wird die Frage nach Personalveränderungen oder strategischen Ausrichtungen gestellt, so handelt es sich grundsätzlich um Führungsprozesse, also Aufgaben, die von der obersten Leitungs- und Führungsebene wahrgenommen werden.
Die Kunst des Geschäftsprozessmanagements ist es also, eine ganzheitliche Betrachtung aller für den Betrieb der Feuerwehr notwendigen Geschäftsprozesse zu erhalten, den Überblick zu wahren und interne Abläufe, Vorgehensweisen und [11]Schnittstellen zu identifizieren, zu hinterfragen und gegebenenfalls zu verbessern, sodass vorhandene Ressourcen möglichst effektiv und effizient genutzt werden können. Gemäß der »leistungsfähigen Feuerwehr« gilt es also eine ebenso »leistungsfähige Verwaltung« zu etablieren, die im Hintergrund so agiert, dass die Feuerwehr nicht mit der Selbstverwaltung beschäftigt ist, sondern den eigentlichen Fokus auf das Kerngeschäft legen kann und gleichzeitig den zukünftigen Herausforderungen aufgrund geänderter gesellschaftlicher, technologischer oder demographischer Veränderungen zielgerichtet begegnen kann.
Merke: Es ist stets notwendig der Effektivität eine ebenso hohe Aufmerksamkeit zukommen zu lassen wie der Effizienz. Auch bei dem Geschäftsprozessmanagement gilt es »vor die Lage kommen« und nicht »hinterher zu laufen«. |