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c) Privatisierungstendenzen im Strafverfahren und Schaffung eines Unternehmensstrafrechts
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Zum Teil ist der „Boom“ unternehmensinterner Ermittlungen auch mit den aktuellen Privatisierungstendenzen im Strafverfahren zu erklären. Private Ermittlungen etablieren sich zunehmend auch im Ermittlungsverfahren nach dem deutschen Strafprozessrecht, etwa in Gestalt der Beiziehung privater Sachverständiger nach §§ 161a Abs. 1 S. 2 i.V.m. 73 Abs. 1 S. 1 StPO oder schlicht als eigene Ermittlungen des Beschuldigten, die dieser vornimmt, um zu seiner Entlastung beizutragen.[47] Allerdings lässt sich zugleich die Tendenz beobachten, dass zunehmend auch die Staatsanwaltschaften ihre eigene Ermittlungsaufgabe „privatisieren“.[48]
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Speziell im Bezug auf die hier in Rede stehenden Sachverhalte werden Unternehmen aufgefordert, eigene Nachforschungen zu betreiben und zu ermitteln, ob Mitarbeitern strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Staatsanwaltschaften wird hierbei zum Teil sogar vorgeworfen, sich ihre Ermittlungsaufgabe so zu erleichtern, und ihrem Ansinnen mit dem Hinweis auf einen drohenden öffentlichen Reputationsverlust für das betreffende Unternehmen Nachdruck zu verleihen.[49] Diese Tendenz könnte man als Teil eines Entformalisierungsprozesses begreifen, der zur Verwirklichung eines „funktionalisierten Strafrechts“ beitragen mag[50] und die umstandslose und zügige Beilegung von Konflikten fördert, die im Wirtschaftsstrafrecht anderenfalls nur schwer möglich wäre.
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Insgesamt betrachtet bleiben die Möglichkeiten gerade im strafprozessualen Ermittlungsverfahren wegen der durch das deutsche Strafprozessrecht eng gesteckten Grenzen (noch) gering. Der wesentliche oder alleinige Antrieb für die Durchführung von Internal Investigations kann somit jedenfalls nicht ausschließlich in der Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen gesehen werden.
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Daneben mag der Grund für Unternehmen, eine interne Untersuchung in Auftrag zu geben, in der Abwendung unmittelbar drohender Sanktionsrisiken liegen. Gerade wenn das Unternehmen zum Adressaten von Schadensersatzansprüchen, verwaltungsbehördlichen Maßnahmen, einer Verfallsanordnung (§ 73 Abs. 3 StGB) oder einer Geldbuße (§§ 30, 130 OWiG) werden könnte, ist das erzielte Untersuchungsergebnis auch entscheidende Grundlage für die Entwicklung einer Verteidigungsstrategie.[51] Wenn (sobald) für Deutschland ein schon lange in der Diskussion stehendes Unternehmensstrafrecht in Kraft tritt, wird die Bedeutung unternehmensinterner Ermittlungen weiter steigen.