Читать книгу Gesundheitsförderung für Lehrpersonen und Schulleitungen - Departement Bildung Kultur und Sport Aargau - Страница 7
1.1 Personalentwicklung: für sich und andere sorgen
ОглавлениеLehrpersonen und Schulleiterinnen und -leiter erfüllen komplexe berufliche Aufgaben und bewegen sich in einem nicht zu unterschätzenden Spannungsfeld zwischen Fördern und Fordern, Führen und Begleiten, Engagement und Distanzierungsfähigkeit. Wer erfolgreich lehrt und leitet, hat ein größeres Potenzial, um Zufriedenheit zu erleben und für einzelne Facetten des eigenen Berufs zu brennen. Die Stärkung des eigenen Selbst und die Unterstützung von anderen Personen bilden gesundheitsfördernde Voraussetzungen und dienen der Pflege von Gesundheitsressourcen maßgeblich. Deshalb stellen wir im Bereich der Personalentwicklung das Motto »Für sich und andere sorgen« ins Zentrum:
Abb. 3: Personalentwicklung in gesunden Schulen
Schule ist eine Bildungsstätte, die wesentliche gesellschaftliche Aufgaben erfüllt – sie sorgt für die Bildung und Erziehung der heranwachsenden Generation. Damit diese Aufgabe gut und sinnstiftend erfüllt werden kann, braucht es engagierte Lehrpersonen und Schulleiterinnen und -leiter, die in einer gesunden und entwicklungsorientierten Arbeitsumgebung optimale Lerngelegenheiten für die Schülerinnen und Schüler schaffen. »Gesund« bedeutet in diesem Kontext, dass es den Lehrpersonen gelingen kann, die Balance zwischen Anforderungen und Ressourcen dynamisch zu gestalten und lernen mit den zahlreichen Belastungen des Lehrberufs umzugehen. »Gesundheit (…) ist die Basis für unsere Belastbarkeit und wird dauernd von mehr oder weniger starken bzw. unausgewogenen Anforderungen strapaziert. Sie ist kein erreichbarer Idealzustand, sondern ein Balanceprozess, der durch Gesundheitshandeln laufend korrigiert werden muss! Lehrkräfte haben (…) die Verantwortung, nie mehr Aufgaben anzunehmen, als sie aufgrund ihrer aktuellen Ressourcenlage bedienen können. Umgekehrt sollten sie aber auch nicht wesentlich weniger Ziele verfolgen, als sie erreichen können, um ihre Belastbarkeit und faktische Selbstwirksamkeit zu erfahren. Sie sollten außerdem ihre Ressourcen pflegen, so wie jeder Berufstätige seine materiellen und menschlichen Ressourcen pflegen muss, um gute Arbeit zu leisten« (Sieland, 2008, S. 412). Zu einer solchen Ressourcenpflege gehören im schulischen Kontext erstens die einzelne Person (Selbst/Ich), ihr Gegenüber und somit eine andere Person (Du) sowie das Kollegium (Wir). Personale Ressourcenpflege meint unserer Ansicht nach explizit nicht nur individuelle Selbstfürsorge, sondern integriert auch die Fürsorge für andere Personen.
Zur individuellen Selbstfürsorge zählen wir etablierte Präventions- und Interventionsmaßnahmen, wie eine achtsame Selbstwahrnehmung, die Fähigkeit, sich ausreichend Gutes zu tun (genügend Schlaf, viel Bewegung, bunte Ernährung, reichlich Zeit für Tätigkeiten, die man gerne tut) und zahlreiche Gelegenheiten, um das eigene Sein und Tun sinnhaft zu erleben (Kaluza, 2011; Krause & Mayer, 2012; Kéré Wellensiek, 2012a). Hierzu gilt es kritisch anzumerken, dass sich eine gesunde Selbstfürsorge von gesellschaftlich stark eingeforderten Selbstverbesserungsbemühungen und einer übertriebenen Selbstoptimierung (Borkenhagen & Brähler, 2012) abzugrenzen hat. Wir gehen davon aus, dass diese Gratwanderung als Resonanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit erfahren werden kann.
Die Fürsorge für andere Personen basiert auf der Bereitschaft, sich in andere (Du) einfühlen zu können, um deren Motive und Sinnstrukturen zu verstehen. Im Dialog mit anderen wird es möglich, die eigenen Auffassungen und Sinnstrukturen zu artikulieren, sie dadurch bewusster zu machen und im Spiegel der anderen zu prüfen, zu bestätigen oder zu modifizieren.
Auf der Basis einer selbstverantwortlichen Selbstfürsorge und einer entwicklungsorientierten Fürsorge für andere Personen können die gemeinsamen Aufgaben und Tätigkeiten aktiv gestaltet werden (Wir). Indem Unterrichts- und Schulentwicklung gemeinsam verantwortet und gestaltet werden, zeigt sich auch, wie wertvoll es ist, Unterstützung anzubieten wie auch zu erhalten (Buber, 2006; für den Arbeitskontext Brägger & Posse, 2007; für die Austauschprozesse über das Lernen Ruf & Badr, 2002).