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Wirkung des flüssigen Aethers
ОглавлениеDie Wirkung des flüssigen Aethers auf unseren Organismus ist von der des Alkohols wenig verschieden, und besteht vornehmlich in einer flüchtigen Erregung, d. h. in einer Steigerung der Thätigkeiten der Organe, welche eine schnelle Rückkehr zum Gleichmaß gesunder Wechselwirkung gestattet. Die Reizung des Gefäßsystems ist geringer, als bei anderen flüchtigen Stoffen, dagegen werden die Centralorgane des Nervensystems entschiedener und auf eigenthümliche Weise in Anspruch genommen.
Die örtliche Wirkung des Aethers äußert sich auf der Haut dadurch, daß er dieselbe durch seine schnelle Verflüchtigung in bedeutendem Grade erkalten macht. Die Gefäße ziehen sich zusammen, die Haut wird blaß, blutleer. Je dünner nun aber die Oberhaut ist, um so leichter gelangt die Aetherflüßigkeit zu den Nervenausbreitungen unter derselben, und die Empfindung der Kälte weicht einem Gefühle von Hitze, Brennen, Schmerz. Die Gefäße erweitern sich, die Haut wird roth, blutreich. Auf den Schleimhäuten tritt die letztere Reihe von Erscheinungen fast momentan ein, da ihr sehr dünnes, feuchtes Oberhäutchen für Flüssigkeiten durchgängiger ist. Es entsteht, wenn wir eine geringe Menge Aether zu uns nehmen, zunächst eine heftige Reizung der Geruchs- und Geschmacksnerven, so wie der Schleimhaut des Schlundes, später ein Gefühl vermehrter Wärme im Magen, welches sich über den ganzen Unterleib verbreitet. Vom Magen aus gelangt der Aether mit großer Schnelligkeit in die Blutmaße und mit dieser zum Gehirn und Rückenmark, von denen aus er seine Wirkungen gegen die verschiedensten peripherischen Nervenprovinzen entfaltet. Wie er auf die Nervenmassen und Fasern des Gehirns und Rückenmarks einwirkt, welche Art von Stoffumsetzungen oder Stoffänderungen er in ihnen zu Stande bringt, wissen wir nicht. Ich gestehe, daß ich mich bei der von neueren Chemikern aufgestellten Theorie von der Zersetzung des Aethers und von der Verbrennung seiner Elemente im Blute, wie palpabel sie auch scheinen mag, nicht beruhigen kann, vielmehr scheinen die Wirkungen des Aethers vorzugsweise davon abzuhängen, daß ein Theil der aufgenommenen Masse unverändert zum Gehirn und Rückenmark geführt wird, und in diesen gewiße materielle Veränderungen hervorruft. Wie dem auch sein mag, mit der Aufnahme des Aethers in das Blut wird der Cyclus seiner allgemeinen Wirkungen eröffnet. Die Förderung der wurmförmigen Bewegung des Darmkanals, die vermehrte Absonderung der Magensaftdrüsen, die leichtere, vielleicht auch vermehrte Ausscheidung der Galle bilden gewissermaßen eine Zwischen- und Uebergangsstufe von den lokalen zu den allgemeinen Wirkungsphänomenen. Aber nicht allein die Absonderung der im Darmkanal befindlichen oder ihm anhängenden Drüsen, auch die der übrigen secernirenden Apparate wird gehoben, z. B. der Nieren, der Schweißdrüsen in der Haut, der Schleimbälge auf fast allen Schleimhäuten. Das höher gestimmte Gehirnleben, insoweit es die Quelle unseres Seelenlebens ist, spiegelt sich in den mannigfaltigsten Nüancen in Gedanke und Wort, Wille und Bewegung, Phantasie und Erfindung. – Wir merken noch an, daß der Aether (es ist hier immer von flüssigem Aether die Rede) nicht so leicht berauschen soll, als Alkohol. In größeren Dosen kann er leicht Erbrechen erregen, sehr große haben den Tod zur Folge. Würgen, Erbrechen, Schwindel, Lähmung der Sinnesnerven, der Muskeln, der Lungen, des Herzens bezeichnen die eingetretene Vergiftung.
Reiner Aether kommt in der Medizin wenig in Gebrauch. Außer in Verbindung mit zahlreichen anderen Mitteln wird er hauptsächlich als schmerzstillender Hoffmannsgeist, Hoffmannstropfen, Spiritus sulphurico-aethereus bei hypochondrischen, hysterischen Nervenleiden u. s. w. angewendet, um die an einzelnen Stellen krankhaft vermehrte oder veränderte Nerventhätigkeit herabzustimmen und umzuändern. Dieser Zweck mag dadurch erreicht werden, daß durch Erregung des Nervensystems im Großen und Ganzen eine Art von Ableitung für den leidenden Theil eintritt, aus dem schnellen, fast augenblicklichen Zustandekommen der Wirkung scheint jedoch hervorzugehen, daß die örtliche Action auf die Magen- und Darmnerven die Hauptsache sei.