Читать книгу Der Aether gegen den Schmerz - Dieffenbach Johann Friedrich - Страница 5
Prioritäts-Ansprüche
auf die Entdeckung der Wirkung der Aetherdünste
ОглавлениеEs war wohl zu erwarten, daß bei einem so wichtigen, so großes Aufsehen erregenden Mittel von mehreren Seiten her Ansprüche auf die Priorität gemacht werden würden, eine Erscheinung, welche wir niemals bei unbedeutenden, sondern immer bei wichtigen Entdeckungen sich ereignen sehen. Die Macht der Wahrheit aber ist so groß, daß dem wirklichen Entdecker wohl nur selten sein Eigenthum entrissen wird. So wird auch Jackson Niemand die Ehre rauben.
Granier de Cassagnac behauptet, schon vor siebzehn Jahren der Entdecker des großen neuen Mittels gewesen zu sein, und über 200 Versuche damit an sich selbst angestellt zu haben. Der Zufall führte ihn beim Einathmen der Dünste aus einer großen Aetherflasche darauf, und nach dem Eintritt der ersten, gewöhnlichen Erscheinungen an sich, wiederholte er seine immer längeren Experimente, bis er in den uns bekannten seeligen Zustand gerieth. Dann experimentirte er an seinem Bruder, bei dem die nämliche Erscheinung eintrat, und endlich kam er auf den Gedanken, eine Migraine, durch welche er seit Jahren geplagt war, öfter dadurch zu beschwichtigen.
Man weiß nicht recht, ob man Cassagnac, welcher wirklich schon vor 17 Jahren dies Alles in dem politischen und litterarischen Journal von Toulouse bekannt machte, bedauern soll, daß ihm dies schöne Anrecht, der Entdecker des Aethergeheimnißes zu sein, durch Jackson entrissen worden ist, oder ob man ihm Vorwürfe machen soll, daß er dieselbe nicht allgemeiner, als bei seiner eigenen Migraine benutzt, nicht mit seinem Mittel vorgeschritten, und das Anrecht auf seine Entdeckung früher geltend gemacht habe. Cassagnac scheint auf halbem Wege stehen geblieben zu sein. Er kam wohl nur etwas weiter als wir Alle, wenn wir bei heftigen Zahnschmerzen an eine Flasche mit Köllnischem Wasser oder an ein Fläschchen mit Vitriolnaphta oder Campher oder an irgend eine andere geistige Substanz riechen, um uns zu betäuben. Das Punctum saliens, die Aufhebung der Empfindung überhaupt, besonders des Wundschmerzes, blieb ihm, wie auch Anderen, aber gänzlich verborgen. Hätte er diese auch gekannt und für sich behalten, so wäre er für die vielen Schmerzen, welche das arme Menschengeschlecht seit 17 Jahren durch chirurgische Operationen hat erdulden müssen, verantwortlich.
Eben so ist Ducros zu bedauern, daß ihm das Recht der Entdeckung nicht zuerkannt werden kann, welches er für sich begehrt und dieserhalb das Institut von Frankreich in Anspruch nimmt. Er beruft sich dabei auf eine i. J. 1842 von ihm herausgegebene Abhandlung: »Effets physiologiques de l'éther sulphurique etc.«, in welcher er uns mittheilt, daß die äußerliche Anwendung des Aethers bei den zum Hühnergeschlecht gehörigen Vögeln, einen schlafähnlichen Betäubungs-Zustand herbeiführe. Aus dieser Beobachtung folgert er, daß dies Mittel auch bei Menschen in gewißen Krankheiten nützlich sei. Dies scheint aber nicht viel mehr zu sein, als was man schon vor ihm über die Wirkung des Aethers wußte.
Endlich will Wells sogar im Jahre 1844 Jackson die Anwendung der Aetherdämpfe gelehrt haben. Warum, fragen wir, hat er denn diese wichtige Sache nicht bekannt gemacht und ins Leben eingeführt?
Was indessen die örtliche Anwendung der Aetherdämpfe bei nervöser Taubheit betrifft, so sind dieselben von Itard und Wolf wirklich früher angewendet worden.