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Der Grundstein für Erfolg

«Unsere größte Schwäche liegt im Aufgeben.

Der sicherste Weg zum Erfolg ist immer,

es noch einmal zu versuchen.»

(Thomas Edison - Erfinder; 1847-1931)

Alle erfolgreichen Personen haben eines gemeinsam, was in drei einfachen Buchstaben zusammengefasst werden kann: „T U N“. Sie alle mussten für den Erfolg etwas tun. Unternehmen anstatt unterlassen könnte man auch dazu sagen. Man kann nie ein Meer überqueren, indem man stets nur auf das Wasser schaut. Und nur durch Handeln verwandelt sich Wissen in Weisheit und kann Erfolg bringen.

Erfolg ist das, was (er)folgt auf das, was zuerst gedacht und sich durch Umsetzung manifestiert hat. Viele Erfinder haben vielfach keinen Erfolg mit ihren Ideen, weil sie zwar Inspiration (Idee) hatten, aber zu wenig Transpiration (Tun) zeigten. Jeder erfolgreiche Mensch kann bestätigen, dass die Inspiration (Idee) nur ca. 20 Prozent des Erfolges ausmacht, dafür aber 80 Prozent des Erfolges Transpiration – (Schweiss) harte Arbeit und Umsetzung bedeutet. Zusätzlich ist wichtig, dass man die richtigen Menschen an Bord bringt und nicht denkt, man könne alles alleine bestreiten. Den Erfolg zu teilen, ist eine weitere wichtige Eigenschaft erfolgreicher Menschen. Erfolg heisst, man muss nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch andere für eine Sache und ein Vorhaben begeistern können. Zudem TUN erfolgreiche Menschen immer das, was sie wirklich gerne machen. Es ist für sie keine Arbeit im eigentlichen Sinn, sondern eine «Berufung» und Spass. Erfolgreiche Menschen arbeiten mit Herzblut und Begeisterung und - sie stehen immer einmal mehr auf, als dass sie hinfallen. Erfolgreiche Menschen machen Fehler, machen sogar sehr viele Fehler und lernen daraus. Der Erfinder der ersten Glühbirne, Thomas Edison (1847-1931) meinte: «Ich habe nur 10'000 Fehler gefunden, wie es nicht funktioniert». Fehler machen ist ganz normal und gehört zum Erfolg dazu. Nur Menschen, die nichts TUN, können keine Fehler begehen. Erfolgreiche Menschen zeichnen sich durch Hartnäckigkeit aus und geben in der Regel nicht schnell auf. Sie sind aber deshalb nicht stur. Erfolgreiche Menschen erkennen, wenn sie ein totes Pferd reiten und können loslassen und sich auf neue Chancen konzentrieren. Erfolgreiche Menschen mögen andere Menschen, entsprechend den vier M der Führung: Man muss Menschen mögen.

Erfolg ist in unserer Kultur durchwegs positiv besetzt. Aber was ist Erfolg? Sind es die äusserlichen Attribute wie Geld, Macht, Ruhm und Gestaltungsfreiheit? Ich selbst denke, Erfolg bedeutet nicht nur materiellen Reichtum, sondern auch seelischen und geistigen Reichtum, dies wird man aber nur selten in einer Businessschool lernen. Eine positive Grundeinstellung ist jedoch Voraussetzung für Erfolg. Erfolgreiche Menschen beginnen meistens mit träumen, setzen sich Ziele, planen den Weg zum entsprechenden Ziel, arbeiten intensiv und mit Freude. Bei Erreichung ihres Zieles dürfen sie sich durchaus belohnen.

Ich selbst bin nun Mitte vierzig. Trotz Erfolg - aber auch vielen Misserfolgen - frage ich mich selbst manchmal zweifelnd nach dem Sinn des Ganzen. Man nennt es vielleicht auch Midlife-crisis – etwas das viele von uns irgendwann durchmachen und was uns auch verbindet. Es ist nicht so, dass wir keinen Sinn und Freude in unseren Tätigkeiten finden, dennoch quälen wir uns manchmal selbst, in dem wir uns mit ständigem Hinterfragen, Gefühlsschwankungen und Selbstkritik unglücklich machen. Man vergleicht sich selbst allzu oft mit anderen Menschen und anderen Lebenskonzepten, was in der Regel nicht wirklich glücklicher macht. Das Buch „Anleitung zum unglücklich sein“ von Paul Watzlawick (1921-2007) verdeutlicht das auf eindrückliche Weise. Erfolg, ohne inneres konstantes Wachstum (siehe auch das Kapitel Lebensmission), kann auf Dauer tatsächlich unbefriedigend werden. So wie ich das selber auch erfahren habe. Je erfolgreicher man ist, desto weniger Zeit schenkt man sich und seinen Liebsten.

Ein Freund von mir stürzte vor ein paar Jahren in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise. Er feierte grossen Erfolg, genau wie er es sich schon als junger Student erträumte hatte. Doch glücklich war er nicht. Er sagte zu mir: «Das Erreichte fühlt sich überhaupt nicht so toll an, wie ich es mir früher ausgemalt hatte». Rückblickend erkennt er, dass er alle erdenkliche Zeit und Energie in seine Karriere gesteckt hatte und sich zu einem der erfolgreichsten Branchenvertretern hochkämpfte. Doch dabei hat er ihm wichtige Menschen unglücklich gemacht – auch sich selbst. Seine Ehe ist an seiner Karriere zerbrochen. Macht das Sinn? Ich habe das Glück, viele «normale» und trotzdem sehr erfolgreiche Menschen zu kennen. Auch von ihnen leben einige in zweiter oder dritter Ehe. Sie fokussierten sich ebenfalls lange auf ihre Karriere oder ihre Hobbies. Zeit für die Familie investierte man nicht, weil man das private Glück einfach als selbstverständlich betrachtete. Erste Priorität hatten die Karriere, das eigene Unternehmen oder ein spezielles Hobby. Irgendwann rächt sich diese kurzfristige Betrachtungsweise, spätestens bei einer schmerzvollen Trennung, die viel Zeit benötigt, Leid verursacht und zudem viel Geld kostet. Im besten Fall gibt es eine Nullrechnung. Das heisst, man hat ökonomisch gesehen weder Zeit noch Geld gewonnen. Leider beobachte ich nicht selten, dass einige Menschen auch in ihrer zweiten oder dritten Ehe wieder in dasselbe Verhaltensmuster fallen und wiederum zu wenig Zeit und Liebe in die Familie investieren.

Vielleicht verhält es sich ganz anders mit dem Erfolg als wir denken. In calvinistisch geprägten Ländern wie zum Beispiel Amerika «gefällt» man Gott nach landesüblicher Auffassung dann, wenn man wirtschaftlich erfolgreich ist. Werden wir für unseren Stress hier auf Erden vielleicht im «Himmel» belohnt? Oder spielt unsere Definition von Erfolg überhaupt keine Rolle im «Himmel», und wir sind einfach nur Partygäste auf dieser Welt? Vielleicht werden wir nach dem Tod gar nicht an unserer Vorstellung von Erfolg gemessen. Jesus meinte (Markus 10,17–30). „Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. Sie aber, erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“ Ich persönlich vermute, alles ist viel einfacher als wir es vielleicht annehmen. Meines Erachtens spielt es wohl keine Rolle, wer wir sind (Position/Status usw.) und waren – diese Rolle bekommen wir vielleicht sogar zugeteilt. Es geht vielmehr darum, wie wir innerhalb unseres Weges mit uns selbst und anderen Lebewesen umgehen. Dies definiert Erfolg. Jeder Mensch nimmt eine Rolle ein, in der er etwas lernen soll. Es kann sein, dass man als Mensch eine Sucht, Aggressivität, Ängste usw. bewältigen muss oder gängige Verhaltensmuster durchbrechen soll, welche vielleicht bereits über Generationen in der eigenen Familie vorhanden sind. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Alles andere ist vielleicht nur Beigemüse, welches wir offensichtlich einfach mit Freude geniessen dürfen, wenn wir wollen.

Die Treiber der Wünsche und Ziele

Der Mensch vergleicht sich ständig mit anderen. In der Regel immer mit denjenigen Menschen, denen es besser zu gehen scheint. Dies kann zu Frust, Neid oder Gier führen. Der Mensch träumt von dem, was er nicht hat. Oder träumen wir etwa vom Porsche fahren, während wir bereits am Porsche fahren sind? Sicher nicht, oder? Doch was sind die Treiber für unsere Wünsche und Ziele? Meiner Meinung nach ist es in letzter Konsequenz immer die LIEBE oder die ANGST. Dies gilt für alle Bereiche. Wir wollen Zugehörigkeit, Anerkennung, sprich Liebe erfahren. Warum kauft man sich eine wertvolle und sehr teure Uhr? Wirklich nur, um die Zeit abzulesen? Nein. Es gibt günstigere und sogar präzisere Arten, die genaue Zeit zu messen. In der polizeilichen Ermittlungsarbeit eines «Profilers» analysiert man Menschen nach «Persönlichkeits-Abdrücken». Eine Luxusuhr zu tragen, scheint für einen «Profiler» ein anderes Motiv zu ergeben, als die Zeit abzulesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand erfolgreich ist und das zeigen will, ist sehr hoch. Die Uhr als Statement spricht quasi zu den Menschen: «Hallo schaut hin, ich bin erfolgreich; bitte wertschätze mich dafür». Auch die Werbung verspricht uns, dass wir für bestimmte Statussymbole Anerkennung, Beachtung, Zugehörigkeit und Liebe erhalten. Liebe, die wir alle begehren. Warum denn sonst so viel Geld ausgeben? Wirklich nur wegen der eindrücklichen Mechanik? Die meisten Käufer haben davon eigentlich keine Ahnung. Ich hoffe, ich werde jetzt nicht falsch verstanden. Meine Meinung ist nicht wertend gemeint – ich sehe es einfach so. Natürlich gilt dies nicht nur für Uhren. Ich selber sitze unglaublich gerne in einem schönen Auto beziehungsweise in einem Classic Car, und ich habe eine Riesenfreude an Design, Motor, Prestige. Und auch ich geniesse es, wenn mich andere Menschen sehen, mich wertschätzen oder mir gar im Auto zuwinken. Die einen kaufen Kleider, Taschen, Schuhe von Luxusmarken, andere legen Wert auf teure Musikinstrumente, Bilder, Pferde oder andere schöne Dinge.

Haben wir einmal ein Ziel erreicht oder uns einen Traum erfüllt, können wir uns leider nicht lange ausruhen; wir brauchen gleich das Nächste. Ein erreichtes Ziel oder ein gekauftes Statussymbol befriedigt meistens nur für kurze Zeit. Der deutsche Management-Trainer Dieter Lange (*1951) sagte dazu in einem Vortrag: «GENUG ist der Reichtum des Weisen – alle Loser wollen immer mehr Erfolg.» Die amerikanische Sängerin Janis Joplins (1943-1970) meinte: «Freedom is just another word for nothing left to lose.» Wer wenig hat, kann auch weniger verlieren.

«Schwimme nicht gegen den Strom.

Verlange nicht, dass die Dinge so gehen, wie du es wünschest,

sondern wünsche sie so, wie sie gehen;

und dein Leben wird ruhig dahinfliessen.»

Epiktet (50-135 n. Chr.)

Unser EGO beziehungsweise unser Verstand gibt uns vielfach das Gefühl von Unvollkommenheit – es fehlt uns irgendwas. Bei vielen Personen geschieht ein solcher Prozess ganz unbewusst. Man fühlt diese Unvollkommenheit, die sich im eigenen Bewusstsein als mangelndes Selbstwertgefühl manifestiert. Menschen versuchen dieses innere „Loch“ zu füllen, indem sie eine Ego- oder auch eine Intellekt-Befriedigung anstreben. Sie streben in der Folge nach Geld, Erfolg, Besitz, Macht, Anerkennung und erfüllender Liebe. Das Ziel ist, sich harmonievoller und glücklicher zu fühlen. Doch auch wenn sich dieses «Habenwollen» erfüllt, erkennen viele schmerzlich, dass sich nach einem kurzen «Hoch» schon bald wieder die Leere zeigt - vielleicht sogar grösser als zuvor.

«Dein EGO regiert dein Leben,» gibt Eckhart Tolle im Buch «Jetzt» zu bedenken. Er erklärt darin, dass das eigene Wertgefühl über die Jahre darauf trainiert wurde, den Wert von äusseren Dingen abzuleiten. Man muss sich ständig von Neuem damit füttern! Stichwörter dazu sind: Besitz, Arbeit, Status, Beziehungen, Anerkennung, Wissen, Bildung, eigener Body, Aussehen, Glaubenssysteme, Rasse, Religion und einige mehr. Eckhart Tolle schreibt dazu: «NICHTS von dem bist DU». «Du wirst es spätestens wissen, wenn der Tod naht. Er nimmt dir alles weg, was du nicht bist.» Das Geheimnis des Lebens ist zu sterben, bevor du stirbst, um herauszufinden wer du bist.

Wir alle wurden positiv auf Erfolg programmiert. Vielleicht erinnerst du dich, dass wir als Kleinkind bedingungslos geliebt wurden. Wir konnten nichts und mussten nichts tun, nichts liefern, nichts erreichen, nichts sein. Doch irgendwann verändert sich dieses Verhältnis. Liebe und Anerkennung erhältst du, wenn du das bist, was man von dir erwartet. Wenn du deine Schulaufgaben machst, wenn du artig bist, wenn du deine Abschlüsse machst, wenn, wenn, wenn. Pauschalisiert gesagt, Mädchen sind in der Schulzeit angepasster als Knaben. Sie machen vielfach zuverlässiger das, was von ihnen erwartet wird. Doch auch die Knaben werden in eine Form gequetscht und wenn es nicht klappt, mit Ritalin oder anderen Mitteln ruhiggestellt. Anerkennung und in letzter Konsequenz Liebe gibt es nur noch für vordefinierte Leistung. Die Angst wird zum Leistungsantrieb. Angst vor weniger Liebe, wenn ich nicht das mache, was verlangt wird, oder ich nicht die Noten bringen kann, welche erwartet werden. Für Menschen, die um jeden Preis negativ auffallen (wollen), sich sehr speziell benehmen oder abheben, ist es in unserem System schwierig, Akzeptanz zu finden. Sind wir uns genügend bewusst, dass ihr auffälliges Benehmen ein Schrei nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und schlussendlich ein Hilferuf nach Liebe sein könnte?

Die Endlosleiter der Karriere steht manchmal für gewisse Menschen an der komplett falschen Wand, notabene an einer Wand, die unsere Eltern oder unser Umfeld aussuchten. Meistens merken wir das lange nicht, vor allem wenn wir materiell glücklich sind. Erst mit der Zeit macht sich die Unzufriedenheit bemerkbar. Der Erfolgsweg des Lebens ist eine Reise. Eine Reise bei der es kein Ankommen gibt. Hat man den Nordpol erreicht, so gehen die Wege nur noch nach Süden. Wie später in den sieben hermetischen Gesetzen beschrieben, wechseln sich Hochs und Tiefs ab. Wer unglaubliche Hochs erlebt, der muss einkalkulieren, dass er auch sehr tief fallen kann.

Den eigentlichen Erfolg, so wie wir ihn uns erträumen, gibt es nicht. Wer kennt noch die CEO’s von Nestlé oder IBM aus den 80er- oder 90er-Jahren? Sie haben dazumal für viele Zeitgenossen den ultimativen Zenit erreicht, wurden in Magazinen abgebildet und trafen sich mit den «wichtigsten» Menschen der Welt. Buddha bleibt unbeeindruckt und sagte: «Es gibt keinen Weg zum Glück, weil Glück der Weg ist.» Kinder wissen das. Kinder spielen einfach und sind glücklich. Oder hat je ein Kind fürs Spielen Geld oder eine Belohnung verlangt? Sicher nicht. Wir Menschen erhalten Geld fürs Arbeiten (ist eigentlich auch ein Zeitvertreib wie spielen) und haben das Gefühl, je mehr wir erhalten, desto glücklicher werden wir. Nein! Wenn wir das falsche Spiel spielen, nur weil wir dafür bezahlt werden, so sind wir nicht glücklicher. Selbst dann nicht, wenn wir eine «Idiotenzulage» beziehungsweise einen Bonus dafür erhalten, dass wir allzeit erreichbar sind. Eltern, und da schliesse ich mich nicht aus, versuchen die Kinder sanft dazu zu drängen, möglichst eine Berufsausbildung zu wählen oder eine Schule zu absolvieren, die vielversprechend ist für eine spätere gute Entlohnung und Anerkennung. Anerkennung, die oft als Liebe verstanden wird, aber mit echter Liebe nichts zu tun hat. Auch was Eltern vorsorglich tun, geschieht nicht aus Liebe, sondern aus ureigener Angst. Angst, dass die Kinder in der intellektuellen Welt der Angepassten und dem Markt der Diplome nicht zurechtkommen werden.

Vom lieben, lieben Geld

«Je mehr man hat, desto mehr soll man schenken.»

(Hermann Wagner; 1840-1929)

Oder nach Mark Batterson (*1969): «When God blesses you financially, don’t raise your standard of living. Raise your standard of GIVING.». Es klingt so einfach und logisch. Doch leider ist es viel schwerer danach zu leben, als man denkt. Lieber erhöht man seinen eigenen Lebensstandard als die Fürsorge und Gabe an Andere. Als ich 23 Jahre alt war, bat mich eine Person um Geld für die Mietkaution der Wohnung. Ich kannte die Person nicht sehr gut, gab ihr aber im guten Glauben mein gesamtes Erspartes von 3‘000 Franken. Das Geld sollte ich gemäss Versprechen, innert zwei bis drei Wochen wieder zurückerhalten. Die Person stornierte aber ohne mein Wissen den Mietvertrag, bekam die Kaution zurück, behielt das Geld allerdings für sich. Ich hatte mich damals eben selbständig gemacht und hatte deshalb noch kein Einkommen. Erstaunlicherweise war ich bereit, für jemanden in Not alles zu geben, was ich an Geld hatte. In diesem Fall leider mit dem Resultat, dass ich meine Rechnungen selber nicht mehr bezahlen konnte und das besagte Geld auch nie mehr zurückbekam. Doch die Intension zählt, nicht? Gemessen am Einkommen war ich früher allgemein viel grosszügiger als heute. Im Vergleich zu früher besitze und verdiene ich ein Vielfaches, aber im prozentualen Vergleich gebe ich viel weniger. Wurde ich immer gieriger durch mehr Besitz? Ich denke dieses Verhalten ist menschlich und es geht wohl den meisten so. Je mehr man hat, desto grösser ist die Angst, es wieder zu verlieren. Das eigene Vermögen wurde meist hart erarbeitet und erspart. Wohlhabende Menschen sind nicht glücklicher oder unglücklicher als andere. Doch – was ironisch klingen mag – für viele ist viel Geld eine Belastung und bedeutet eine grosse Verantwortung. Einige Menschen, die ich kenne, geben dies offen zu. Das heisst aber nicht, dass sie ihr Vermögen freigiebig verschenken wollen. Gute Bekannte von mir sagten einst: «Wenn ich einmal viel Geld habe, dann will ich dort wohnen, wo es mir am besten gefällt - vielleicht auf dem Land oder dort, wo meine Liebsten sind.» Wo wohnen Sie jetzt? Sie wohnen in einem Steuerparadies, zusammengedrängt in einer verdichteten Einfamilienhaussiedlung, um Geld zu sparen. Doch eigentlich haben sie mehr verloren als gewonnen. Sie tauschten Lebensqualität, einen kurzen Arbeitsweg und die Nähe zu ihren Liebsten ein gegen ihr Vorhaben, noch mehr Geld anzusparen. Einige ziehen sogar für ein paar Jahre ins Ausland, nur um den Fiskus zu umgehen. All das will ich nicht werten; es soll aber aufzeigen, dass Geld nicht wirklich freier macht, sondern im Gegenteil das Leben unheimlich einschränken und verkomplizieren kann. Paradoxerweise sind viele auf dem Sterbebett bereit, das gesamtes Vermögen aufzuwenden, um wenigstens noch ein paar Monate oder Jahre dazu zu kriegen.

«Großzügigkeit und Geiz sind keine Frage der verfügbaren Mittel.

Der Unterschied zwischen dem Einen und Anderen ist: man isst

den Braten allein oder zusammen mit anderen.»

Alte Weisheit

Wir lernen schon früh: Geld muss richtig angelegt werden und sich unbedingt vermehren oder mindestens erhalten bleiben. Selbst hundertfache Millionäre denken so. Sind sie vielleicht darum so reich? Wir kennen die bestverdienenden Managerinnen und Manager, die ihre Verdienste und Leistungen wegen falschem Ehrgeiz und der Gier nach noch mehr aufs Spiel setzten. Persönlichkeiten wie beispielsweise Pierin Vincenz (Raiffeisen), Hans F. Vögeli (ZKB), Philipp Hildebrand (Nationalbank), Marcel Maglock (Ernst & Young) oder Sepp Blatter (Fifa), die viel Gutes taten und wegen Geld ihren Ruf riskierten. Sie waren so auf Erfolg getrimmt und auf das «Maximieren» in allen Bereichen konzentriert, dass sie bereit waren die Moral, das Gesetz, Tabus, oder interne Regeln zu brechen. Dabei ging es vielfach um an und für sich lächerliche Beträge, Aktien oder Spesenentschädigungen. Sie wollten immer mehr und verloren schlussendlich die Reputation – all das aus Gier und dem Streben nach Anerkennung. Warum nur? – Allenfalls aufgrund mangelnder Liebe? Menschlich sind diese Personen sicherlich liebenswürdige Freunde, Väter und Kollegen und sie erbrachten für ihre Unternehmen wohl auch herausragende Leistungen. Menschen in Machtpositionen, vor allem solche, die viel für ein Unternehmen erreicht haben, leben in der Gefahr abzuheben. Wie schnell bekommt man das Gefühl, dass man für den eigenen grossen Einsatz eigentlich viel mehr verdient hätte. Deshalb bin ich vorsichtig, Menschen dafür zu verurteilen, auch wenn sie aus moralischer oder gesetzlicher Sicht unrecht handelten. Ich denke, es ist für viele Menschen schwierig, einer Versuchung zu widerstehen, wenn man sowohl die Macht als auch die Möglichkeit hat. Das «immer noch mehr haben zu wollen» löst wohl einen unglaublich grossen Stress aus.

Ich habe schon oft gesehen, dass wohlhabende Menschen hohe Beträge für karitative Zwecke spendeten. Grosszügig zu spenden und an andere zu denken, finde ich wunderbar. Es gibt auch dem Spender selber ein gutes Gefühl. Nicht umsonst sagt man: „Geteilte Freude ist doppelte Freude.“ Doch sind wir ehrlich - verglichen mit dem, was Menschen aus weniger wohlhabenden Familien manchmal spenden, ist die grosszügige Geste im Vergleich zum Gesamtvermögen des sehr reichen Spenders vielfach doch eher wenig. Nochmals, das ist meine Beobachtung und in keiner Weise eine Wertung. In der Bibel gibt es dazu ein schönes Beispiel: Jesus setzte sich in die Nähe des Opferkastens im Tempel und beobachtete, wie die Menschen Geld hineinwarfen. Viele reiche Leute legten große Beträge hinein, die einen im Geheimen und andere so, dass man es sehen musste. Dann kam eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Da rief Jesus seine Jünger zu sich und sagte (Markus 12, 41-44): «Ich versichere euch: Diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen. Denn sie alle haben nur einen winzigen Bruchteil von ihrem Überfluss abgegeben, während diese Frau, so arm sie ist, alles gegeben hat, was sie besass.»

Was will ich mitteilen? Je mehr man hat, desto grösser ist die Angst davor, alles zu verlieren. Kommt hinzu, dass man durch einen höheren Lebensstandard automatisch auch mehr Geld benötigt.

Alle unsere Anreize werden entweder von Angst oder von Liebe bestimmt. Gier, Geiz und Angst vor Verlust betreffen uns alle und nicht einmal die Elite der Manager, Unternehmerinnen und Unternehmer sind davor gefeit. Zu beobachten ist dies sogar bei sehr sozialen Menschen, die sich öffentlich für die Schwächsten einsetzen. Wie Fälle von Personen aus der Politik, Gewerkschaften oder Genossenschaften zeigen, wollen auch gutverdienende Akademiker ihre staatlich subventionierten Wohnungen oder günstigen Genossenschaftsbauten auch nach Jahren nicht aufgeben, um diese wiederum ärmeren Menschen zur Verfügung zu stellen. Dies verdeutlicht: Jeder steht sich selbst am nächsten.

«Erfolg, Macht und Geld verändern die Menschen nicht;

sie wecken nur das, was immer schon da war.»

Alte Weisheit

Ein Kollege von mir weiss mittlerweile nicht mehr wohin mit seinem Geld. Es fliesst ihm einfach jährlich zu, vor allem durch Dividenden von geerbten Aktienbeteiligungen. Er lebt eigentlich sehr bescheiden, will aber um jeden Preis noch mehr Geld erwirtschaften. Zu erwähnen ist, dass hier ein gewisser familiärer Leistungsdruck besteht. Eines seiner Ziele ist es, verschiedene Firmen zu kaufen. Doch nur selten kommt es wirklich zum Deal, weil er nie bereit war, den Verkäufern einen guten Preis zu zahlen beziehungsweise den Inhaber oder die Inhaberin bis zur Pensionierung weiter zu beschäftigen. Die Gier oder die Angst, vielleicht etwas „zu viel“ zu bezahlen, lassen diese Person auf ihrem «geschenkten» grossen Vermögen sitzen. Ein Vermögen, das für Generationen ausreichen würde.

Eine andere mir bekannte Person, die genauso im Überfluss lebt, «spart» jeweils beim Häuser bauen. Es kommen überall nur die billigsten Lieferanten zum Zuge – was jedoch immer wieder Folgeprobleme verursacht, viel Zeit kostet und ab und zu auch einen Lieferanten in den Ruin treibt. «Billig» bedeutet vielfach nicht «günstig». Von außen betrachtet ist ein solches Vorgehen unverständlich. Da wurde ein Mensch mit einer unglaublichen Grosszügigkeit des Lebens gesegnet, streut aber selber nur Gier und Geiz aus. Hier wird Energie geblockt. Energie sollte aber immer fliessen. Geld ist nichts anderes als eine Energieform. Fliesst das Geld nicht weiter, obwohl es einem selbst zufloss, bringt dies Blockaden und langfristig Probleme. Großzügigkeit ist eine Tugend. Was gesät wird, kommt immer in irgendeiner Form zurück. Das muss nicht immer nur in Geldform sein. Geld ist nicht böse wie viele behaupten. Geld ist Energie. Energie ist neutral. Deshalb ist Geld auch neutral - also weder schlecht noch gut. Den Charakter der Energie bestimmen wir in der Art, wie wir die Energie einsetzen. Wichtig zu wissen ist nur: Energie muss fliessen, manchmal weg von uns, manchmal zu uns.

Ich hatte als CEO der Standortförderung Region Winterthur mit vielen wunderbaren und spannenden Menschen zu tun. Darunter war ein Unternehmer, der selber höchst sparsam lebte, fast immer denselben Pullover und die gleichen Hosen trug. Im Gegensatz dazu baute er sich aber ein eindrückliches Vermögen in Form von Immobilien und Kunst auf. Er investierte sein Geld in Kunstobjekte, vor allem in Gemälde von längst toten Künstlern. Viele Menschen betrachteten ihn als Vorbild. Ein Vorbild, weil er trotz Reichtum bescheiden lebte, kein Luxusauto fuhr und sich selber wenig gönnte. Ich sah dies früher in ähnlicher Bewunderung und dachte: Hut ab vor dieser Bescheidenheit. Doch heute bin ich mir diesbezüglich nicht mehr so sicher. Dieser Mann liess das Geld (Energie), welches ihm viele andere Menschen anvertrauten, eigentlich nicht weiterfliessen. Er «bunkerte» es in Form von altehrwürdigen Bildern und Kunstwerken, die meist nur er und allenfalls ein paar wenige Kunstbegeisterte zu Gesicht bekamen. Er steckte alles Geld in diese «Sicherheiten» und blockierte sein Vermögen. Er führte es in eine Stiftung, welche seine Sammlung zusammenhält. Hätte er selber konsumiert oder junge Ideen, Start-ups, lebende Kunstschaffende, Notbedürftige oder seine eigene Familie und Freunde unterstützt, so hätte er das Geld wieder zurück in das Leben - sprich in den Kreislauf - gebracht. Er hätte ja seiner „Kundschaft“ (Mieterinnen und Mietern) wieder etwas zurückgeben können. Zum Beispiel dem Garagisten, der in seinem Haus wohnte und ihm monatlich Geld einbrachte. So hätte dieser das Geld weiter an seine Mechaniker oder Auszubildenden geleitet. Leider führte die Lebensweise dieser Person soweit, dass er die Liegenschaften, die er besass, völlig zerfallen liess. Er hasste grundsätzlich Ausgaben und damit auch Renovationen. Was mich heute nicht verwundert: Schon vor seinem Tod gab es einen unfassbaren Streit um das Erbe der Stiftung, der später eskalierte. Einige nennen solche Geschichten „Karma“. Vielleicht kommt das, was wir im Leben verursachen, auch erst in einem späteren Leben auf uns zurück? Denkbar wäre es meiner Ansicht nach.

Ich gebe zu, ich habe die erwähnten Gedanken in meiner Halbzeit noch nicht fertig gedacht, und meine Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen. Ich will dies gerne begründen. In meinem Umfeld kenne ich Menschen, die ihr Geld in wunderschönen alten Autos „bunkern“. Doch wie viele Autos sind genug? Vier, zehn oder hundert Fahrzeuge? Ich bin mir bewusst, dass ich mit meinen Worten solches Verhalten hinterfrage und allenfalls moralisiere. Doch wenn ich mich selbst reflektiere: Würde ich nicht vielleicht gleich handeln, wenn ich genügend Vermögen hätte und ich damit all meinen Leidenschaften unbeschränkt nachgehen könnte?

Der Soziologe Charles Horton Cooley (1864-1929) schrieb: «Ich bin nicht, was ich denke zu sein, und nicht, was du denkst, ich sei. Ich bin, was ich denke, du denkst, ich sei». Wir definieren uns allzu viel anhand des Bildes, welches andere von uns zu haben scheinen. In unseren Bemühungen, uns weiter zu entwickeln, geht es deshalb vielfach nur darum, unserem Idealbild näherzukommen, um andere, die wir bewundern, zu beeindrucken. Wir, und da nehme ich mich persönlich nicht raus, rennen viel zu oft den Menschen hinterher, mit denen wir gerne zusammen wären. Menschen, die wir bewundern und von denen wir Achtung erhoffen. Dabei wäre es sinnvoller, Zeit mit denjenigen zu verbringen, die uns einfach so lieben wie wir sind. Der Volksmund sagt: „Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir eigentlich gar nicht mögen.“

Zurück zum Geld. Wenn nahestehende, liebe Menschen dich um Geld bitten, rate ich dazu, diesen Menschen mit Freude zu helfen. Gib so viel Hilfe oder Geld, wie du eigentlich auch verschenken könntest. Ein kleiner Tipp: Wenn du insgeheim damit rechnest, dass du das Geld nicht mehr zurückbekommen wirst, dann kannst du viel Leid, Enttäuschung und vielleicht auch jahrelangen Streit unter Freunden oder in der Familie vermeiden. Falls dein Geld zurückfliesst, so bist du beglückt, hast ein positives Erlebnis und zusätzlich etwas Gutes getan.

Wie wichtig ist die Zeit?

Um Glück zu haben, braucht es Zeit. Doch wer hat heute wirklich Zeit? Einige Menschen, mich eingenommen, merken erst nach vielen Jahren, dass Zeit wertvoller ist als Geld. Nicht wenige merken es leider erst auf dem Sterbebett. Bronnie Ware (*1967) hat in ihrem Buch «5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen» untersucht, was Menschen an ihrem Lebensende rückblickend anders machen würden. In den meisten Fällen wird nicht bereut, was getan, sondern was im Leben unterlassen wurde. Die Sterbenden bereuten, dass sie nicht ihr eigenes Leben, sondern das Leben anderer gelebt haben. Sie bereuten, viel zu viel gearbeitet und zu wenig Zeit mit ihren Liebsten verbracht zu haben. Die Sterbenden wünschten sich auch, dass sie ihren Gefühlen mehr Ausdruck gegeben und sich erlaubt hätten, mehr Freude in ihr eigenes Leben zu lassen. Viele bereuten es auch, dass sie ihre Freundschaften nicht über das ganze Leben hinweg aktiv gepflegt haben.

Wenn es um materielle Dinge wie Geld geht, dann sind viele Menschen unheimlich geizig. Den Wert der Zeit erkennen sie meistens viel zu spät. Mit der Lebenszeit wird daher sehr verschwenderisch umgegangen. Der römische Stoiker Seneca (1 – 65 n. Chr.) rät, dies umzukehren. Seiner Meinung nach ist die Zeit das weitaus wertvollere Gut als Geld, Reichtum und Besitz. Es gibt Menschen, die sehr viel ihrer Lebenszeit verschwenden, um Leistungen oder ein Produkt günstiger zu erhalten. Sie pflegen auf der einen Seite einen geizigen Umgang mit Geld sind aber auf der anderen Seite extrem verschwenderisch mit ihrer Zeit. Dabei gehen sie davon aus, dass Lebenszeit eine unbegrenzte Ressource ist. Diese «geizigen» Menschen vergeuden ihre Zeit vielfach mit Menschen, die nur kurzfristig wichtig sind in ihrem Leben. Dabei wäre es so wertvoll, möglichst viel Zeit für die eigene Familie und die richtigen Freunde einzusetzen. Noch geiziger mit Geld und verschwenderischer mit Zeit sind diejenigen Menschen, welche einen ganzen Tag aufwenden, um etwas ein wenig günstiger kaufen zu können. Sie haben dabei das Gefühl, etwas Wertvolles vollbracht zu haben. Ich spreche hier nicht von Menschen mit knappen Mitteln, sondern von durchaus wohlhabenden Menschen. Es gibt Leute, die wollen immer ein „Schnäppchen“ machen, und verfallen völlig der «Geiz ist geil»-Sucht. Sie opfern dafür, ohne es zu merken, sowohl Lebenszeit als auch Lebensqualität, die der Familie, den Kindern oder sich selber beziehungsweise der Persönlichkeitsentwicklung abgeht. Als ob man das Ersparte im «letzten Hemd» mitnehmen könnte. Nein, dieses Hemd wird keine Taschen haben, das wissen wir alle.

Was ist Zeitverschwendung und wie können wir damit richtig umgehen? Ich persönlich fahre sehr oft mit dem Auto von Filiale zu Filiale, von Terminen zu Terminen oder einfach ins Büro. Manchmal führe ich während der Fahrt Telefongespräche. Doch vor geraumer Zeit habe ich begonnen, auf dem Arbeitsweg Hörbücher anzuhören. Hörbücher zu verschiedenen Themen, die mich interessieren. Anstatt Zeit zu verschwenden, gewinne ich während meiner Autofahrten wertvolles Wissen.

Wer kennt das nicht, man kommt müde nach Hause, legt sich auf die Couch und surft durch die sozialen Medien oder schaltet den TV ein. Einfach um abzuschalten und sich endlich zu entspannen. Doch was bringt es uns? Wissen wir am anderen Tag noch, welche Videos wir uns vor 24 oder 48 Stunden «reingezogen» haben? Oder haben wir uns einfach nur mit viel „Müll“ die Zeit vertrieben? Es ist ratsam, sich einmal genau zu notieren, was und wie lange man auf Netflix, LinkedIn, Instagram, Facebook, Tiktok oder anderen Plattformen konsumiert hat. Falls es „Müll“ war, was angeschaut wurde, dann wäre es besser abzuschalten (was nicht immer einfach ist) und bewusst etwas Sinnvolleres mit seiner Zeit anzufangen.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Zeiträuber ist das stetige Denken an Begebenheiten in der Zukunft oder an Geschehnisse aus der Vergangenheit. Zum Beispiel die Frage: «Was soll ich morgen anziehen?» Es ist ratsam, sich erst im entsprechenden Moment damit auseinanderzusetzen einen Entscheid zu fassen und die Sachen dann gleich bereit zu legen. Falls das nicht so einfach möglich ist, sollte man das innere Gespräch ganz bewusst stoppen. Die schlimmsten Zeit- und Stimmungskiller sind zum Beispiel auch Fragen wie: «Warum muss ich heute nur aufstehen?» Unser Verstand hat keine Antwort auf solche Fragen – es gibt schliesslich keinen lebensnotwendigen Grund um aufzustehen. Deshalb drehen sich die Gedanken bei der Beantwortung im Kreis. Das verbraucht viel Zeit und Energie. Eine andere Sache ist, dass wir vielfach gerne dort wären, wo wir gegenwärtig nicht sein können. Man sieht auf Instagram die wunderschönen Freizeit- und Ferienfotos anderer Menschen und denkt dabei schnell, man sei wohl der Einzige, der zuhause festsitzt. Als ich vor vielen Jahren in einem Business-Seminar teilnahm, bat uns ein Referent aufzuschreiben, wo wir anstelle des Konferenzsaales lieber sein würden. Alle Anwesenden notierten fleissig. Viele schrieben, dass sie lieber zu Hause, lieber bei der Familie oder irgendwo in den Bergen wären. Auf die vielen Antworten und Wünsche hin meinte der Referent: «Das ist doch super. Alle, die lieber nicht hier wären, können jetzt gehen. Es ist für mich kein Problem. Macht heute das, was euch besser passt und Spass macht.». Was geschah auf diese Aufforderung hin? Nichts! Niemand ging. Warum nicht? Weil unser Unterbewusstsein ständig abwiegt und entscheidet, was wohl am besten für uns ist. Es evaluiert aus allen Sichtweisen, Möglichkeiten und Alternativen das Beste und Einfachste. Möglicherweise fühlt man sich zuhause im Moment nicht so toll. Es ist vielleicht niemand anders da oder man müsste einkaufen gehen, Staubsaugen, die Kinder abholen usw. Wie schnell denken wir ,,an einem anderen Ort, in einem anderen Beruf, bei einem anderen Mann oder bei einer anderen Frau wäre es doch viel schöner?“ Wir wollen alles, nur nicht im JETZT sein! Der Referent meinte: Ihr seid aus verschiedenen Gründen hierhergekommen und geblieben. Steht zu eurem Entscheid und erlaubt euch, euch dabei gut zu fühlen und zu denken, dass dies der allerbeste Ort für euch ist.

«Alle Lebewesen außer den Menschen wissen, dass der Hauptzweck

des Lebens darin besteht, es zu genießen.»

Samuel Butler (*1835-1902)

Der schon mehrfach in diesem Buch zitierte Seneca (1 – 65 n.Chr.) meinte: «Ihr lebt als würdet ihr immer leben. Niemals kommt euch in den Sinn, wie karg ihr bedacht seid». Wir sollten uns immer daran erinnern, dass wir eines Tages sterben und dass wir nicht wissen, wann dieser Tag sein wird. Jemand liegt im Sterben, vielleicht auch eine dir nahestehende Person, und du wolltest sie eigentlich schon lange besuchen. Es ist komplett falsch, wenn du das auf möglichst bald verschiebst und nicht gleich erledigst. Ich kenne Menschen, die sich nachträglich jahrelang Vorwürfe machten, weil sie sich nicht rechtzeitig die Zeit zum Abschiednehmen genommen hatten. Auch das Aufschieben des Lernens auf eine Prüfung bringt uns unter Stress. Seneca rät, Dinge so schnell wie möglich zu erledigen, um Stress und viel Zeitverlust (Gedanken, Ängste etc.) zu vermeiden. Er bemerkte zudem, dass viele Menschen einer Arbeit nachgehen, die ihnen überhaupt keine Freude und Befriedigung gibt. Dabei träumen sie von all den Dingen, die sie später einmal machen wollen. Seneca schrieb: «Das Leben zieht vorbei, während es verschoben wird». Auch der Volksmund sagt: «Verschiebe nichts auf morgen, was du heute kannst besorgen». Ein befreundeter Unternehmer meint jeweils: «Richtig machen ergibt Erfolg, falsch machen ergibt Misserfolg. Du merkst es schon beim TUN, wenn du nicht aufrichtig oder nur liederlich an eine Sache rangehst. Somit folgt in der Quintessenz auch das entsprechende Resultat.

«Der grauen Haare und Runzeln wegen darfst du nicht glauben, dass einer lange gelebt habe,» meint Seneca und ergänzt: «Nicht lange gelebt hat er, sondern nur lange existiert hat er». Es geht also darum, dass in der Lebenszeit QUALITÄT viel wichtiger ist als QUANTITÄT. Seneca liefert zur Verbesserung unserer Lebensqualität auch Ratschläge.

- Wir sollten uns nicht stetig in Sorgen oder negativen Gedanken über die Zukunft verlieren.

- Wir sollten keinen Beruf, Titel und Ehrungen nachgehen, die uns keine Freude bereiten, nur um materielle Güter anzuhäufen oder die Anerkennung anderer zu erlangen.

- Genussmittel dürfen genossen, aber nicht exzessiv konsumiert werden. Sonst sind sie ja keine „Genuss“-Mittel und nichts Besonderes mehr.

Zusammengefasst gibt Seneca zu bedenken, dass wir einem Beruf oder einer Berufung folgen sollen, welche uns Spass und Freude bereitet, unabhängig von Prestigegedanken. Ein Beruf, mit dem wir anderen Menschen dienen oder helfen und im besten Fall etwas Positives hinterlassen können. Das sind wohl die wichtigsten Faktoren, um seine Lebenszeit (Qualität) wirklich zu steigern. Zudem legt er Wert auf die Lebensfreude und den vernünftigen Umgang mit Genussmittel. Die Tipps des Römers aus der Antike scheinen zeitlos zu sein.

Quellen und weiterführende Literatur

• Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein, Piper Verlag, 31. Auflage, 2009.

• Eckhart Tolle, The Power of Now, J. Kamphausen Verlag, 1 7. Auflage, 2007.

• Bronnie Ware, 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen, Goldmann Verlag, 2015.

• Seneca, Das große Buch vom glücklichen Leben, Anaconda Verlag, 2014.

• Dieter Lange, Sieger erkennt man am Start – Verlierer auch. https://youtu.be/Otgl6Kw7dxU

• Dieter Lange, Auszeit nehmen. https://youtu.be/pmBDCZ-qWNA

• Zeitmanagement-Seneca: Von der Kürze des Lebens. https://youtu.be/rj_T1M86iJk

Halbzeitwissen

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