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Der Wunsch nach Lob und Anerkennung

«Wer Lob empfängt, tut immer wohl,

es mehr als eine freiwillige Gabe

anzusehen denn als einen verdienten Lohn.»

(Wilhelm von Humboldt – Gelehrter und Staatsmann; 1767-1835)

Menschen sind süchtig nach Lob und Anerkennung. Wir suchen für jegliche Taten Anerkennung oder Belohnung. Sei es bei Freunden, Familie, Kunst, Kultur, Militär, bei der Arbeit oder in der Politik. Mir persönlich geht das natürlich auch so. Ich war stolz auf meinen absolvierten 100 km-Marsch in der Offiziersausbildung, auf meine im zweiten Bildungsweg erreichten Hochschuldiplome, auf meine Familie oder das wirtschaftlich Erreichte. Grosse Krieger wie zum Beispiel Napoléon Bonaparte aber auch die Protagonisten des dritten Reichs und andere militärisch oder diktatorisch geprägte Länder und Organisationen haben mit diesem Wissen Menschen gezielt manipuliert. So haben sie nach jeder grösseren Tat oder Schlacht die Leute mit Orden, Medaillen, Beförderungen usw. belohnt. Der französische Staatsmann und Kaiser Napoléon Bonaparte (1769-1821) sagte einst: «Ich habe etwas Lächerliches über Menschen herausgefunden. Sie sind bereit, für Orden und bunte Bänder zu sterben.» Der Stoiker und römische Kaiser Mark Aurel (121-180 n.Chr.) stellte fest, dass die Sucht nach Anerkennung die Menschen schwach und abhängig macht. Er verstand dabei nicht, dass wir für alles immer und überall eine Belohnung verlangen müssen. Darum fragte er: «Verlangen etwa deine Augen eine Belohnung für das Sehen? Ruhm, Namen und Belohnungen sind schneller vergessen als dir lieb ist.» Selbst „grosse“ Frauen und Männer dieser Zeit sind nach ein bis zwei Generationen wieder vergessen. Wer kennt noch den gefeierten CEO von General Electric Jack Welch (1935-2020), der für seine in den Medien publizierten Erfolge rund um den Globus bekannt wurde? Sein Ruhm und das Unternehmen sind nur noch ein blasser Schimmer von damals. Es interessiert fast niemanden mehr. Trotzdem meinen wir, dass wir und all unsere Leistungen, Diplome, Titel und Auszeichnungen unendlich wichtig seien für uns und die halbe Welt.

Mark Aurel war der Meinung, dass du die Zeit, welche dir geschenkt wird, so verwenden solltest, dass du deinen eigenen Zielen und Wünschen nahekommst. Oder lebst du das Leben anderer? Zum Beispiel das Leben deiner Eltern oder deiner Freunde? Oder willst du dein Leben im Leben deiner Kinder verwirklichen, indem deine Kinder das erreichen sollen, was du eigentlich für dich wolltest? So wirst du - und im schlimmsten Falle auch deine Kinder - ganz bestimmt unzufrieden und unglücklich werden.

It’s nice to be important but it’s more important to be nice

Gerne erzähle ich folgende schöne Geschichte: Im königlichen Palast von Siam kam ein grosser und starker Wachhund in den Saal der tausend Spiegel. Der Hund schaute sich um und sah plötzlich tausend andere grosse, starke Wachhunde um sich herum. Alle diese Hunde starrten ihn mürrisch und feindlich an. Er selber begann zu bellen und knurrte die anderen Hunde an. Gleichzeitig begannen die anderen Hunde ihn auch anzubellen und zu knurren. Der grosse Hund wurde nun immer aufgebrachter, aggressiver und fühlte sich bedrängt durch die vielen anderen Hunde. Er begann zu fletschen und bellte wie wild. Die tausend Hunde machten zeitgleich dasselbe. Schliesslich wurde der Wachhund derart wütend und aggressiv, dass er einen Herzinfarkt erlitt und tot zusammenbrach. Bald darauf verirrte sich ein kleiner Hund im Palast und kam in den Saal der tausend Spiegel. Der kleine Hund wunderte sich und sah tausend andere Hunde, die ihn verwundert anguckten. Der kleine Hund begann freudvoll mit dem Schwanz zu wedeln und die anderen Hunde wedelten begeistert zurück. Der Hund freute sich sehr, und die anderen freuten sich ebenso. Auf diese Weise gewann der kleine Hund tausend neue Freunde.

Dieses Gleichnis zeigt, dass die Umwelt auf uns reagiert. Wir kommunizieren immer und andauernd, selbst wenn wir nichts sagen. Schon der österreichische Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick (1921-2007) sagte: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Eine einfache Bauernweisheit bringt diesen wichtigen Aspekt ebenfalls auf einen Punkt: „Wie man in den Wald ruft, so tönt es zurück.“ Wir können andere Menschen lange missachten, verurteilen, prügeln, betrügen und man kann vielleicht auch lange damit leben. Was ich jedoch aus eigener Erfahrung gelernt habe ist, dass die Zeit - einige nennen es das Resonanzgesetz oder Karma - nicht vergisst. Man wird alles irgendwann in irgendeiner Form zurückbekommen. Das Leben ist gerecht. Es urteilt nicht. Wenn wir gegen andere Menschen Mobbing betreiben, andere ausgrenzen, arrogant sind oder uns als etwas Besseres fühlen, dann ist das weder gut noch schlecht. Es wird deshalb nicht weniger, aber auch nicht mehr, auf uns zurückfallen. Wir werden es jedoch irgendwann in irgendeiner Form zurückbekommen und können dann selbst darüber urteilen, ob es schlimm war oder nicht. Das Leben selber ist und bleibt stets neutral.

Für viele, vor allem sehr junge Menschen, ist es ein Wunschtraum, schön, berühmt und begehrt zu sein. Es muss toll sein, vorne bei den „Wichtigen, Schönen, Reichen und Prominenten“ zu sitzen und als VIP eingeladen zu sein. Wer genießt das nicht? Auch ich geniesse solche Anlässe. Es streichelt der Seele, gibt ein Gefühl etwas «Besseres» zu sein und es vermittelt eine Art von Liebe und Anerkennung. Doch Vorsicht: Das ist keine LIEBE. Es hat nur wenig mit uns als Mensch zu tun, sondern meistens nur mit der Anerkennung einer Funktion in Politik, Wirtschaft, Medien oder mit einer Rolle, die wir gerade «spielen». Wenn ich von der Presse oder von elektronischen Medien interviewt werde oder als «Gast» zu schönen Veranstaltungen eingeladen bin, wird das kaum damit zu tun haben, dass man mich einen tollen und liebenswürdigen Menschen findet. Nein, es ist einzig und allein, weil ich eine Firma mit einem schönen und emotionalen Produkt vertreten darf oder sonst eine Funktion innehalte. Ich werde anhand meiner «Funktion» bewertet oder weil man etwas von mir will. Wichtig ist, dass man sich dies stets im Hinterkopf behält. Ich geniesse zwar vieles, aber verlasse mich nicht darauf. Es ist kein Wert und nur temporär. Viele pensionierte Politikerinnen und Politiker kennen das. Die Gefahr ist gross, dass man sich selber überschätzt und davon ausgeht, man sei überall begehrt, weil man ein so begnadeter Mensch wäre. Doch sobald man seine Ämter und Würden abgibt oder verliert, ist man von den meisten Gästelisten gestrichen und von den schönen Events ausgeschlossen. Schnell wird man von den neuen Amtsinhabern ersetzt. Mit wie vielen Top-Managern wollte man sich früher gerne abbilden; doch sobald diese medial in Ungnade fielen, wollte niemand mehr etwas mit ihnen zu tun haben. Wahrlich, diejenigen sind glücklich, die ihren Freundes- und Familienkreis immer gepflegt haben, unabhängig von Amt und Funktion. Ruhm und Geld können Personen schnell abstumpfen und blind machen. Man will nur noch mit „seines Gleichen" zu tun haben, weil alle anderen langweilig und uninteressant erscheinen. Was wir aber nicht merken ist, dass wir dabei selbst langweilig werden. Das erkennt man an Menschen, die am liebsten von sich selber erzählen, weil sie mehr und mehr das Interesse an anderen Menschen verloren haben. Ein Mentor sagte mir einmal: «Sei für dich selbst wichtig – das ist okay, aber schaue, dass auch die anderen Menschen für dich wichtig sind und du dich nicht selbst überhöhst.» It’s nice to be important but it’s more important to be nice ☺.

Quellen und weiterführende Literatur

• Marc Aurel, Wege zu sich selbst, Nikol Verlag, 2009.

• Die Regeln des heiligen Benedikt, Beuroner Verlag, 8. Auflage 1999.

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