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Avant propos – oder: Warum ich dieses Buch schreibe

«Non scholae, sed vitae discimus» - wir lernen fürs Leben, nicht für die Schule, wird der römische Philosoph Lucius Annaeus Seneca (1-65 n.Chr.) oft zitiert. Auf die Stoa, eine der wichtigsten philosophischen Lehren der abendländischen Geschichte, die er ganz wesentlich mitprägte, werden wir noch ausführlich zu sprechen kommen. Ich allerdings bin, in Ergänzung zu Seneca, sogar der Meinung, dass ein Grossteil derjenigen Weisheiten und Lebenshilfen, die mir wichtig erscheinen und die uns in späteren Jahren helfen würden, in der Schule – nebst traditionellen Fächern wie Mathematik, Geographie oder Physik – überhaupt nie, oder zumindest nicht in der geeigneten Form, zur Sprache kommen. Deshalb schreibe ich dieses Buch, das ich als mein persönliches «Halbzeitwissen» bezeichnen möchte.

Als Unternehmer und Mensch hatte ich viele Erfolge gefeiert, aber auch einige Niederlagen und Enttäuschungen erlebt. Ich musste erfahren, dass sich Hochs und Tiefs abwechseln. Auch leben wir stetig unter dem Druck, immer «zu wenig» zu haben – sei es Zeit, Geld oder Liebe. Auf der anderen Seite scheint uns alles «zu viel» zu sein: zu viele Ängste, zu viele Sorgen, zu viele Aktivitäten, zu viele Termine. Daraus resultieren vielfach Verlust- und Existenzängste, die wir kaum je ablegen können. In diesem Spannungsfeld kann man schnell den Mut und die Orientierung sowie den Blick auf das Wesentliche im Leben verlieren. Dass dies sogar in eine veritable «Midlife-crisis» münden kann, habe ich am eigenen Leib erfahren.

Schon in der Pubertät hatte ich mich für die grundlegenden Themen des Lebens interessiert. Gegen Ende dreissig beschäftigte ich mich vermehrt mit der Philosophie, angefangen bei den alten Ägyptern und den Griechen bis hin zu verschiedenen Texten und Lebenshilfen aus der Neuzeit. Irgendwann aber merkte ich, vielleicht etwas spät, dass ich mein Hirn mit dem Durst nach immer neuen, intellektuellen Weisheiten gewissermassen «betäubt» hatte, so dass ich daneben, einfach gesagt, gar nicht zum eigentlichen Denken kam. Allzu stark hatte ich mich zugegebenermassen auch vielfach über die Arbeit definiert. Seit ich bereits als junger Mann meine erste eigene Firma gegründet hatte, scheint es mir fast undenkbar, einfach mal «nichts zu tun». Allerdings bin ich mir heute bewusst, dass ich all das Wissen, welches mir auf dem eigenen Lebensweg hätte helfen können, vielleicht auch gar nicht richtig aufnehmen und umsetzen wollte, sondern meine Probleme eigentlich nur mit immer mehr und neuen Tools erstickte. Und so geht es sicherlich vielen anderen Menschen in unserer heutigen manchmal unerbittlichen Leistungsgesellschaft auch.

Irgendwann aber kommt der Zeitpunkt, vielleicht mit besagter «Midlife crisis», in dem man sich als Mensch und das Leben generell radikal in Frage stellt. Klar, man kann sich fragen, ob es wirklich klug ist, dass man sich im Leben über solche Themen Gedanken macht. Oder ist es einfach eine Wohlstandserscheinung? Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass mich meine Suche nicht unbedingt glücklicher macht und mich manchmal mit viel mehr unbeantworteten Fragen als mit Antworten zurücklässt - und dadurch frustriert. Je mehr ich vertieftes Wissen erlange, desto mehr wird mir klar, wie wenig ich eigentlich vom Leben weiss. Oder wie es der bedeutende griechische Philosoph Sokrates einst prägnant formulierte: «Je mehr ich weiss, desto mehr weiss ich, dass ich nichts weiss.» Trotzdem ist dieses Nachdenken über das Leben wohl ganz gut und von der Natur durchaus gewollt. Und eine mögliche Form, sich mit all diesen Fragen auseinanderzusetzen, ist sicherlich auch dieses Buch: Ich denke darin über das Leben, den Sinn, über Motivation, Glück, Lebensweisheiten und Mysterien nach. Das Ganze ist gepaart mit praktischen und auch sehr persönlichen Erfahrungen. Es handelt sich also hier bewusst nicht nur um eine akademische Abhandlung, sondern um eine Art Substrakt des Wissens anderer Menschen sowie meiner eigenen Erfahrungen, Gedanken und Erkenntnisse, die zugegebenermassen oft nach dem Prinzip des «Trial-and-Error» entstanden sind.

Was sind die Grundpfeiler des Erfolges? Warum sind wir so süchtig nach Liebe und Anerkennung? Welchen Einfluss haben Religionen und die Angst? Wie analysiere ich mein eigenes Leben? Wie schreibe ich eine Lebensmission? Und was hat Glück mit Chemie zu tun? Dieses und noch ganz viel mehr, werden wir in diesem Buch angehen. Du kannst das Buch gerne von Kapitel zu Kapitel, aber auch gut querlesen. Kein Problem, denn die Kapitel sind in sich geschlossen.

Nicht alles, was du auf den kommenden Seiten lesen wirst, ist vielleicht richtig oder mit deinem Weltbild kompatibel, und das ist auch völlig in Ordnung so. Dieses Buch hat keinen Anspruch auf Wahrheit. Vieles von meinem «Halbzeitwissen» würde ich vielleicht in einer späteren Lebensphase anders beschreiben oder unterschiedlich gewichten. Wer weiss. Einige der Themen kann ich auch nur streifen und nicht wie vielleicht gewünscht in die Tiefe gehen. Immerhin hoffe ich, dir als Leserin oder Leser ein paar neue Inputs vermitteln zu können oder bereits Bekanntes wieder in Erinnerung zu rufen und damit eine neuerliche gedankliche Auseinandersetzung anzustossen. Wenn ich dich während der Lektüre zum Suchen, Denken oder Weiterentwickeln deiner eigenen, ganz persönlichen «Lebensweisheit» oder «Lebensidee» bewegen kann, so hat sich für mich der Zweck dieses Buches schon bei weitem erfüllt und das macht mich mehr als happy.

Während der Arbeit an diesem Buch war ich in Gedanken bei meinen beiden Söhnen, Luca und Jan. Vor allem sie sollen, so sie mögen, von diesem «Halbzeitwissen» profitieren – von Erkenntnissen und Erfahrungen, die ihnen, wie gesagt, in der Schule nicht gelehrt werden. Meines Erachtens sind diese aber immens wichtig für ein verantwortungsvolles Leben. Ein Leben, so wie wir es uns doch eigentlich alle wünschen.

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