Читать книгу E R S A N - Dieter Gronau /// AMEISE - Страница 8
Überschrift 5
Оглавление„Uah, habe ich gut geschlafen! So ein Bett, ist eine tolle Erfindung und tut richtig gut, in ihm zu schlafen!“
Der nette Fahrer, jetzt hatte Ersan Zeit, ihn sich einmal näher anzusehen, müsste so alt wie
sein Vater sein, so schätzte er.
„Aus welchem Land kommst du eigentlich?“
„Oh richtig, wir haben uns noch gar nicht bekannt gemacht! Ich heiße Bebe und bin in Brasov, das liegt in Rumänien, geboren. Wie alt ist dein Vater?“
„Mein Vater müsste so etwa 41 Jahre alt sein.“
„Na dann bin ich doch älter, nämlich 58 Jahre. Ich bin mit so einem Lkw schon in vielen Ländern gewesen. Halb Europa, von Norden bis Süden, habe ich schon durchfahren. Inzwischen kann ich mich in türkisch, bulgarisch, englisch, französisch und natürlich rumänisch, ganz gut verständigen. Aber seit drei Jahren fahre ich vorwiegend die Strecke Türkei – Rumänien.
„Ich bin Ersan, in Eski-Datca geboren, bin noch ein wenig jünger und will meinen Vater in Hamburg, fiel Ersan so plötzlich ein, er hatte es einmal auf einer Europakarte in der Schule gelesen, der Name, Hamburg, gefiel ihm irgendwie, besuchen.
„Alle Achtung, da hast du noch eine lange Strecke vor dir. Bis Bukarest kann ich dir weiterhelfen, Ersan. Vielleicht finden wir dort eine Weiterfahrmöglichkeit bis zu dem Ort, wie heißt er nochmal? Ach richtig, Hamburg. So komm, wir wollen den Tag zünftig beginnen!“
Nach diesen Worten stieg Bebe aus, ging an eine Art Metallschrank hinter dem Fahrerhaus, öffnete mit einem Schlüssel eine Tür und zog mit einem Griff ein Edelstahlbecken hervor.
„So, mein Kleiner! Zuerst waschen wir uns ein wenig. Machst du bestimmt auch zu Hause jeden Morgen. Hier ist Seife und ein Handtuch für dich. Wasser kommt aus dieser Röhre wenn du an diesem Hahn drehst.“
Oh tat das gut, fließendes kühles Wasser. Zum Waschen viel zu schade. Man sollte es lieber nur trinken, dachte Ersan. Er wusch sich vorsichtig, um ja kein Wasser zu verschütten.
„Nicht so zaghaft! Im Tank sind 300 Liter Wasser, das man auch trinken kann. Putzt du dir gar nicht die Zähne?“
„Na klar, ich mach das immer so!“ Danach rieb Ersan mit dem rechten Zeigefinger über die Vorderseite seiner schneeweißen Zähne und reinigte mit dem Fingernagel die Zahn Zwischenräume.
„Was, benutzt du keine Zahnbürste und Zahnpasta?“
„Was ist denn das? Abends, wenn ich einen habe, esse ich zu gerne eine Apfel So hat es mir meine Mutter beigebracht und meine Familie macht es genauso, solange ich schon denken kann.
„Ihr Türken seid schon manchmal recht merkwürdige Menschen, das sage ich dir! Dann habt ihr fast alle auch noch so herrliche Zähne, das ein Zahnarzt bei euch verhungern müsste, aus Mangel an Arbeit.“
„Das hat Allah so für uns bestimmt! Habt ihr auch einen Allah?“
Gute Frage, mein Kleiner! Wir glauben an Gott, das ist etwas so Ähnliches, wie euer Allah. Wir müssen nur nicht so oft beten, wie ihr. Wir gehen sonntags in die Kirche, oder wenn wir großen Kummer und Schmerz haben.“
„Verstehe ich nicht, Allah ist Gott, der Gott ist auch Allah? Was ist eigentlich richtig?“
„Du, das kann ich dir nicht beantworten! Aber vielleicht triffst du mal jemand, der dir das beantworten kann! Du bist ja noch so jung und wie mir scheint, auch sehr klug! Pass auf, was ich jetzt mache! Ich ziehe an diesem Griff und siehe da, Simsalabim, kommt ein Gaskochfeld zum Vorschein. Was wünscht du dir zum Frühstück? Vielleicht ein gut durchgebratenes Spiegelei auf frischem Toastbrot?“
„Was ist Toastbrot? Der Gasbrenner ist eine tolle Sache!“
„Nach dem braten der Spiegeleier lege ich noch ein paar Scheiben Weißbrot in die noch heiße Pfanne. So saugt das Brot das Fett aus der Pfanne restlos auf und es bräunt auch noch etwas an. Das kommt dann auf einen Teller und die Spiegeleier, mit etwas Salz und Pfeffer gewürzt, darüber. Es schmeckt wundervoll und macht für eine lange Zeit satt. Kennst du Kaffee? Nein, dann koch ich dir auch noch einen frischen Kaffee!“
„Jetzt machst du mich aber neugierig!“ Kurz danach saßen sie an einer ausklappbaren Tischplatte, auf zwei Klapphockern und ließen sich , das für Ersan besondere Frühstück , sichtlich schmecken. In dem Metallschrank, an der Lkw-Seite, befand sich noch ein kleiner Kühlschrank, ein Gemüsefach und ein kleines Radio. Einfach toll, wie Ersan es bewundernd fand!
„Du hast wirklich ein gutes Leben. Das kann ich dir sagen. Der Tomaten-Express, mit dem dicken Fahrer, mit dem ich gekommen war, hatte nichts von alledem. Nicht einmal ein funktionierendes Radio. Das habe ich ihm auch noch repariert. Ganz einfach, da war nur das Antennenkabel fast aus der Buchse raus. Waschen, wie waschen, vermutlich in einem Bach am Wegesrand, wenn man einen antraf und kochen oder braten, nur über einem offenen Feuer, wenn man überhaupt so viel Zeit fand. Außerdem hatte der Kerl mir meinen ganzen Proviant weggefressen und meine beiden Trinkflaschen ausgesoffen, ohne mir auch nur etwas übrig zu lassen! Eine wirkliche Sauerei! Daher auch der kleine Abschieds Scherz mit der gelockerten Anhängerklappe. Hoffentlich war das eine Lehre für ihn. Dabei hatte er in seiner Hosentasche ein dickes Bündel mit großen türkischen Lira Scheinen. Das war wirklich ein komischer Kauz!“
„Sei froh, das du von ihm weg bist! Wer weiß, was du alles noch erleiden hättest müssen. Na, hat es dir gut geschmeckt? Der Kaffee ist fertig! Probiere mal, schmeckt doch sehr gut oder?“
„Nicht schlecht! Kaffee, habe ich noch nie getrunken. Nur den Namen habe ich schon mal gehört. Daran könnte ich mich auch gewöhnen!“
„Sag mal, müsstest du nicht noch zur Schule gehen?“
„In meinem Alter hören bei uns fast alle Kinder mit der Schule auf. Weitergehen, auf eine höhere Schule, kostet Geld, viel Geld. Dieses Geld hat meine Mutter nicht und so viel kann mir mein Vater auch nicht schicken! Deshalb ist bei diesem Alter Schluss und die Kinder helfen den Eltern auf dem Feld und im Stall, oder verpflichten zu ähnlicher Arbeit bei einem reichen Bauern, um so die eigene Familie zu unterstützen.
„Aha, jetzt verstehe ich dich! Du ziehst lieber in die Welt hinaus, um mehr zu lernen und einmal eine gut bezahlte Arbeit zu verrichten. Nur Schade, das du noch so jung bist, du könntest gut in unserer Firma in Bukarest anfangen und hättest nach einigen Jahren ein gutes Einkommen.“
„Wäre zu schön, aber ich will viel mehr lernen! Zuerst einmal fremde Sprachen. Ein wenig englisch habe ich in der Schule gelernt. Rumänisch, wäre eigentlich auch interessant. Das kannst du mir auf der Weiterfahrt etwas beibringen.“
„Ok, ab sofort werde ich ein guter Lehrer für dich sein!“ Das Frühstück wurde nach diesem Gespräch beendet. Alles verschwand wieder im seitlichen Metallschrank des großen Skandia-Lkw`s. Die beiden saßen danach gesättigt und gut ausgeschlafen auf ihren Sitzen im Fahrerhaus, der Motor wurde von Bebe angestellt, Bebe stieg noch einmal kurz aus und ging um sein Fahrzeug herum, kontrollierte die Reifen, die Verschlüsse der Laderaumtüren, blickte unter das Fahrzeug und hörte auf den Klang des Motors, der ruhig seinen Rhythmus fand und nur erahnen ließ, wie stark er wirklich war. Mit zufriedener Miene kam Bebe bei Ersan in Fahrerhaus wieder an.
„Alles in bester Ordnung! Bis Istanbul können wir leicht durchfahren. Diesel haben wir mehr als genug. Also, dann mal los mein starker Esel, lass es angehen!“
Ersan hatte noch gleich nach dem Frühstück sein Hemd ausgezogen, es vor sich auf den Boden gelegt, sich darauf niedergekniet und mit Blickrichtung Osten und vielen Verbeugungen, sein Morgengebet verrichtet. Bebe sah das, störte ihn aber nicht dabei, denn er erkannte diese wichtige Zermonie. Der Lkw setzte sich mit einem tiefen Röhren und Dröhnen in Bewegung, die Fanfahre ertönte laut und war im nu auf der Auffahrt zur Autobahn, wo gerade einige Männer damit beschäftigt waren, die Tomatenreste mit Besen, Schaufel und Wasser aus einem Tankwagen, zu entfernen. Im Straßengraben, auf der rechten Fahrbahnseite, lagen noch immer zahlreiche halbgefüllte Tomatenkisten. Langsam und sicher rauschte der große Skandia über diese schmierige, nasse Fahrbahndecke, die Anhöhe hinauf und war ohne Schwierigkeiten auf der Autobahn. Bebe bediente einen Hebel zwischen den Sitzen und der Lkw wurde merklich schneller und schneller. Vom Motor war jetzt nur noch ein leises Brummen zu hören. Aus dem Radio und den vier Lautsprechern ertönte ein Klavierkonzert an Ersans Ohren.
„So ist Lkw fahren ein wahrer Genuss, Bebe! Da kann man leicht 100 und 200 Kilometer und mehr ohne Stopp fahren.“
„Wer gut arbeitet, der muss es auch guthaben. Das ist die Parole von meinem Chef in Bukarest. Er nennt mich immer den Orient Expreß weil ich in drei Jahren noch nie unpünktlich meine Ware abgeliefert habe. Mir macht es riesigen Spaß, diese Strecke, Rumänien – Türkei, zu fahren.“
„Du bist wirklich zu beneiden! Es gibt wirklich noch andere Arbeit auf der Welt, als Ziegen zu hüten, Hühner, Enten und Truthähne zu züchten und Oliven und Mandeln zu ernten. Da hatten meine Mutter und mein Vater schon Recht. Es sind eben kluge Menschen!“
„Es ist schade, das du in deiner Heimat nicht mehr bleiben kannst. Du wirst einmal bestimmt, das glaube ich, ein sehr reicher Mann und wirst viel Gutes für die Mitmenschen tun. Ich wünsche dir schon jetzt dabei viel Glück und alles nur erdenklich Gute, Ersan!“
„Oh danke, es wäre zu schön, hättest du Recht, Bebe!“
So fuhren sie schweigend, nur der Musik im Radio lauschend auf der Autobahn in Richtung Istanbul.
„Schau mal da vor uns! Ist das nicht der Tomaten-Express?“
„Tatsächlich, das sieht von hinten genauso aus im Dunst der schwarzen Auspuffwolke.“
„Wie fährt der komisch. Wollen wir dem mal etwas aus der Straßenverkehrs Ordnung zeigen?“
Tatsächlich der vor ihnen, war der Dicke mit seinem Tomaten-Express. Ersan erkannte ihn jetzt an seiner noch immer verschobenen Tomatenkistenladung auf dem Anhänger.
„Er fährt so, als ob er ganz alleine auf der Autobahn wäre. Die kleinen Pkw`s kommen noch leicht an ihm vorbei, aber ein Fernlaster wie wir, noch dazu so schnell und stark, der braucht schon bißchen mehr Platz, mein Dicker da vorne. Der muss uns doch in seinem Rückspiegel