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Der Petition wurde abgeholfen

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Stuttgart, 05.05.97 Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg

Gegenstand der Petition

Der Petent wendet sich gegen die Handlungsweise von zwei Polizeibeamten wegen Nichtmitführens des Führerscheins anlässlich einer Verkehrskontrolle.

II. Die Prüfung der Petition ergab folgendes:

1. Sachverhalt

Der Sohn des Petenten kam am 05.02.97 mit dem Pkw des Petenten gegen 18.50 Uhr in eine allgemeine Verkehrskontrolle in Mannheim. Ihm wurden dabei von den Polizeibeamten des Verkehrsüberwachungsdienstes mittels beleuchteter Anhaltekelle Haltezeichen gegeben. Bei der Überprüfung konnte der Fahrer weder einen Führerschein noch einen Personalausweis vorzeigen. Dem Polizeibeamten erklärte er, dass er jedoch im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sei.

Als Nachweis der Identität wurde von dem Polizeibeamten ein Werksausweis mit Lichtbild anerkannt. Über Funk wurde dann festgesteilt, dass der Petent Halter des Fahrzeugs war. Die Führerscheinabfrage verlief negativ.

Der Betroffene wurde daraufhin von dem Polizeibeamten gefragt, ob bei ihm jemand zu Hause sei, der seinen Führerschein entweder direkt zur Kontrollstelle bringen oder bei einer Polizeidienststelle in der Nähe des Wohnortes vorlegen könnte. Dies wurde vom Fahrer verneint. Außerdem lehnte er es ab, zwecks weiterer Ermittlung des Sachverhalts zur Polizeidienststelle gebracht zu werden. Da auch der Beifahrer keinen Führerschein vorweisen konnte, wurde wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis der Fahrzeugschlüssel beschlagnahmt. Der Fahrer wurde auf sein Widerspruchsrecht gegen die Beschlagnahme hingewiesen. Nach § 33 Abs. 2 Satz 2 PoIG ist eine Beschlagnahmebescheinigung nur auf Verlangen zu erteilen.

Auf Nachfrage wurde den beiden Fahrzeuginsassen der Weg zur nächsten Telefonzelle sowie zur nahegelegenen Haltestelle der Deutschen Bundesbahn AG erklärt. Der Fahrzeuglenker rief daraufhin den Petenten an. Der Petent setzte sich telefonisch mit dem Dienstgruppenführer und Vorgesetzten der Polizeibeamten in Verbindung. Um die Aufhebung der Schlüsselbeschlagnahme und die Weiterfahrt seines Sohnes zu erreichen, wollte er ihm die Führerscheindaten telefonisch mitteilen. Dies wurde von dem Beamten mit der Begründung abgelehnt, dass diese Daten auch in Form einer Fotokopie oder Abschrift vorliegen könnten und eine Überprüfung deshalb nicht möglich sei. Er bot allerdings an, dass der Führerschein auf der nächstgelegenen Polizeidienststelle vorgelegt werden kann und die Kollegen die Daten dann mittels Telefon bzw. per Telefax übermitteln könnten.

Die Angabe des Petenten, dass er selbst Polizist sei, war für den Polizeibeamten kein Grund, den Sachverhalt anders zu beurteilen. Er erklärte dem Petenten, dass der kontrollierende Beamte wohl den Verdacht habe, dass sein Sohn nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sei. Aus diesem Grund sei zur Verhinderung der Weiterfahrt der Fahrzeugschlüssel polizeirechtlich beschlagnahmt worden. Die Schlüssel könnten jedoch jederzeit beim Verkehrsüberwachungsdienst des Polizeipräsidiums M. abgeholt werden. Auch sein Sohn könne den Fahrzeugschlüssel in Empfang nehmen, wenn der Verdacht gegen ihn nicht mehr bestehe. Im Laufe des Telefonats führte der Petent einige polizeiliche Abfrage- und Überprüfungsmöglichkeiten an. Der Polizeibeamte erläuterte, dass bei der üblichen „ZEVIS‘-Führerscheinabfrage kurzfristige Fahrverbote nicht erfasst seien. Des Weiteren bestünde die Möglichkeit, dass die kontrollierte Person noch nie im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sei bzw. diese erst vor kurzer Zeit entzogen bekommen habe. Der kontrollierende Beamte sei deshalb verpflichtet, bei solchen Sachverhalten weiterhin zu prüfen, ob die Angaben glaubhaft seien. Bestünden Zweifel an den Angaben des Betroffenen, sei die Maßnahme der polizeirechtlichen Beschlagnahme des Fahrzeugschlüssels verhältnismäßig.

2. Rechtliche Würdigung

Bei der Verkehrskontrolle konnte der Fahrzeuglenker seinen Führerschein nicht vorzeigen. Das Nichtmitführen des Führerscheins stellt für sich eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Der kontrollierende Polizeibeamte hatte zudem den Verdacht, dass der Fahrer nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine Straftat nach § 21 StVG.

Durch das Nichtmitführen des Führerscheins war eine Störung der öffentlichen Sicherheit gegeben. Weitere Ermittlungen seitens der Polizei gegen den Fahrer als Störer im Sinne des Polizeigesetzes waren erforderlich. Zur Abwehr der Gefahr für die Verkehrssicherheit kamen mehrere Maßnahmen in Betracht. Der Polizeibeamte vor Ort traf die am meisten belastende Maßnahme der Schlüsselbeschlagnahme und Untersagung der Weiterfahrt. Dies wäre nur dann zulässig gewesen, wenn eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit unmittelbar bevorgestanden hätte und die Glaubhaftmachung des Fahrerlaubnisbesitzes auf andere Weise nicht erreichbar gewesen wäre.

Bei pflichtgemäßer Ermessensausübung hätte der Polizeibeamte jedenfalls nach einem Telefonat mit dem Petenten von der Glaubhaftmachung des Fahrerlaubnisbesitzes ausgehen müssen. Die Auswahl der Mittel wurde von dem Beamten nicht ermessensfehlerfrei getroffen; die Maßnahmen entsprachen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Mindesteingriffs.

Die Entscheidung des vorgesetzten Polizeibeamten, in Kenntnis des telefonisch vorgetragenen Sachverhalts die Beschlagnahme- und Untersagungsverfügung aufrechtzuerhalten, war ebenfalls nicht ermessensfehlerfrei. Der Polizeibeamte bot dem Petenten als mildestes Mittel die Vorlage des Führerscheins auf der nächstgelegenen Polizeidienststelle an. Auch hier wäre das Telefonat mit dem Petenten zur Glaubhaftmachung des Fahrerlaubnisbesitzes des Sohnes des Petenten ausreichend gewesen.

3. Ergebnis:

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann der Petition nach Auffassung des Innenministeriums abgeholfen werden. Die beteiligten Beamten wurden über die Auffassung des Innenministeriums in Kenntnis gesetzt.

Ab sofort war dieses rechtswidrige Verwaltungshandeln beim Polizeipräsidium Mannheim Vergangenheit. Ich gab den Entscheid der Polizeischule Baden-Württemberg für die Ausbildung zur Kenntnis und veröffentlichte zudem einen Fachartikel.

Ich konnte meinen Schwur aus dem Jahr 1987 einlösen – mein Rechtsstaatsverständnis war wiederhergestellt.

Der Verkehrspolizist

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