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1.3 Das Ich

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Vernunftauge und pragmatische Einstellung

Damit unser Ich seine Bewertungs- und Veränderungsaufgaben erfüllen kann, braucht es zwei Kontrollorgane – wir wollen sie hier als Vernunftauge und als Synergieohr bezeichnen.

Vielleicht erinnern Sie sich noch, wie Sie in der Tanzschule das Tanzen gelernt haben oder im Sportunterricht das Kugelstoßen. Beim Erlernen so komplexer Bewegungsmuster gib es zwei grundlegende innere Einstellungen: In der pragmatischen Einstellung konzentriert man sich auf Korrekturen an den Details der Bewegung, die beispielsweise die Fußstellung oder die Körperhaltung betreffen. Hierbei helfen auch Korrekturen von außen, etwa durch Hinweise des Lehrers/Trainers oder auch durch den Blick in einen Spiegel. Diese auf Veränderungen am Detail gerichtete Perspektive wird uns vom Vernunftauge ermöglicht.

Teil und Ganzes

Da das Fenster unseres Bewusstseins aber so eng ist, können wir immer nur ein oder wenige Details gleichzeitig in den Blick unseres Vernunftauges nehmen. Auf diese Weise lässt sich zwar absichern, dass zum Beispiel die Stellung des rechten Fußes korrekt ist. Es lässt sich aber nicht erfassen, ob die Koordination der komplexen Gesamtbewegung des Körpers optimal ist. Diese ganzheitsbezogene Information liefert uns nun das Synergieohr in Form von Stimmigkeits- oder Unstimmigkeitsempfindungen, die wir als Synergiegefühle bezeichnen. Wir haben ein sicheres Gefühl für die Harmonie unserer Gesamtbewegung beim Tanzen oder beim Kugelstoßen.

Synergieohr und ästhetische Einstellung

Bei sehr komplexen Bewegungen, die dem perfekten Gelingen nahe sind, können sich die vom Synergieohr ausgehenden Synergiegefühle zu einer intensiven Funktionslust steigern. Sie weckt ein starkes Bedürfnis danach, diese Bewegungen immer und immer wieder auszuführen und womöglich noch auszubauen. Das ist ja der eigentliche Grund, warum wir tanzen oder Sport treiben. Und: Diese vom Synergieohr ausgehenden Stimmigkeitsgefühle sind natürlich auch die Grundlage der im Zusammenhang mit dem Flow-Zustand erwähnten Harmoniegefühle. Diese Tätigkeitseinstellung, die auf das Erspüren der Harmonie des Ganzen gerichtet ist, nennen wir ästhetische Einstellung.

Ein zweistufiger Prozess: Wir erarbeiten uns unter Führung des Vernunftauges in pragmatischer Einstellung die Teilbewegungen und fügen diese dann unter Führung des Synergieohres in ästhetischer Einstellung zu einem harmonischen Ganzen zusammen.

Beispiele

Diese Form der Zusammenarbeit gibt es in ähnlicher Form in der Wahrnehmung und im Denken: Ein Komponist »bastelt« unter Verwendung seines theoretischen Wissens mit dem Vernunftauge bestimmte Akkorde. Zwischendurch aber wechselt er immer wieder einmal in eine ästhetische Einstellung, um mit dem Synergieohr zu erspüren, ob sie sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen. Ein Physiker rechnet mit dem Vernunftauge an bestimmten Teilproblemen herum und befragt zwischendurch sein Synergieohr, ob ihn die Teilschritte hin zu einer stimmigeren, »schöneren« Gesamttheorie führen (er befragt seine »Intuition«). Überall, wo hochkomplexe Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen, spielen diese integrierend-ganzheitsbezogenen Intuitionen eine zentrale Rolle, insbesondere bei Führungsentscheidungen in Wirtschaft oder Politik.

Übrigens hat auch jede einfache Alltagstätigkeit vom Gehen bis zum Fensterputzen eine ästhetische Seite. Wenn wir uns nicht durch alle möglichen »Zwänge« unter Spannung setzen (lassen), uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren und wirklich achtsam für unsere Empfindungen sind, lässt sich auch solchem Tun Genuss entlocken. In der Folge kann man auch dabei einfache Flow-Erfahrungen machen.

Fazit

So leistet also das Vernunftauge die punktuelle Kontrolle/Bewertung der Teile und das Synergieohr die globale Kontrolle/Bewertung des Ganzen.

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