Читать книгу Die Ruhrpotters - Band V - ,Der Schrott is hot' - Dietrich Bussen - Страница 6
4. Kapitel
Оглавление«Lief doch bestens», stellte Klotz fest, während Finn wort- und bewegungslos in seinem Bett die Zimmerdecke über sich anstarrte. «Kannst stolz sein auf deinen Kumpel …»
Diese Worte wirkten auf Finn, wie der Anlasser beim Formel 1 Start. Ruckartig richtete er seinen Kopf in Richtung Klotz und schleuderte ihm entgegen: «Und wie, und wie ich stolz bin auf dich, na klar. Is man doch, wenn man behandelt wird, wie der letzte Depp von Brünninghausen.»
«Das siehste jetzt aber zu streng. Wie der letzte und auch noch Depp … Also wirklich Finn. Du bist eben ein kleines bisschen anders. Denk mal an deine Träume und so …»
«Das hat damit überhaupt nichts zu tun, aber sowas von überhaupt nichts. Als ich meiner Mutter die Geschichte mit den Fahrrädern erzählen wollte, säuselst du dazwischen: «Lass mich mal lieber. Der Finn muss die Sache von heute Nachmittag nämlich erstmal noch - wie soll ich sagen - die sitzt dem jetzt noch in den Knochen.» Und meine Mutter ganz aufgeregt: «Um Himmels Willen, was ist denn passiert?» Und dann verklickerste ihr die Märchen vom Markt - in verschärfter Form natürlich. Aber, unser Klotz, so richtig warmgelaufen, muss ja noch einen drauf setzen, und zwar so einen, dass ich dachte, ich muss den Notarzt rufen für meine Mutter. «Beinah hätt’s den Finn wirklich voll erwischt, wegen seiner Bremsen, die auch nich mehr funktionierten, total verrottet, und dann noch der Lastwagen beim Rechts-Abbiegen, toter Winkel und so, kennt man ja, was da alles passieren kann. Handbremse und Rücktritt, alles Schrott.» Und meine Mutter nimmt mich in den Arm und haucht: «Gott sei Dank, Junge. Dann war das vielleicht ne Fügung mit den Schlüsseln und dass die Räder jetzt weg sind. Man kann nur hoffen auf einem Schrottplatz. Nich, dass da noch anderen was … Darf gar nich dran denken … Mein Gott, Hauptsache dir is nix passiert.»
«Gut, das letzte war vielleicht ein bisschen heftig, aber vom Ergebnis her … sauber, sag ich mal, einwandfrei. Alle sind zufrieden, Mama hat dich lieb, was willste mehr. Mach locker, Alter. Alles geritzt, alles schön, echt. Mann, Finn, und kuck nich so. Ich wollte doch nur auf Nummer sicher … Weil, ich kenn dich doch. Mit dem Flunkern hast du’s eben nich so. Jeder das, was er am besten kann. Du träumst, ich flunkere. Du rettest mein Leben und ich deinen Arsch. Sieh das doch mal so. Und, Finn komm, Freunde, schlag ein. Deine Mutter hat zum Schluss auch wieder gelächelt.»
«Hoffentlich verquatsch ich mich nich mal», knurrte Finn.
«Egal, dann sag ich, du hast schlecht geträumt. Kannst dich auf mich verlassen.»
«Armleuchter.»
«Selber.»
Dann beschäftigte sich Finn wieder mit der Zimmerdecke.
Das braucht der jetzt, dachte Klotz. Oder auch nich. Kuck an, er dreht sich, und zwar in meine Richtung.
«Irgendwo hakt da was.»
«Geht’s noch genauer?»
«Wir arbeiten auf dem Schrottplatz von deinem Onkel. Jana und Edel helfen im Haus – is übrigens noch nich raus, ob die Mädels damit einverstanden sind. Is aber jetzt mal egal. Also, und dann, was passiert dann? Wir bekucken uns alles, schreiben bisschen was auf und zur gleichen Zeit machen die Nazis da ein Fass auf. Wir verstecken uns natürlich noch rechtzeitig, kriegen alles mit, und … Fall gelöst. Da hakt was ganz gewaltig, oder etwa nich.»
«Stimmt, und zwar bei dir, Professor. Logisch, dass es so nich läuft. Also weißte. Als ob wir die Bösen gleich am ersten Tag in Ketten legen und zur Polente schleppen. Ich glaub’s nich.»
Er setzte ein betont bekümmertes Gesicht auf und mit tiefer Enttäuschung in der Stimme beklagte er, dass er wieder einmal unterschätzt würde.
Das sei doch erst der Anfang gewesen, erklärte er. Dass sie erst mal rauf kämen auf das Gelände, und die sich freuten über unser Interesse und dass wir auch noch helfen würden. Vertrauen schaffen, würde man sowas nennen. Und, auch wichtig, dass sie wüssten, wo was wäre, zum Beispiel in dem Riesenschuppen, den er sich vor ein paar Monaten angeschafft hätte, und auch woanders. Und dass die nich stutzig würden, wenn sie vielleicht öfter kämen.
«Das is so wie … », er überlegte, «genau, das is so wie im Fußball: aufwärmen vorm Anpfiff, und dann geht’s erst richtig zur Sache. Verstehste?»
«Verstehe.»
«Und dann überlegen wir weiter. Und, ein kleines Träumchen von dir, schrottplatzmäßig, wär auch nich schlecht.» Ein Wir-sind-doch-Kumpel-Grinsen schickte er noch hinterher.
An diesem Abend überlegten Jana und Edel, was sie mal wieder zusammen mit den Jungens machen könnten.
«Seit Tagen is da Sendepause. Hatten wir noch nie.»
«Vorher waren meine Eltern auch noch nie im Krankenhaus.»
«Stimmt. Aber nich mehr lange.»
«Im Koma nich mehr lange. Vielleicht nur noch bis morgen oder übermorgen. Aber im Krankenhaus? Hab ich total vergessen zu fragen. Stell dir mal vor, glatt vergessen.» Jana kräuselte ihr Kinn, so wie meistens, wenn sie etwas nicht so richtig auf die Reihe kriegte.
«Keine Sorge. Hauptsache, du brauchst keine Angst mehr zu haben.»
«Stimmt auch wieder. War wirklich echt beschissen die letzten Tage.» Sie atmete tief durch. «Aber stell dir mal vor, heute wär wirklich was passiert.»
«Keine Ahnung. Deine Eltern …»
«Nich meine Eltern», unterbrach Jana, «die Jungs, ich meine die Jungs, mit den Fahrrädern. Stell dir mal vor mit Finn und dem Lastwagen, was da alles hätte …»
«Hätte, hätte Jana, is aber nich und vorstellen … bestimmt nich, müssen wir nich, weil, die sind putzmunter. Okay? Und soll ich dir mal was sagen, ich hab bei der Geschichte ein ganz komisches Gefühl. Die ganze Zeit hat nur Klotz geredet über den Unfall, also den beinahe, über die geklauten Fahrräder und seinen Vater mit dem Fahrgeld und dass Finn völlig fertig ist mit den Nerven. Kein Wort von Finn, die Hauptperson bei der Geschichte. Der hat nur dagesessen, hat komisch gekuckt, und du hättest mal sehen sollen, wie schnell der oben war, nachdem er sich aus den Armen seiner Mutter befreit hatte. Ich hab das genau mitgekriegt vom meinem Standort nebenan in der Küche. Irgendwas stimmt da nich. Das fühlt man als Frau.» Sie grinste. «Originalton Tante Trudel.»
«Ein Fake? Nee nich!»
«Klotz würd ich’s zutrauen.»
«Und wieso?»
«Das ist die entscheidende Frage», bestätigte Edel, «und bevor irgendwas mit seinem Onkel und seinem Schrottplatz läuft, sollten wir das klären. Vielleicht, dass es da Zusammenhänge gibt, und die fangen schon ohne uns an, weil ihnen das alles zu lange dauert, verstehste?»
«Verstehe.» Und wieder kräuselte es an Janas Kinn.