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Anfänge auf dem Aschenplatz
ОглавлениеVon seiner Mutter Regina, der erfolgreichen und mit einer olympischen Bronzemedaille dekorierten Sportgymnastin, habe er die Beweglichkeit und Geschmeidigkeit geerbt, von seinem Vater Souleyman die Explosivität und das Tempo, beschreiben langjährige Beobachter das Spiel von Leroy Sané. »Es war schon geil, wie der Kleine mit der Palmenfrisur über die Asche geschossen ist«, erinnerte sich auch Aytekin Samast an die gemeinsamen Tage mit dem jungen Fußballer, als er sich 2016 mit einem Reporter der Sport Bild auf den Aschenplätzen neben dem Lohrheidestadion traf. Samast war Leroy Sanés Trainer in der U9 und U10 der SG Wattenscheid. Größter Erfolg: 2005 wurde die SG mit Trainer Samast und Stürmer Sané NRW-Vizemeister hinter Bayer 04 Leverkusen. Siegprämien waren Süßigkeiten wie Gummibärchen, Schokoriegel oder Milchschnitten.
Schon früh erkannte Samast, dass er ein Ausnahmetalent unter seinen Fittichen hatte: »Leroy war extrem schnell, technisch überragend und vor allem physisch sehr weit. Er hatte schon mit neun Jahren einen Sixpack und eine ausgeprägte Nackenmuskulatur. Die anderen Kinder waren gegen ihn schmal.« Leroy Sané entwickelte auch schon in jungen Jahren Interesse an Taktik und Teamchemie. Nach den Halbzeitansprachen des Trainers habe er häufig vor seinen Mitspielern in der Umkleidekabine das Wort ergriffen und Anweisungen gegeben, berichtete Samat. Kritik habe der junge Fußballer als konstruktiv empfunden: Er schaute seinen Trainer dann mit großen Augen an und nickte. Samast: »Anders als viele andere Jungs in dem Alter war er nach der Kritik nie eingeschnappt. Er wollte lernen.«
2005 trennten sich die Wege. Samast übernahm den Bezirksligisten Hedefspor Hattingen, an Sané waren große Clubs wie Borussia Dortmund, der FC Schalke 04 und der VfL Bochum interessiert. Der Neunjährige schloss sich der Knappenschmiede an, dem Nachwuchsleistungszentrum von S04. Drei Jahre blieb er dort, ehe er im Sommer 2008 gemeinsam mit seinem ein Jahr älteren Bruder Kim, der bis dahin in der Jugend des VfL Bochum gespielt hatte, zu Bayer 04 Leverkusen wechselte. 2009 folgte auch sein sieben Jahre jüngerer Bruder Sidi in die Talentschmiede am Rhein. »Jeder Verein hat in der Ausbildung eine eigene Philosophie«, erinnerte sich Vater Souleyman Sané in einem Kicker-Interview. »Also habe ich gesagt, so ein Wechsel könnte für die Entwicklung sinnvoll sein. In Leverkusen steht die spielerische und individuelle Förderung etwas mehr im Vordergrund. Auf Schalke wird der Mannschaftsgedanke noch größer geschrieben. Es war gut, beides kennenzulernen.«
»Anders als viele andere Jungs in dem Alter war er nach der Kritik nie eingeschnappt. Er wollte lernen.«
Jugendtrainer Aytekin Samast über den jungen Leroy Sané
Die Sané-Söhne bezogen jedoch keine Zimmer im Sportinternat Leverkusen, sondern lebten weiterhin unter dem elterlichen Dach in Bochum-Wattenscheid. Leroy besuchte die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen. Den täglichen Fahrdienst für die knapp 80 Kilometer über die stauträchtigen Autobahnen des Ruhrgebietes nach Leverkusen übernahmen zunächst die Eltern, danach Chauffeure von Bayer. 2011 kehrten die Brüder zu Schalke zurück. »Es gab irgendwann ein kleines Fahr-Problem«, erinnerte sich in der Bild-Zeitung der damalige Leiter der Bayer-Nachwuchsabteilung, der langjährige Bundesliga-Profi und -Trainer Jürgen Gelsdorf. »Wir haben alles versucht, aber wir konnten ihn leider nicht halten. Das tut mir heute noch weh, doch wir mussten es akzeptieren.«
Gelsdorf bot den Sané-Brüdern die Unterbringung bei einer Gastfamilie an, Mutter Regina eine Stelle als Trainerin und Vater Souleyman eine Position als Scout – alles vergebens. In Gelsdorfs Büro hängt dem Vernehmen nach noch heute ein Foto des jungen Leroy Sané jubelnd im Bayer-Dress. Immerhin profitierte Leverkusen fünf Jahre später vom Transfer zu Manchester City. Die Ausbildungsentschädigung im Regelwerk der FIFA sieht vor, dass sämtliche Vereine, für die ein Spieler zwischen seinem zwölften und 23. Lebensjahr spielte, prozentual an der Ablösesumme beteiligt werden. Bei Leroy Sané waren dies für Bayer immerhin knapp 375.000 Euro.