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6.

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Das Fischerboot kämpfte sich durch den Wellengang, der es immer wieder ruppig anhob, um es dann in das nächste Wellental hineinschießen zu lassen. Eine solche Fahrt war unangenehm genug, fand er, immerhin waren die Wellen ein paar Meter hoch, für jemanden, der zum ersten Mal auf so einem kleinen Boot unterwegs war, bereits zu hoch. Dazu kam ein scharfer Wind, der ihm unangenehm ins Gesicht schlug, wenn er draußen auf dem Deck stand, so wie jetzt. Aber dass diese Reise auch noch in der Nacht stattfinden musste, machte es noch viel schlimmer. Bei Tageslicht hätte er wenigstens gesehen, wann das Schiff von den Wassermassen in welche Richtung geschoben wurde. Nicht einmal ein paar Sterne waren am wolkendichten Himmel zu sehen. Vorne und am Heck leuchteten Positionslampen, am Bug außerdem ein Scheinwerfer, dessen Licht sich jedoch in der Weite dieser scheinbar unendlichen Dunkelheit verlor.

Der Kapitän steuerte den knapp zwanzig Meter langen Kahn auch noch diagonal durch die Wellenlinien, sodass das Boot nicht einfach nur nach vorne, sondern auch zur Seite schwankte. Ihm war übel. Zweimal hatte er sich schon übergeben. Nun stand er auf dem Deck an der Reling in der Hoffnung, die frische Luft würde seiner Übelkeit endlich entgegenwirken. Vorsichtshalber hatte er sich an der Reling angeleint, um nicht durch einen unbedachten Schritt über Bord zu gehen, und versucht, sich nur auf das Atmen der Seeluft zu konzentrieren. Leider war sein Magen solchen Argumenten nicht zugänglich, sondern zog es vor, sich zu entleeren. Da er keinen Sinn darin sah, gegen die Reaktionen seines Körpers anzukämpfen, gab er auf und hoffte, diesen unangenehmen Teil der Reise schnell hinter sich zu bringen.

Das Boot erhielt zum wiederholten Mal einen Schlag, so empfand er es zumindest, und der Bug hob sich erneut in die Höhe, um danach wieder in die Tiefe zu tauchen. Er überlegte, ob er sich aus seiner sicheren angeleinten Position neben der Tür zum Mannschaftsraum herauswagen sollte, um sich zum Kapitän des Schiffes am Steuer vorne in dem geschützten kleinen Steuerraum vorzukämpfen. Der unklare Füllstand seines Magens ließ ihn jedoch von der Idee Abstand nehmen. Er hatte auch keine rechte Idee, was er dort sollte, vielleicht einmal mit Schwung Mageninhalt über das Steuer gießen.

Hinter ihm knarrten die Ausleger laut, an denen die Mannschaft bei besserem Wetter die Netze für den Fischfang vorbereiteten. Das Geräusch des beanspruchten Materials übertönte kurz das laute Brummen der Motoren, die das Boot dem Ziel entgegen schoben, einem Treffpunkt mitten im dunklen Meer. Er wagte nicht darüber nachzudenken, wie er bei dem Wellengang mit seiner Ausrüstung unbeschadet auf das andere Boot wechseln sollte. Der Kapitän war ein nicht sehr redseliger grauhaariger Mann. Er hatte gerade noch geschafft, seinen Namen zu nennen, LeClerk oder so ähnlich, und dann in einem sparsamen Halbsatz versprochen, der Seegang würde sich bis zum Morgengrauen beruhigen.

Er fluchte, als die Gischt ihn zum wiederholten Male traf. An irgendeiner Stelle war seine wasserfeste Bekleidung undicht, denn er fühlte, wie ihm das Wasser über den Rücken und an den Beinen entlang lief. Er war müde und erschöpft. Erst war er tagelang in wechselnden Fahrzeugen, meistens auf einer engen Rückbank liegend, durch drei Länder gefahren worden, Tausende Kilometer auf schlechten Straßen, abseits der kontrollierten Autobahnen. Schlaglöcher hatten drei unnötige Stopps erfordert, um beschädigte Reifen auszutauschen. Nur einmal hatte er eine Nacht in einem alten heruntergekommenen Bauernhof im französischen Niemandsland verbracht und auf einer durchgelegenen Matratze geschlafen, die er sich mit diversem Ungeziefer teilen musste, die anderen Nächte blieben den Rückbänken vorbehalten. Dazu gab es Essen nur bei kurzen Pausen auf Feldwegen abseits der Straßen, die sie benutzten. Sein Fahrer versorgte ihn mit mitgebrachten Sandwiches und Brötchen aus Kühlboxen, dazu meist lauwarmem Kaffee und Wasser. Der Komfort in Bezug auf tägliche Hygiene und Toilettengänge hätte sich nur unter Verwendung unflätiger Schimpfworte beschreiben lassen.

Die Autoreise endete zunächst in der Nähe von Málaga in einer billigen Absteige, in der es zumindest eine Dusche, frische Wäsche und landestypisches Essen gab. Am vergangenen Abend hatte ihn dann ein alter rostiger Kastenwagen abgeholt und zum Strand gefahren, wo ein Schlauchboot auf ihn wartete. Im Nachhinein war er froh, dass William Lohring, kurz Will genannt, ihm nicht erklärt hatte, wie die Reise ablaufen würde, sonst hätte er sich wahrscheinlich dagegen entschieden. Dies war sehr weit entfernt von der Art, in der er sein Leben sonst verbrachte. Und diese Reise sollte noch fast zwei Tage dauern. Seine Laune sank bei diesem Gedanken noch ein wenig tiefer und sein Magen signalisierte das Auffinden eines Restes, der der Überlegung wert war, ihn auch noch zu entsorgen. Der Weg für den Abtransport war zumindest vorbereitet.

Aber Will hätte vermutlich ein Nein nicht geduldet. Diese Aktion war trotz der Gefahren, denen er sich möglicherweise aussetzte, zu wichtig. Seine potenziellen neuen Geschäftspartner erwarteten ihn in Marokko, um sich von seiner fantastischen Idee zu überzeugen. Er benötigte ihr Geld und die Sicherheit, die sie ihm bieten konnten. Sie würden durch ihn möglicherweise Milliarden verdienen. Auch Will setzte seine Hoffnungen auf ihn. Wenn ihr Plan gelang, würde das Ergebnis wie ein Erdbeben einen ganzen Kontinent erschüttern und Machtverhältnisse neu sortieren.

Will hatte die Investoren aufgetrieben, die bereit waren, in sein Vorhaben finanziell einzusteigen. Es war keine Frage, ob sie der Eigennutz trieb und nicht die Aussicht auf eine bessere Welt. Aber vielleicht war das bei ihm selbst auch nicht der Fall. Es war wohl eine Definitionsfrage, was man darunter verstand. Seinen eigenen Plan hatte er aus guten Gründen für sich behalten.

Das Boot schwankte wieder bedenklich und das Wasser kam dem Deck bedenklich nahe. Er spürte das Tau an seiner Hüfte, das ihn an seiner Position festhielt, während seine Füße auf dem nassen Boden kaum Halt fanden. Das Boot stieg in den nächsten Wellenberg auf und er spürte einen Krampf im Bauch. Wieder schob sich etwas Säuerliches aus der Speiseröhre in seinen Mund. Er spuckte aus.

Jemand kam mit aus seiner Sicht unverschämter Sicherheit über das Deck gelaufen. Eine kräftige Gestalt in einer Öljacke hielt vor ihm und schenkte ihm einen Blick, der sich unentschlossen zwischen Spott und Mitleid bewegte.

>> Wir sind bei Treffpunkt gleich!<<, brummte der Mann in schlechtem Englisch mit hartem spanischen Akzent. Mit einer Hand fuhr er sich durch seinen wuchernden Bart, der ihn zusammen mit den vielen Falten an den Augen alt aussehen ließ.

>>Sie gehen rein, etwas essen trinken! Nicht gut aussehen!<<

Der Bärtige deutete auf die Tür zum Mannschaftsraum.

Er nickte und löste das Tau um seine Hüften. Auf zitterigen Beinen traute er sich unter Deck. Der Mief, der ihm entgegenschlug, eine Mischung aus fauligem Fisch, kaltem Zigarettenrauch und scharfem Schweißgeruch, ließ seinen Magen sofort wieder rebellieren. Er rülpste laut und hielt sich die Hand vor den Mund. Sogar seine Finger zitterten. Sein Kreislauf machte sich nun auch noch bemerkbar dank allmählicher Unterzuckerung. Das schummrige Licht aus ein paar Deckenleuchten fiel auf einen Tisch neben einer minimalistischen Küchenzeile mit Waschbecken, Propangaskocher und ein paar Schränken. Farbe blätterte von den Wänden, die wohl einmal blau gestrichen worden waren, vor Jahrzehnten zum Stapellauf.

Der Mann in der Öljacke drängte sich an ihm vorbei und bückte sich vor einen Schrank der Küche. Dann stellte er eine Wasserflasche und ein kleines silbernes Päckchen auf den Tisch.

>>Wasser und Zwieback. Gut für Seekrankheit. Kommt leichter wieder raus!<<

Der Seemann zwinkerte ihm zu. Er nickte schwach, setzte sich an den Tisch und zwang sich dazu, den Zwieback aus der wasserfesten Verpackung zu essen und ein paar Schluck Wasser zu trinken, während der Bärtige, dessen Namen er nicht einmal kannte, ihm dabei zuschaute. Erstaunlicherweise protestierte sein Magen nicht gegen das Essen.

>>Eigentlich Wetter im Mittelmeer ist harmlos. Aber ist etwas viel Seegang für Sie?<<, grinste der Seemann.

>>Ich bin froh, wenn ich wieder festen Boden unter mir habe!<<, erwiderte er und wägte kurz ab, ob der letzte Bissen, den er heruntergezwungen hatte, noch einmal draußen nach dem Rechten schauen wollte, aber er entschied sich dafür, endlich wieder die Kontrolle über seinen Körper übernehmen zu müssen und atmete kontrolliert einige Male durch. Es wurde tatsächlich besser. Allmählich ließ das Zittern seiner Finger nach. Sein Kreislauf schien sich wieder zu erholen.

Minuten später öffnete sich die Tür nach draußen wieder und ein junger blonder Mann in Ölzeug schaute herein.

>>Wir sind gleich am Absetzpunkt! Fertigmachen Umsteigen!<<, rief er und schloss die Tür wieder.

>>Holen Sie Ausrüstung! Ich räume Essen weg!<<, sagte der Bärtige.

Er stand auf und betrat die beengte Schlafkoje hinter der Küche, in der sich die Betten für die vier Mannschaftsmitglieder und den Passagier befanden. Er griff nach der wasserdichten Tasche mit seiner Ausrüstung, die insbesondere aus seinem Touchbook, einem USB-Stick, mehreren Plastikkarten mit integriertem Chip, einem passenden Gerät zum Beschreiben dieser Karten und einem Mobiltelefon bestand, und kehrte an Deck zurück.

Die Sonne beleuchtete bereits einen schmalen Streifen des Horizonts. In kurzer Zeit würde es deutlich heller sein, zu hell, für das, was sie vorhatten. Sie würden sich also beeilen müssen. Der junge Mann tippte ihn an die Schulter und deutete zum Heck des Bootes.

>>Das andere Boot hält Kurs auf uns. Sie haben per Sprechfunk bestätigt, dass sie auf Kurs sind. Sie müssen sich beeilen. Der Torpedo ist bereit.<<

>>Torpedo!<<, wiederholte er fassungslos und ließ den Mund offen stehen.

Es fröstelte ihn ein wenig, als er ahnte, was ihm nun bevorstand. Der Kapitän hatte ihm gesagt, die beiden Boote dürften sich nicht direkt begegnen. Es gäbe aber einen einfachen Weg, ihn auf das andere Schiff zu bringen. Mehr hatte der Kapitän nicht gesagt und er hatte angenommen, jemand würde ihn in einem kleinen Schlauchboot auf einen magenzerreißenden Trip schicken.

Der junge Mann führte ihn zum Heck des Bootes, wo ein gut zwei Meter langes und etwas mehr als einen halben Meter durchmessendes Objekt mit mehreren Finnen auf dem Deck nahe der Bordkante lag, befestigt an mehreren Tauen, die an einem Kran hingen, von dem aus eine Lampe das Heck beleuchtete. Auf der Oberseite des Objekts ragten zwei Rohre in die Luft, Schnorcheln einer Tauchermaske nicht unähnlich. Daneben lag eine feste Plane, unter der das Objekt vermutlich bis vor Kurzem versteckt worden war.

Der junge Mann hantierte an dem torpedoähnlichen Gegenstand und öffnete ihn auf der Oberseite. Neugierig schaute er hinein. Die Öffnung war groß genug, um mit den Beinen zuerst in den Behälter einzusteigen und dann in den Torpedo hineinrutschen. Der Deckel, den der junge Mann zur Seite geklappt hatte, enthielt die Schnorchel. Auf der Unterseite des Deckels baumelten zwei kurze flexible Schläuche mit ovalen Aufsätzen.

Es würde keinen Sinn machen, sich zu weigern, in diesen schwimmenden Sarg einzusteigen, denn es gab offensichtlich keine Alternative außer Brustschwimmen.

>>Hat das Ding wenigstens einen Antrieb?<<, fragte er den jungen Mann.

Sie durften die Aufmerksamkeit der marokkanischen Küstenwache nicht auf sich lenken. Immerhin befand sich dieses Boot bereits in Gewässern, die nicht mehr zu Spanien gehörten. Damit machte sich die Besatzung verdächtig, möglicherweise als Schlepper zu agieren, worauf schmerzhafte Strafen standen, das Versenken des Bootes inklusive.

>>Nein, der Torpedo besteht nur aus Holz. Nicht ortungsfähig! Keine Angst, das Ding schwimmt hervorragend, auch bei stärkerem Seegang. Es ist komplett abgedichtet und innen sogar mit einer Folie abgeklebt, die Nässe abhält und Infrarot isoliert. Sie bleiben darin trocken und warm. Luft bekommen Sie durch die beiden Atemrohre, wenn Sie im Innern eines der Mundstücke benutzen. Auf der Unterseite ist zusätzliches Gewicht eingebracht, damit der Torpedo seine Lage beibehält und nicht rollt. Es wäre unangenehm, wenn die Atemrohre dauerhaft unter Wasser gerieten. Na ja, das Ganze dauert etwa eine Stunde, dann sind Sie an Bord des anderen Bootes.<<

Fantastisch! Die Leute, die sich dieses Ding ausgedacht hatten, hatten offensichtlich an alles gedacht. Hightech der Holzklasse. Was konnte er mehr erwarten? Vielleicht noch Bordservice und Papiertüten?

>>Und wenn nicht? Nicht ortungsfähig heißt, die Küstenwache kann mich übersehen, das andere Boot aber auch!<<, entgegnete er und betrachtete den Torpedo misstrauisch. Darin sollte er im Mittelmeer treiben, von den Wellen hin und her geworfen, und hoffen, er würde von den richtigen Leuten gefunden?

>>Machen Sie sich darüber keine Gedanken! Wir haben das schon ein paar Mal gemacht und es hat sehr gut funktioniert! Es gibt einen kleinen Sender mit einer Reichweite von etwa zweitausend Metern. Damit findet man Sie, wenn man nach Ihnen sucht<<, beruhigte ihn der junge Mann und machte eine einladende Handbewegung.

>>Wenn ich Sie absetze, erschrecken Sie nicht. Ich werfe noch ein paar andere Sachen ins Wasser.<<

Der Blonde deutete auf ein paar Fässer und Kartons, die an der Bordwand standen.

>>Soll halt aussehen, als würden wir ein bisschen Müll abladen!<<

Er atmete tief durch. Bereit fühlte er sich nicht, eher als wenn nach seinem Magen auch sein Darm auf Entlastung plädierte.

Ein eiskaltes Frösteln erfasste seinen Körper, als er den primitiven Schwimmkörper bestieg. Seine Tasche fand genug Platz oberhalb seines Kopfes in einer separaten Box. Seine Finger zitterten sichtbar, während er sie dort hineinstopfte. Sein Atem ging deutlich schneller.

>>Wenn das Ding undicht ist und mein Touchbook nass wird, ist mein Auftrag erledigt<<, stöhnte er, während die Angst ihm einflüsterte, dass es besser wäre, dieses Ding wieder zu verlassen.

>>Vertrauen Sie uns!<<, beruhigte ihn der Junge, der dieses Schwimmgerät bestimmt noch nie benutzt hatte.

Er rutschte mit dem gesamten Körper in die enge Röhre. Sein Körper lag direkt auf der wasserdichten Folie. Genau genommen lag sein Körper in der durchnässten Kleidung und dem gummiartigen Mantel in einer gut isolierten Ein-Mann-Sauna. Zumindest blieb damit die Aussicht darauf, dass das Frösteln wieder weggehen würde.

>>Benutzen Sie bitte Handtücher und setzen Sie sich nicht direkt auf die Holzbänke.<<

Leider erheiterte ihn sein eigener Witz nicht.

Zum Glück war er noch zu jung für ein Rückenleiden, denn der Untergrund war unangenehm hart. Sein Kopf stieß gegen die Wand der Box, in der seine Tasche steckte.

>>Bleiben Sie einfach ruhig und atmen Sie entspannt durch ein Mundstück! Viel Erfolg!<<, hörte er den Jungen, der über ihm die Öffnung schloss. Das Licht des Scheinwerfers wurde von vollständiger Dunkelheit abgelöst.

Er hatte genug Platz, um seine Hände zu bewegen, und legte sie auf die Brust. Über seinem Kopf blieben noch fast zwei Handbreit Luft. Er fingerte nach einem der Mundstücke und setzte es sich vor den Mund. Beim Einatmen stellte er fest, dass ein Ventil das Rohr vor dem Eindringen von Wasser sicherte und damit das Atmen etwas erschwerte. Das bedeutete wohl, er konnte nur dann schluckweise Salzwasser durch das Rohr einatmen, wenn es vor dem Ventil stand.

Es wurde ernsthaft Zeit, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob er Platzangst hätte und ob man von Salzwasser gut erbrechen konnte. Sollte das der Fall sein, würde er es in Kürze wissen und konnte dann auch gleich probeweise in Panik geraten.

Als der Torpedo mit einem Mal in die Höhe gezogen wurde und dabei hin und her schwankte, zuckte er zusammen und suchte reflexhaft mit den Händen und Füßen nach Halt. Aber sein neues Beförderungsmittel war zu eng. Er konnte darin seine Position kaum verändern. Er stützte sich mit den zitternden Händen innen an der Oberseite des Torpedos ab und begann leise vor sich hinzufluchen, während seine Zähne hektisch aufeinanderschlugen.

Der Schwimmkörper neigte sich mit seinen Füßen nach unten. Ein Gefühl wie in der Achterbahn oben am höchsten Punkt kurz vor der Schussfahrt in die Tiefe. Er hasste solche Fahrgeschäfte, in denen man unkontrolliert nach allen Regeln der Physik um Verstand und Haltung gebracht wurde. Holztorpedos würden für ihn ab nun auch zu dieser Kategorie gehören.

Es ruckte, als der Torpedo von den Tauen gelöst wurde, die ihn am Kran hielten, und über die Deckkante stürzte. Der Aufprall auf dem Wasser war unerwartet heftig und er schrie vor Angst auf. Der Torpedo tauchte kurz ins Meer ein und legte sich dann in seine Schwimmposition. Er stieß sich den Kopf beim Aufprall auf dem Wasser an der Box. Der Schmerz ließ ihn aufstöhnen.

>>Dreck! Das mache ich nicht noch mal!<<, presste er heraus, um seine Stimme zu hören. Er war kurz davor, in Tränen auszubrechen. Das Aufklatschen weiterer Objekte auf dem Wasser lenkte ihn für einen Moment ab. Der Müll wurde entsorgt.

Ihm fiel ein, dass er nicht gefragt hatte, wie er den Deckel von innen öffnen konnte. Er tastete die Innenseite des Torpedos ab, fand aber nichts, das sich nach einem Riegel oder Hebel anfühlte. Platzangst verspürte er nicht, aber der Umstand, dass er sich offensichtlich nicht aus dem Behälter befreien konnte, bewirkte kontinuierlich stärkeres Herzklopfen. Aber er hatte ja noch einige Zeit, sich in die Idee, in einem echten schwimmenden Sarg zu liegen, hineinzusteigern.

Das dröhnende Geräusch der Schiffsmotoren entfernte sich und wurde vom Geräusch der Wellen und des Windes überlagert, einem Geräusch, das in Wellnesseinrichtungen für Beruhigung sorgte. Hier hatte es eine andere beklemmende Wirkung und eine zusätzliche auf seine Verdauungsorgane.

Er war allein, irgendwo im Mittelmeer, eingesperrt in einen kleinen schaukelnden Holzbehälter, und konnte nur darauf warten, dem anderen Boot ins Netz zu gehen. Sollte etwas schiefgehen, würde er noch nicht einmal einen letzten Sonnenaufgang zu sehen bekommen.

Sonnenkaiser

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