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Die Vineta-Legende

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Im Grunde ist es falsch, von „der“ Vineta-Legende zu sprechen. Es gibt nämlich vier Orte an der Ostsee, die meinen, dass die untergegangene Stadt Vineta sich in ihrer Nähe befunden hat. In jeder erzählt man daher die Legende auch auf andere Weise.


1956 auf Koserow

Es sind dies Koserow auf Usedoms schmalster Stelle, Ruden, Wollin und Barth.

In Koserow, auch die Perle Usedoms genannt, hörte ich erstmals Mitte der fünfziger Jahre von VINETA.

Und jetzt, Jahrzehnte später, lese ich wieder auf der „Vineta“ von der Vineta.

Ja, Sie haben richtig gelesen.

Es ist die „Sage von der versunkenen Stadt Vineta“, die ich auf dem Motorschiff „Vineta “ im Inland, nämlich auf dem Fahrgastschiff auf dem Goitzschesee gelesen habe, und es ist die Sage, die sich eigentlich die Stadt Barth, in der DDR der nördlichste Flughafen für Urlauber gewesen, zugeeignet hat.

Jetzt aber sind wir nicht an der Ostsee, auch nicht in Barth, sondern auf dem „MS Vineta“ und lesen die Legende von der versunkenen Stadt auf der Speisekarte.

Danach hat es in der Erwähnung eines Ibrahim ibn Jaqub um 965 eine Stadt am Meer gegeben, deren Größe selbst Konstantinopel übertroffen haben soll, und deren Bewohner mit allem Reichtum dieser Welt gesegnet gewesen sein sollen. Das aber machte sie leichtsinnig und übermütig. Orgien und viele andere Laster bemächtigten sich ihrer und sie trieben es immer schlimmer, verspotteten ihre Götzen, oder so sie Christen waren, ihren einzigen Gott.


Die Völlerei griff um sich, sie wurden so dick, dass sie nicht mehr durch die Türen ihrer Häuser passten oder auch nicht mehr hinaus gehen konnten.

Da erschien eines Tages ein Schäferjunge vor den Toren der Stadt und bat um ein Almosen, das sie ihm verweigerten. Sie verspotteten ihn und warfen mit Steinen nach ihm und seiner Herde.

Der Schäferjunge aber sprach zu ihnen mit einer Stimme, wie man sie noch nie gehört hatte, engelsgleich, und ermahnte sie zu Züchtigkeit und Sitte zurück zu kehren, oder eine große Welle werde sie verzehren.

Sie lachten ihn aus und lebten weiter in Saus und Braus.


Aber es kam, wie es der Junge geweissagt hatte:

Eine riesige Woge ergoss sich über die Stadt und das Land und riss alles mit in die Tiefe.

Seitdem gibt es die Stadt Vineta nicht mehr.

Nur bei ganz ruhigem Wasser und klaren Mondnächten kann man sie in der Tiefe des Meeres erblicken, und noch immer laufen in ihren Straßen die Leute in luxuriösen Gewändern, sitzen an üppig gedeckten Tafeln und wenn die Glocke zum Gebet ruft, scheren sie sich nicht daran.

Nur einmal im Jahr wenn die Glocke ruft, taucht die Stadt für einen Moment aus der Tiefe auf.

Wer sie dann aber sieht oder dem Ruf der Glocke folgt, wird mit in die Tiefe gerissen.


Ich denke mir, egal wo auch immer Vineta gewesen sein soll, so ist es doch nur eine volkstümlichere Legende, eine anderen biblische Geschichte von dem Untergang von Sodom und Gomorra und den Trompeten von Jericho. Auch an die Wahrhaftigkeit eines solchen Tsunami, denn um einen solchen muss es sich gehandelt haben, lässt sich an der Ostsee schwer glauben.

Aber was wäre das Wasser an sich und das Meer insbesondere, würden sich nicht tausende von Legenden darum ranken, die einmal die Schönheit und mal das Verderben bezeugen.

Wo also lag Vineta?

Das kann doch so schwer nicht sein, wenn man Beobachtungspunkte an allen vier Stellen errichtet und ein Jahr lang genau hinschaut…irgendwann soll die Stadt ja der Legende nach im Jahr auftauchen.

Nun haben wir aber Glück gehabt, die Glocke der „MS Vineta“ schlug nicht an, und es gab auch keine große Woge, die Mann und Maus in die Tiefe gerissen hätte.

Nein, weggebracht hat uns unser Autobus, und zwar zum nächsten Veranstaltungspunkt bei dieser Reise vom „Wörlitzer Park“ über den Goitzschesee zur Keramikscheune Spickendorf.

Seit einundzwanzig Jahren gibt es sie, und es ist wirklich beeindruckend, was in dieser Zeit gefertigt und zusammen getragen wurde.

Große Hallen, Gänge und eine gewaltige Freifläche geben dem Besucher die Möglichkeit zum Staunen und Kaufen. Selbst Pflanzen mit und ohne dazu passendes Gefäß kann man erwerben.

Fotos, noch dazu in schwarz-weiß, können kaum den Eindruck vermitteln, den der Besucher bekommt.




Gleich daneben und über die Freilichtausstellung erreichbar, die „Bauernschänke“ mit einem umfangreichen Angebot, einer sehr guten Kaffee- und Eiskarte, die keine Wünsche offen lassen.

Dass im Gesamtkomplex auch Demonstrationen der Fertigungsprozesse stattfinden, entnahmen wir dem Jubiläumsprogramm.

Thüringische Spezialitäten, Lauschaer Glaskunstpräsentationen, eine Orchideenausstellung mit Vorträgen zu Pflege und Vermehrung, Töpfereien, Keramikmalereien, das alles und noch mehr wurde angeboten.

Es fiel uns schwer die Keramikscheune zu verlassen, aber das nächste Reiseziel wartete auf uns.

Persönlich war ich besonders neugierig darauf, denn mit Reisegruppen in meiner Eigenschaft als Reiseleiter bin ich schon oft dort gewesen. Was würde sich verändert haben, insbesondere nach dem großen Hochwasser, das auch den „ Wörlitzer Park “ nicht verschont hatte.


Gleich bei der Busankunft sah ich, dass bei der Restaurierung des Gebäudes „Zum Eichenkranz“, das einst eine sehr angenehme Gastronomie in seinem Innern hatte und sozusagen als das Eingangstor zum Park betrachtet wurde, enorme Fortschritte erzielt wurden.

Der „Wörlitzer“ Park gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO und ist der erste und bedeutendste Park angelegt wurde. Er ist in vier Gärten und mehrere Inseln gegliedert und vereint in seinem Gelände Bauten und Skulpturen aus vielen Stilen und Epochen.

Was man gar nicht mehr glauben will, ist, dass Wörlitz bereits 965 als Burganlage dokumentiert ist. Es wird angenommen, dass die Stadtrechte um 1440 von Fürst Georg von Anhalt-Dessau vergeben wurden, denn von 1034 bis 1918 war Wörlitz im Besitz askanischer Fürsten. Der „Alte Dessauer“, Fürst Leopold von Anhalt-Dessau ließ das Sumpfland um die Ortschaft Wörlitz entwässern.

Vom 18. bis 19. Jahrhundert entstand dann der 112,5 Hektar große Landschaftspark, den Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau („Vater Franz“ genannt) als Sommersitz nutzte.


Die Parkanlage kann man auch als großes Arboretum bezeichnen, denn 111 Nadel- und 818 Laubgehölzarten gibt es.

Auffallen für mich war, dass die „Amtsfähre“ offenbar nicht mehr in Betrieb ist, die sonst die Parkbesucher auf eine Insel brachte, von der aus sie über unterschiedlichste Brücken sich den Park und den Elbwall mit einer Vielzahl Tempeln und Plastiken erschließen konnten.

Stattdessen standen eine Anzahl Gondeln bereit, die jeweils zirka fünfzehn Personen Platz boten.

Nicht alle Objekte konnte man daher so gut betrachten, wie diese „Goldene Urne“ von 1769 mit den sterblichen Überresten einer anhaltinischen Prinzessin, die einmal Königin werden sollte.



Unser Gondelerie, der sich sehr wortkarg zeigte und kaum Erklärungen abgab, konnte mir auch nicht sagen, ob noch alle Wege begehbar sind, oder ob das Hochwasser zu Zerstörungen geführt hat. So ging zumindest für mich die „Umgondelung“ einer Insel enttäuschend zuende. Die wirklichen Schönheiten des Parkes mit dem „Gotischen Haus“, dem „Nymphäum“, dem „Venustempel“, dem „Pantheon“ oder dem „Floratempel“ blieben unseren Augen teils verborgen, teils wurden sie nur in der Ferne gesichtet, aber nicht erklärt.

Schade, aber für so Manchen war diese Gondelfahrt und die Fahrt auf dem Goitzschesee mit dem „MS Vineta“ und seiner Legende von der untergegangenen Stadt VINETA das schönste Erlebnis.

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