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Konzepte und Kriterien zur Aufgabenentwicklung
ОглавлениеBevor später diverse Kriterien der Aufgabenentwicklung aufgegriffen werden, soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass für die Konzeption eine grundlegende Unterscheidung der intendierten und der tatsächlichen Vorlage des Ausgangstextes von Nöten ist. Der Ausgangstext, den die Lernenden für die Sprachmittlungssituation bearbeiten, kann entweder in schriftlicher oder mündlicher Form präsentiert, d.h. als geschriebener Text oder Hördokument vorliegen. Grundsätzlich ist aber unabhängig von der Darbietungsform auch die intendierte, konzeptionelle Form der Textgrundlage zu unterscheiden; diese kann ebenfalls entweder mündlich oder schriftlich erfolgen. Anhand dieser Varianten ergeben sich folgende vier Möglichkeiten (vgl. Tabelle 2.6; Reimann 2013a).
Präsentation der Textgrundlage | |||
Mündlich | Schriftlich | ||
konzeptionelle Form der Textgrundlage | Mündlich | Eine Durchsage am Bahnhof oder im Flughafen in Spanien, die als Audiodokument vorliegt und von den Lernenden gehört wird. | Ein deutscher Podcast, aus dem ein Auszug in schriftlicher Form erstellt, gelesen und von der Klasse bearbeitet wird. |
Schriftlich | Ein spanisches Kinoprogramm, das schriftlich vorliegt und den Schülerinnen und Schülern von einer spanischsprachigen Person vorgelesen wird. | Ein deutscher Flyer für eine kulturelle Veranstaltung, der als schriftlicher Text im Spanischunterricht bearbeitet wird. |
Tabelle 2.6: Varianten und Beispiele der intendierten und präsentierten Form des Ausgangstextes
In der Tabelle 2.6 wurden nur wenige Beispiele hinsichtlich der verschiedenen Modi bzw. Register aufgezeigt, prinzipiell lassen sich aber deutlich mehr Varianten der Sprachmittlung zwischen dem Deutschen und Spanischen unterscheiden, vor allem wenn dabei auch die oben aufgezeigten Möglichkeiten berücksichtigt werden. Grundsätzlich erfolgt zunächst eine Unterscheidung der Mittlung bezüglich der beteiligten Sprachen:
Ein deutschsprachiger Ausgangstext, der
Konzeptionell mündlich ist undIn mündlicher Form vorliegt und dabeiMündlich ins Spanische gemittelt wird: Eine Diskussion, die als Audiodokument vorliegt und deren Inhalt mündlich in einem Gespräch wiedergegeben wird.Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Podcast, der gehört wird und dessen Inhalt schriftlich, z. B. in einen Blog, mit eingebunden wird. Schriftlich vorliegt undMündlich ins Spanische gemittelt wird: Eine Rede, die als schriftlicher Text vorliegt und deren Inhalt in einer Diskussion wiedergegeben wird. Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Der Text eines Nachrichtensprechers, der schriftlich vorliegt und in eine E-Mail an eine/n Freund/in mit verarbeitet wird.
Konzeptionell schriftlich ist undMündlich vorliegt undMündlich ins Spanische gemittelt wird: Ein Artikel aus einer Zeitung, der vorgelesen wird und dem/der Gesprächspartner/in mündlich gemittelt wird.Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Flyer über ein Projekt, dessen Informationen für die Planung des nächsten Schüleraustausches per E-Mail an den/die Partner/innen übermittelt wird.Schriftlich vorliegtMündlich ins Spanische gemittelt wird:Ein Plakat mit einer Werbung, das mündlich dem/der Bekannten gemittelt wird. Schriftlich ins Spanische gemittelt wird:Der Fahrplan für die Züge, der dem/der Austauschpartner/in schriftlich per Mail mitgeteilt wird.
Ein spanischsprachiger Ausgangstext, der
Konzeptionell mündlich ist undMündlich vorliegt undMündlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich vorliegt undMündlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich ins Deutsche gemittelt wird
Konzeptionell schriftlich ist undMündlich vorliegt undMündlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich vorliegt undMündlich ins Deutsche gemittelt wirdSchriftlich ins Deutsche gemittelt wird.
Anhand dieser Fülle an Möglichkeiten zur Konzeption von Sprachmittlungsaufgaben stellt sich die Frage, welche Kriterien zur Qualitätssicherung herangezogen werden sollten und worauf diese beruhen. Bereits 2008 plädiert Rössler dafür, dass gewisse Kriterien für die Erstellung von Sprachmittlungsaufgaben von Nöten sind, die einen möglichst authentischen und pragmatischen Kontext schaffen und dabei gleichzeitig einen zumindest nachvollziehbaren Kommunikationsanlass aufwerfen. Dieser solle zugleich eine sinngemäße Übertragung der Informationen einfordern und bei mündlichen Aufgaben ebenfalls die „Schulung der Fertigkeit Sprechen in angemessener Weise“ (Rössler 2008: 59) berücksichtigen, dabei aber nicht zu sehr in den Bereich des Dolmetschens verfallen.
Diese noch recht genügsamen Anforderungen, die noch keine Nennung eines Adressaten einfordern, werden von Philipp und Rauch (2010: 4) um folgende Aspekte ergänzt und konkretisiert. Neben den schon beschriebenen, möglichst authentischen Handlungssituationen und dem Kontext, an dem sich die Lernenden bei der Erstellung des Zieltextes orientieren können, fordern sie einen präzise formulierten Arbeitsauftrag, der sich auf möglichst authentisches Ausgangsmaterial beziehen soll und keinesfalls auf einzelne Sätze, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Nicht unumstritten ist der Aspekt der Vokabelhilfe bzw. der Verwendung von Wörterbüchern, da auch Philipp und Rauch (2014) sich gegen die Verwendung dieser Hilfsmittel, vor allem in Hinblick auf letztere, aussprechen. Einen weiteren wichtigen Aspekt stellt die Einbettung der Sprachmittlungsaufgabe in den laufenden Unterricht dar, denn dann, so argumentieren die Autoren, wären keine Vokabelhilfen oder Ähnliches notwendig, da die Schülerinnen und Schüler auf den in der Einheit erworbenen Wortschatz wie auch die gelesenen Texte zurückgreifen können (vgl. ebd.: 4).
Ähnliche Anforderungen formuliert auch Caspari (2013), die sich aus der Analyse von 45 Sprachmittlungsaufgaben der Fächer Französisch und Spanisch, erschienen zwischen den Jahren 2001 und 2011, ergeben haben. Die Aufgaben lassen sich dabei zunächst in die Produktion von mündlichen und schriftlichen Texten einteilen und werden dann von den Lernenden als authentisch und gut zu bearbeiten wahrgenommen, wenn nachfolgende Kriterien erfüllt sind (vgl. ebd.: 27f.). Zunächst sollte die zu bearbeitende Aufgabe in einen möglichst authentischen und mindestens zweisprachigen Kontext mit einem klaren Sprachmittlungsauftrag eingebettet sein, der auch die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt. Das zu erstellende Produkt soll dabei „in Textsorte, Art und Umfang der geschaffenen Situation entsprechen. Darüber hinaus muss die Situation vom Schüler bzw. der Schülerin inhaltlich, sprachlich und interkulturell zu bewältigen sein.“ (ebd.). Dafür benötigen die Lernenden vor allem recht viele und präzise Informationen, die sich in einer gelungenen Aufgabenstellung wiederfinden lassen und dabei auch die Bewertungskriterien transparent darstellen.
Sehr sinnvoll erscheint dementsprechend die Überlegung von Caspari (2013: 41), dass die Aufgaben vor allem daran gemessen werden sollten, inwieweit sie einen Beitrag zur Entwicklung der Sprachmittlungskompetenz leisten und diesen auch in der Aufgabe dezidiert kenntlich machen.
Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommt auch Pfeiffer (2013), der ebenso zahlreiche spanisch- und französischsprachige Sprachmittlungsaufgaben analysiert hat und daraus vor allem die Forderung ableitet, dass die Lernenden eine tatsächliche Mittlerfunktion einnehmen müssen, die eine Sprachmittlung zwingend einfordert. Er stellt dabei außerdem klar, dass nicht alle Anforderungen bereits im Anfangsunterricht eingelöst werden können, so dass „hinführende Aufgaben und Übungen notwendig [sind], die im Kern aber noch keine Sprachmittlungsaufgabe darstellen. Letztlich bereitet jede Hörverstehens- oder Sprechübung das komplexe Sprachmitteln vor.“ (ebd.: 49).
In einem weiteren Artikel definiert er folgende drei Merkmale als die wesentlichen einer guten Sprachmittlungsaufgabe (vgl. im Folgenden Pfeiffer 2014: 19):
Der/die Sprachmittler/in hilft anderen Personen, in dem er/sie die Inhalte überträgt, da der/die Gesprächspartner/innen über keine gemeinsame Sprache verfügen; eigene Intentionen sind dabei nebensächlich, so dass eine Mittlerfunktion notwendig wird;
Die für die Mittlung notwendigen Informationen sollen, wie auch im Alltag üblich, nur sinngemäß übertragen und nicht übersetzt werden;
In der Aufgabenstellung ist dafür eine explizite Benennung von Situation und Adressat unverzichtbar.
Diese Kriterien von Pfeiffer (2014) greift Reimann (2014: 7) auf und erweitert den Kriterienkatalog auf insgesamt zehn Aspekte, die für eine gute Sprachmittlungsaufgabe relevant sind und bei der Konzeption mit berücksichtigt werden sollten:
„Orientierung an Schülerinteressen
Passung des Anforderungsniveaus
Klarheit der Handlungssituation
Klarheit des Adressatenbezugs
Klarheit der Aufgabenstellung
Interkultureller Gehalt
Einbettung in den Unterricht
(weitgehender) Verzicht auf Vokabelhilfen
Transparenz der Bewertungskriterien
Ggf. Textsortendifferenz“ (Reimann 2014: 7).
Daran anknüpfend sei auch auf das von Pfeiffer (2014: 20) entwickelte folgende Raster zur Erstellung von Sprachmittlungsaufgaben verwiesen, das vor allem für die Praxis eine gute Hilfestellung leisten kann, indem es die genannten Aspekte in Form von Fragen formuliert und so als ‚Handreichung‘ bzw. ‚Anleitung‘ von Lehrkräften zur Gestaltung und Entwicklung herangezogen werden kann.
„1. Grundsätzliche Überlegungen zur Aufgabe
a) Welche Art von Aufgabe möchte ich konzipieren (z. B. Übung oder Lernaufgabe)?
b) Zu welchem Thema soll die Aufgabe beitragen?
c) Soll ein bestimmter Wortschatz geübt, gefestigt oder wiederholt werden?
d) Welche Sprachmittlungskompetenz besitzen die Lernenden bereits?
e) Werden nur Deutsch und Französisch berücksichtigt oder soll im Sinne der Mehrsprachigkeitsdidaktik auch in oder aus andere(n) Fremdsprachen gemittelt werden?
f) Soll die Aufgabe mono- oder bidirektional sein?
g) Welche Übertragungsrichtung soll bei Monodirektionalität berücksichtigt werden?
h) Welche kommunikativen Fertigkeiten möchte ich mit der Aufgabe schulen?
i) Welche Textformen bzw. -sorten sind für Ausgangs- und Zieltext denkbar?
2. Auswahl des Materials
a) Wo finde ich Material, das den unter Punkt 1 festgelegten Aspekten entspricht?
b) Ist das Material schülerorientiert gewählt bzw. ansprechend und motivierend gestaltet?
c) Wie authentisch ist das Material?
d) Enthält das Material kulturspezifischen Wortschatz bzw. bietet es Möglichkeiten zum interkulturellen Lernen?
e) Inwiefern entspricht das sprachliche Niveau der Texte dem Leistungsvermögen der Lernenden?
3. Beschreibung des situativen Kontexts
a) Welches Sprachmittlungsszenario soll simuliert werden?
b) Inwiefern entspricht dieses der Lebenswirklichkeit der Lernenden? (Nachvollziehbarkeit)
c) Ist die Beschreibung der Situation ausreichend detailliert? (Klarheit)
d) Kommt das konkrete Informationsbedürfnis des Adressaten zum Ausdruck?
e) Unterscheidet sich der gewählte Zieltext in Form bzw. Register vom Ausgangstext?
f) In welcher Sprache wird der Kontext beschrieben?
4. Formulierung der Aufgabenstellung
a) Wie lautet die konkrete Aufgabenstellung?
b) In welcher Sprache wird sie formuliert?
c) Welchen Grad an Steuerung bzw. Offenheit für die Lernenden hat die Aufgabenstellung?
d) Macht die Aufgabe deutlich, welche konkreten Erwartungen an den Mittler gestellt werden?
e) Welche Kriterien werden bei der Bewertung von Schülerleistungen zu Grunde gelegt?
f) Sind Vokabelhilfen notwendig?“
(Pfeiffer 2014: 20; Hervorhebungen im Original)
Nach diesen Anforderungen für die Konzeption von Aufgaben soll noch kurz die Frage nach der Förderung angerissen werden, die auch für Lehrkräfte im Unterrichtsalltag von großer Bedeutung ist.
Rössler (2008: 64f.) hält fest, dass durch Sprachmittlung verschiedene Strategien und Techniken erworben und in Abhängigkeit mit der Textgrundlage bzw. der Situation erprobt werden können. Darunter fallen, so expliziert Reimann (2014: 8), beispielsweise unter anderem der Gebrauch von Synonymen und Antonymen; das Verwenden von Umschreibungen bzw. Erklärungen, Beispielen und Oberbegriffen; das Ersetzen von Wörtern durch andere Wortarten der gleichen Wortfamilie oder auch Vereinfachungen der Sätze (vgl. auch Philipp, Rauch 2014: 15).
Zusammenfassend scheinen vor allem folgende Aspekte für die Einstufung einer guten Sprachmittlungsaufgabe von Relevanz:
Die Sprachmittlungsaufgabe sollte in einen möglichst authentischen, für die Schülerinnen und Schüler realitätsnahen Kontext eingebettet sein, so dass die Aufgabe nachvollziehbar und somit auch als motivierend empfunden wird.
Der Kommunikationsanlass sollte ebenfalls möglichst authentisch sein und in der Aufgabenstellung für die Lernenden genügend Informationen liefern, die für die Erstellung des Zieltextes unabdingbar sind.
Sind die ersten beiden Kriterien weitestgehend erfüllt, ergibt sich dadurch quasi zwangsläufig eine interkulturelle Situation, in der die Lernenden zwischen mehreren Kulturen agieren bzw. mitteln müssen.
Umstritten ist der Aspekt der Vokabelhilfe bzw. die Nutzung von Wörterbüchern. Wenn aber die Sprachmittlungsaufgabe in den laufenden Unterricht thematisch eingebunden wird, sollte keine zusätzliche Vokabelhilfe von Nöten sein, da der Wortschatz durch den aktuellen Themenschwerpunkt erworben wird. Außerdem erscheint das bloße Anbieten von Vokabellisten als wenig sinnvoll, da gerade in realen Situationen diese nicht vorhanden sind und so Paraphrasierungsstrategien angewendet werden müssen, was einen Kernaspekt von Sprachmittlungssituationen darstellt. Des Weiteren stellen Sprachmittlungsaufgaben alltägliche Situationen dar, in denen die Schülerinnen und Schüler oftmals kein Wörterbuch zur Hand haben.