Читать книгу Copp und die Morde auf Hawaii: Ein Joe Copp Thriller - Don Pendleton - Страница 12

Kapitel Sieben

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Wir tranken Kaffee, und Linda entschied, dass ich etwas Eis unter dem Augen brauchte. Sie wickelte einen Eiswürfel in eine Papierserviette und betupfte die Schwellung damit. Die Serviette weichte durch, und das Wasser tröpfelte auf mein Hemd, also schlug sie vor, das Hemd müsse herunter.

Eines führte zum anderen, und am Ende landeten wir im Wellnessbereich.

Wie ich Ihnen sagte, ich bin den größten Teil meines Lebens Polizist gewesen. Ein Polizist lebt gewöhnlich am Rand des Lebens. Ich meine, wir verbringen unsere Tage und Nächte schon mal im Nachtasyl. Gorki. Ich bin nicht unbelesen. Wir leben mit ihnen allen: Mördern, Vergewaltigern, Psychos, Dieben, Trickbetrügern, Luden, Süchtigen, Pornographen, durchgeknallten Kindern, gemeinen Kerlen, Männern, die ihre Frauen verprügeln, Frauen, die ihre Männer verprügeln, Leuten, die Kinder missbrauchen, Eltern, die ihre Kinder missbrauchen – wir haben sie alle, die ganze Zeit. Das sind die Menschen, mit denen wir leben.

Aber, wissen Sie, ein Polizist hat einen anderen Blick auf das alles – anders als der gewöhnliche Bürger, meine ich. Vielleicht liegt es an der Berichterstattung, aber ich glaube, der gewöhnliche Bürger tendiert zu mehr Schubladendenken als Polizisten. Ein Mörder tut nichts anderes, als herumzulaufen und Leute zu ermorden, stimmt's? Eine Nutte tut nichts anderes, als Leute für Geld zu bumsen, stimmt's? Aus der Entfernung wird der Verbrecher das Verbrechen, sehen Sie.

Für einen Polizisten hingegen nicht. Wir gehen mit diesen Menschen wie mit Menschen um, nicht wie mit Verbrechern. Was sie tun, ist gegen das Gesetz. Was sie sind, ist sehr menschlich. Und wir müssen damit umgehen. Was ich zu sagen versuche, ist, dass dies Menschen unserer Welt sind. Als Mensch kann der Mörder vielleicht bewundernswert seiner Mutter ergeben sein, und die Hure verbringt womöglich sämtliche ihrer Nachmittage im Altenheim und muntert die Bewohner auf. Der Kinderschänder ist vielleicht der führende Menschenfreund der Gemeinde, und die Ladendiebin ist vielleicht eine liebevolle Ehefrau und Mutter, die Probleme mit der Menopause hat.

Wir hören immerzu von brutalen Polizisten, deren Gefühle abgestumpft, die arrogant und die allesamt Zyniker sind. Einige sind es, ja, einige beschreiten diesen Weg oder einige fangen auch so an und werden schlimmer. Aber unsere Umgebung beeinflusst uns, genau wie alle anderen auch. Ich vermute, dass einige Polizisten deshalb so schlecht werden. Dass deswegen einige Polizisten, die schlecht anfangen, noch schlechter werden. Wir unterliegen, glauben Sie es oder nicht, dem Sein als Mensch, wie es halt ist.

Ich habe Polizisten gekannt, die Huren geheiratet haben. Huren, die sie immer und immer wieder eingesperrt haben. Am Ende war die Ehe. Ich habe Polizisten gekannt, die unverbrüchliche Freundschaften mit hartgesottenen Verbrechern ausgebildet und sich für sie geschlagen haben, sie sogar im Gefängnis besucht oder sich um deren Kinder gekümmert haben und sonst etwas. Wir schwimmen im Weltgeschehen mit, sehen Sie, und wir sind davon beeinflusst, und wir sehen diese Menschen als Menschen, nicht als Verbrechen.

Mit dieser ganzen langen Rede, das garantiere ich Ihnen, will ich lediglich sagen, dass ich mich in Linda verliebte. Nicht dass ich sie in dieselbe Kategorie einstufe wie die oben Genannten. Aber, seien wir ehrlich: Sie lebte auch an der Nahtstelle. Viele Menschen in unserer Gesellschaft – die meisten Menschen, schätze ich – würden dazu tendieren, sie hart dafür zu verurteilen, wie sie sich den Lebensunterhalt verdient. Jede Frau, würden sie sagen, die völlig nackt um eine Stange herumtanzt, um Lust in einer Ansammlung von Männern zu erregen, ist wirklich im Herzen eine Hure. Das ist eine Erweiterung eines Etiketts. Eine „Hure im Herzen“ ist tatsächlich eine Hure, in dieser Denkweise.

Ich will Ihnen hier sagen, dass Linda Shelton für mich keine Hure war, im Herzen oder in der Tat. Der einzig bemerkenswerte Unterschied zwischen ihr und mir – sie, Frau, ich, Mann – lag in der Person, die sie war, nicht in dem, was sie für ihren Lebensunterhalt tat.

Und sie war eine entzückende Person.

Sie mochte jede Nacht ihre Kleider abgelegt und ihre Muschi mehreren Hundert Typen ins Gesicht geschoben haben, aber diesmal schlüpfte sie aus ihrer Kleidung und in meinen Wellnessbereich mit derselben Mischung aus Zaghaftigkeit und Unsicherheit, wie sie jede Frau unter ähnlichen Umständen an den Tag legen mochte. Was heißen soll, dass sie nicht wie die ausgekochte Schlampe handelte. Sie handelte nicht so, weil sie keine war.

Im Moment hätte ich mir fast etwas anderes gewünscht. Ich bevorzuge eine direkte Herangehensweise. Ich bevorzuge auch direkten Sex. Wenn sich eine wunderschöne nackte Frau in das warme Wasser neben mich gleiten lässt, erfolgte bei mir eine sehr direkte Reaktion – eine, wie sie der Schöpfer für mich angelegt hat. Und es bleibt so, bis mich eine Art direkter Reaktion wieder herunterbringt. Nicht nur, dass ich so bleibe – aber der Druck, mich zu erleichtern, wächst in Quantensprüngen und verlangt, bei Gott, nach etwas, das ihn erleichtert.

Also, Teufel noch mal, packte ich sie bei den Hüften und zog sie zu mir auf den Schoß.

Mit erstickter kleiner Stimme sagte sie: „Oh, Scheiße, Joe, lass das, bitte.“

„Jede Zelle in meinem Körper kreischt mich an, das zu tun“, sagte ich zu ihr.

„Verdammt, meine auch“, sagte sie, „aber lassen wir es, ja? Ich meine, nicht so.“

„Wie dann?“

„Später. Okay? Bitte. Reden wir zunächst eine Weile.“

„Teufel“, stöhnte ich, „wir haben schon stundenlang geredet. Worüber reden wir?“

Sie glitt davon, zur gegenüberliegenden Seite – und durch das bewegte Wasser winkten mir ihre wunderschönen Titten entgegen - und sagte: „Sprechen wir über Joe. Wie er so tickt. Was ihn wütend mach, froh. Du weißt schon, stelle dich erst einmal vor.“

„Oh, schön“, sagte ich. „Mein Lieblingsthema.“

„Okay. Sprich.“

„Plötzlich herrscht in meinen Gedanken gähnende Leere“, sagte ich. „Mir fällt kaum mein Name ein.“

„Er lautet Joe. Joe Copp. Wieder da? Wer ist er?“

„Copp zum Anheuern, ja. Gerade jetzt ist er zu neunundneunzig Prozent ...“ Ich ließ meinen Blick die Feststellung zu Ende sprechen.

Sie kicherte. „Eine weitere Theorie ist explodiert.“

„Welche Theorie ist das?“

„Hat mit starken Männern und ... du weißt schon zu tun“, erwiderte sie.

Ich seufzte. „Vielleicht ist alles relativ.“

„Nicht in deinem Fall“, sagte sie. „Verdammt, Joe. Kein Wunder, dass du Frauen zum Fürchten bringst.“

„Das ist nicht das, was ich gemeint habe, und du weißt es. Wie dem auch sei, hier ist nichts, das irgendwen zum Fürchten bringt.“

Diese Augen glitzerten bösartig. „Es könnte eine interessante Untersuchung sein, vermute ich.“

„Ich bin interessiert“, versicherte ich ihr.

„Ich auch. Aber in solchen Dingen habe ich einige Skrupel. Ich lege mich nicht mit einem Mann ins Bett, den ich nicht kenne.“

„Habe dich nicht gebeten, dich hinzulegen.“

„Okay. Ich setze mich auch nicht auf ihre Fahnenstangen.“

Das wurde ein Lacher.

„Geboren in Palo Alto“, berichtete ich ihr.

„Oh, sehr gut. Ich liebe Palo Alto.“

„Ich nicht. Trüb und langweilig. Selbst der Schweiß von den Leuten stinkt nicht.“

„Wohin bist du also gegangen?“

„San Jose.“

„Mutig.“

„Kannst du wohl sagen. Alles stinkt in San Jose.“

„Dann genau dein Fall. Was ist da passiert?“

„Habe mich eines Tages vergessen. Hatte eine kleine Auseinandersetzung mit dem Chef, habe ihn k.o. geschlagen.“

„Schien klug zu sein, danach zu verschwinden.“

„Schien, ja. Bin nach San Francisco.“

„Noch mutiger als San Jose.“

„Oh. Was du nicht sagst. Viel mutiger. Du hast überhaupt noch nichts vom Leben gerochen, bis du es in San Francisco gerochen hast.“

„Was ist dort passiert?“

„Komm zu mir herüber, und ich sag's dir.“

„Sag's mir genau hier, wo ich bin, Samson.“

„Dann schneide mir die Haare ab.“

„Verdammt! Habe ich glatt meine Kettensäge zu Hause gelassen.“

„Ich blute wie andere Männer.“

„Natürlich, aber du hast mehr zu vergießen.“

„Siehst du?“, sagte ich. „Ich jage dir Angst ein.“

„Natürlich tust du das“, erwiderte sie. „Was ist in San Francisco passiert?“

„Wiederholung von San Jose. Aber mit dem Bürgermeister.“

„Wow. Du fackelst nicht lange.“

„Er war ein Arschloch.“

„Das sind die meisten, was ich so gehört habe.“

„Ja, dieser hier hat das für seine Politik eingesetzt, glaube ich.“

„Das konntest du nicht tolerieren.“

„Gewöhnlich nicht.“

Sie lachte, und ich lachte.

Dann kam sie zu mir zurück und stieg an Bord. Nicht völlig an Bord, aber nahe dran.

„Ich mag dich wirklich“, sagte ich zu ihr.

„Glaube, irgendwie mag ich dich auch“, sagte sie zu mir.

„Stehe auf“, beharrte ich. „Und komm nur ein bisschen näher.“

„Wie tust du das?“

„Was? Du weißt doch bestimmt, wie man das macht.“

„Nicht das. Das.“ Sie stupste mich an. „Das. „Wie hältst du ihn so lange so?“

„Er hält sich selbst“, versicherte ich ihr. „Komm schon. Hoch und herum. Wir sehen mal, wie gut er sich unter Druck hält.“

„Hm-hm“, sagte sie. „Bislang sind wir immer noch in San Francisco.“

Diesmal waren wir nicht dazu bestimmt, weiter als bis San Francisco zu kommen.

Das Buntglasfenster etwa drei Meter rechts von uns explodierte nach innen. Es ist Einweg-Glas – ich kann hinaussehen, aber andere können nicht hereinsehen, ohne sich wirklich anzustrengen -, und wir hätten das Licht gedämpft, also schätze ich, dass der Typ blindlings feuerte und auf sein Glück vertraute, aber irgendwer knapp hinter dieser Scheibe pumpte er Schrotmunition in den Raum. Es war ein mörderisches Feuer aus einer halbautomatischen Schrotflinte.

Überall flog Zeug umher und auf uns zu, als ich reagieren konnte. Ich zog Linda mit mir auf den Boden der Wanne und hielt sie dort fest, bis sie anfing, gegen mich anzukämpfen, dann holte ich uns bis zur Nase aus dem Wasser und nicht weiter, bis ich mich vergewissert hatte, dass es vernünftig und umsichtig war, mehr aus dem Wasser zu stecken.

Daraufhin jagte ich mit einer Wut dort hinaus, wie ich sie schon lange nicht mehr geschmeckt hatte, griff mir eine Pistole aus der Schublade des Tischs und ging lautlos zur Hintertür hinaus.

Bekam rechtzeitig einen raschen Blick auf den Typen, und ich wusste es besser, als ihn zu verfolgen.

Schließlich war ich splitterfasernackt und triefte.

Aber ich war am Leben, und Linda war am Leben.

Ich hatte das Gefühl, dass wir Glück gehabt hatten. Und ich kam mir wie der größte Trottel der Stadt vor.

Ich hätte so etwas erwarten sollen. Jemand war auf Mord aus, und zwar nicht bloß wegen des Kicks.

Trottel, ja. Ich war verdammt nahe daran gewesen, die Dame umbringen zu lassen. Es war an der Zeit, kein Trottel mehr zu sein. Es war vielleicht an der Zeit, etwas zurückzuzahlen.

Copp und die Morde auf Hawaii: Ein Joe Copp Thriller

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