Читать книгу Copp und die Morde auf Hawaii: Ein Joe Copp Thriller - Don Pendleton - Страница 7

Kapitel Zwei

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Ich könnte Ihnen ebenso gut alles von vorn erzählen. Ich bin ein harter Bursche, und jeder, mit dem ich zu tun gehabt hatte, weiß das. Nicht, dass ich so hatte sein wollen. Ich würde es viel lieber langsam angehen lassen. Das Leben nehmen, wie es mich vorfindet, wissen Sie. Ich muss einen drei Meter hohen Stapel Reisemagazine in meinem Wohnzimmer haben. Besorge sie aus einem Zwang heraus. Lese sie niemals. Besorge sie einfach bloß. Und dann liegen sie da. Aber es scheint, als ob ich das niemals täte. Jede Straße hat zwei Seiten, wissen Sie. Ich bin immer auf der harten Seite, und es scheint, als ob ich sie stets entlanggehen würde.

Verstehen Sie mich in dieser Hinsicht nicht völlig falsch. Ich will kein Mitleid. Verdiene keines. Ich möchte Sie lediglich wissen lassen, wer ich bin. Ich bin Joe Copp, ein Bulle zum Anheuern. Ich bin immer ein Bulle zum Anheuern gewesen, mein ganzes erwachsenes Leben lang, und ich bin den Vierzig näher, als es mir lieb wäre. Habe vor achtzehn Jahren in San Jose angefangen. Drei Jahre später meine Abschlussprüfung in San Francisco gemacht, fünf Jahre bei der dortigen Polizei verbracht, bin dann zur städtischen Polizei von L.A. weitergezogen, für weitere fünf Jahre, und schließlich zur Polizei von L.A.-County gegangen. Ich habe alles gemacht. Verkehr, Patrouille, Laster, Narkotika, Raub, Mord – in L.A. sogar ein SWAT-Training absolviert.

Ich bin nie wirklich freiwillig „umgezogen“. Aber immer aus demselben Grund. Ich habe die Angewohnheit, mich unbeliebt zu machen. Am Ende habe ich mich entschlossen, selbst ins Geschäft einzusteigen. Aber ich bin nach wie vor unbeliebt. Respektiert schon, glaube ich – oder würde es gern glauben - , aber niemand mag mich wirklich. Das ist in Ordnung. Ich gebe einen Scheißdreck darum, ob man mich mag oder nicht. Respektiert werden reicht aus.

Ich habe auch die Ehefrauen gewechselt, und zwar jedes Mal, wenn ich die Stelle gewechselt habe. Derselbe Grund. Ich bin hartgesotten. Oder wenigstens glauben das alle. Wenn sie nur wüssten. Eigentlich bin ich ein Leisetreter. Der Trottel in einer Herz-Schmerz-Geschichte. Das Problem ist, sehen Sie, dass ich wie jemand Hartgesottener aussehen. Nicht meine Schuld. Ich bin so geboren worden. Weiß nicht, wie man anders aussieht, versuche es manchmal. Die letzte Ehefrau sagte mir, dass ich klasse im Bett sei, der feuchte Traum einer jeden Frau, sagte sie, aber wie viel Zeit konnten wir dort verbringen? Na ja ... Ich hätte viel mehr Zeit dort verbringen können als sie, also weiß ich nichts von diesen feuchten Träumen. Und was Blumen mitbringen und an Hochzeitstage denken betrifft ... wer zum Teufel hat auf der harten Seite der Straße für so was Zeit? Manchmal vergesse ich sogar meinen eigenen Namen.

Okay. Also sind sie vielleicht in Ordnung. Ich bin ein Cowboy, ein harter Bursche. Kann es nicht abschalten und wegstecken bis zur nächsten Schicht. Kann es für die Politiker der Dienststelle auch nicht abschalten, oder für die Medienleute oder die Kritiker an der Polizei und die Betschwestern. Und ich schätze, ich habe mir auch nie die Augen dadurch verdorben, dass ich einem Typen die Rechte nach einem harten Einsatz vorgelesen habe. Also bin ich die Art von Bulle, die stets in Schwierigkeiten steckt. Das ist auch in Ordnung, weil ich, wenn ich hier schon so offen bin, Ihnen auch ebenfalls sagen kann – ich fühle mich auf der harten Seite der Straße wohler, also schätze ich, dass ich deswegen immerzu dort drüben bin.

Ich sage Ihnen das alles, damit Sie vielleicht verstehen, wie ich mich fühle, als die Jungs von der Verkehrspolizei herkommen und sich um diese Sache des Personenschadens mit Fahrerflucht kümmern. Es sind Verkehrspolizisten. Sie sollten auf Schüler an den Überwegen aufpassen. So wie der eine aussieht, sollte er selbst noch einen solchen Überweg benutzen. Sie machen sich sehr nüchtern mit stählernen Maßbändern zu schaffen und messen Entfernungen und spulen ihre Routine streng nach Lehrbuch ab. Sie haben den Bereich mit Polizeiband abgesperrt und versuchen, dabei sehr geschäftig zu wirken. Sie warten auf einen Detective, warten auf den Leichenbeschauer – sichern den Tatort, bis jemand mit etwas Autorität eintrifft, um die Untersuchung zu übernehmen.

Also verrate ich ihnen kein verdammtes Wort. Außer dass ich das Kreischen hörte, das Opfer durch die Luft fliegen sah, sah, wie ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit davonraste. Sie stellen sowieso nicht die richtigen Fragen.

Mein Büro liegt in einem kleinen Geschäftshaus. Ich teile die Etage mit einem Friseur, einem Kosmetikgeschäft, einem Maklerbüro, einem Zahnarzt und einem Chiropraktiker. Alle liegen ebenerdig. Jedes Geschäft hat einen direkten Zugang. Der Parkplatz und die Auffahrten nehmen mehr Grund in Anspruch als das Gebäude selbst. Es gibt eine Selbstbedienungstankstelle an der Ecke, gleich nebenan,und einen 7-Eleven dahinter. Sowohl von der Tankstelle als auch vom 7-Eleven hat man direkten Zugang zu unserem Parkplatz.

So wie ich den Zusammenstoß rekonstruiere, hat der Typ mit laufendem Motor auf der kleinen Zufahrtsstraße vom 7-Eleven gewartet, einfach darauf gewartet, dass mein Mädchen auftauchte. Er hatte genau aufgepasst und war bereit gewesen, in dem Augenblick zuzuschlagen, als sie aus meinem Büro kam. Es gibt keine Bürgersteige. Man tritt aus dem Gebäude direkt auf den Parkplatz. Er hätte sie unmöglich erwischen können, wenn sie direkt davor geparkt hätte. Er hatte genau aufgepasst. Er war bereit. Er hatte sie erwischt. Und er musste aus dem Stand beschleunigt haben oder so, auf sechzig in etwa fünf Sekunden. Was einen hochgezüchteten Motor bedeutet. Ich hatte ihn flüchtig zu sehen bekommen und vermutete einen TransAm.

Die Verkehrsjungs fragten nicht nach meiner Rekonstruktion. Sie fragten, ob ich das Opfer identifizieren könne, was ich nicht konnte, weil sie mir ihren Namen nicht mitgeteilt hatte, aber sie fragten nicht, ob ich etwas über sie wüsste oder warum sie in dem kritischen Augenblick an jener besonderen Stelle gewesen war. Freiwillig gab ich nichts preis. Was nicht gesetzeswidrig ist. Obwohl ich etwas verheimlichte. Die Handtasche des Opfers war mit dem Körper zusammen durch die Luft geflogen und hatte ihren Inhalt etwa zehn Meter weit verstreut. Ich entdeckte einen Schlüsselring, der unter einem Wagen hervorlugte, der in der Nähe meiner Bürotür geparkt war. Ich stieß ihn leicht mit dem Fuß an, während die Verkehrsjungs ihre Skizzen miteinander verglichen, und trat ihn dann in ein Blumenbeet.

Der Detective tauchte nicht auf. Die Männer des Leichenbeschauers allerdings schon, und sie machten den Leichnam fast sofort für den Transport ins Leichenschauhaus bereit. Die Verkehrsjungs hoben die Handtasche auf und schütteten den Inhalt aus – was alles offensichtlich war -, nahmen dann ihre Absperrbänder mit und machten sich davon.

Ich konnte es nicht glauben.

Ich meine, das war ein entsetzlich nachlässiger Einsatz.

Also erledigte ich ihren Job. Ich durchsuchte das Zentrum nach Augenzeugen, und ich stellte Fragen. Ich fand eine Frau, die zur Zeit des Unfalls beim Chiropraktiker gewartet hatte. Sie beschrieb den Wagen als „sehr PS-stark und schwarz glänzend, mit einer Art Zeichen an der Seite.“ Ein Typ im Immobilienbüro erzählte dasselbe, war jedoch etwas spezifischer hinsichtlich des „Zeichens“. Er sagte, der Wagen hätte „Flammen“ auf Haube und Seiten aufgemalt gehabt. Eine orientalische Frau, die das 7-Eleven leitete, sagte mir, dass der Wagen etwa fünf Minuten in der Auffahrt „geparkt“ habe. Sie sagte, der Fahrer sei ein Mann mit dunkler Sonnenbrille gewesen.

Dann kehrte ich zum Blumenbeet zurück und hob den Schlüsselring auf. Vier Schlüssel waren daran befestigt, zwei von ihnen mit dem Ford-Logo. Sechs Fords waren dort draußen geparkt. Ich traf beim vierten Versuch ins Schwarze, einem alten Thunderbird, fand die Zulassung und andere Ausweise im Handschuhfach. Sie hieß Juanita Valdez. In einer Woche wäre sie zwanzig geworden, und sie wohnte etwa fünf Minuten von dort entfernt, wo ich stand.

Ich kritzelte die Anschrift nieder und legte die Zulassung in das saubere kleine Fach zurück. Dann schloss ich den Wagen ab und ging zu meinem eigenen.

Anscheinend hatte sie sehr bescheiden gelebt, wie die meisten Mädels ihres Alters, es sei denn, sie erhalten Unterstützung seitens wohlhabender Eltern. Der Wagen war alt, und das Wohnhaus war noch älter. Es war kein gesichertes Gebäude, lag direkt an der Straße in einem Gebiet, wo die Mieten billig waren, und hatte keinen eigenen Parkplatz für die Bewohner.

Mich überkam ein unheimliches Gefühl, als ich am Eingang vorbeifuhr, aber ich wusste nicht, ob es vom Gebäude selbst oder von einem kurzen Blick auf einen dunklen Wagen herrührte, der um die Ecke der nächsten Kreuzung gebogen war. Ich hielt mich an Letzteres und fuhr so rasch, wie es der nachmittägliche Verkehr zuließ, dort hinab. Sah nichts, was mir einen Schauder hätte verursachen können, also drehte ich erneut eine Runde um den Block, fand einen Parkplatz und betrat Juanitas Gebäude. Der Haupteingang war nicht einmal abgeschlossen, obwohl er dafür ausgestattet war. Ich versuchte die Schlüssel, einfach nur so, und ja, einer von ihnen passte.

Es ging zu Fuß in die zweite Etage. Die Zahl, nach der ich suchte, befand sich oben, hinten. Diese Tür war abgeschlossen, und ich hatte den Schlüssel – aber, verdammt, ich erlebte auch die Wiederkehr dieses unheimlichen Gefühls, als ich aufschloss und eintrat.

Dazu bestand aller Grund.

Die Wohnung war völlig verwüstet. Möbel waren umgestürzt, Kissen aufgeschlitzt, überall lag Abfall. Ich watete hindurch zur Küche, wo ich dasselbe vorfand, dann in ein kleines Schlafzimmer, wo es noch schlimmer aussah.

Aber die Krönung des Ganzen erwartete mich im Bad.

Sie war grob geschätzt etwa im gleichen Alter wie Juanita, fast ebenso hübsch, ebenso tot.

Sie trug eine Strumpfhose mit offenem Schritt und sonst nichts. Sie war gefesselt, geknebelt, zusammengeschlagen und mit einem Stringtanga erwürgt worden, wahrscheinlich mit ihrem eigenen.

Und ich fragte mich, in was ich hier, auf der harten Seite, wohl hineingestolpert war.

Copp und die Morde auf Hawaii: Ein Joe Copp Thriller

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