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Biografie

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Clara17 erblickte am 5. Juli 1884 in Buchs SG als erstes Kind des Johann Paravicin Hilty von Werdenberg18 und der Hanna, geb. Ernst von Winterthur, das Licht der Welt. Sie wuchs mit ihren zwei Geschwistern wohlbehütet im Elternhaus am Werdenbergersee auf. Sie stammt aus einem uralten Werdenberger Bürgergeschlecht. Professor Carl Hilty, ihr Großonkel, war erster Vertreter der Schweiz am Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag, und die letzte Schlossherrin Frieda Hilty war auch eine Verwandte von Clara.

Wie damals alle Mädchen aus «besserem Hause» verbrachte Clara ein Institutsjahr im Pensionat in der Villa Yalta. Dort befreundete sie sich mit Marie Heim-Vögtlin19, der ersten Ärztin in der Schweiz, und die gemeinsamen Spaziergänge, der rege Gedanken­austausch zwischen den beiden Frauen hatte einen entscheidenden und nachhaltigen Einfluss auf das Denken der jungen Clara. Die weltoffene Haltung, durch die sich Clara zeitlebens auszeichnete, hat sie vornehmlich ihrer Freundschaft mit Marie Heim-Vögtlin zu verdanken.


Werdenberg 1908. Clara Hilty mit 22 Jahren.

Nach Abschluss der École supérieure in Neuchâtel ging Clara in die Schweizer Pflegerinnenschule Zürich, wo sie und ihre Freundin Lis Sigrist zu Krankenschwestern ausgebildet wurden. Anschließend arbeitete Clara im Spital Grabs unter dem Chefarzt Dr. Weiss. Durch Lis lernte Clara deren Bruder, den Ingenieur Fritz Sigrist von Netstal, kennen, der seit 1910 in der Türkei am Bau der Bagdadbahn tätig war. Als Fritz im Jahr 1914 wieder einmal die Schweiz besuchte, verlobten sich Clara und Fritz, und nach einem Jahr, am 26. April 1915, fand ihre Hochzeit statt.

Unmittelbar nach der Trauung folgte Clara ihrem Mann in die Türkei, die als Verbündete von Deutschland in den Ersten Weltkrieg eingetreten war. Die Neuvermählten fuhren von Werdenberg mit der Eisenbahn durch das Kriegsgebiet über den Balkan und dann via Istanbul in die Südost-Türkei, wo sie sich zuerst in Entilli und nach einigen Monaten in Keller / Fevzipaşa in einem alleinstehenden Häuschen auf einer felsigen Anhöhe am Fuße des Amanus niederließen. Keller, ein kleines, gebirgiges Dorf, bevölkert vornehmlich von Kurden, aber auch von Türken, Arabern und Armeniern, war ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt am Rande des Amanusgebirges. Vom Fenster ihres Häuschens aus hatte Clara einen Blick auf die schöne kilikische Berglandschaft, aber auch in die tief unter ihnen liegende Ebene, wo sie Transporte von Militär und Kriegsmaterial und auf der Etappenstraße ganze Züge von englischen und indischen Gefangenen sehen konnte. Der jungen Schweizerin wurde bald bewusst, dass sie sich nicht nur im tiefen Orient, sondern auch nicht sehr weit vom Kriegsgeschehen befand.

Die Reise in die Türkei veränderte Claras Leben für immer. Am meisten belastete sie die Tatsache, dass ihre Ankunft in die Gegend zeitlich mit dem Beginn des Völkermords an den Armeniern zusam­menfiel. Die jungtürkische Regierung nützte den Ersten Weltkrieg aus, um die «Armenische Frage» zu lösen, indem sie die armenische Bevölkerung aus ihrer historischen Heimat vertrieb und südwärts durch die syrische Wüste in den sicheren Tod verschickte. Eine der Hauptrouten in die syrische Wüste zog sich durch Keller, und Clara musste täglich, während ihr Mann unten im Tal arbeitete, die vom Norden her kommenden Todesmärsche mit anse­hen. Als Augenzeugin sah sie sich verpflichtet, in ihrem Tagebuch, und später auch im speziellen Augenzeugenbericht, alles festzuhalten, was sie tagtäglich an Gräueltaten beobachtete.


Das abgelegene Haus am Berghang in Keller / Fevzipaşa.

Mitten in den Kriegswirren schenkte Clara am 26. Januar 1917 ihrem ersten Sohn, Karlfrideli (Karl Fritz), das Leben. Die Geburt fand im weltabgeschiedenen Häuschen in Keller unter schwierigen Bedingungen statt.

Nach Beendigung der Arbeit ihres Mannes beim Bahnbau trat die junge Familie am 3. April 1918 ihre Heimreise an. Zunächst reisten sie nach Istanbul, wo sie monatelang zurückgehalten wurden, bevor sie von den Behörden die Genehmigung erhielten, in die Schweiz auszureisen.20 Clara, die wieder guter Hoffnung war, be­eil­te sich, denn «sie wollte nicht noch einmal in diesem Lande unter solch schrecklichen Umständen gebären müssen»21. Schließlich durfte die aus drei Personen bestehende Familie im selben Jahr, am 21. August 1918, in die Schweiz reisen, wo sie sich in Claras Elternhaus in Werdenberg niederließ.

Am Sonntag, dem 17. November 1918, gebar Clara in ihrem Elternhaus in Werdenberg die Drillinge Kaspar, Hans und Rudolf.

Ende 1927 kehrte die Mutter mit ihren vier Jungen wieder nach Istanbul zurück, da ihr Mann die Leitung des Baus der Eisenbahnlinie Fevzipaşa–Diyarbekir übernommen hatte. Die Familie nahm Wohnsitz in Istanbul, wo die Söhne die Deutsche Schule besuchten. Noch in der Schweiz hatte Clara ihren Kindern die türkische Sprache beigebracht. Da die Arbeitsstelle ihres Mannes in der Türkei sehr abgelegen war, etwa tausend Kilometer von der Familie entfernt, war Clara beim Großziehen der Kinder in Istanbul ganz auf sich gestellt. Sie klärte die heranwachsenden Söhne auf über viele wichtige Dinge im Leben, vor allem über Hygiene und vorbeugende Maßnahmen gegen Krankheiten. Sie besprach mit ihnen Gott und die Welt, und es gab keine Tabus. Sie erzählte den Kindern von ihren Erlebnissen aus den Jahren des Weltkrieges, von den Deportationen der Armenier und erinnerte sich mit Schrecken an die vielen Krankheiten, an denen so viele Menschen starben: Ruhr, Cholera, Flecktyphus u.a.


Wägital 1923. Clara und Fritz mit ihren vier Söhnen.

Im Jahre 1930 erkrankte Claras Drillingskind Kaspar an Leukämie. Dagegen war sowohl die Mutter als auch die Medizin machtlos, und am 11. März 1931 verstarb Kaspar in Istanbul. Er wurde dort auf dem protestantischen Friedhof von Feriköy neben zwei anderen Schweizern begraben. Später hat Clara in ihren Notizen auch die Geschichte von Kaspars Krankheit eingehend geschildert.

Als 1934 die nationalsozialistische Ideologie auch in die Deutsche Schule von Istanbul eindrang, schickte Clara die Jungen auf eine Internatsschule in der Schweiz. Nach einem Jahr kehrte sie selbst in die Schweiz zurück, und ihr Mann folgte ihr im Jahre 1936. Von 1937 bis 1939 lebte Clara in Zürich, wo ihre Kinder ausge­bildet wurden. Danach und bis zum Ende ihres Lebens lebte sie in der «Villa», in ihrem Elternhaus unweit des Werdenberger Schlosses.


Werdenberg 1975. Clara wird 90 Jahre alt.

Nach einem langen und erfüllten Leben verstarb Clara Sigrist-Hilty am 22. März 1988 in ihrem Geburtsort Werdenberg im Alter von 104 Jahren.



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