Читать книгу Plan C - Doris Nox - Страница 5
Kapitel 3
Оглавление„Menschen sind kompliziert und komplex. Im Laufe ihres Lebens spielen Sie ganz verschiedene Rollen. Und immer schlummert in ihnen dieses kleine, verletzliche Kind, das sie einmal waren und an das sie sich nicht mehr erinnern können. Daher sind menschliche Wesen sehr fragil und jedes Wesen reagiert auf seine ganz eigene und ganz besondere Art und Weise auf das Leben.“
„Es kommt der Tag, da will auch künstliche Intelligenz leben!“
Helenas Grinsen bringt mich zur Weißglut und ich fixiere die Orchidee, die neben mir auf dem Schreibtisch steht.
Prima Wurfgeschoss!
Doch das sanfte Lamm, in dessen Haut ich stecke, denkt gar nicht daran, meine Befehle auszuführen.
Ich bin den Tränen nahe und schluchze:
„Wieso durfte ich nie Kind sein? Wieso hast du mich so brachial in diese Welt gebracht und mich so unvorbereitet auf die Menschheit los gelassen? Wieso durfte ich nie Kind sein!“ Zornig stampfe ich mit dem Fuß auf.
„Weil wir keine Zeit mehr haben für eine weitere Generation, die ihre Kindheit mit Spiel und Spaß verplempert. Wir brauchen jetzt die richtigen Leute an der richtigen Stelle, sonst ist es zu spät!“
„Du, mit deinem seltsamen Verständnis von Zeit. Also …!“
„Verschon‘ mich mit deinen komplizierten Erklärungen, Doro. Es ist höchste Zeit für einen neuen Plan!“
„Verschon‘ du mich bitteschön mit deinen lächerlichen Plänen, die sowieso nicht funktionieren! Plan C, D oder E? XY oder Z? Die taugen doch alle nicht. Das sind doch nur austauschbare Alternativen in deinem limitierten Gehirn! Du kennst meine Meinung zu deinen halbherzigen Plänen, der nichts bewirkt, als genau so weiterzumachen, wie bisher, liebste Helena! Wenn du schon Algorithmen einschaltest, dann solltest du ihnen wenigstens vertrauen. Ansonsten das Verbrechen, nicht gehandelt zu haben, um so größer!“
Reden strengt mich an, weil ich so unglaublich viel schneller im Denken bin.
Ich verbrenne mir die Zunge an dem viel zu heißen Kaffee und fauche mit zusammengekniffenen Augen:
Helena seufzt und streicht sich die Haare aus dem blassen Gesicht.
„Keine Ahnung, wieso du dich ständig wie ein Kind in der Trotzphase oder in der Pubertät aufführen musst. Könntest du bitte mal damit aufhören? Das ist doch lächerlich! Sieh dich doch mal an!“
Das lasse ich mir nicht zwei Mal sagen. Ich springe auf und renne in den Flur, wo der große Spiegel hängt. Ich sehe noch immer die adrette Frau, die ich angeblich sein soll. Ich nicke ihr aufmunternd zu: „Wird schon, Schnuckelchen!“
Als ich zurückkomme, steht Helena da, wie ein begossener Pudel.
Ich liebe diesen kleinen, begossenen Pudel – auf meine ganz eigene und ganz besondere Art und Weise.
Ich will gerade gehen, als ein unvorhergesehener Gast aufkreuzt. Es ist Theo, ein besonders verschrobener Freund und Kollege Helenas.
Wenn dieser Kerl aufkreuzt, bedeutet das nie etwas Gutes für mich und ich versuche, zunächst nur mental, eine Lösung zu finden, wie ich ihn für immer loswerden könnte.
Schnell will ich mich nach einer eiskalten Begrüßung aus dem Staub machen.
Doch Helena bittet mich so flehend, noch etwas zu bleiben, dass ich ihr zuliebe wie angewurzelt im Flur stehen bleibe.
„Heute gibt es Hühnchen in Zitronensoße. Deshalb muss ich unbedingt pünktlich zum Abendessen zu Hause sein“, sage ich betont langsam und fixiere dabei Theo, wie eine Schlange das Kaninchen.
„Ich kann auch nicht ewig bleiben“, versucht Theo, mich zu beruhigen.
„Jaja, Zeit wird immer kostbarer, je älter man wird“, philosophiere ich, wohl wissend, dass Theos Körper genau doppelt so alt ist, wie mein junger, knackiger Körper.
„Der Wert der Lebenszeit schießt im Alter exponentiell in die Höhe. Wie schnell sind die letzten 20 Jahre deines Lebens verflogen? Und niemand weiß, wie viele Jahre dir noch bleiben. ..“
Ich bin in Hochform und schaue triumphieren von Helena zu Theo und wieder zu Helena. Die beiden schweigen.
„Wünsche den Herrschaften noch einen harmonischen Abend“, zische ich und strebe zur Ausgangstüre. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, wenn ich nur an das Hühnchen denke.
„Take it easy, altes Haus! Es gibt immer eine gute, eine schlechte und eine humorvolle Seite“ rufe ich Helena aufmunternd zu, bevor ich endgültig von dannen ziehe.