Читать книгу Zeit für Deine Seele - Dorothea Neumayr - Страница 6
Оглавление»Die Freude im Himmel finden, in den Bäumen, in den Blumen. Es gibt überall Blumen für die, die sie sehen wollen.« Henri Matisse
Allein sein unter dem Himmel, unter dem stillen Grün der Blätter.
Augenblicke ohne Wünsche. Eins mit sich und der Welt.
Man wird bescheiden, wenn man das buchstäblich Unfassbare der Natur erkennt und die Fülle ihrer Weisheit wahrnimmt. Sie bringt uns zum Staunen – ganz gleich, ob religiös oder wissenschaftlich motiviert –, alle sind sich einig, dass die Natur ein einziges Wunder ist. Sie hat zwar ihre eigenen Gesetze, wie die Dinge in ihr geschehen sollen, wir jedoch haben einen sicheren Platz in ihrem Plan. Nicht von ungefähr nennen wir sie »Mutter Natur«, sie schenkt uns Glücksgefühle, Energie und tiefe Entspannung, sie ist unsere Seelen-Heimat.
Die mittelalterliche Mystikerin Hildegard von Bingen sagte: »Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und diese Kraft ist grün.«
Diese heilige Farbe ist für sie eine »Herzkraft himmlischer Geheimnisse, die die Herrlichkeit des Irdischen nicht fasst.« Das große Glück, das uns der Himmel schenkt.
In den letzten Jahren haben auch Medizin und Naturwissenschaft den Wert der Natur und hier vor allem des Waldes als wohltuenden und heilsamen Ort erkannt. »Waldbaden« ist Medizin pur!
Ganz gleichgültig, wo wir uns in der Natur aufhalten – ob in der Stille eines Waldes, auf einem einsamen Berggipfel, einer duftenden Blumenwiese, an einem kristallklaren See oder am weiten Meeresstrand –, überall lässt sie uns eine Stimme hören, die in vertrauten Lauten zu unserer Seele spricht.
»Die Natur muss gefühlt werden«, schrieb der Naturforscher Alexander von Humboldt im Jahr 1799 an seinen Freund Johann Wolfgang von Goethe, »sie ist wie Balsam voll wundertätiger Heilkräfte.«
Um das zu spüren, brauchen wir keine Studien, keine Bücher oder Anleitungen. Wir müssen nur wie Kinder offenen Herzens ins Grüne hinausgehen, uns an den kleinen Dingen freuen und wieder staunen lernen. Dabei gehen Natur und Achtsamkeit Hand in Hand, sie sind eine Einheit. Wir wandeln uns und wachsen in dem Maß, wie wir Zeit mit Pflanzen verbringen, eine Blüte in ihrer Schönheit auf uns wirken lassen, in der Zeitlosigkeit der Natur Ruhe finden. Pflanzen sind Brückenbauer zwischen Himmel und Erde – mit unserem geheimnisvollen sechsten Sinn können wir in ihnen das verborgene Wesen von Mutter Natur erkennen. Der Schlüssel dazu ist Achtsamkeit, Dankbarkeit und die Liebe zu allen Lebewesen. In der Natur schenkt sich jedem, der sie bewusst erlebt, ein Raum für Gedanken und Gefühle, für Stille und innere Bilder. So kann sich der Lichtfunke offenbaren, der in jedem Kraut, in jedem Wassertropfen, in jedem Duft, in jeder Wurzel, in allem verborgen ist. Das Geschehen in der Natur wird zu Bildern der Seele. Schon wenn wir uns ein wenig dafür öffnen, spüren wir, dass uns die Natur heil und gesund macht. Die Erde schenkt uns ihre Gaben, in jeder Pflanze steckt ein Stück ihrer Lebenskraft. Wenn wir sie mit Dankbarkeit annehmen, wird sie zur Ressource für die Balance von Leib und Seele, wird sie uns Medizin sein.
Wir können diese Haltung nicht lernen, wir müssen unser Herz dafür öffnen, um das selbstlose Geben unserer Mutter Erde im Wachsen der Pflanzen, im Reifen ihrer Früchte zu erkennen.
In früherer Zeit war alles, was wuchs, und besonders die Heilpflanzen den Menschen heilig. Sie sammelten sie innerhalb von Ritualen, sprachen Gebete dabei und verarbeiteten sie achtsam und dankbar.
Sie wussten um das Wesen der Pflanzen – Sagen, Mythen und alte Pflanzennamen sind Relikte dieses alten, tiefen Wissens.
Vor langer Zeit schrieben die Essener: »Kein Mensch kann lange leben, noch glücklich sein, wenn er seine Mutter Erde nicht ehrt.« Diese alte Weisheit ist heute beinahe in Vergessenheit geraten.
Es heißt, Blumen seien die Liebesgedanken der Natur. Mit der Anmut ihrer Blüten erfreuen sie jedoch nicht nur unser Auge und berühren unser Herz, ihre süßen Düfte bringen auch unsere Seele ins Gleichgewicht und in ihren verborgenen Essenzen liegt der Schlüssel zur Heilung des Körpers, zu Schönheit und Jugend.
Der englische Arzt Dr. Edward Bach (1886–1930) war einer der ersten, der sich nach Hildegard von Bingen, dem großen Arzt des Mittelalters Paracelsus und dem Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann, wieder den Seelenkräften der Pflanzen zuwandte. So notierte er: »Krankheit ist ein Mittel, dessen sich unsere Seele bedient, um uns auf jenen Pfad der Wahrheit und des Lichtes zurückzuführen, den wir nie hätten verlassen sollen.« Er hatte in seiner langjährigen medizinischen Praxis festgestellt, dass Krankheiten überwiegend aus seelischer Disharmonie entstehen.
Von seiner großen Sensitivität geleitet, suchte er so lange in der Natur, bis er eine passende Pflanze fand, die bestimmte Symptome zum Abklingen brachte. Es war Dr. Bach möglich, sich intuitiv einer Pflanze zuzuwenden, ihren Tau aufzunehmen und zu erkennen, welchen Gemütszustand sie ausgleichen konnte. So entdeckte er zunächst zwölf Blüten, die »12 Heiler« und entwickelte daraus ein System mit 38 Grundheilmitteln aus frischen Blüten wildwachsender Blumen, Sträucher und Bäume, die besonders die Seelenkräfte ansprechen. Seine Heilmittel haben inzwischen vielen Menschen geholfen und auch für Tiere gibt es verschiedene Mixturen. Wichtig ist bei der Behandlung mit Bach-Blüten der Gedanke, dass man eine Pflanze nicht »gegen« etwas einsetzen sollte, sondern »für« etwas.
»Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit«, beobachtete der Dichter und Naturforscher Goethe.
Wer mit Heilkräutern umgehen will, braucht Achtung und Wertschätzung vor der Pflanze, denn diese ist nicht nur ein Lebewesen, sie hat auch Bewusstsein und kann angesprochen werden. Die Seele der Pflanze ist es, die den Menschen Heilung bringt, nicht nur ihre Inhaltsstoffe. So hat mich manchmal der Name einer Pflanze oder ihre Signatur dem Verständnis ihrer Wirkung nähergebracht als die Liste ihrer Wirkstoffe. Die Signaturenlehre besagt, dass Heilpflanzen Kennzeichen tragen, die verraten, welche Krankheiten sie heilen können. Zum Beispiel zeigen die Blätter des Lungenkrauts an der Oberfläche gut sichtbare »Lungenbläschen«.
Will man etwa Heilpflanzen ernten, dann sollte man sich vorher bewusst einstimmen und die Seele der Pflanze um Erlaubnis bitten. Nachdem Heilkräuter offensichtlich keine Ohren haben, um unsere Botschaften zu vernehmen, sollten wir lernen, anders als gewohnt mit ihnen zu kommunizieren und das braucht ein bisschen Übung.
Am besten stimmen wir uns ein, indem wir nichts erwarten, indem wir Zeit mitbringen, um still zu werden, damit wir die Kraft und Essenz der Pflanze wahrnehmen können: einfach nur sitzen, still werden, alle Einzelheiten von ihr aufnehmen, ihren Duft riechen, ihre Energie spüren.