Читать книгу "Die Handwerker-Fibel", Band 3 - Dr. Lothar Semper, Bernhard Gress - Страница 25

2.1.2Gegenstände der Marktanalyse und Marktforschung

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a)Auswertung von Kunden- und Produktdaten

Neben der Kenntnis externer Daten ist die Auswertung der betriebsindividuellen Kundendaten für die Marktanalyse und Marktforschung von großer Bedeutung.


ABC-Analyse

Ein besonderes Verfahren zur Ermittlung des Deckungsbeitrages für einzelne Produkte bzw. Produktgruppen ist die sog. ABC-Analyse.

Beispiel:

Ein Handwerksbetrieb bietet schwerpunktmäßig vier Produkte an. Der Umsatz verteilt sich wie folgt auf die Produkte und die Zahl der Kunden:

Produkt Umsatz %-Anteil Anzahl Kunden %-Anteil
P 1 50.000,00 25,0 % 10 21,3 %
P 2 75.000,00 37,5 % 5 10,6 %
P 3 10.000,00 5,0 % 25 53,2 %
P 4 65.000,00 32,5 % 7 14,9 %
Gesamt 200.000,00 100 % 47 100 %

Das Beispiel dokumentiert folgende Situation:

> 70 % des Umsatzes werden durch die Produkte P 2 und P 4 erzielt; es werden jedoch mit diesen Produkten nur 25,5 % der Kunden angesprochen.

> 30 % des Umsatzes werden durch die Produkte P 1 und P 3 erzielt; hier werden jedoch 74,5 % der Kunden angesprochen.

Für den Beispielbetrieb zeigt sich einerseits eine Abhängigkeit von wenigen Kunden. Andererseits liegt aber auch gegenüber dem Markt ein Spezialisierungsvorteil bei den Produkten P 2 und P 4 vor, der von der Konkurrenz derzeit nicht erreicht wird.

Handlungsleitlinie

Handlungsorientierung für diesen Betrieb könnte somit sein:

> intensive Betreuung der Kunden der Produkte P 2 und P 4 (VIP-Kunden)

> Sicherstellung einer hohen Servicebereitschaft gegenüber diesen Kunden (z. B. telefonische Erreichbarkeit)

> Untersuchung der Deckungsbeitragsanteile der Produkte P 2 und P 4 (Wird mit diesen Produkten auch ein angemessener Gewinn erzielt?)

> Prüfung der Möglichkeiten, den Absatz der Produkte P 1 und P 3 bei den Kunden der Produkte P 2 und P 4 zu erhöhen

> Förderung des Absatzes von Produkt P 3 (Ist dieses Produkt rentabel?).

Im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns steht der Kunde. Er bildet die Basis für eine erfolgreiche Marktforschung.

Kundendatei

Grundlage für die erfolgreiche Kundenbetreuung ist das Anlegen einer Kundendatei. Folgende grundsätzliche Unterscheidung ist hierbei zu treffen:


Checkliste

Nachfolgende Checkliste stellt die wichtigsten allgemeinen Inhalte einer Kundendatei dar:

> Name

> Anschrift

> Telefon, Mobiltelefon, Telefax, E-Mail, Internetadresse

> Geschlecht

> Geburtstag

> Familienstand

> Beruf

> persönliche Interessen

> Kunde seit …

> Umsatz pro Jahr/im letzten Jahr

> letzter Kontakt am … / Inhalt

> nächster Kontakt am … / Inhalt

> Zahlungsmoral

> Gesprächsberichte.

Bei Gewerbekunden sollte die Checkliste um folgende Angaben ergänzt werden:

> Branche

> Betriebsgröße

> Lieferadresse

> Ansprechpartner

> Namen und sonstige Daten wichtiger Entscheider.

CRM

Qualifizierte IT-Unterstützung ist bei der Anlage einer Kundendatei zweckmäßig. Das sog. CRM (Customer Relationship Management) hat das Ziel, erfolgreiche Kundenbeziehungen herzustellen und zu erhalten. Für die meisten Branchen gibt es heute CRM-Standardsoftware, die Auswertungen und Selektionen des Kundenbestandes nach wichtigen Kriterien ermöglicht (Beispiel: Suche alle Kunden, die in einer bestimmten Region wohnen, etc.). Zu den Grundanforderungen an ein CRM-Tool zählen individuelle Kundenbetreuung, Adressmanagement, Kontaktdokumentation, Terminmanagement und eine Aufgabenverwaltung. Das Tool muss einfach bedienbar sein und eine Schnittstelle zu Standardsoftware (z. B. Outlook) haben. Die Datenschutzvorschriften (z. B. DSGVO) sind zu beachten.

Aktualisierung

Eine wichtige Rolle spielt auch die ständige Pflege der Aktualisierung der Kundendatei. Veraltete Adressen, die Nennung falscher Ansprechpartner und vieles mehr kann zu Verärgerungen bei Kunden führen.

b)Beurteilung der allgemeinen Marktsituation (Öffentlichkeit)

Ein grundlegender Einflussfaktor für den einzelnen Betrieb ist die gesamtwirtschaftliche Lage.

Für den Betriebsinhaber ist es wichtig, die Auswirkungen von gesamtwirtschaftlichen Veränderungen für den eigenen Betrieb einschätzen zu können und entsprechend zu reagieren und zu handeln.

Volkswirtschaftliche Einflussgrößen

Wichtige volkswirtschaftliche Einflussgrößen sind unter anderem:

> Entwicklung der Inflationsrate

> Veränderung des Zinsniveaus

> Veränderung der privaten und staatlichen Konsumausgaben

> Entwicklung der Investitionsneigung

> Veränderung von Umweltschutzvorschriften

> Entwicklungen in der Rechtsprechung (z. B. Produkthaftung)

> Entwicklung der Wechselkurse.

Beispiel:

Bei steigenden Zinsen wird die Auftragslage für Handwerksbetriebe der Baubranche – wenn man nur diesen Einflussfaktor isoliert betrachten würde – eher rückläufig sein, weil die private und staatliche Investitionsneigung zurückgeht.

Informationsquellen

Wichtige Informationen zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage können den Konjunkturberichten der Handwerkskammern, aber auch der Tagespresse und dem Internet entnommen werden.

Ermittlung von Strukturdaten

Die Ermittlung von Strukturdaten ist eine wichtige Grundlage zur Beurteilung zukünftiger Absatzpotenziale.

Angaben über die demografische Struktur eines bestimmten Absatzgebietes lassen erkennen, wie die Verbrauchergewohnheiten in der betreffenden Region einzuschätzen sind.

Wichtige Strukturdaten sind beispielsweise:

> Struktur des Familienstandes

> Struktur der Familiengröße

> Altersstruktur

> Geschlechtsstruktur.

Quelle für die Ermittlung von Strukturdaten sind amtliche Statistiken, aber auch Statistiken von Verbänden und Kammern.

Einbeziehung von Kaufkraftkennziffern

Die Kaufkraft, d. h. der Geldbetrag, der den Verbrauchern tatsächlich zur Verfügung steht, hat erhebliche Auswirkungen auf die Absatzchancen eines Handwerksbetriebes.

Messung

Die Kaufkraft ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Eine Messung erfolgt durch sog. Kaufkraftkennziffern. Setzt man die durchschnittliche Kaufkraft in der Bundesrepublik Deutschland mit 100 an, so ist die Kaufkraft z. B. in einer Region mit der Kennziffer 110 um 10 % höher als im Bundesdurchschnitt. Umgekehrt ist sie beispielsweise um 20 % niedriger in einem Gebiet mit Kaufkraftkennziffer 80.

Beispiel:

Ein Handwerksbetrieb, der sich mit der Herstellung und dem Vertrieb hochwertiger Luxusartikel beschäftigt (z. B. Goldschmied), wird in einem Gebiet mit einer möglichst hohen Kaufkraftkennziffer bessere Absatzchancen vorfinden als in einer Region mit geringer Kaufkraftkennziffer.

Datenquelle

Aufschluss über die regionale Kaufkrafthöhe geben sog. Kaufkraftkarten, die beispielsweise bei der GfK in Nürnberg erhältlich sind.

c)Analyse der Beschaffungsmärkte (Lieferanten)

>> Dieser Abschnitt wird unter 3.2 „Beschaffung“ ausführlich behandelt.

d)Wettbewerber (Benchmarking)

Ermittlung des Marktvolumens

Das Marktvolumen ist die Maßzahl für die Größe eines Marktes in einer bestimmten Region, gemessen an der Höhe des Umsatzes.

Das Marktvolumen berechnet sich folgendermaßen:

Marktvolumen = Umsatz pro Kopf der Bevölkerung x Anzahl der Einwohner

Beispiel:

Der Umsatz pro Kopf der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland betrage in einem Handwerkszweig 150,00 EUR im Jahr. Eine Stadt mit 50.000 Einwohnern hat somit ein Marktvolumen von 7.500.000,00 EUR.

Die Betrachtung des Marktvolumens ist gegenwartsbezogen. Wichtig für die weitere Entwicklung des einzelnen Betriebes ist der Blick in die Zukunft.

Fragestellungen

Nachfolgende Fragestellungen sind hierbei zu untersuchen:

> Wie entwickelte sich der Umsatz der Branche in den letzten Jahren?

> Wie entwickelt sich der Umsatz der Branche voraussichtlich in den nächsten Jahren?

> Wie entwickelte sich das Produktionsvolumen der Branche in den letzten Jahren?

> Wie entwickelt sich das Produktionsvolumen voraussichtlich in den nächsten Jahren?

> Gibt es Möglichkeiten, das Marktvolumen durch Produktinnovationen auszuweiten?

Ermittlung des Marktanteils

Der Marktanteil ist die Maßzahl für den Anteil eines Betriebes am Marktvolumen in einer bestimmten Region, gemessen an der Höhe des Umsatzes. Er gibt also das Umsatzvolumen eines Betriebes im Vergleich zum Marktvolumen an und gibt somit wichtige Aufschlüsse über die Stellung eines Unternehmens am Markt.

Marktanteil

Der Marktanteil berechnet sich wie folgt:

Marktanteil in % = eigener Umsatz/Marktvolumen × 100

Beispiel:

Beträgt der Umsatz eines Handwerksbetriebes 750.000,00 EUR und das im Beispiel ermittelte Marktvolumen 7.500.000,00 EUR, so ergibt sich ein Marktanteil von 10 %.

Ebenso wie die Ermittlung des Marktvolumens ist die Berechnung des Marktanteils gegenwartsbezogen.

Zahl der Anbieter

Zur Einschätzung der Marktposition ist außerdem die Zahl der übrigen Anbieter zu berücksichtigen. Gibt es beispielsweise nur noch einen anderen Anbieter, der 90 % Marktanteil hätte, so wäre die Marktsituation wesentlich ungünstiger, als wenn es 20 weitere Anbieter gäbe, die sich den Markt nahezu zu gleichen Anteilen aufteilen.

Ermittlung des Marktbesetzungsfaktors

Der Marktbesetzungsfaktor zeigt auf, wie hoch der Anteil an Kunden einer Region, gemessen an der Gesamtbevölkerung dieser Region, ist. Er bietet somit ein wirksames Instrument zur Ermittlung möglicher versteckter Potenziale im Einzugsgebiet.

Marktbesetzungsfaktor

Der Marktbesetzungsfaktor wird folgendermaßen ermittelt:

Marktbesetzungsfaktor in % = Anzahl Kunden/Anzahl Einwohner × 100

Beispiel:

Beträgt die Anzahl der Kunden eines Handwerksbetriebes 500 und die Zahl der Einwohner seines entsprechenden Einzugsgebietes 50.000, so beträgt der Marktbesetzungsfaktor 1 %.

Potenziale

Die Ermittlung des Marktbesetzungsfaktors ist ebenso wie der Marktanteil und das Marktvolumen eine gegenwartsbezogene Zeitpunktbetrachtung. Er zeigt an, welche Potenziale in einzelnen Regionen für den Handwerksbetrieb noch vorhanden sind. Der Umsatz und abgesetzte Mengen des einzelnen Betriebes bleiben hier unberücksichtigt.



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