Читать книгу Wenn die Seele "S.O.S." funkt - Dr. med Hanspeter Hemgesberg - Страница 17
Diagnostik
ОглавлениеUm es vorweg zu sagen:
Die Diagnostik ist weit überwiegend die Domäne der (natur-) wissenschaftlichen (Schul-)Medizin!
Da führt kein Weg daran vorbei!
Was die biologische Medizin (zumal die seriöse wie fundierte) angeht, so war und ist (und wird sie wohl auf nicht absehbare Zeit auch bleiben) diese einzig additiv-komplementär anzuwenden.
Fakt ist aber auch, dass es bis heute in der Schulmedizin kein „Gold-Standard-Untersuchungsverfahren“ gibt (und m.M.n. auch vorerst nicht geben wird).
In der Übersicht nachstehend mein Vorschlag für das diagnostische Procedere bei „Angststörung“ – wobei festzuhalten ist, dass step-by-step vorzugehend ist –.
Vorgehen:
I. Diagnostisches Procedere bei Angststörung (1)
„Obligate Basis-Diagnostik“
A. Anamnese
sie ist das „A & O“ der Diagnostik
[muss/sollte unbedingt enthalten: Krankheitsverlauf, erste und derzeitige Beschwerden, Belastungen Privat/Schule/Studium/Arbeit/Doppelbelastung/ Gesellschaft wie Vereine/Verbände usw. (insbes. Stress, Mobbing usw.), gravierende Krankheiten in der Vorgeschichte, bisherige + derzeitige Therapien (Medikamente, sonst. Therapien, z.B. Psychotherapie), Konsum an Kaffee/ Schwarztee/Alkohol (welchen)/Nikotin, Schlaf-Wach-Rhythmus und allgemeiner Lebens-Rhythmus, sportliche Aktivitäten (welche, wie oft/Woche, wie lange, wie intensiv), einschneidendes Ereignis bei der Person selbst [Unfall, Jobverlust, sexuelle Belästigung, Tod eines nahen Verwandten, gravierende gesundheitliche Probleme eines nahen Verwandten (Psychose/Neu-rose/Krebs usw.)], eigenes Sexualleben + Fragen nach Bedingungen/ Umstände für das Auftreten der Angst –
Hinweis.
Sind Kinder und Jugendliche ‚betroffen‘, so halte ich es für unumgänglich, dass und wenn zumindest ein Elternteil oder ein Betreuer bei der Anamnese-Erhebunf anwesend ist und er/sie Auskünfte über den Krankheitsverlauf geben kann]]
B. Organischer Status
umfassende körperliche Gesamtuntersuchung (quasi vom Schädeldach bis zu den Fußsohlen)
Dazu sollten bereits hier (soweit erforderlich) die sogen. „Neuro-vegetativen Funktionsteste“ (Steh-Test nach Thulesius / Schellong-Kreislauf-Test / Herz-Frequenz-Varianz-Analyse / Sympathicus-Haut-Reaktion / Nynhidrin-Test) durchgeführt werden
C. Orientierender Neurologischer Status
die Betonung liegt auf „orientierend“.
Der Status sollte beinhalten: Hirnnerven, Motorik, Muskeleigenreflexe (MER) und Pyramidenbahnen, Sensibilität, Koordination.
D. Orientierende Psychiatrische Exploration
die Betonung liegt auch hier vorerst auf „orientierend“.
Der Status sollte beinhalten: Bewusstseinslage, Stimmung, Antrieb, Affekt, Kontakt, Verhalten, Trugwahrnehmungen, Beeinflussungsgefühle, Merkfähigkeit/Konzentration/Aufmerksamkeit.
TIPP
Im Rahmen der psychiatrisch/psychisch Exploration können/sollten mit vorgenommen werden:
(Selbst-)Teste:
„Depression“ – z.B. nach Ivan Goldberg –, „Stress-Test“ und auch „Mental-Test“ (im Internet) oder ähnliche.
E. Labor-Diagnostik
- großes Differential-Blutbild
- BSG/BKS, CRP (Entzündungswerte)
- TSH basal (orientierender Schilddrüsenwert) – dazu ggfls. FT3 und FT4
- Elektrolyte: Kalium, Magnesium, Zink, Selen
- Blutzucker (nüchtern + ggfls. postprandial bzw. oGTT = oraler Glucose-
Toleranz-Test)
F. Apparative Diagnostik
- Schilddrüsen-Sonografie
- EKG (in Ruhe und unter Belastung – optimal. Stress-Echokardiographiie)
II. Diagnostisches Procedere bei Angststörung (2)
„Fakultative Zusatz-Diagnostik“
[Aus-/Einschluss von sonstigen/weiteren Krankheiten]
Hinweis:
Stets individuell, befund-angepasst, selektiv!
A. Apparative Diagnostik
Bei bekannten kardialen/vaskulären Symptomen zusätzlich
- Langzeit-EKG
- Transthorakale Echokardiografie (TTE)
auch
- Stress-Echokardiographie“
- Langzeit-Blutdruckmessung
Zur Differential-Abklärung „Nervöse Störung/Depression“
- ANSA (Autonomes Nervensystem-Analyse)
- Ninhydrin-Test
- Farb-Test nach Prof. Dr. Max Lüscher (computergestützt)
B. Bildgebende Verfahren
- Schilddrüsen-Sonogramm und bedarfsweise
- Schilddrüsen-Szintigramm
- Abdomen-Sonografie (zum Ausschluss Nebennierenprozess)
- Röntgen Thorax (zum Ausschluss Lungenprozess)
- EEG (zum Ausschluss Epilepsie und Hinweis auf Medikamenten-Missbrauch)
C. Labor- Diagnostik
1. Blutuntersuchung:
- Hormon-Status mit: Östrogen (mit aktivem = freiem Ö), Östradiol,
Testosteron (mit freiem = aktivem T.), Progesteron, Prolaktin, Lutenisierendes Hormon (LH), Follikel-Stimulierendes Hormon (FSH), Somatotropes Hormon (STH = Wachstumshormon = HGH), Dehydroepiandrosteron (DHEA/DHEAS), Progesteron, Cortisol, Adrenocorticotropes Hormon (ACTH)
- Vitamin H (Biotin), Vit. A, B-Vitamine (zur Abklärung Haarausfall)
2. Urin-Untersuchung (im 24-Stunden-Sammelurin) mit:
- Urinzucker
- Katecholamine im Urin (Vanillinmandelsäure, Adrenalin, Noradrenalin,
Dopamin)
3. Tuberkulose-Test (hier ist der ‚Tuberkulin-Test‘ ausreichend)
D. Psychiatrisch/Psychologische Untersuchung
1. unbedingt erforderlich zur Differential-Diagnostik „Neurotische
Störungen“ (Angststörung) versus „Depression usw.
2. Psychodiagnostische Verfahren [u.a. Beck-Angst-Inventar (BAI), Hamilton-
Angst-Skala (HAMA), Panik- und Agoraphobie-Skala (PAS) u.a.]
3. Abklärung Persönlichkeits-Typus und Persönlichkeits-Struktur
4. danach – in Absprache mit dem Patienten – Festlegung des weiteren
Therapeutischen Procedere
TIPP
Medikamenten-Austestung
Um dem schon genügend gesundheitlich und bes. psychisch strapazierten Kranken weitere Belastungen durch „Arzneimittel-Unverträglichkeiten“ zu ersparen, empfehle ich, die Verträglichkeit der vorgesehenen – und zwar als Einzelmittel wie auch in der Kombination mit den weiteren Wirkstoffen – Arzneimittel auszutesten und zwar vor der Ersteinnahme.
Dies gilt einheitlich für chemisch-definierte wie für biologische = „natürliche“ Arzneiwirkstoffe!
TIPP
„Selbstbeurteilungstest Angst“
Fragen:
[Zutreffendes ankreuzen]
01. Ich fühle mich nervöser und ängstlicher als früher:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
02. Ich fürchte mich ohne Grund:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
03. Ich rege mich leicht auf oder bekomme das Gefühl, in Panik zu geraten:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
04. Ich habe das Gefühl zusammenzubrechen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
05. Ich glaube, dass alles in Ordnung ist und nichts Schlimmes geschehen wird:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
06. Meine Arme und Beine schlottern und zittern:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
07. Ich leide an Kopf-, Nacken- und/oder Rückenschmerzen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
08. Ich fühle mich schwach und werde schnell müde:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
09. Ich fühle mich ganz ruhig und kann gut still sitzen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
10. Ich kann spüren, wie mein Herz ganz schnell pocht:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
11. Ich leide an Schwindelanfällen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
12. Ich habe Ohnmachtsanfälle oder das Gefühl, ohnmächtig zu werden:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
13. Ich kann frei ein- und ausatmen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
14. Ich bekomme so ein Gefühl von Taubheit & Kribbeln in meinen Fingern
und/oder Zehen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
15. Ich leide unter Magenschmerzen und/oder Verdauungsstörungen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
16. Ich muss häufiger als sonst Wasser lassen:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
17. Meine Hände sind gewöhnlich trocken und warm:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
18. Ich fühle, wie mein Gesicht heiß wird und ich erröte:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
19. Ich schlafe leicht ein und finde erholsamen Schlaf:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
20. Ich habe Albträume:
a) nie oder sehr selten
b) manchmal
c) oft
d) meistens oder immer
[Den Test können Sie entweder Ihrem Behandler mitbringen oder zur Erst-Information im Internet durchführen über: https://www.therapie.de/psyche/info/ test/angst/generalisierte-angststörung/]
[Quelle: Die Selbstbeurteilungs-Angst-Skala ist der Veröffentlichung von Zung, W.W.K. „A rating instrument for anciety disorders" aus Psychosomatics, 1971, Vol. 12: 371 – 379 entnommen. Das Testverfahren in hier dargebotener Form wird verwendet mit der Genehmigung von Psychosomatics (Copyright 1971). American Psychiatriatric Association]
E. Selbst-Testung zur Anwendung Psychotherapie
Mit Hilfe des folgenden Tests können Sie herausfinden, ob es für Sie hilfreich wäre, eine Psychotherapie bei einem Psychotherapeuten zu machen.
Hinweis:
Die folgenden Fragen beziehen sich auf die letzten 4 bis 8 Wochen.
Beachten Sie bitte:
Der folgende Test ersetzt keine Diagnose durch einen Psychotherapeuten! Er liefert lediglich erste Hinweise, ob Sie möglicherweise unter einem Problem leiden, bei dem Sie überfordert sind. Wenn Sie sich unsicher sind oder wenn Sie Selbstmordgedanken haben, dann nehmen Sie Kontakt mit einem Psychotherapeuten auf.
Zum Test:
Lesen Sie die folgenden Feststellungen durch. – Überlegen Sie bei jeder Feststellung, ob diese auf Sie 0 = nicht zutrifft, 1 = etwas zutrifft, oder 2 = ja, sehr zutrifft
Tragen Sie die Werte in die Felder [ ] vor den Fragen ein.
Selbst-Testung zur Anwendung Psychotherapie
Fragen:
[ ] Ich habe schon versucht, mein Problem alleine in den Griff zu bekommen,
leider ohne Erfolg
[ ] Ich habe Probleme, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren
[ ] Ich habe keinen Appetit mehr
[ ] Mein Problem belastet mich sehr
[ ] Mein Problem belastet meine Partnerschaft
[ ] Ich kann mich kaum noch an etwas erfreuen
[ ] Mein Problem ist in den letzten Wochen schlimmer geworden
[ ] Ich habe körperliche Beschwerden (Erschöpfungs-,Angst-, Unruhezustände,
Magen-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schwindel usw.)
[ ] Meine Leistungsfähigkeit hat nachgelassen
[ ] Ich habe Selbstmordgedanken
[ ] Ich nehme Alkohol, Tabletten, Drogen, um mich besser zu fühlen
[ ] Ich kann mit anderen nicht über mein Problem sprechen
[ ] Ich getraue mich nicht, mit einem Arzt/Therapeuten über mein Problem zu
sprechen
[ ] Ich grüble viel und kann kaum noch abschalten
[ ] Ich habe das Gefühl, alles wächst mir über den Kopf
[ ] Ich glaube nicht, dass ich meine Probleme alleine in den Griff bekomme
[ ] Ich esse vielmehr als früher
[ ] Ich habe Schlafstörungen
Auswertung:
Ergibt die Summe der Punkte aus den 18 Fragen mehr als 15 Punkte, dann ist eine psychotherapeutische Behandlung und Analyse dringend anzuempfehlen.
Bei einer Punktzahl zwischen 10-15 Punkten sollten Sie sich eine solche Behandlung überlegen; als Hilfe: Wiederholung des Tests nach 1, maximal 2 Wochen.
Dazu meine Empfehlung, mein Rat:
Aufsuchen eines Psychotherapeuten
Sie sollten unbedingt einen Psychotherapeuten aufzusuchen, …
a. wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre Alltagspflichten zu erfüllen
wenn Sie schon selbst versucht haben, sich zu helfen, aber jetzt keinen Rat mehr wissen
b. wenn Ihr Leidensdruck groß ist und Sie an Selbstmord denken
c. wenn Sie Probleme mit Alkohol oder anderen Suchtmitteln bekämpfen
d. wenn Sie mehr als 4 Wochen unter Ängsten oder Depressionen leiden
e. wenn Sie unter Schmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, Herz-
Rhythmusstörungen oder anderen körperlichen Beschwerden leiden und der Arzt keine körperliche Ursache feststellen kann.
Die gesamte Diagnostik sollte sich (mindest weitgehend) orientieren an den aktuell geltenden „Leitlinien Angststörungen“ des Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM), der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e.V. (DGPM), der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Übrigens:
Diese Leitlinien gelten auch für die Therapie!