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Auf ein Wort: Der Experten-Talk zur Einstimmung

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Wie haben der Ernährungsmediziner und der Profikoch die Zusammenarbeit für „Iss besser!“ empfunden? Was hat geklappt und wo hat es gehakt? Warum ist Genuss hinsichtlich gesunder Ernährung so wichtig – und konnten die Experten persönlich etwas voneinander lernen? Fragen wie diese haben Tarik Rose und Matthias Riedl im Interview offen und unterhaltsam beantwortet.

Matthias und Tarik, könnt ihr euch noch an euren ersten gemeinsamen Dreh erinnern?

Tarik: Ja klar! Das war 2015 in einer „Iss besser!“-Sendung. Wir haben Rote-Bete-Nudeln mit Garnelen gemacht. Und dazu Grünkohl-Chips. Seeehr gesund! Dann haben wir uns auf dem Weg zu einer ARD-Sendung, bei der wir beide Gast waren, zufällig im Zug getroffen und viel geplaudert.

Matthias: Ich erinnere mich auch noch gut, denn für mich war es die erste Zusammenarbeit mit einem Koch. Ich weiß noch genau: In einer deiner ersten Amtshandlungen hast du mir gezeigt, wie Zwiebelschneiden richtig geht …

Tarik: Stimmt! Wie du zerdrücken viele Leute die Zwiebel eher, als sie in Würfel zu schneiden – einfach, weil die Messer nicht scharf genug sind. Und dann schieben sie die Klinge, wuuuusch, einmal quer übers Brett, um die Stücke aufzunehmen. Todsünde! Denn damit macht jeder ein gut geschärftes Messer auf der Stelle stumpf.

Matthias: Jetzt sei mal nicht so streng (lacht). Deinen Rat, mir neben der richtigen Technik einen Hochleistungs-Messerschärfer zuzulegen, habe ich nach unserem Dreh ja gleich umgesetzt.

Tarik: Ja, du bist kulinarisch echt engagiert, das finde ich super (lacht). Und das Zwiebelschneiden gebe ich weiterhin sehr gern an dich ab – die Würfel von unserem letzten Dreh waren auch schon meilenweit besser als die ersten …

Abgesehen von der Zwiebelfrage: Wusstet ihr gleich beim ersten Dreh, dass ihr als Ernährungsmediziner und Koch gut zusammenarbeiten würdet?

Tarik: Absolut! Und das ist wirklich nicht selbstverständlich. Ich habe schon öfter mit Ernährungsexperten zu tun gehabt, weil ich mich seit jeher für das Thema interessiere. Aber die sind mir oft ein wenig von oben herab begegnet und waren sehr dogmatisch. Damit kann ich als Koch natürlich nicht viel anfangen – bei mir steht schließlich der Genuss über allem.

Matthias: Bei mir auch! Schon deshalb, weil ich als Ernährungsmediziner ja den Patienten nie aus dem Blick verlieren darf: Wenn dem die Gerichte, die ihm guttun, nicht schmecken, muss jede Ernährungsumstellung scheitern.

Tarik: Genau diese pragmatische, nicht abgehobene Haltung hat mir an dir sofort gefallen. Du bist nahbar und lässt nie den Klugscheißer-Max raushängen – obwohl du so viel weißt, dass du es problemlos könntest.


Matthias: Das gilt umgekehrt genauso! Du lässt dir beim Kochen natürlich nicht die Butter vom Brot nehmen, bist aber ein Teamtyp. Und hast keine Berührungsängste mit der Ernährungsmedizin, sondern im Gegenteil einiges an Vorwissen. Das ist ebenso wenig selbstverständlich: Manche Köche beäugen mein Fachgebiet skeptisch, gehen davon aus, dass ich ihnen wie ein Fräulein Rottenmeier etwas verbieten will, und reagieren mit ironischen Kommentaren auf meine Empfehlungen. Du dagegen hast so eine typisch nordische offene, einfach freundliche Art und bist ein bisschen verrückt. Das erinnert mich an meinen großen Bruder – deshalb war es auch kein Problem für mich, mal nur der Assistent zu sein, der ab und an kommentieren darf.

Nach so viel Lobhudelei – was war bei den „Iss besser!“-Drehs und jetzt bei der Buchentwicklung manchmal herausfordernd?

Tarik: Darf ich zuerst? Denn ich ahne, was du sagen wirst …


Matthias: Klar, nur zu!

Tarik: Ich bin spontan bis hin zu chaotisch: Wenn ich über den Markt gehe und so herrlich sattgrünen Portulak sehe, dann kaufe ich natürlich den – anstelle von Chicorée, wie es verabredet war. Das hat dich manchmal fertiggemacht, glaube ich. Du bist ja eher der strukturierte Wissenschaftler, der Vorbereitete. Und hast eine größere Fallhöhe als ich: Du musst Fakten präsentieren, alles soll stimmen. Ich dagegen kann machen, was ich will, Hauptsache, am Ende schmeckt es.


Matthias: Genau! Ich brauche Vorlauf, um mir die Erkenntnisse zu all den einzelnen Lebensmitteln draufzupacken, die wir beim Dreh verwenden. Ohne Vorbereitung weiß ich zwar, dass Portulak ultragesund ist, aber was genau dieser Wildsalat im Einzelnen bewirkt, weiß ich aus dem Stegreif nicht. Und ich kann ja nicht in jeder Sendung aufs Neue erzählen, dass intensiv farbiges Gemüse, zu dem auch Portulak gehört, durch eben diese Farbstoffe antientzündlich wirkt. Das wäre maximal langweilig.

Habt ihr das Problem in den Griff bekommen?

Tarik: Absolut! Wir machen jetzt vor jedem Dreh immer einen genauen Plan. Haha, kleiner Scherz. So was geht mit mir nicht, wir wollen mal nicht übertreiben.


Matthias: Ist ja auch nicht nötig! Du hast zwar immer noch überraschende Dinge im Einkaufskorb, die mich ins Schwitzen bringen, aber es sind weniger geworden. Außerdem habe ich zwischen unserem Einkauf und dem Dreh jetzt ein bisschen mehr Zeit, um mich zu deinen Extrawürsten noch auf den aktuellen Stand der Ernährungsforschung zu bringen.

Tarik: Und du hast einen trockenen Humor, auch wenn du den vor der Kamera eher selten rauslässt. Ich glaube, der macht dich im Umgang mit mir entspannter, als es der ein oder andere meiner Mitarbeiter hinkriegt.

Matthias: Wahrscheinlich, weil ich dich nicht jeden Tag erlebe …

Stichwort Humor: Was ist das lustigste Erlebnis, an das ihr euch erinnert?


Matthias: Diesmal muss ich anfangen, Tarik! Für mich war das ganz klar deine Ziegenkäse-Nummer. Wir standen im Studio und es fehlte ein ganz bestimmter Frischkäse. Koch-Amateure wie ich sagen dann: „Na, nehmen wir halt einen anderen“ – zumal Ziegenkäse vor unserer Zusammenarbeit kein Favorit von mir war. Aber nein, es musste genau dieser eine aus genau diesem einen Laden sein. Da warst du dann mal überhaupt nicht spontan und wir haben zwei Stunden gewartet, bis der Käse da war. Aber schon klar, du bist der Maestro – und wenn du es so haben willst, muss es auch so sein. Wenn ich für eine Sache Verständnis habe, dann für Perfektionismus.

Tarik: Gib zu, das Warten hat sich auch gelohnt – du warst anschließend ganz schön begeistert. Ein normaler Frischkäse aus Kuhmilch gibt nur Fett und Cremigkeit in ein Gericht. Ein milder Ziegenfrischkäse bringt eine andere Dimension an Süße und Säure rein, das hebt den Geschmack enorm! Und außerdem vertragen den selbst Menschen mit Laktose-Intoleranz häufig gut.


Matthias: Stimmt. Aber was war denn nun für dich das Lustigste bei den Dreharbeiten?

Tarik: Die zwei, drei Situationen, in denen ich dir vorm Dreh etwas zum Kosten gegeben habe, du damit deine sauberen, manchmal blütenweißen Hemden vollgekleckert hast und dann noch mal ins Bad musstest, um dich umzuziehen. Ein Arzt mit Fleck auf dem Hemd – das geht natürlich nicht. Einem Koch verzeiht der Zuschauer das.

Was wollt ihr mit den Sendungen und jetzt mit dem Buch erreichen?


Matthias: Die falsche Annahme aus dem Weg räumen, dass gesunde Ernährung und Genuss sich ausschließen. Das Gegenteil stimmt: Wirklich gute Lebensmittel sorgen dafür, dass Essen schmeckt – und uns gleichzeitig guttut.

Tarik: Für mich ist das Wichtigste zu vermitteln: Niemand, der sich gesund ernähren will, muss auf irgendetwas verzichten. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, nie mehr mit Honig zu süßen. Natürlich ist Honig streng genommen nicht gerade das gesündeste Produkt. Aber Matthias macht glücklicherweise immer wieder klar, dass absolut nichts gegen ein bisschen Süße spricht. Sondern dass es darum geht, Gerichte zu kochen, die uns alles liefern, was wir brauchen – im richtigen Verhältnis. Und dass ein bisschen Zucker nicht schadet, wenn der Rest denn stimmt.

»Es geht darum, Gerichte zu kochen, die uns alles liefern, was wir brauchen – im richtigen Verhältnis.«


Matthias: Genau! Erst mal grundsätzlich lecker artgerecht kochen, das ist für die allermeisten Menschen das Entscheidende. Und erst dann, wenn einer wirklich schon gesundheitliche Probleme haben sollte, muss man mehr in die Tiefe gehen. Bei Diabetes also etwa überlegen, wie sich Honig clever ersetzen ließe. Da gibt es beispielsweise Erythrit, einen Zuckeralkohol, der den Blutzucker nicht in die Höhe treibt. Das ist der Weg! Und den zu gehen, das schafft jeder.

Was nehmt ihr persönlich mit aus der Zusammenarbeit?


Matthias: Ich habe meine an sich schon nicht kleine Armada an Gewürzen noch um ein paar weitere ergänzt, zum Beispiel um Koriandersamen – bislang habe ich nur das frische Kraut verwendet. Und ich versuche, mehr zu experimentieren, nicht mehr nur der Rezeptkoch zu sein. Tarik, wenn du kochst, erinnert mich das an Jazz: Du hast eine Melodie im Kopf und spielst einfach drauflos. Ich mag dieses Improvisieren auch, traue es mir am Herd aber oft nicht zu. Das hat sich ein wenig geändert.

Tarik: Das kann ich bestätigen! Du hast häufig Gerichte nachgekocht, mir geschrieben, was du verändert hast, und ein Beweisfoto geschickt. Du zeigst da echt eine kulinarische Leidenschaft. Das zu sehen, ist schon cool.


Matthias: Hast du dir denn auch was von mir abgeguckt?

Tarik: Nö, du hast mir ja immer wieder vermittelt, dass es schon ganz okay ist, was ich so mache (lacht).

Im Ernst: Ich habe gelernt, ein bisschen weniger streng zu mir zu sein. Wenn ich es früher mal übertrieben habe mit dem Genießen, wollte ich es danach extragut machen. Ich habe dann zum Beispiel versucht, meine Schmerzen im Knie mit vega-ner Ernährung zu therapieren, das aber nie durchgehalten …

Matthias: … natürlich nicht! Wir Menschen sind Gewohnheitstiere, haben Traditionen und Rituale. Außerdem ist unser Körper evolutionär nicht für schnelle Veränderungen gemacht. Daher müssen Versuche scheitern, die eigene Ernährung von jetzt auf gleich um 180 Grad zu drehen. Wer sich artgerecht ernähren will, darf sich nichts verbieten.

»Wer sich artgerecht ernähren will, darf sich nichts verbieten.«

Tarik: Und diese super Erkenntnis setze ich nur zu gern um. Seit wir zusammen kochen, gebe ich noch lieber ein Stück Butter zum Essen und bereite mit besserem Gewissen Fleisch zu. Weil du ja immer sagst, dass tie-rische Produkte in Maßen nicht grundsätz-lich ungesund sind. Sondern der Körper im Gegenteil Pflanzeneiweiß dann besser verwerten kann – etwa das aus den Linsen zum Fleisch. Solche Fakten zu hören, entspannt mich. Und es hilft mir, insgesamt gesünder zu essen: Ich bekomme die Relationen der einzelnen Nährstoffe inzwischen besser hin, weil ich auf kein Lebensmittel verzichten muss. Und ich kann in aller Ruhe genießen. Denn ich weiß, dass ein bisschen Butter den Kohl nicht fett macht – und mich auch nicht.


Matthias: Genau das ist artgerechte Ernährung. Die klappt aber nur, wenn wir regelmäßig selbst kochen, am besten täglich.

Warum?

Tarik: Als guter Schüler kann ich das jetzt wieder leicht beantworten! Gesund und lecker kochen ist wie Radfahren: Man muss ein halbes Jahr oder so kräftig üben – aber dann hat man es drauf, vergisst die Technik nie wieder und spürt, dass sich Radfahren einfach gut anfühlt. So ist es auch mit dem Selbstkochen: Wer einmal erfahren hat, wie gut die Gerichte schmecken, die dabei herauskommen, wird Fertigprodukte schlicht nicht mehr mögen. Und damit automatisch dieses Zeug nicht mehr essen, mit dem die Lebensmittelindustrie Gewinne einfährt und uns krank macht.


Matthias: Mann, Mann, Mann – besser hätte ich es tatsächlich auch nicht sagen können (lacht).

Tarik: Das Beste ist ja: Wer einmal ein paar wenige Techniken draufhat – und das wird jeder, der die Gerichte aus diesem Buch nachkocht –, der muss über gesunde Ernährung anschließend kaum noch nachdenken. Dann wird die Arbeit am Herd zum Spaß, zum Spiel. Weil man einfach weiß, dass sich zum Beispiel der Grünkohl in unserem Curry durch Wirsing ersetzen lässt, wenn man Grünkohl nicht mag. Und das Ganze genauso gesund ist.


Matthias: Das Wichtigste ist tatsächlich die Lebensmittelauswahl. Und über die kann nur bestimmen, wer selbst kocht. Egal was man sich liefern lässt oder in den meisten Restaurants bekommt – es enthält meist Vorgefertigtes und ist von schlechter Qualität. Dass in Sachen Qualität selbst bei mir noch Luft nach oben war, habe ich übrigens auch erst durch dich gelernt: Nach dem ersten Dreh hast du mir Hähnchenkeulen mitgegeben, die der höchsten Bio-Kategorie entsprachen. Und ich habe ernsthaft noch nie so gute gegessen! Das hat mich angespornt, selbst noch mehr darauf zu achten, wirklich hochwertige Lebensmittel zu kaufen.

Tarik: Das ist etwas, das ich mit unserem Buch auch gern erreichen möchte: Die Leute sollten wirklich mal bewusst darauf schauen, was für ein Irrsinn es ist, dass wir 1400 Euro für ein Smartphone ausgeben, aber am Brot sparen. Klar, das klingt plakativ. Aber es macht mich einfach echt fertig! Wir schmieren uns sündhaft teure Cremes ins Gesicht, um Falten loszuwerden. Kommen aber nicht auf die Idee, einfach wertvolle Lebensmittel zu kaufen, die uns von innen heraus gesund halten. Stattdessen verleiben wir uns den totalen Schrott ein, weil wir die üblen gesundheitlichen Folgen, die das für unseren Körper hat, erst viele Jahre später bemerken.

Matthias: … und weil die Industrie uns süchtig nach dem Schrott macht! Sie gewöhnt uns derart an künstliche Aromen und so viel Süße, dass uns natürliche Lebensmittel schlicht nicht mehr schmecken. Dagegen hilft nur, sich bewusst häufiger in die Küche zu stellen und sich langsam von Fertigprodukten zu entwöhnen. Wer das nicht tut, stirbt früher – das ist wissenschaftlich inzwischen sehr gut belegt.


Nach so viel Engagement – was ist euer entspanntes Schlusswort?

Tarik: Eben das: Entspannt euch! Wir sollten Kochen und Ernährung wieder als das sehen, was es ist – Spaß, Freude, Genuss. Wir müssen nicht um 13 Uhr ein perfektes Essen auf dem Tisch stehen haben, weil dann die Kinder aus der Schule kommen oder der Mann das eben so gewohnt ist. Wir könnten auch einfach mal eine Stunde gemeinsam über den Markt schlendern, anschließend nur ein Brot essen und abends zusammen kochen. Weil das etwas Schönes ist, ein soziales Ereignis.


Matthias: Genau so! Mein Appell: Geben Sie den Rezepten in diesem Buch einfach eine Chance. Denn sie zeigen, dass jeder viele Gerichte findet, die ihm, ihm ganz persönlich, schmecken. Und die gesund halten. Wie etwa das Dinkelbaguette: Wer einmal gemerkt hat, was für eine sinnliche Angelegenheit es ist, selbst so einen Laib zu backen, wird darauf nicht mehr verzichten wollen. Und auf den Geschmack sowieso nicht.

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