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Einkaufen mit Profis Ein Streifzug über den Hamburger Isemarkt
ОглавлениеWo treffen sich Koch und Ernährungsmediziner besonders gern? Natürlich auf dem Wochenmarkt. Und zwar am liebsten auf dem größten der Hansestadt: Denn der hat neben reichlich Gesundem einen ganz praktischen Vorteil zu bieten.
Für viele Touristen ist es dieser ganz spezielle Duft, der den Isemarkt im Hamburger Stadtteil Eppendorf so besonders macht: ein Mix aus butterig-zimtigem Franzbrötchenduft, exotischen Gewürzen, frischem Baguette und – selbstverständlich – einer Spur Fisch. Für andere ist das Beste der heimelige Stand von Familie Pingel, die hier seit dem ersten Markttag 1949 Lakritz-Lollis und Bärentatzen verkauft. Wieder andere fasziniert vor allem der Dichter, der hier ab und an vom Lastenfahrrad „Librette“ aus seine „Lyrik to go“ verkauft. Wer dagegen wie Matthias und Tarik zu den regelmäßigen Besuchern gehört, den begeistert etwas anderes: „Weil der Isemarkt unter einer Brücke der Hochbahn liegt, ist er überdacht. Nicht das Schlechteste in Hamburg“, erklärt Tarik lachend.
ERSTER HALT: GEMÜSESTAND
Nicht das Schlechteste auch an diesem Dienstagmorgen: Dank des Stahlviadukts können Ernährungsmediziner und Koch trotz des bedrohlich dunkelgrauen Himmels entspannt über den knapp einen Kilometer langen Markt mit seinen etwa 200 Ständen schlendern. Der erste Halt? Natürlich beim Gemüsehändler. Prüfend hebt Matthias einen Spitzkohl in die Höhe, Tarik einen Rotkohl. Riesig ist das Exemplar und seine Farbpalette so viel größer als bei den Verwand-ten aus dem Supermarkt: Es reicht von Blassviolett über Intensivlila bis zum Braungrau – eines Käfers. „Super!“, kommentiert Tarik. „Ein Tier im Gemüse zeigt, dass nicht gespritzt wurde. Cool.“ Bei Matthias landet trotzdem der Spitzkohl im Korb, der einfachen Zubereitung wegen, die der Koch empfiehlt: „Du brätst den in Streifen nur ein bisschen an und würzt mit Knoblauch, Chili und Ingwer. Nimm am besten den jungen, der schmeckt milder.“
REGIONALITÄT IST DER WOCHENMARKT-TRUMPF
Frischen jungen Ingwer, mit grünroten Spitzen und noch nicht getrockneter Schale gibt es hier am Stand sogar aus ökologischem Anbau, allerdings aus Norditalien. „Das ist gerade noch okay“, erklärt Matthias, „der Kohl stammt dafür ja aus der Nordheide um die Ecke.“ Regionalität, möglichst oft in Bio-Qualität, das sei beim Einkauf das wichtigste Kriterium – und der größte Vorteil von Wochenmärkten. „Das Gemüse schmeckt einfach zehnmal besser und enthält mehr gesunde Inhaltsstoffe“, so der Ernährungsmediziner. „Außerdem ist der Einkauf hier viel nachhaltiger“, ergänzt Tarik. „Du holst dir die Menge, die du wirklich verbrauchst. Und wenn es nur zwei Möhren sind.“ Zudem könnten die Erzeuger besser von dem leben, was sie produzieren, wenn sie sich nicht dem Preiskampf der Discounter stellen müssten. „Aber davon abgesehen – so eine Gemüseauslage sieht einfach grandios aus, oder?“
»Das Gemüse vom Markt schmeckt einfach ZEHNMAL besser.«
WAS GIBT'S ZUM ABENDBROT?
Sagt’s, schießt als begeisterter Hobbyfotograf in aller Ruhe ein Foto, schlendert weiter und wirft nach 50 Metern dem Pilzhändler ein „Hey, na, wie geht’s?“ zu. Startschuss für einen typisch nordischen Schnack, der mehr über Blicke läuft als über viele Worte. Dann folgt die nächste Lobeshymne: „Matthias, guck mal, Maronenröhrlinge! Das sind für mich ja die unterschätztesten Pilze überhaupt. Megalecker!“– „Soll ich die für meinen Spitzkohl nehmen?“– „Nee, zu mild.“ Der Koch lässt seinen Blick schweifen: über die Krause Glucke, die aussieht wie fluffiger Blumenkohl, über dottergelbe Limonenseitlinge und Portobello-Pilze mit riesigen Hüten. Am Ende zeigt er auf Bekanntes: „Nimm Shiitake! Die setzen dem Kohl einen würzigen Umami-Geschmack entgegen. Dann kaufen wir dir da drüben noch Schellfischkoteletts und du hast ein geniales Abendessen für zwei.“ Nach einer Stunde ist der Korb voll mit Gemüse, Fisch, Gewürzen – und das Gemüt mit sinnlichen Eindrücken. Zeit für zwei Kaffees und ein geteiltes Franzbrötchen. „Einmal in der Woche darf sich das jeder gönnen“, erklärt Matthias. „Den Marktbesuch sollte sich auch jeder gönnen“, so Tariks Fazit. „Denn wer die Händler erlebt und all die leckeren Sachen sieht, der kann gar nicht anders, als selbst kochen zu wollen!“