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27. Das alte Harvestehude

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(1245-1295.)

Zu Graf Adolf´s IV. Zeiten lag mitten auf dem damals teils unbebauten, teils waldigen Landstriche, der heutzutage den Grund und Boden des St.-Michaelis-Kirchspiels, der Vorstadt St. Pauli und Altona´s ausmacht, ein kleines Dorf, das hieß, etwa nach einem ersten Anbauer Herward, der dort eine Hude (Hutung, Weidetrift oder Landungsplatz) besessen haben mochte, - vielleicht auch nach einem Hamburgischen Rathmann dieses Namens, - Herwardshude, oder weil die Hamburger wohl schon damals gern das a-r wie e-r aussprachen (und umgekehrt), Herwerdeshude. Ein Bach gleichen Namens floss daneben in die Elbe.

Daselbst stiftete Adolf´s Gemahlin, die fromme Gräfin Heilwig (aus dem edeln Hause von der Lippe), ein Zisterzienser Nonnenkloster, welches von ihr, manchen Vornehmen und den benachbarten Grundbesitzern reich begabt wurde, so z.B. von den Markgrafen Otto und Johannes von Brandenburg, und von den gräflichen Vogte Georg und seiner Frau Margaretha, welche ihre dort belegenen Höfe, Mühlen und sonstige Besitzungen dem neuen Stifte schenkten. Und da der Gräfin Gemahl als Minoriten-Bruder ins St. Marien-Magdalenen-Kloster getreten war, so folgte sie seinem Beispiel und blieb bis an ihr selig Ende als Klosterschwester im Stifte Herwerdeshude. Das Dom-Capitel zu Hamburg genehmigte „auf Ansuchen des Bruders Adolf, vormals Grafen zu Holstein, und der Schwester Heilwig, einst seiner Gemahlin“, diese Stiftung, welche 1247 auch Papst Innocenz IV. bestätigte und in seinen Schutz nahm.

Weil sich nun aber später zeigte, dass die Lage dieses Klosters an der Elbe nicht nur feindlichen Angriffen sehr ausgesetzt, sondern auch aus anderen Gründen wenig erbaulich und beschaulich war, wo durch den frommen Nonnen manch Ärgernis bereitet wurde, so brach man Anno 1295 dies Gebäude ganz ab, und baute das Kloster in dem schönen friedlichen Tal an der Alster vor Eppendorf wieder auf, wo es den Namen Frauenthal oder Jungfrauenthal erhielt, und mit der Flur des niedergelegten Dorfes Odersfelde als Klostergut dotiert wurde. Ein altes Siegel des Klosters, von großer ovaler Form, zeigt den auf dem Himmelsthron sitzenden Heiland, die Umschrift lautet: „Sigillum Ancillarum Christi in Valle Virginum“, d.h. Siegel der Mägde Christi im Jungfrauenthal. Ein kleineres, auch ovales, ersichtlich noch viel älteres „Sigillum Abbatissae Vallis Virginum“ zeigt die heilige Jungfrau Maria mit dem Christuskinde, darunter, sehr klein, eine kniende betende Nonnengestalt zu sehen ist, vielleicht in Erinnerung an die Stifterin und erste Äbtissin des Klosters, die Gräfin Heilwig.

In der Zeiten Lauf verschwand das alte Dorf Herwerdeshude an der Elbe, aber mindestens dieser Name desselben ging unter, der dafür von den Leuten aus alter Gewohnheit dem Kloster Frauenthal an der Alster übertragen wurde, das man zuletzt gar nicht anders als Herwerdeshude nannte , woraus endlich unser Harvestehude entstanden ist, was manche gute Hamburger, da ein Winterhude gegenüber liegt, auch wohl Herbstehude nennen und zwar gar nicht so irrig, denn „Harvest“ ist das plattdeutsche Wort für Herbst.

Das Kloster Frauenthal aber wurde sehr reich und angesehen, und viele Hamburger Bürgerstöchter aus den vornehmsten Familien erfüllten dort als Nonnen ihre oder ihrer Eltern fromme Gelübde. Es heißt, dass später ihre Klostersitten nicht sonderlich erbaulich, und dass sie gegen alle Versuche des geistlichen Oberherrn, eine bessere Ordnung bei ihnen einzuführen, äußerst widerspenstig gewesen seien, worin die Hamburgischen Bürger ihnen sogar beigestanden haben sollen. Als nach der Reformation die Klostergebäude zu Herwardeshude (höchst unnötigerweise) zerstört waren, brachte man die weltlich gewordenen Nonnen in das von Adolf IV. gestiftete Johannis-Kloster in der Stadt, aus der man die Mönche vertrieben hatte, und legte diesem das reiche Vermögen des aufgehobenen Stiftes bei. So sind also unsere Conventualinnen im Stifte am Schützenwall die Erben nicht nur der Zisterzienserinnen von Herwardeshude, sondern auch der ehrwürdigen Dominikaner-Mönche von St. Johannis, und Adolf wie Heilwig sind ihre Wohltäter. Noch in unseren Zeiten gehörte in der Vorstadt St. Pauli ein ganzes Viereck von Häusern zwischen der Kirchen- und Langenstraße, dem Tatergange und dem Pinnasberge zu den Gütern des St. Johannis-Klosters aus der Erbschaft der Nonnen im Frauenthal. Dort mag deren altes Kloster Herwerdeshude gestanden haben.

Wie hat sich dort so Vieles verändert! Der anmutige Bach, auf dessen grüne Ufer Heilwig´s Zisterzienserinnen blickten, den wir später noch als einen nützlichen Pepermöhlenbeek, auch als alte Auen kennen, er ist als Bach längst versumpft und vertrocknet, und hat einem unlieblichen Rinnsal, dem Grenzgraben zwischen St. Pauli und Altona, Platz gemacht, der nun auch längst zu einem unterirdischen Grenzsiel geworden ist. Das alte Dorf Herwerdeshude an der Elbe war längst verschollen, als der Begriff Hamburgerberg, und mit ihm Spektakel, Tierbuden, Trutz-Altona, Mord- und Totschlag und manch andere Nachtseiten aufkamen, die so arg waren, dass man später die Vorstadt lieber nach ihrer Kirche St. Pauli benannt hat. Ja, seit vor 600 Jahren am heutigen Pinnasberge das Kyrie Eleison frommer Klosterschwestern ertönte, wie gar Manches hat sich doch in der innern wie äußern Gestaltung Hamburgs so gründlich geändert.

Und auch in dem Herwardeshude an der Alster hat sich alles gründlich verändert. Gut nur, dass einige Benennungen der dort neu entstandenen Straßen an die alten Zustände, Personen und Bedeutungen der Dinge erinnern. So gibt es dort z.B. eine schöne Straße „Frauenthal“ und dicht daneben eine „Heilwigstraße“.

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