Читать книгу D&O - Versicherung und Managerhaftung - Dr. Rocco Jula - Страница 11

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D. Überblick über die Konstruktion der D&O-Versicherung

I. Deckungsbausteine in der Praxis

1. Hauptdeckung (Side A)

Die in der Praxis anzutreffenden Deckungskonzepte sind im Kern recht ähnlich. Sie unterscheiden sich lediglich beim Umfang der Deckung, insbesondere bei der Anzahl und der Art der Ausschlüsse. Die sog. gesellschaftsfinanzierte D&O-Deckung, bei der die Gesellschaft Versicherungsnehmerin und Prämienzahlerin und die Organpersonen versicherte Personen sind, werden in der Praxis in einem Deckungskonzept zusammengefasst, das auch als Side A bezeichnet wird. Side A enthält die vollständige Deckung für die D&O-Versicherung und kann daher allein vereinbart werden (sog. Stand-alone Side A). Dieser klassische Baustein (Side A) deckt sowohl die Innenhaftung des Organmitglieds gegenüber der Gesellschaft als auch die Außenhaftung gegenüber Dritten ab.


Schaubild: Side A

Der weitere Deckungsbaustein (coverage) Side B ergänzt diese Deckung um die sog. Eigenschäden der Gesellschaft. Die zusätzliche Deckung Side C gehört nicht mehr zur D&O-Deckung, sondern beinhaltet eigene Deckungen des Unternehmens. Side C ist eine reine Unternehmensdeckung (sog. „entity coverage“), die Schadensersatzansprüche wegen Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren gegen das Unternehmen betrifft. Der Baustein Side D hat sich unter dieser Bezeichnung noch nicht einheitlich durchgesetzt. Er kann unterschiedliche weitere Unternehmensdeckungen, so z.B. die sog. „faute non séparable des fonctions“, enthalten. Dies sind Grundsätze des französischen Rechts, die sich auch in anderen Rechtsordnungen finden, wonach statt der Organe das Unternehmen haftet. Teils wird aber auch die Deckung von Fremdmandaten als Side D bezeichnet.

2. Sog. Eigenschadensdeckung bei Freistellung (Side B)

Side B ergänzt Side A und gewährt der Gesellschaft ausnahmsweise einen eigenen Anspruch gegen den D&O-Versicherer, wenn das Unternehmen aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung ihr Organmitglied freigestellt hat, so dass dieses nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Den Betrag, den die Gesellschaft hierbei verauslagt hat, der nunmehr einen Eigenschaden der Gesellschaft darstellt, kann nun durch die ergänzende Deckung im Side B vom D&O-Versicherer zurückverlangt werden. Diese Deckung wird auch als Company Reimbursement bezeichnet.

Eine solche Eigenschadensklausel kann z.B. wie folgt formuliert sein:

Der Versicherer gewährt versicherten Unternehmen Versicherungsschutz für Schäden aufgrund von Pflichtverletzungen von versicherten Personen

soweit deren Haftung ausgeschlossen ist, weil die versicherten Unternehmen sie vor Begehung einer Pflichtverletzung von einer Haftung rechtswirksam freigestellt haben oder auf die Geltendmachung und/oder Durchsetzung von Ansprüchen (z.B. im Rahmen eines Aufhebungsvertrages) rechtswirksam verzichtet haben, oder

soweit ein Anspruch auf Grund einer Entlastung nicht mehr besteht oder nicht mehr durchgesetzt werden kann, oder

soweit für sie eine Haftungsprivilegierung nach § 31a I BGB oder eine

vergleichbare ausländische Rechtsvorschrift gilt, oder

falls sie zugleich über einen Arbeitsvertrag mit einem anderen versicherten Unternehmen verfügen und insoweit von diesem eine Haftungsfreistellung verlangen können, oder

sofern sich der Aufenthaltsort der versicherten Person, der die (behauptete) Pflichtverletzung vorgeworfen wird, nicht ermitteln lässt oder falls über das Vermögen der versicherten Person das Insolvenzverfahren eröffnet, die Verfahrenseröffnung mangels Masse abgewiesen oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde oder wenn nach dem Tod einer versicherten Person, der oder die Erben die Erbgemeinschaft gemäß § 1945 BGB oder vergleichbarer ausländischer Rechtsordnungen ausgeschlagen haben.

Der Versicherungsfall gilt als eingetreten, sobald das versicherte Unternehmen den Schaden beim Versicherer geltend macht. Soweit der Versicherer Zahlungen leistet, verzichtet er unwiderruflich auf eventuelle Regressansprüche gegen versicherte Personen.

Beispiel: „Vertrauen auf Studie“

Der Geschäftsführer eines großen Herstellers von Baustoffen verhandelt mit einem Kunden über einen Großauftrag. Am Abend vor der Besprechung übergibt ihm ein Mitarbeiter einen Bericht über eine Studie eines Baubiologen über ein Produkt eines Mitbewerbers. In dem Schriftstück wird ausgeführt, dass die Baustoffe des Konkurrenten gesundheitsgefährdend seien. Es ist davon die Rede, dass bei den Bauteilen toxische Gase freiwerden, die zu einer Erbgutschädigung und Krebserzeugung führen können. Der Bericht ist eine Fälschung des Mitarbeiters, der seinem Chef einen Denkzettel verpassen möchte, weil dieser ihn ständig nach seinem Empfinden mobbt. Der Geschäftsführer verkündet das Ergebnis der Studie auf der Besprechung mit dem Kunden, weshalb die GmbH den Großauftrag erhält. Er übergibt sogar eine Kopie des Berichts. Der Konkurrent erfährt von dem Kunden von dem gefälschten Bericht und konfrontiert die GmbH und den Geschäftsführer damit. Der Konkurrent droht eine Klage auf Schadensersatz direkt gegen den Geschäftsführer in Höhe von 1 Mio. Euro an und beruft sich auf § 824 I BGB. Dort heißt es: Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.

Der Geschäftsführer verhandelt mit dem Konkurrenzunternehmen über eine Lösung. Da ihm dieses am Ende abnimmt, dass er selbst getäuscht wurde, einigt man sich auf einen Schadensersatz in Höhe von 300.000 Euro. Die GmbH stellt den Geschäftsführer von diesem Vergleichsbetrag frei und zahlt ihn an den Konkurrenten. Nunmehr verlangt die GmbH Erstattung vom D&O-Versicherer und beruft sich auf die vereinbarte Eigenschadensklausel.


Side B - Eigenschadensklausel

Auch durch die Eigenschadensklausel bleibt es beim versicherten Umfang der Organhaftungsansprüche. Grundsätzlich gilt: Hatte der Geschäftsführer als versicherte Person vor der Freistellung durch die GmbH keinen Versicherungsschutz, ändert sich dies auch nicht dadurch, dass die Gesellschaft den Schaden gegenüber den Dritten ausgleicht. Die GmbH kann nur Erstattung verlangen, wenn sie einen von der D&O-Versicherung gedeckten und dort versicherten Anspruch befriedigt hat. Dies dürfte im vorgenannten Fall zutreffen. Der Geschäftsführer hat einen Vermögensschaden verursacht und nicht wissentlich seine Pflichten verletzt. Zu prüfen wäre, ob die Eigenschadensklausel voraussetzt, dass die Vereinbarung über die Freistellung vor der Begründung des Schadensersatzspruchs bestanden haben muss. Die vorgenannte Klausel lässt auch einen nachträglichen Aufhebungsvertrag zu, damit könnte die Freistellung auch erst nachträglich vereinbart werden. Zu entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen zur Abschwächung der Haftung einschließlich der Freistellung zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer und zu einer Vereinbarung zum Abschluss einer D&O-Versicherung einschließlich einer Klausel zur Freistellung siehe die Ausführungen mit Formulierungsbeispiel unten bei G I 1 b. Bei einer AG stoßen solche Vereinbarungen auf Schwierigkeiten, da die Organhaftung zu Lasten der Gläubiger nicht abgeschwächt werden kann (siehe dazu unten unter H III 2).

Auch ohne Eigenschadensklausel könnte man hier das vorgenannte Ergebnis erzielen. Der Geschäftsführer könnte aus der D&O-Versicherung seinen Freistellungsanspruch an die GmbH abtreten, die dann - soweit sie den Dritten befriedigt hat -, ggf. direkt Erstattung vom Versicherer verlangen könnte. Bei diesem Verfahren ist jedoch problematisch, ob dann, wenn auch die GmbH gesamtschuldnerisch nach außen gegenüber dem Kunden haftet, was über § 31 BGB der Fall sein dürfte, die GmbH tatsächlich beim Versicherer Rückgriff nehmen könnte. Dies wäre dann insoweit nicht möglich, wenn es im Innenverhältnis einen Anspruch des Geschäftsführers gegen die GmbH auf Ausgleich gäbe, falls dieser den geschädigten Dritten befriedigt hätte. Hätte der Geschäftsführer aus seinen Mitteln im letztgenannten Beispiel die 300.000 Euro an den Dritten bezahlt, könnte es sein, dass er gegen die GmbH einen Erstattungsanspruch - ggf. sogar in voller Höhe - hätte, wenn er gegenüber der GmbH durch die Verwendung des falschen Berichts keine Pflichten schuldhaft verletzt hätte. Dies kommt in Betracht, wenn er keine Zweifel an der Echtheit des Berichts haben musste. Die GmbH hätte dann den Anspruch gegenüber dem Dritten nur deshalb befriedigt, weil sie eine eigene Schuld gegenüber dem Dritten trifft, nicht weil sie den Geschäftsführer freistellen möchte, der ihr gegenüber aus dem Innenverhältnis gar nicht zum Ausgleich verpflichtet wäre. Jedenfalls räumt die Eigenschadensklausel etwaige Unsicherheiten aus. Mit ihr wird die Gesellschaft in den Versicherungsschutz einbezogen.

3. Separate Policen für den Aufsichtsrat

Seit 2013 werden für den deutschen Markt separate Policen für den Aufsichtsrat angeboten. Der Spezialmakler, der die Police einführte, brachte diese unter der Bezeichnung Two-Tier Trigger Policy („TTTP“) auf den Markt. Den Vorstand bzw. die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat jeweils separat zu versichern, kann vorteilhaft sein. Die Aufsichtsräte werden zeitlich ggf. erst nach dem Vorstand in Anspruch genommen, wenn nämlich feststeht, dass der Vorstand haftet und der Aufsichtsrat diesen ggf. nicht richtig überwacht hat. Doch für den Versicherungsschutz des Vorstandes kann ggf. die Deckungssumme schon weitgehend aufgebraucht worden sein.

4. Persönliche Policen der Organmitglieder

Schließt die Gesellschaft keinen D&O-Versicherungsvertrag ab bzw. erhält sie am Markt keine Police, könnte das jeweilige Organmitglied versuchen, eine persönliche D&O-Versicherung abzuschließen. Ein Motiv könnte auch sein, dass der Geschäftsführer im Falle der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter vermeiden möchte, dass dieser durch die gesellschaftsfinanzierte D&O-Police gerade zu einer Inanspruchnahme tendiert, während er ohne dieselbe vom Geschäftsführer „ablassen“ würde. Von einer „persönlichen“ Police, die das Gesellschaftsvermögen nicht belastet hat, muss der Insolvenzverwalter nichts wissen. Der Markt ist eng und ob ein Versicherer das Risiko zeichnet, ist im Einzelfall zu prüfen. Bei der persönlichen D&O-Deckung wird der Geschäftsführer versicherte Person und gleichzeitig Versicherungsnehmer und damit Prämienschuldner. Solche Produkte werden in der Praxis nur mit kleineren Deckungssummen angeboten. Ein wichtiger Zusatzbaustein der persönlichen D&O-Police kann die Gehaltsfortzahlung im Schadensfall sein, wenn die Gesellschaft das Gehalt wegen des Schadensfalls zurückhält bzw. gegen Schaden aufrechnet (siehe dazu die Ausführungen unter J II). Ein Spezialfall ist die Selbstbehaltspolice, die nur den Selbstbehalt versichert, den die AG mit dem D&O-Versicherer vereinbaren muss (siehe dazu die Ausführungen unten unter K I).

5. Sublimits und zusätzliche Deckungsbausteine

Grundsätzlich bildet die Versicherungssumme die Höchstleistung der Entschädigung. Soweit meist Deckungserweiterungen mit geringeren Beträgen als die Versicherungssumme versichert werden, handelt es sich um sog. Entschädigungsgrenzen bzw. „Sublimits“. Dieser erweiterte Versicherungsschutz für einzelne Positionen ist nur innerhalb des Betrags des Sublimits versichert. Grundsätzlich, sofern nicht abweichend vereinbart, werden die Sublimits auf die Versicherungssumme angerechnet, d.h. auch hier bildet die Versicherungssumme die Höchstgrenze der Entschädigung. Die Anrechnung aller Kosten bzw. Leistungen auf die Versicherungssumme kann dazu führen, dass diese bereits durch die bei der Abwehrdeckung entstandenen Kosten ganz oder teilweise verbraucht sein könnte. Es stünden dann – wenn die Abwehr nicht erfolgreich war - keine ausreichenden Beträge mehr für die Freistellung und Befriedigung der Schadensersatzansprüche zur Verfügung. Sofern das Sublimit nicht auf die Versicherungssumme angerechnet werden soll, wird teils der Begriff des „Zusatzlimits“ verwendet, um dies deutlich zu machen. Aber selbst bei der Verwendung dieses Begriffs ist darauf zu achten, ob dadurch tatsächlich die Versicherungssumme überschritten werden darf, also die Beträge „on top“ geleistet werden.

Beispiel für ein Abwehrkostenzusatzlimit:

In Höhe von bis zu 2 Mio. Euro der Versicherungssumme, steht den versicherten Personen für den Fall, dass die Versicherungssumme dieses Grundvertrages und aller sich daran anschließenden Exzedentenverträge durch Zahlung vollständig verbraucht ist, für Abwehrkosten in einem weiteren Versicherungsfall ein zusätzliches Limit zur Verfügung (Zusatzlimit), das nicht auf die Versicherungssumme angerechnet wird.

Der Umstand, dass in der Praxis die Kosten auf die Versicherungssumme angerechnet werden, weicht vom Gesetz ab. § 101 II 1 VVG legt fest: Ist eine Versicherungssumme bestimmt, hat der Versicherer die Kosten eines auf seine Veranlassung geführten Rechtsstreits und die Kosten der Verteidigung nach Absatz 1 Satz 2 auch insoweit zu ersetzen, als sie zusammen mit den Aufwendungen des Versicherers zur Freistellung des Versicherungsnehmers die Versicherungssumme übersteigen.

Die Praxis weicht hiervon ab, z.B. durch folgende Kostenanrechnungsklausel:

Die im Versicherungsschein bezifferte Versicherungssumme stellt die Höchstleistung des Versicherers pro Versicherungsfall und für alle Versicherungsfälle innerhalb einer Versicherungsperiode insgesamt dar, inklusive der Abwehrkosten und sonstiger Versicherungsleistungen. Eigene Abwehrkosten des Versicherers werden nicht auf die Versicherungssumme angerechnet. Abwehrkosten sind z.B. Aufwendungen zur Abwehr oder Minderung, Gerichts-, Anwalts-, Zeugen-, und Sachverständigenkosten. Sonstige Versicherungsleistungen sind z.B. alle auf die Forderungen des Anspruchstellers zu entrichtenden Zinsen.

Da eine solche Klausel vom Gesetz abweicht, ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob diese Klausel wegen des Verstoßes gegen das AGB-Recht unwirksam ist, etwa weil man sie für unangemessen benachteiligend hält, da sie dem Leitbild des Gesetzes widersprechen oder ggf. intransparent sind.2 Es wird vertreten, dass solche Anrechnungsklauseln unwirksam sein können3. Eine BGH-Entscheidung steht indes noch aus.

Tipp!

Auf eine ausreichende Versicherungssumme und etwaige Sublimits sollte geachtet werden. Verbreitet sind Exzedentendeckungen bei weiteren Versicherern, die auf der Grunddeckung des ersten Versicherers aufbauen, durch die der Gefahr vorgebeugt wird, dass die Versicherungssumme aus der Grunddeckung nicht ausreicht. Auch eine ergänzende Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung für etwaige Abwehrkosten kann die Versicherungssumme aus der D&O-Versicherung „schonen“.

Beispiele für Entschädigungsgrenzen/Sublimits aus der D&O – Versicherung4:

• Neue Tochtergesellschaften (zu deren Einbeziehung in den bestehenden Versicherungsschutz die Zustimmung des Versicherers erforderlich ist): 2 Mio. Euro je Versicherungsfall

• Fremdmandate, die nicht automatisch von der Versicherungssumme erfasst sind: 2 Mio. Euro je Versicherungsfall

• Kosten bei einer Firmenstellungnahme für die rechtliche Beratung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft: 2 Mio. Euro je Versicherungsfall

• Kosten bei aufsichtsrechtlichen Sonderuntersuchungen für dierechtliche Beratung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft: 500.0 Euro je Versicherungsfall

• Kosten des Krisenmanagements für die Tätigkeiten eines PR-Beraters für die Versicherungsnehmerin oder eine Tochtergesellschaft: 500.000 Euro je Versicherungsfall (siehe dazu die Ausführungen unter J II).

• Abwehrschutz und Gehaltsfortzahlung für versicherte Personen bei Aufrechnung oder Zurückbehaltung im Zusammenhang mit Gehaltsansprüchen: 250.000 Euro je versicherte Person und Versicherungsfall

• Kosten eines PR-Beraters für versicherte Personen bei Reputationsschäden: 250.000 Euro je Versicherungsfall

• Kosten psychologischer Unterstützung für versicherte Personen 50.000 Euro je Versicherungsfall.

Bei der Haftpflichtversicherung betreffen die Entschädigungsgrenzen häufig zusätzliche Positionen, die in der Grunddeckung nicht enthalten sind. Diese sollen aber nicht bis zur Höhe der Versicherungssumme, sondern mit geringeren Beträgen versichert werden.

Die Vereinbarung von Deckungserweiterungen ist in der Praxis weit verbreitet, solche zusätzlichen Einschlüsse steigern die Attraktivität des Produkts und haben einen nicht zu unterschätzenden Marketingeffekt. Wenn für den Entscheider gerade diese Erweiterung wichtig ist, kann dies den Ausschlag für die Wahl des Produkts geben. Einige Beispiele für derartige zusätzliche Bausteine wurden soeben genannt. Weitere Erweiterungen, die in der Praxis vereinbart werden, betreffen z.B. Rechtskosten in strafrechtlichen und behördlichen Verfahren, welche im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Pflichtverletzung geführt werden, bis hin zu Kosten für die Stellung von Kautionen und die Übernahme von Kosten für die Organisation von Auslieferungsverfahren. Auch Sublimits für die Erstattung von Reisekosten versicherter Personen, die etwa im Vorfeld zu einer auswärtigen Anhörung fahren müssen, werden vereinbart.

Ein wichtiger Anwendungsbereich der Sublimits sind vorbeugende Rechtskosten, die noch vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgelöst werden können. Dies sind z.B. die Kosten, die aufgewandt werden müssen, um einer vorzeitigen Abberufung von der Organtätigkeit oder einer fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags entgegenzutreten. In dem Prozess, in dem über die Wirksamkeit der Kündigung gestritten wird, geht es oft um die Pflichtverletzungen des Geschäftsführers, ohne dass wegen dieser schon Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden müssen. Eine echte Erweiterung ist ein Sublimit für Gehaltszahlungen, die im Hinblick auf den Schadensfall seitens der Gesellschaft nicht erfolgen, weil diese meint einen Schadensersatzanspruch zu haben, der sich am Ende aber als unbegründet erweist. Hier lassen sich Gehaltszahlungen versichern, die am Ende nicht auf den Haftungsanspruch, der ja gar nicht besteht geleistet wurden. Der D&O-Versicherer zahlt hier als eigene versicherte Position das Gehalt des Organmitglieds (siehe dazu die Ausführungen unter J II).

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, sich bereits gegen die Ankündigung der Androhung des Haftungsanspruchs zu wehren, auch insoweit finden sich Sublimits in der Praxis (siehe dazu das obige Beispiel „Abwehrschutz und Gehaltsfortzahlung für versicherte Personen bei Aufrechnung oder Zurückbehaltung im Zusammenhang mit Gehaltsansprüchen“). Dies können z.B. Kosten im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen eine Abmahnung im Rahmen des Anstellungsverhältnisses sein oder Schritte gegen Kürzungen oder das Zurückstellen der vereinbarten Leistungen aus dem Anstellungsvertrag, also gegen Maßnahmen, die bereits im Hinblick auf eine Pflichtverletzung erfolgen. Dazu gehören auch Kosten für die Verteidigung bereits gegen Auskunfts- und Unterlassungsansprüche noch bevor ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird.

Auch Kosten für eine vorgezogene interne Untersuchung lassen sich in der Praxis mit einem Sublimit versichern, ebenso Kosten für Mediationsund Schlichtungsverfahren werden versichert. Die Bandbreite der möglichen erweiterten Kostenpositionen ist groß und kann hier erschöpfend nicht dargestellt werden.

6. Rechtsschutzversicherungen

Rechtsschutzversicherungen können den Versicherungsschutz ergänzen. Die Gesellschaft selbst, aber auch die Organmitglieder, haben z.B. einen entsprechenden Bedarf, wenn der D&O-Versicherer die Leistung verweigert. Hier kann eine sog. Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung helfen (siehe unter D III). Soweit keine D&O-Versicherung abgeschlossen werden soll oder kann, z.B. weil der Gesellschaft die Prämien zu hoch sind oder sie meint, man bräuchte keine oder weil sie wegen eines harten Markts keine Police erhält, könnte wenigstens zur Abdeckung des Kostenrisikos auf Seiten der Organmitglieder eine Vermögensschadens-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden (siehe dazu unter K II 4). Auch in Ergänzung zur D&O-Versicherung, z.B. zur Schonung der Deckungssummen in der D&O-Versicherung, werden Rechtsschutzversicherungen angeboten (siehe dazu ebenfalls die Ausführungen unter K II 4).

II. Deckungsumfang/erfasste Ansprüche

Die D&O-Versicherung versichert sowohl die sog. Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH als auch die Außenhaftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten. Im Verhältnis zur GmbH ist der Geschäftsführer für jeden pflichtwidrig und schuldhaft verursachten Schaden am Gesellschaftsvermögen eintrittspflichtig. Insbesondere etwaige Schäden, die auf Missmanagement beruhen, fallen unter den Versicherungsschutz, sofern kein Vorsatz oder keine wissentliche Pflichtverletzung im Spiel ist oder ein anderer Ausschluss eingreift.


Schaubild: Organhaftung

Im Außenverhältnis gegenüber Dritten haftet der Geschäftsführer z.B.

■ im Falle von Insolvenzverschleppung oder

■ gegenüber dem Finanzamt für Steuerschulden oder

■ im Verhältnis zu den Sozialversicherungsträgern für nichtabgeführte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung oder

■ für (weitere) unerlaubte Handlungen, an denen er mitgewirkt hat bzw.soweit ihm eine Garantenstellung trifft.

Sofern die Verstöße nur vorsätzlich begangen werden können, wie das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen, besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Dieser Straftatbestand des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen kann nur vorsätzlich, nicht jedoch fahrlässig verwirklicht werden. Allerdings könnte sich der Vorwurf ja als unbegründet erweisen. Der Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung liegt indes auf der Hand. Dies gilt jedenfalls für den Geschäftsführer, der für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig ist. Bei einem Mitgeschäftsführer kann tatsächlich kein wissentlicher Verstoß vorliegen, zumindest für eine gewisse Zeit. Soll auch dieser haften, käme eine Abwehrdeckung in Betracht, die allerdings rückwirkend entfällt, wenn am Ende der Vorsatz bzw. die wissentliche Pflichtverletzung rechtkräftig festgestellt wird (siehe dazu die Ausführungen unten bei I I 2). Können Delikte wie die Insolvenzverschleppung sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden, kommt bei fahrlässigen Verstößen grundsätzlich Versicherungsschutz in Betracht. Stehen Vorsatz oder eine wissentliche Pflichtverletzung im Raum, wird erst einmal nur eine einstweilige Abwehrdeckung gewährt. In der Haftpflichtversicherung ist jede Form der Fahrlässigkeit nicht jedoch der Vorsatz hinsichtlich der Schadensherbeiführung versichert. Zusätzlich wird der Ausschluss der wissentlichen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung vereinbart (siehe dazu die Ausführungen unter I I 5). Stets sind indes sowohl die einfache als auch die grobe Fahrlässigkeit mitversichert. Verletzt also z.B. der Geschäftsführer grob fahrlässig steuerliche Pflichten und muss er hierfür gegenüber dem Finanzamt haften, besteht grundsätzlich Versicherungsschutz.

III. Direktanspruch gegen D&O-Versicherer

Die versicherte Person hat einen vertraglich eingeräumten Direktanspruch gegen den Versicherer. Es handelt sich bei der D&O-Versicherung um eine Versicherung auf fremde Rechnung. Bei dieser stehen den versicherten Personen die Rechte zu (§ 44 I VVG).5 Zur Geltendmachung der Rechte bedarf das betreffende Organmitglied weder der Police noch der Zustimmung der Gesellschaft. Insofern ist die Vorschrift in § 44 II VVG durch die in der Praxis verwendeten Bedingungen abbedungen. Die versicherte Person muss vorher nicht einmal Kenntnis von der D&O-Versicherung gehabt haben, was bei Geschäftsführern von Tochtergesellschaften nicht selten der Fall ist. Auch in der Insolvenz der Gesellschaft ändert sich daran nichts, der Insolvenzverwalter darf über den Anspruch aus der Versicherung seinerseits nicht verfügen.6 Die Versicherungsnehmerin (Gesellschaft) hingegen hat keinen eigenen Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer. Damit rechnet häufig in der Praxis die Versicherungsnehmerin, d.h. die GmbH oder Aktiengesellschaft, die den Versicherungsvertrag abgeschlossen und die Prämie entrichtet hat, nicht. Sie hat nicht selten die Vorstellung als Versicherungsnehmerin müsse sie einen eigenen Anspruch auf Regulierung gegenüber dem Versicherer haben. Dies ist jedoch grundsätzlich nicht der Fall.


Schaubild: Direktanspruch Versicherungsschutz

Die D&O-Versicherung ist also eine Versicherung auf fremde Rechnung zu Gunsten der versicherten Organmitglieder. Hierüber sollte bei dem Abschluss der D&O-Versicherung ausdrücklich aufgeklärt werden. Lediglich die jeweilige versicherte Person, die auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll, hat den versicherungsrechtlichen Anspruch gegen den D&O-Versicherer, nicht hingegen die Gesellschaft, die den Vertrag abgeschlossen hat. Die Gesellschaft sichert mit dem Versicherungsvertrag die Organmitglieder ab. Nur mittelbar, wenn der D&O-Versicherer reguliert, kommt die GmbH in den Genuss der Versicherungsleistung, wenn sei selbst die Geschädigte ist, wie bei der Innenhaftung. Gleichwohl trifft die Versicherungsnehmerin nicht nur die Pflicht zur Prämienzahlung, sondern sie muss auch die Obliegenheiten, vor allem die Aufklärungsobliegenheit im Schadensfall beachten.

In den oben genannten Beispielen, wo der Geschäftsführer z.B. wegen der Nichtausübung der Verlängerungsoption aus dem Gewerbemietvertrag in die Haftung genommen werden soll (siehe bei B), hat also die GmbH keinen eigenen Anspruch gegen den D&O-Versicherer auf Zahlung des Schadens. Vielmehr hat der betroffene Geschäftsführer einen Anspruch gegen den D&O-Versicherer auf Versicherungsschutz – dieser muss aber nicht zwingend auf Zahlung des Schadens bestehen. Der D&O-Versicherer prüft vielmehr die Haftungsfrage und entscheidet sich dann entweder den Anspruch abzuwehren oder zu befriedigen, also Versicherungsschutz zu gewähren. Entscheidet sich aber der D&O-Versicherer für die Abwehr der Ansprüche, ist die GmbH darauf angewiesen, ihren Anspruch auf eigene Kosten durchzusetzen. Die Gesellschaft hat originär keinen Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer.

Einen solchen Direktanspruch kann sich die GmbH bei Ansprüchen aus der Innenhaftung jedoch verschaffen, indem der Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch gegen den D&O-Versicherer an die GmbH abtritt. Eine solche Abtretung an die geschädigte GmbH ist grundsätzlich zulässig und darf in den Versicherungsbedingungen nicht untersagt werden (§ 108 II VVG).7 In diesem Fall könnte die Gesellschaft direkt gegen den D&O-Versicherer vorgehen. Aber auch dann könnte der D&O-Versicherer immer noch einwenden, dass der Geschäftsführer gar nicht haftet und den Anspruch zurückweisen. Nachfolgend müsste die GmbH auf eigene Kosten gegen den D&O-Versicherer auf Zahlung des Schadens klagen. In diesem Prozess würde sowohl die Haftung des Geschäftsführers festgestellt als auch die Frage geklärt werden, ob der Anspruch von der D&O-Versicherung gedeckt ist oder ob es hier möglicherweise ein Ausschluss eingreift, auf den sich die Versicherungsgesellschaft berufen könnte.

Vorstellbar wäre beispielsweise, dass der D&O-Versicherer einwendet, es bestünde gar kein Versicherungsschutz, weil der Geschäftsführer eine sog. wissentliche Pflichtverletzung begangen habe. So ergebe sich aus dem vorgelegten E-Mail-Verkehr, dass dem Geschäftsführer die Option gegenwärtig gewesen sei, er habe sie bewusst nicht gezogen und daher wissentlich gegen seine Pflicht verstoßen. Die wissentliche Pflichtverletzung ist nach fast allen in der Praxis verbreiteten Bedingungen vom Versicherungsschutz ausgenommen. Für „Premiumkunden“ wird in Ausnahmefällen gegen Prämienzuschlag die wissentliche Pflichtverletzung mitversichert.

Es sind also erhebliche Hürden zu nehmen, um am Ende zum Versicherungsschutz zu gelangen. Häufig wird dieses Ziel aber in der Praxis nicht erreicht. Ein Risiko für die Versicherungsnehmerin kann auch dann entstehen, wenn das versicherte Organmitglied „schlichtweg“ untätig bleibt, sich also nicht um seine Verteidigung und den Versicherungsschutz kümmert. Der Geschäftsführer kann sich z.B. in einer persönlichen Krise befinden. Hier wird dann diskutiert, ob ab einem bestimmten Stadium, etwa bevor der versicherungsrechtliche Anspruch des Geschäftsführers zu verjähren droht, bei einem Innenhaftungsanspruch doch der Gesellschaft ein Direktanspruch zugesprochen werden muss. Ausnahmsweise hat der BGH z.B. einen solchen Direktanspruch in einem Fall bejaht, in dem der D&O-Versicherer seine Eintrittspflicht abgelehnt hat und die versicherten Personen sich nicht um die Erhaltung des Deckungsanspruchs gekümmert haben.8 In dem Fall waren zwei Vorstandsmitglieder verklagt worden, die ein Konkurrenzunternehmen gegründet und geheime Unterlagen mitgenommen haben sollen. Die beiden Vorstandsmitglieder wurden vom Insolvenzverwalter der zwischenzeitlich „pleite“ gegangenen AG verklagt. Der D&O-Versicherer versagte die Deckung. Der Anspruch gegen den Versicherer drohte zu verjähren. Der BGH hielt eine vorgezogene Feststellungsklage des Insolvenzverwalters gegen den Versicherer für statthaft.

In solchen Fällen lässt sich daher ein Direktanspruch bejahen. Im vorgenannten Beispiel wird aber am Ende kein Versicherungsschutz bestehen, da vorsätzliches Handeln in Rede steht.9

IV. Kosten- und Prozessrisiko der Gesellschaft

Da die Durchsetzung des Versicherungsschutzes langwierig sein kann, bietet die D&O-Versicherung für die versicherten Personen nur einen unzureichenden Insolvenzschutz. Dies gilt erst recht mittelbar für die GmbH, die sich mit einer D&O-Versicherung wegen der Innenhaftung und der Schädigung ihres Gesellschaftsvermögens durch pflichtwidrig handelnde Geschäftsführer absichern will. Hat das Organmitglied einen erheblichen Schaden, z.B. in Millionenhöhe verursacht, kann dies die Insolvenz der Gesellschaft bedeuten. Da schnelle Zahlungen vom D&O-Versicherer nicht zu erwarten sind, lässt sich eine Insolvenz nicht immer vermeiden. Jedes Unternehmen muss daher zwingend dafür sorgen, dass trotz Versicherungsschutz gerade keine Organhaftungsfälle auftreten. Gerade wo Lücken beim Versicherungsschutz bestehen, sollten dies lokalisiert werden. Insbesondere in diesem Bereich muss versucht werden, die Haftungsrisiken zu minimieren, ggf. durch verstärkte organisatorische Maßnahmen. Das Risiko- und Compliance-Management darf also keinesfalls vernachlässigt werden.

In der Praxis klagen zudem nicht selten erst Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin bzw. über eine ihrer Tochtergesellschaften wegen der bestehenden D&O-Versicherung gegen ehemalige Organe, um die Insolvenzmasse zu erhöhen. Ohne eine D&O-Police würden seitens der Insolvenzverwalter weit weniger Haftungsprozesse geführt.

Für die geschädigte Versicherungsnehmerin bzw. Tochtergesellschaft kommt erschwerend hinzu, dass sie die in der Praxis wichtigen Ansprüche aus der Organhaftung, wie die Ansprüche aus den § 43 GmbHG bzw. § 93 oder § 116 AktG auf eigene Kosten verfolgen muss. Der D&O-Versicherer übernimmt nur die Kosten auf Seiten der versicherten Personen, also die Kosten für die Prüfung der Rechtsfrage, die etwaigen Kosten der Abwehrdeckung und am Ende, wenn der Versicherer den Schadensersatzanspruch für begründet hält, die Freistellung der versicherten Personen von dem Haftungsanspruch durch Ausgleich desselben. Ob es am Ende zu einer Regulierung des Schadens kommt, ist in der Praxis jedoch lange Zeit ungewiss. Bis dahin verstreicht meist viel Zeit und es ist ein langer Weg zurückzulegen. Dies liegt auch häufig daran, dass der Schadensfall komplex ist und es auch ungewiss ist, welcher Schaden auf den Pflichtverletzungen der versicherten Person beruht bzw. wie dieser zu beziffern ist.

Die Gesellschaft, die Versicherungsnehmerin also Vertragspartnerin des D&O-Versicherungsvertrags ist, und die die Prämien entrichtet hat, muss dann auch noch die Geltendmachung und Durchsetzung der Organhaftungsansprüche finanzieren. Gerade für dieses erhebliche Kostenrisiko wird am Markt keine Rechtsschutzversicherung angeboten.

Beispiel: „Brand im Krankenhaus“

Eine Krankenhaus-GmbH betreibt auf einem weitläufigen Gelände einen großen Klinikbetrieb mit mehreren Gebäuden und einem eigenen Bettenhaus. Es besteht eine Feuerversicherung sowie eine Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung. Die Feuer- Betriebsunterbrechungsversicherung wurde allerdings zum 31. Dezember gekündigt. Der Versicherer hat aber angeboten, den Vertrag gegen eine höhere Prämie und modifizierte Bedingungen fortsetzen zu wollen. Bei der GmbH wechselte jedoch zum 1. Oktober der Geschäftsführer. Der neue Geschäftsführer versäumt es, den Vertrag zur Unterbrechungsversicherung zu verlängern, obwohl ihm dieser Vorgang in einer Unterschriftenmappe vorgelegt wurde. Der Geschäftsführer ging davon aus, dass sich der Vertrag automatisch verlängert, wenn er nichts unternimmt. Er hat das Schreiben des Versicherers insoweit nicht aufmerksam gelesen. Der Vertrag läuft daher am 31. Dezember aus. Am 1. Januar trifft eine Silvester-Rakete den Dachstuhl des Bettenhauses, das in Brand gerät und in der Folge einen Totalschaden erleidet. Gott sei Dank konnten alle Patienten evakuiert werden. Vereinbart war eine Haftzeit im alten Vertrag von 24 Monaten. Die GmbH baut das Bettenhaus in 24 Monaten auch wieder auf. Sie hat jedoch hierfür aus der Unterbrechungsversicherung keinen Versicherungsschutz, da diese am 31. Dezember endete. Sie musste einen Kredit aufnehmen, um den Wiederaufbau zu finanzieren.

Die GmbH möchte nunmehr den Geschäftsführer aus der D&O-Versicherung in die Haftung nehmen. In der D&O-Versicherung findet sich auch nicht der Ausschluss des unzureichenden Versicherungsschutzes. Der D&O-Versicherer ist aber der Ansicht, dass der Geschäftsführer ggf. eine wissentliche Pflichtverletzung begangen habe, bzw. dass sich der Vermögensschaden aus einem Sachschaden herleite, weshalb der D&O-Versicherer nicht eintreten müsse. Die GmbH hat hier einen erheblichen Unterbrechungsschaden und Ertragsausfälle für 24 Monate zu verkraften. Sie müsste auf eigene Kosten eine Haftungsklage gegen den Geschäftsführer einreichen, der selbst aus eigenen Mitteln den Anspruch nicht erfüllen können wird. Auf Seiten der GmbH kann das Prozessrisiko zwar theoretisch über eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden, eine solche wird jedoch für den deutschen Markt soweit ersichtlich nicht angeboten, so dass die GmbH hier auf eigene Kosten klagen muss.

Der Geschäftsführer hingegen müsste sich mit dem Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung und dem Einwand, es läge kein reiner Vermögensschaden vor, auseinandersetzen und steht in Gefahr, in Verbraucherinsolvenz zu fallen, wenn nicht doch noch eine Deckung durch den D&O-Versicherer erfolgt. Allerdings kann der Geschäftsführer – im Gegensatz zur GmbH - zumindest sein Kostenrisiko durch eine Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung abdecken, die entweder er oder die GmbH abgeschlossen haben könnte. Der Vorteil einer solchen Rechtsschutzversicherung ist, dass sich der dortige Ausschluss meist nur auf die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls bezieht, dies meint den Rechtsschutzfall, d.h. der Rechtsschutzversicherer würde nur dann keine Kostendeckung übernehmen, wenn der Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt wurde. Nur wenn eine Vorsatzverurteilung des Geschäftsführers erfolgt, würde nachträglich auch der Rechtsschutzversicherer seine Kostendeckung wieder entziehen.

Genauso wichtig könnte allerdings für den Geschäftsführer die Absicherung des Prozessrisikos für eine Deckungsklage gegen den D&O-Versicherer sein. Dann könnte sich der Geschäftsführer gegen die Versagung des Versicherungsschutzes ohne Kostenrisiko wehren. Diesen Bedarf hat gleichermaßen auch die GmbH, die nur dann – jedenfalls bei dem hier in Rede stehenden Großschaden – einen solventen Gegner hätte, wenn der D&O-Versicherer auch Deckung gewährt. Hierfür gibt es am Markt ein Produkt, die sog.-Deckungsklage-Rechtsschutz Versicherung.

Verweigert also der D&O-Versicherer seine Eintrittspflicht und soll hiergegen vorgegangen werden, ggf. weil man der Auffassung ist, die Ablehnung erfolge zu Unrecht, müsste der versicherte Geschäftsführer, Vorstand oder Aufsichtsratsmitglied den D&O-Versicherer auf Gewährung des Versicherungsschutzes verklagen. Hierfür kann dann eine zusätzliche Rechtsschutzversicherung, die D&O-Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden (= D&O-Vertrags-Rechtsschutzversicherung). Diese Policen werden nur in einem sehr engen Markt angeboten, ggf. als Ergänzung zu einer Strafrechtsschutz-Versicherung der Gesellschaft. Eine Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung wird soweit bekannt nur für die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin angeboten und ist nicht als persönliche Versicherungspolice für den Geschäftsführer, Vorstand oder das Aufsichtsratsmitglied erhältlich. Versicherte sind hierbei sowohl die Gesellschaft als auch die Organe, so dass auch die betroffenen Organe Ansprüche aus dieser Police ggf. mit Zustimmung der Gesellschaft oder unter Vorlage des Versicherungsscheins geltend machen können. Die Police sieht als Rechtsschutzfall u.a. vor, dass der D&O-Versicherer vertragswidrig seine Eintrittspflicht abgelehnt hat. Die Versicherungssumme ist deutlich niedriger als bei der D&O-Versicherung, es werden ja nur die Beträge für die erforderlichen Verfahrenskosten und ggf. außergerichtlichen Anwaltskosten benötigt. Angeboten werden etwa Versicherungssummen bis 1 Mio. Euro, maximal aber 10 % der Versicherungssumme der D&O-Versicherung. Wie bei jeder Rechtsschutzversicherung wird die Erteilung der Deckungszusage davon abhängig gemacht, dass hinreichende Aussichten auf Erfolg bestehen. Hierfür muss häufig bereits die Klageschrift erstellt werden, auf deren Grundlage der Rechtsschutzversicherer dann die Erfolgsaussichten prüft. Da Deckungsklagen gegen D&O-Versicherer in der Praxis meist abgewiesen werden, kann bereits die Erlangung einer Deckungszusage vom Rechtsschutzversicherer zum Problem werden.

Steht der Versicherungsschutz aus einer Deckungsklage-Rechtsschutzversicherung gegen einen D&O-Versicherer nicht zur Verfügung, so sollte erwogen werden, den Fall einem Prozessfinanzierer vorzulegen. Dieser prüft erneut die Erfolgsaussichten und übernimmt die Finanzierung der Prozesskosten, sofern er diese als realistisch einschätzt. Der Prozessfinanzierer erhält im Erfolgsfall seine von ihm ausgelegten Prozesskosten vom Erlös erstattet sowie von dem verbleibenden Betrag eine Erfolgsbeteiligung von 20 bis 30 %.

2 OLG Frankfurt Urt. v. 09.06.2011 - 7 U 127/09, VersR 2012, 432.

3 Eine solche Klausel, die eine Anrechnung von Rechtsverfolgungskosten auf die Versicherungssumme vorsieht, ist nach Säcker, VersR 2005, 10, 14 wegen Verstoßes gegen § 307 I 2 BGB unwirksam, so auch OLG Frankfurt Urt. v. 09.06.2011 - 7 U 127/09, VersR 2012, 432; für eine Wirksamkeit siehe Mitterlechner/Wax/Witsch, D&O- Versicherung, § 6 Rn. 29. Ausführlich zu der Problematik siehe Repken, Die Wirksamkeit von Kostenanrechnungsklauseln in der D&O-Versicherung, 2017 und Dickstein, Die Kostenanrechnungsklausel in der D&O-Versicherung: Eine Untersuchung der AGB-rechtlichen und dinglichen Wirksamkeit der formularmäßigen Kostenanrechnung, 2019, offen lassend: OLG Düsseldorf Urt. v. 13. 12. 2019 – 4 U 23/18 r+s 2020, 271 Rn. 43, sofern nur Kosten angerechnet werden und keine Zinsen, sind jedenfalls Zinsen neben der Versicherungssumme zu leisten.

4 Martin/Jula Sachversicherungsrecht, § 26 Rn. 4.

5 BGH Urt. v. 4.4.2020 - IV ZR 110/19, DB 2020, 839 f.; BGH Urt. v. 5.4.2017 – IV ZR360/15, BGHZ 214, 314 = DB 2017 S. 1079, Rn. 12 f.; BGH Urt. v. 13.4.2016 – IV ZR 304/13, BGHZ 209, 373 = DB 2016 S. 1127, Rn. 20.

6 BGH Urt. v. 4.4.2020 - IV ZR 110/19, DB 2020, 839 f.

7 BGH Urt. 13.4.2016 – IV ZR 51/14, AG 2016, 395, Rn. 25 f. Der BGH entschied damit einen Meinungsstreit. Strittig war die Frage, ob die Versicherungsnehmerin überhaupt Dritte im Sinne von § 108 II VVG ist. Wird diese Frage veneint, wäre ein Abtretungsverbot in den Bedingungen, wonach der Freiststellungspruch aus der Innenhaftung nicht abgetreten werden kann, ggf. wirksam.

8 BGH Urt. v. 5.4.2017 - IV ZR 360/15, VersR 2017, 683.

9 Man könnt auch vertreten, dass die Gründung des Konkurrenzunternhemens nicht in Ausübung der versicherten Tätigkeit erfolgt, siehe dazu OLG München Urt. v. 13.9.2017 – 7 U 4126/13, ZIP 2018, 27 sowie dazu die Ausführungen bei E III.

D&O - Versicherung und Managerhaftung

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