Читать книгу Der Mythos Jesus Christus - Drews Arthur - Страница 8

Оглавление

2. DIE HELLENISTISCHE IDEE DES MITTLERS (PHILO)

Mit der Eroberung des persischen Weltreichs durch Alexander war auch Palästina in den Kulturbereich des Hellenismus hineingezogen worden. Es war zunächst Vasall des ptolemäischen Ägyptens gewesen und sodann zu Anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. unter die Oberhoheit des seleukidischen Syriens gekommen. Griechische Sitten und griechisches Geistesleben drangen in die stille Abgeschlossenheit des jüdischen Priesterstaates ein und konnten auch durch die nationale Reaktion der Makkabäer gegen die fremden Einflüsse nicht wieder ausgeschaltet werden. Vor allem aber trug die Zerstreuung der Juden dazu bei, einen Ausgleich der entgegengesetzten Anschauungen herbeizuführen. Seit dem Exil hatten sich die Juden über den ganzen Bereich des östlichen Mittelmeerbeckens ausgebreitet. Ein Teil war in Babylonien geblieben, andere hatten sich als Gewerbetreibende, Bankiers und Kaufleute besonders in den Hafenstädten festgesetzt und beherrschten durch ihre emsige Betriebsamkeit, ihre kaufmännische Geriebenheit und Skrupellosigkeit und ihr zähes Zusammenhalten, worin sie durch den gemeinsamen Gottesdienst in der Synagoge unterstützt wurden, den gesamten Geldmarkt und Handel des Ostens. In der Atmosphäre der hellenischen Philosophie und Sittlichkeit ging auch mit Jahve eine noch weitere Umbildung und Läuterung vor. Er streifte alle grob menschlichen und sinnlichen Züge ab und entwickelte sich zu einem geistigen und schlechthin guten Wesen, wie Plato die Gottheit beschrieben hatte. Damit aber sahen sich auch die Juden vor dieselbe Aufgabe gestellt, mit welcher sich die griechische Philosophie schon seit langem gemüht hatte, nämlich die überirdische Erhabenheit und beziehungslose Weltjenseitigkeit ihres Gottes mit den Forderungen des religiösen Bewusstseins in Einklang zu setzen, das nach unmittelbarer Gegenwart der Gottheit verlangte.

Zu denjenigen Vorstellungen, die vom Judentume der persischen Religion entlehnt waren, hatte auch diejenige des mittlerischen "Wortes" gehört. Als schöpferische Kraft der Gottheit, Überbringer der Offenbarung und Stellvertreter Gottes auf Erden, war das "Wort" bereits in der Spruchliteratur hervorgetreten. Hier hatte sich dafür unter ägyptisch-griechischem Einfluss der Ausdruck "Weisheit" (Sophia) eingebürgert. Die "Weisheit" hatte zur Bezeichnung der dem Menschen zugewandten Tätigkeit des der Welt entrückten Gottes gedient, wobei übrigens daran erinnert werden mag, dass die Weisheit auch nach persischer Vorstellung unter dem Namen der Spenta Armaiti als eine der sechs Amesha Spentas (Amschaspands) galt, jener Geister, die als Trabanten dem Throne Gottes am nächsten stehen sollten und die den jüdischen "Erzengeln" entsprachen. Sie war von den Persern als die Tochter oder Gemahlin Ahuramazdas angesehen worden. Jetzt wurde sie in der sog. "Weisheit Salomos" von einem Juden zu Alexandria im letzten Jahrhundert v. Chr. für ein selbständiges Geistwesen neben Gott erklärt und im Sinne eines halb persönlichen, halb stofflichen Wesens, einer die ganze Natur durchwaltenden Kraft als Prinzip der Offenbarung Gottes in Schöpfung, Erhaltung und Regierung der Welt, als allgemeines göttliches Lebensprinzip und zugleich als vermittelndes Organ des religiösen Heils beschrieben. Wie Plato den Dualismus der Ideenwelt und Sinnenwelt durch die "Weltseele" hatte überwinden wollen, so sollte die "Weisheit" dazu dienen, zwischen dem Gegensatze des jüdischen Gottes und seiner Schöpfung zu vermitteln. Diese Bemühungen setzte der alexandrinische Jude Philo (30 vor bis 50 n.Chr.) fort, indem er den persisch-jüdischen Begriff des "Wortes" oder der "Weisheit" noch näher, als es der Verfasser des Weisheitsbuches bereits getan hatte, mit den Begriffen des hellenischen philosophischen Denkens zu bestimmen suchte.

Auch Philo ging von dem Gegensatze des über die Welt schlechthin erhabenen, unerkennbaren und unnennbaren Gottes und des sinnlichen, geschöpflichen Daseins aus. Er dachte sich diesen Gegensatz durch "Kräfte" vermittelt, die, als relativ selbständige Einzelwesen, Sendboten, Diener und Statthalter Gottes, bald mehr den persischen Engeln oder griechischen Dämonen, bald mehr den platonischen Ideen, den Ur- und Musterbildern Gottes bei der Schöpfung, glichen, im Wesentlichen aber den Charakter der sog. "Samenkräfte", der den unbestimmten Stoff von innen her beseelenden und bestimmenden schöpferischen Kräfte trugen, vermittels deren die stoische Philosophie das Dasein zu erklären suchte. Als erste dieser mittlerischen Kräfte oder auch wohl als den Inbegriff aller betrachtete Philo den Logos, die wirksame Vernunft oder das schöpferische Wort der Gottheit. Er nannte ihn den "erstgeborenen Sohn Gottes" oder "zweiten Gott", den Stellvertreter, Dolmetscher, Gesandten, Erzengel Gottes oder Engelfürst. Er betrachtete ihn als den Hohenpriester, der Fürbitte für die Welt bei Gott einlegt und deren Sache vor Gott vertritt, als den Paraklet, den Anwalt und Tröster der Welt, der ihr die göttlichen Gnadenverheißungen übermittelt, als das Werkzeug, vermittelst dessen Gott die Welt geschaffen hat, das Urbild, die Idee der Welt, die Gott bei seiner Schöpfung verwirklicht hat, und die sich in allen Dingen auswirkt, mit einem Worte als die Seele oder den Geist der Welt, den die Stoiker mit ihrer Gottheit gleichgesetzt hatten, die aber Philo von der überweltlichen Gottheit unterschied und als deren Offenbarung und Erscheinung auffasste. Seinem Wesen nach nur ein Ausdruck für die einheitliche Totalität aller göttlichen Kräfte und Tätigkeiten überhaupt, schillerte der Logos auch bei Philo zwischen einem unpersönlichen metaphysischen Prinzip, der göttlichen Wirksamkeit schlechthin, und einer selbständigen, von Gott verschiedenen Persönlichkeit, in derselben Weise, wie auch die Stoiker ihre Weltvernunft in dem Götterboten Hermes personifiziert, die Ägypter das schöpferische Zauberwort des Amun-Ra im Seelenführer Thot, die Babylonier das Schicksalswort des höchsten Gottes Marduk in der Gestalt des Nabu, die Perser das "Wort" des Ahuramazda außer in der Spenta Armaiti auch im Vohumano, dem guten Gedanken des Schöpfergottes, zu einem selbständigen persönlichen Mittlerwesen erhoben hatten. Und wie nach persischer Vorstellung bald der göttliche "Sohn" und "Mittler" Mithra, der Inbegriff aller göttlichen Kräfte, bald der ideale Mensch Saoshyant als Heiland und Retter der Welt erschien und beide zu einer einzigen Gestalt zusammenflössen, so schilderte auch Philo den Logos jetzt als den Inbegriff aller schöpferischen Ideen überhaupt» jetzt wieder nur als die bloße Idee des Menschen, als den Idealmenschen, als unmittelbares göttliches Ebenbild und übersinnliches Urbild des abbildlichen sinnlichen Menschen, der in diesem als Subjekt aller religiösen Erlösung wirksam ist, ja, identifizierte ihn gelegentlich auch wohl mit dem Lebensbaum im Paradiese, da beide unvergänglich seien und "in der Mitte stehen."

Aus eigener Kraft nämlich ist der Mensch nach Philo außerstande, sich aus den Banden des irdischen Daseins freizumachen. Alle Erlösung beruht auf der Zurückziehung des Geistes vom Leibe und seiner sinnlichen Begehrlichkeit. Seiner wahren geistigen Natur gemäß, Gott gleich, vollkommen zu werden, wie er, das ist die höchste Tugend und zugleich die wahre Glückseligkeit, und diese wird erlangt durch Einsicht in die göttliche Wesenheit der Dinge, durch herzliches Vertrauen auf Gott, dankbare Anerkennung des von ihm gewährten Guten und Liebe sowohl in Gestalt der Frömmigkeit gegen Gott wie als Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeit den andern Menschen gegenüber. Allein hierzu muss der Logos selbst in uns lebendig werden und uns die Einsicht in unsere göttliche Wesenheit erschließen. Der Logos muss uns leiten, er muss mit seiner übernatürlichen Kraft unserer menschlichen Schwäche im Kampfe gegen die Welt und ihre Sünde zu Hilfe kommen und uns zu Gott emporziehen. So ist die "Vergottung" des Menschen das Ziel, das von aller religiösen Betätigung angestrebt wird. Der Logos aber ist der alleinige Mittler dieses Zieles, sofern wir durch die Vereinigung mit ihm im Glauben und der Liebe zu unserem wahren Urquell und Lebensquell erhoben werden, "Gott schauen" und dadurch an dessen Leben teilnehmen.

Der Mythos Jesus Christus

Подняться наверх